Kurzfassung
Die unzureichenden Ergebnisse einer Reihe von bekannten Simulationsmodellen (Urban Dynamics, World Dynamics) haben die Systemsimulation zunehmend in Mißkredit gebracht.
Die vorliegende Arbeit greift die vielfältig geäußerte Kritik auf und versucht -nach einer einführenden Erläuterung der Prinzipien und Vorteile der simulativen Vorgehensweise- einen Arbeitsschwerpunkt zu formulieren, der in der bisherigen wissenschaftlichen Diskussion nicht genügend berücksichtigt worden ist: Es sei postuliert, daß der ‘an sich’ gegebene Vorzug der Systemsimulation, nämlich die Berechnung von hochkomplexen Rückkopplungsmodellen zu ermöglichen — in dem Moment zum Nachteil gerät, wo eine Überprüfung des Gesamtmodells mit Hilfe von intersubjektiv nachprüfbaren Testverfahren nicht mehr gewährleistet ist. Die Interpretation der Modellergebnisse wird — ohne den zuvor erbrachten Beleg der Gültigkeit des Modells — zur Spekulation.
Am Beispiel von Urban Dynamics und World Dynamics wird die Leistungsfähigkeit eines der Komplexität derartiger Modelle angemessenen Testverfahrens demonstriert. Vermutete Wirkungszusammenhänge können quantitativ belegt werden. Das Modell bleibt somit — trotz hoher Komplexität — im Sinne gezielter Experimente handhabbar und in der Interpretation zugänglich.
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Weiterführende Literatur
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Burns’ algorithmisierte Strukturanalyse von World Dynamics beruht auf der Berechnung der einzelnen Parametersensitivitäten im Zeitverlauf. Diese Dissertation wird vor allem für den mit der Gesamtproblematik bereits vertrauten Leser von Nutzen sein. Hans-Peter Klü‘tsch: Automatisierte Sensitivitätsanalysen an System Dynamics Modellen (Entwurf und Anwendung eines Sensitivitätsanalyseprogramms “SENSI”). Diplomarbeit am Seminar für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und betriebswirtschaftliche Planung der Universität Köln, 1972.
Das Sensitivitätsanalyseprogramm “Sensi” analysiert nach fest vorgegebenen Kriterien den Zeitverlauf aller interessierenden Systemvariablen. Dies erleichtert den Vergleich unterschiedlicher Simulationsläufe und ist als ein denkbarer erster Schritt von der ‘intuitiven’ zur ‘automatisierten’ Sensitivitätsanalyse zu werten.
Helmut Maier: Die Rolle invarianter Strukturen in mathematischen Modellen: In: Grundlagenstudien aus Kybernetik und Geisteswissenschaft, Nr. 3, 1972, 89-99.
Maier erläutert seine Hypothese über “die Rolle invarianter Strukturen in mathematischen Modellen” am Beispiel der Untersuchung einer einzelnen Prognosekurve, für die der Verfasser “fast invariante Eigenschaften” (d. h. Eigenschaften, die von sehr vielen Datenkonstellationen unberührt bleiben) nachweisen kann.
Nathaniel J. Mass: Self-learning Revival Policies in Urban Dynamics. In: Readings in Urban Dynamics, Vol. I. Hrsg. N. J. Mass. Cambridge, Mass.: Wright-Allen Press, 1974, 227–243.
Ein in Urban Dynamics installierter Kontrollmechanismus (“integral controller”) ermöglicht, ein definiertes Anspruchsniveau über die permanente Anpassung zweier Modellparameter einzuhalten.
Claus Schönebeck: Der Beitrag komplexer Stadtsimulationsmodelle (von Forrester-Typ) zur Analyse und Prognose großstädtischer Systeme. In der Reihe: Interdisziplinäre Systemforschung (ISR), Bd. 3, Basel: Birkhäuser, 1975.
Die Ergebnisse der algorithmisierten Sensitivitätsanalyse in Verbindung mit weiteren Modellberechnungen (z. B. der ‘Berichtigung’ der Anfangswerte, den Untersuchungen zum ‘Gleichgewichtskonzept’) bilden die Grundlage einer politischen Wertung der Prämissen von Urban Dynamics.
Anmerkungen
Vergleiche Forrester (1968, 398).
So zum Beispiel den Zeitverlauf der interessierenden endogenen Variablen, das Stabilitätsverhalten etc. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß die gedankliche Ableitung des Systemverhaltens aus der Systemstruktur nur im Trivialfall zu leisten ist — deshalb der Umweg über das mathematische (d.h. berechenbare) Modell.
Unter anderem Urban Dynamics (Forrester, 1969), World Dynamics (Forrester 1971), das Weltmodell von Meadows et al. (1972).
Der Zeitverlauf eines komplexen Simulationsmodells resultiert nach Telford/Yule/ Burdekin (1974, 17) aus der Tatsache, daß “during each phase... particular loops assume a dominating role in driving the system”. Da einfache Ursache/Wirkung-Zusammenhänge in Rückkopplungssystemen nicht identifiziert werden können, bezieht sich der Begriff der Kausal Struktur auf die Identifikation des Anteils der Modellteile am Verhalten des Modellganzen (im speziellen auf die Benennung dominanter Teilstrukturen).
Eine Modell Struktur kann hinsichtlich ihres Modell Verhaltens erschlossen werden — ein in diesem Sinne ‘Erschließungsverfahren’ stellt die Simulation dar./6/ Der Ordnungsgrad eines Rückkopplungsmodells gibt an, auf wievielen Ebenen der Zustand des Objektsystems abgebildet wurde; in einem Unternehmensmodell etwa: die Beschäftigten, der Halb— und Fertigwarenbestand, die Anzahl der Maschinen, aber auch Ansehen und Tradition; vergleiche Forrester (1971a, 83). Dem entspricht im Rahmen eines Differenzengleichungssystems die Anzahl der Zustandsgieichungen. Das Rückkopplungsmodell erster Ordnung ist demzufolge als ein Trivialfall einzuordnen./7/ Vergleiche Forrester (1961).
Die Gegenüberstellung der Aussagen von Mayntz (1963) und Frank (1974), die der Kybernetik in bezug auf soziale Organisationen allenfalls normativen, nicht jedoch deskriptiven oder erklärenden Wert zubilligen, mit den Arbeiten von Beer (1966) und Deutsch (1966) kennzeichnet den Umbruch, wie er sich zu dieser Zeit vollzog; vergleiche Naschold (1969, 26).
“Regelungstheoretisch betrachtet ist jede Größe eine Störgröße, die aus dem Außenbereich eines Regelkreises die gewünschte Annäherung des Istwertes an den Sollwert störend beeinflußt “ (Stachowiak zitiert nach Klütsch (1972, 14)).
“In physical systems... the corresponding term is ‘transfer function’ “ (Forrester, 1962, 46).
Vergleiche dazu die Untersuchungen von Stonebraker (1972).
“Since simulation produces a set of time series, methods that look at time series appear particularly appropriate” (van Horn, 1971, 217).
“Sensitivity analysis implies a study of the sensitivity of the system’s response to changes (or perturbations) in the values of its parameters and initial conditions” (Burns/Malone, 1974, 215).
Der Algorithmus überprüft zur Zeit nur Bewertungsfunktionen.
Die ELMT-Bewertungsfunktion (ELM=Enterprise Land Multiplier) beschreibt die Abhängigkeit der Industrieansiedlung von den in der Stadt zum Zeitpunkt t ausgewiesenen Freiflächen (als potentielles Bauland für Industrieunternehmen).
Der Entwicklungsprozeß (Industrie, Wohnen, Bevölkerung) bricht erst im Jahre 6 × 110 = 660 ab.
Vergleiche Schönebeck (1975, 58-96).
Einige Bewertungsfunktionen (z. B. NREMT) kommen in der Systematik (Abb. 8) mehrfach vor. Sie ließen sich keinem der 5 Systembereiche eindeutig zuordnen und werden deshalb entsprechend oft untersucht: beispielsweise NREMT als Bestandteil des Systembereichs Population, Natural Resources und Capital Investment.
Modellexperimente haben diese Vermutung bestätigt: die Verminderung des CIGN-Pa—rameters auf 0.01 (CIGN1 = 0.01) bewirkt einen Abb. 11 vergleichbaren Zeitverlauf.
Dies wird nirgends so deutlich wie in dem folgenden Zitat: “The same technology which has guided our astronauts to the moon and back with pin-point accuracy could in theory be employed to determine how best to guide our social systems toward a desired goal” (Burns, 1973, 2).
Zum Beispiel Freeman/Jahoda et al. (1973), von Nussbaum et al. (1973).
Vergleiche Harbordt (1974, 1974a), House (1974).
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Schönebeck, K. (1977). Systemsimulation im Rahmen des System Dynamics-Konzepts: Probleme der Anwendbarkeit. In: Brunn, E., Fehl, G. (eds) Systemtheorie und Systemtechnik in der Raumplanung. Interdisziplinäre Systemforschung / Interdisciplinary Systems Research, vol 21. Birkhäuser, Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-5158-9_6
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