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Pop Martial / globale Körper Sprachen

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Book cover Kultur Nicht Verstehen

Auszug

Der menschliche Leib wird in den ästhetischen Repräsentationen der westlichen kulturellen Tradition vorrangig von der jüdisch-christlichen Passion und vom griechischen Akt her gedacht. Auch noch die ikonoklastische Dekonstruktion dieser beiden Paradigmen in der Moderne geht wesentlich aus diesen beiden ideellen Vorgaben einer religiösen Selbstüberwindung bzw. Transzendenz als Entkörperlichung einerseits, und der auf absolute Harmonie gerichteten Immanenz als Stillstellung der Zeit im Augenblick der (körperlichen) Reife andererseits hervor. Im chinesisch-japanischen Feld gilt die Leiblichkeit an sich eher als Zeichen der instabilen materiellen Formen, denn als vom Individuum/Geist zu regierendes bzw. zu überwindendes Ärgernis. Weil der Geist — als Naturerscheinung wie Wind und Wolken oder lokal gebundene atmosphärische Aufladung imaginiert — teilhat an der irdischen Materie,01 liegt das Gewicht ästhetischer Repräsentation eher auf Figuren der Übergänge, denn auf Überwindungs- oder Stillstellungsphantasien. Die herausragende Rolle von Nietzsches Philosophie in den ostasiatischen Modernisierungsdiskursen mag an deren Nähe zu diesen traditionell operativen Figuren liegen, auch wenn ihr kulturenüberbrückender Aspekt, den wir im ersten Zitat ansprechen, zugunsten einer im zweiten Zitat demonstrierten klaren Distanzierung gegenüber den banalisierten (bürgerlichen) Traditionen mit ihren verknöcherten Ausdrucksformen zunächst gar nicht im Vordergrund der Rezeption stand.

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Literatur

  1. — Literatur zu diesem Thema, z.B.: Wu Kuang-ming, On Chinese Body Thinking: A Cultural Hermeneutic, Leiden / New York / Köln: Brill, 1997, bes. S. 150–156; Richard John Lynn (Übers.), The Classic of Changes: A New Translation of the I Ching as Interpreted by Wang Bi, New York: Columbia University Press, 1994, sowie Helmut Wilhelm, Heaven, Earth and Man in the Book of Changes: Seven Eranos Lectures, Seattle / London: University of Washington Press, 1977; allg. A. C. Graham, Studies in Chinese Philosophy and Philosophical Literature, Albany NY: State University of New York Press, 1990.

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  2. — Rey Chow, Primitive Passions: Visuality, Sexuality, Ethnography, and Contemporary Chinese Cinema, New York: Columbia University Press, 1995.

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  3. — Vgl. z. B. Bernhard Waldenfels, Sinnesschwellen: Studien zur Phänomenologie des Fremden 3, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1999, bes. S. 146: »Ein eigenmächtiges Sehen, das seiner selbst sicher wäre, gibt es nur auf der sekundären Ebene des >gesehenen< oder >wiedererkennenden Sehens<. Auch dies gilt nur, solange der Sehende seine leibliche Herkunft vergisst. Nur so kann er wie Descartes durch das Fenster seiner Denkstube blicken und zweifeln, ob die draußen vorübergehenden Menschen Attrappen sind oder nicht. Wenn es einen fremden Blick gibt, so nicht als Fluchtpunkt des eigenen Sehens.«

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  4. — Dies betrifft v. a. das von romantischen Erzählungen geprägte Bild des einzelnen Schwertkämpfers, wie auch der großen chinesischen Volksaufstände bis hin zu den Boxern. Vgl. zu den an der fiktionalen wushu-Tradition ausgerichteten Leitvorstellungen der Teilnehmer am Boxeraufstand z. B. Paul Cohen, History in Three Keys: The Boxers as Experience, Event and Myth, New York: Columbia University Press, 1997.

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  5. — China Pictorial Publications (Hg.), Chinese Martial Arts Go International, Beijing: New Star Publishers, 1998.

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  6. — Der Film Die Geschichte der Qiuju (Qiuju da guansi, 1992) von Zhang Yimou kann als einschlägiges Material für diesen Befund gesehen werden. Er ist von weiten Kreisen chinesischer Rezipienten in diesem Sinn gepriesen worden.

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  7. — Cao Zhengwen, »Chinese Gallant Fiction«, in: Handbook of Chinese Popular Culture, hg. von Wu Dingbo und Patrick D. Murphy, Westport: Greenwood Press, 1994, S. 237–255; Chen Pingyuan, Qiangu wenren xiake meng: wuxia xiaoshuo leixing yanjiu (Der uralte Traum der Literaten vom fahrenden Ritter: Genrestudien zur Martial-Arts-Fiktion), Beijing: Renmin wenxue, 1992.

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  8. — John Christopher Hamm, »The Marshes of Mount Liang Beyond the Sea: Jin Yong’s Early Martial Arts Fiction and Postwar Hong Kong«, in: Modern Chinese Literature and Culture ii/i (Spring 1999), S. 93–123.

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  9. — David Desser, »The Kung Fu Craze: Hong Kong Cinema’s First American Reception«, in: Poshek Fu / David Desser (Hgg.), The Cinema of Hong Kong: History, Arts, Identity, Cambridge: Cambridge University Press, 2000, S. 19–43.

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  10. — Vgl. z.B. Andreas Kilb, »Im Sog der Macht: Das chinesische Filmepos Hero von Zhang Yimou«, in: www.FAZ.net (3. Juni 2003; zuletzt eingesehen: Oktober 2004).

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  11. — Hierzu ausführlicher: Fu / Desser (wie Anm. 11) sowie Chu Yingchi, Hong Kong Cinema: Coloniser, Motherland and Self, London / New York: Routledge, 2003.

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  12. — Georg Seeslen, »Die Braut haut ins Auge«, in: Die Tageszeitung (16.10.2003), S. 16.

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  13. — Chen Kaige hatte noch das historisch belegte Attentat von Jing Ke in seinem Historiendrama The Emperor and the Assasin (Jing Ke ci Qin Wang, 1998) als narratives Material verwendet.

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  14. — Enthusiastisches Lob kam vor allem von Seiten der im Westen befindlichen Dissidenten von Zhang Yimous oder früheren Generationen. Vgl. Susanne Weigelin-Schwiedrzik, »Einheit des Reiches oder Tyrannenmord? Über Zhang Yimous Heldenepos, das bei uns Hero heißt«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (18.06.2003).

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  15. — Dies nicht zuletzt deshalb — Ironie der politisch verhängten Grenzen historischen Bewusstseins —, weil die als Dissidenten im Ausland weilenden ehemaligen Studentenführer ihre Memoiren in der VR China nicht publizieren konnten. Vgl. (mit einer etwas anderen Fokussierung) Hung-yok Ip, »Political Drama and Emotional Display: Self and Representation in the 1989 Protest Movement«, in: East Asian History 15/16 (Juni/Dezember 1998), S. 129–158.

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  16. — Edmund Weber, »Die Wiederkehr des Heiligen: Rudolf Ottos hagiozentrische Grundlegung einer autonomen Religionswissenschaft und Religionskultur«, in: Journal of Religious Culture 40 (2000).

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© 2005 Institut für Theorie der Gestaltung und Kunst (ith)

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Bronfen, E., Riemenschnitter, A. (2005). Pop Martial / globale Körper Sprachen. In: Albrecht, J., Huber, J., Imesch, K., Jost, K., Stoellger, P. (eds) Kultur Nicht Verstehen. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/3-211-27392-1_23

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/3-211-27392-1_23

  • Publisher Name: Springer, Vienna

  • Print ISBN: 978-3-211-24235-3

  • Online ISBN: 978-3-211-27392-0

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