Zusammenfassung
Der Beitrag betrachtet den Zusammenhang zwischen kommunaler Wohnungspolitik und kommunaler Sozialpolitik. Angesichts vielerorts identifizierbarer kommunaler Haushaltsprobleme geraten Sozial- und Wohnungspolitik in ein Wechselspiel: Auf der einen Seite wird unter den gegebenen Bedingungen teilweise krisenhafter Haushalte von einer Verdrängung von (freiwilligen) kommunalen Investitionen durch die mit Rechtsansprüchen bewehrten sozialen Leistungen ausgegangen. Einige Städte reagierten seit den 1990er Jahren auf ihre Verschuldungssituation gar mit dem Verkauf eigener Wohnungsinfrastruktur und nahmen sich damit wichtige Steuerungsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite spielen die lokalen Wohnungsmärkte auch eine wichtige Rolle dafür, wie problemlösungsfähig kommunale Sozialpolitik sein kann und auch dafür, wie hoch die kommunalen Belastungen durch Sozialleistungen letztendlich ausfallen. Am offensichtlichsten bei den „Kosten für Unterkunft und Heizung“ nach SGB II, aber auch bei andere Leistungsarten. Der Beitrag versucht in diesem Wechselspiel Muster zwischen Sozialausgaben, lokalen Mieten und kommunalem Investitionsverhalten quantitativ aufzudecken und daraus Möglichkeiten einer integrierten Sichtweise abzuleiten.
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Dabei werden andere Zusammenhänge zunächst nicht betrachtet, die lohnenswert wären. So gibt es auch gute Argumente dafür, dass eine vorausschauende Wohnungspolitik über diesen unmittelbaren Zusammenhang hinaus für Entlastung in anderen Bereichen sorgen könnte. Wohnen ist nicht nur finanziell von Bedeutung für kommunale Sozialpolitik.
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Die Analyse mithilfe der Kassenkredite, als ein in der Literatur weit verbreiteter Haushaltsindikator, bietet sich in diesem Fall nicht an, da diese im engeren Sinn nicht zur Finanzierung von Investitionen dienen (sollten), wenngleich dies im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden kann. Die Daten über Kassenkredite stehen darüber hinaus erst seit 2010 explizit für das gesamte Bundesgebiet zur Verfügung.
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Seit dem Jahr 2010 gibt es eine veränderte Erhebung der Verschuldung in der offiziellen Statistik, dadurch haben sich auch die Bezeichnungen verschiedener Schuldenarten verändert. Es kommt darüber hinaus auch zu leichten Abweichungen bei den Werten, die allerdings kein systematisches Problem darstellen.
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Bei den Daten zu den Kreditmarktschulden sei noch angemerkt, dass eine Pro-Kopf-Verschuldung von null Euro keinen statistischen Fehler darstellt, sondern einige wenige Kommunen in einigen Jahren tatsächlich ihre Verschuldung auf null zurückgefahren haben. Dass mit 4447,26 € pro Kopf die bekannten Spitzenverschuldungen deutscher Kommunen nicht erreicht sind, hängt vor allem damit zusammen, dass die Kassenkredite nicht erfasst sind.
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Grohs, S., Zabler, S. (2021). Wohnungspolitik als Sozialpolitik? Zum Wechselspiel von Haushaltslage, Sozialausgaben und kommunalen Investitionen in Wohnraum. In: Egner, B., Grohs, S., Robischon, T. (eds) Die Rückkehr der Wohnungsfrage. Stadtforschung aktuell. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31027-1_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-31027-1_3
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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