Zusammenfassung
Im deutschsprachigen Raum arbeiten Psychoanalytiker auf verschiedene Weise in Einrichtungen der Psychiatrie: Einmal als dort angestellte Führungskräfte, Leitungsverantwortliche und Mitarbeiter — als »Interne«. Oder als selbstständig tätige, zeitlich befristet beauftragte Supervisoren, Berater und Fortbilder, die die Professionellen der jeweiligen Organisation in ihrer Aufgabenerfüllung unterstützen — als »Externe«. Der dritte Fall des in der Psychiatrie fest angestellten, als interner Supervisor tätigen Psychoanalytikers ist bis heute eher die Ausnahme (s. dazu Münch 1997). Unabhängig davon, in welchen dieser Varianten Psychoanalytiker ihre Profession im Feld der Psychiatrie ausüben — sie betätigen sich jeweils als »Grenzgänger«, indem sie Brücken zu einer anderen Kultur bauen bzw. Verbindungen zwischen unterschiedlichen Kulturen herstellen und aufrechter halten. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Ausgestaltung und Fortentwicklung ihrer beruflichen Identität, die als eine zusammengesetzte angesehen werden kann. Im Folgenden wird dieses Thema anhand eigener Erfahrungen als externer Supervisor, Berater und Fortbilder in zahlreichen, höchst unterschiedlichen psychiatrischen Organisationen entfaltet. Psychoanalytiker, die in diesen Organisationen selbst als Leitungen und Mitarbeiter tätig sind, werden aus ihrer Sicht als Interne sowohl Übereinstimmungen als auch Diff erenzen ausmachen können, was die Struktur und den Entwicklungsprozess ihrer eigenen — ebenfalls zusammengesetzten — Berufsidentität angeht. Im Folgenden werden grundsätzliche Überlegungen zum Grenzmanagement des Psychoanalytikers entwickelt und die Gedanken eines überzeugten Grenzgängers (des Literaten Amin Maalouf) zum Thema vorgestellt. Ein Ausflug in psychoanalytische und gruppenanalytische Diskurse zum Thema »Identität in der Postmoderne« wird deutlich machen, dass Fragen zusammengesetzter Identität inzwischen viele bewegen — nicht nur den Beruf, sondern auch das private Leben betreff end (Gruppenanalytiker sprechen in solchen Fällen von der »Grundmatrix« als Ausdruck des alles und alle durchdringenden Zeitgeistes). Im Zentrum des Textes steht schließlich die Diskussion der Psychoanalyse und der Psychiatrie als zweier unterschiedener Kulturen, die jeweils eigene Zugehörigkeiten generieren; dies stellt große Herausforderungen an die Integrationsbereitschaft und -fähigkeit der beteiligten Professionellen. Schließlich werden Risiken und Chancen einer zusammengesetzten Berufsidentität und die Bedeutung der Gruppenanalyse für die Förderung derselben diskutiert.
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Heltzel, R. (2006). Die zusammengesetzte Berufsidentität des Psychoanalytikers in der Psychiatrie. In: Böker, H. (eds) Psychoanalyse und Psychiatrie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-30021-X_14
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