Wahlen und Wähler pp 71-89 | Cite as
Wahlverhalten in Ost-West-Perspektive
- 1 Mentions
- 4.8k Downloads
Zusammenfassung
Immer noch zeigen sich charakteristische Unterschiede im Wahlverhalten von Ost- und Westdeutschen, vor allem bei der Höhe der Wahlbeteiligung und dem Abschneiden der Linkspartei. Die Differenzen sind jedoch geringer als bei den Wahlen von 1994–2009, während es innerhalb der Regionen beträchtliche Unterschiede gibt. Anders als früher wird das Parteiensystem von Ost- und Westdeutschen mittlerweile in ähnlicher Weise wahrgenommen.Auch die politischen Orientierungen der Bürger entfalten in Ost und West nun sehr ähnliche Wirkungen. Die Verteilung dieser Einstellungen unterscheiden sich aber nach wie vor stark. Neben der seit langem bekannten Beurteilung des Sozialismus betrifft dies in noch stärkerem Maße auch die Einstellungen zur Zuwanderung, die im Osten auf größte Skepsis stößt.
Schlüsselwörter
Nichtwahl Parteiidentifikation Zuwanderung Sozialismus Ost-West-Unterschiede Pedersen-Index Ostdeutschland Soziale Gerechtigkeit1 Einleitung und Fragestellung: Eine Nation – zwei (oder mehr?) Wahlregionen
Die Bundestagswahl vom September 2013 fand fast ein Vierteljahrhundert nach der friedlichen Revolution statt und war bereits der siebte gesamtdeutsche Urnengang. Dennoch zeigen sich wie schon bei den bisherigen Bundestagswahlen markante Unterschiede im Wahlverhalten von Ost- und Westdeutschen.
In der Forschungsliteratur wurde bereits Mitte der 1990er Jahre auf solche dauerhafte und charakteristische Unterschiede im Wahlverhalten von Ost- und Westdeutschen hingewiesen (Falter und Klein 1994; Dalton und Bürklin 1995; Pickel et al. 1998). Als mögliche Ursachen für diese Unterschiede wurden und werden zwei Gruppen von Faktoren diskutiert, die sich zumindest analytisch voneinander unterscheiden lassen: Situative Einflüsse sind zumindest prinzipiell kurzfristig veränderbar und betreffen etwa regionale Unterschiede in der Wirtschaftsentwicklung oder der Dynamik des Arbeitsmarktes. Strukturelle Faktoren hingegen sind mittel- und vermutlich auch langfristig stabil.
Unter diesen strukturellen Faktoren sind an erster Stelle die Sozialisationsbedingungen vor und nach der Wiedervereinigung zu nennen, die zu charakteristischen Unterschieden in der Verteilung politischer Einstellungen geführt haben (Fuchs 1996, 1999; Finkel et al. 2001; Arzheimer 2012; Fuchs und Roller 2013) und als politische Regionalkulturen interpretiert werden können (Schneider 2013). Hinzu kommen dauerhafte Unterschiede in der Verteilung sozialstruktureller Merkmale, die aufgrund der in Deutschland vorherrschenden cleavages eng mit politischen Grundpräferenzen und damit dem Wahlverhalten verbunden sind (Arzheimer und Schoen 2007). Trotz fortschreitender Modernisierungs- und Säkularisierungsprozesse ist in Ostdeutschland der Anteil der Personen, die sich selbst als „Arbeiter“ betrachten, nach wie vor deutlich höher als in den alten Ländern, während der Anteil an (praktizierenden) Christen und insbesondere Katholiken weitaus niedriger liegt als im Westen.
Situative und Sozialisationsfaktoren werden gemeinsam für die je unterschiedlichen Muster im Wahlverhalten von Ost- und Westdeutschen verantwortlich gemacht. Diese kommen zustande, weil 1) Determinanten des Wahlverhaltens in beiden Regionen unterschiedlich verteilt sind oder 2) diese Determinanten regional unterschiedliche Wirkungen entfalten. Dabei sollte allerdings nicht übersehen werden, dass auch innerhalb der Großregionen Ost- und Westdeutschland erhebliche Unterschiede bezüglich der politischen Einstellungen bestehen, die für beträchtliche regionale Unterschiede im Wahlverhalten bzw. in der Ausgestaltung des Parteiensystems mitverantwortlich sind (Pappi und Shikano 2003; Niedermayer 2009).
Ziel dieses Kapitels ist es vor diesem Hintergrund zunächst, im folgenden Abschnitt das Ausmaß der Ost-West-Differenzen beschreibend zu erfassen. Im Anschluss daran werden sowohl für die Wahlbeteiligung als auch für die Wahlentscheidung Hypothesen über deren Ursachen getestet. Eine besondere Rolle spielen dabei naturgemäß wie schon in den früheren Ausgaben dieses Bandes (Arzheimer und Falter 2005, 2013; Kaspar und Falter 2009) die Wähler der Linken.
2 Das Wahlergebnis in Ost-West-Perspektive
In ihrer Studie zur Bundestagswahl 1998 hatten Arzheimer und Falter (1998) vorgeschlagen, die Ost-West-Unterschiede im Wahlverhalten mit einer Variante des bekannten Pedersen-Index (Pedersen 1983) zu quantifizieren. Dazu werden getrennt für die Unionsparteien, die SPD, die FDP, die Grünen, die Linke, die Gruppe aller „sonstigen“ Parteien sowie die Nichtwähler die absoluten Prozentpunktdifferenzen zwischen dem Ergebnis der alten und der neuen Bundesländer aufsummiert und das Ergebnis durch zwei geteilt. Als Prozentuierungsbasis dient jeweils die Anzahl der Wahlberechtigten, um die Unterschiede in der Mobilisierung sichtbar zu machen. Im Land Berlin werden dabei die Wahlkreise im früheren Ostteil sowie die „gemischten“ Wahlkreise „Berlin-Mitte“ und „Berlin-Friedrichshain – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost“ den neuen Ländern, die Kreise in den ehemaligen westlichen Sektoren hingegen den alten Ländern zugerechnet.
Pedersen-Index für die Bundestagswahlen 1990–2013
Boxplot Aggregatvolatilität in West und Ost, Bundestagswahl 2013
Dennoch bestehen weiterhin sehr deutliche Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen beider Landesteile. Diese gehen auf eine Reihe von Faktoren zurück, die sich in ähnlicher Form bereits bei den vergangenen gesamtdeutschen Bundestagswahlen gezeigt haben.
Boxplot Anteil Nichtwähler in West und Ost, Bundestagswahl 2013
Zweitens schneiden SPD und Union in Ostdeutschland deutlich schwächer ab als im Westen. Bei der Bundestagswahl 2013 betrug die Differenz für die Union knapp fünf, für die SPD fast acht Prozentpunkte. Setzt man west- und ostdeutsche Stimmenanteile ins Verhältnis, so erreichte die Union in den neuen Ländern nur rund 80, die SPD sogar nur rund 60 % ihrer westdeutschen Mobilisierungsquote. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für Bündnis 90/Die Grünen und für die FDP, die in den neuen Ländern nur 55 bzw. 49 % ihrer westlichen Mobilisierungsquoten realisieren konnten.
Zweitstimmenanteil der Linkspartei auf Wahlkreisebene, Bundestagswahl 2013
Multidimensionale Skalierung der impliziten Ähnlichkeitsurteile über die Parteien auf Grundlage der Sympathieskalometer (alte Bundesländer)
Obwohl in der Vergangenheit teils noch weitaus dramatischere Unterschiede zu beobachten waren – so erreichte die PDS zwischen 1990 und 2005 höchstens 0.9 % der westdeutschen Wahlberechtigten und damit maximal ein Dreizehntel ihres ostdeutschen Wähleranteils – sind diese Diskrepanzen keineswegs nur von akademischem Interesse. So lag die FDP in den westdeutschen Wahlkreisen mit 5.1 % der gültigen Stimmen knapp über der Fünfprozenthürde und ist somit letztlich am Wahlverhalten der Ostdeutschen gescheitert. Im Ergebnis hätte die schwarz-gelbe Koalition in den alten Ländern mit reduzierter Mehrheit weiterregieren können. Im Osten hingegen wäre der AfD mit einem Anteil von 5.8 % der gültigen Zweitstimmen der Einzug in den Bundestag gelungen, und die Partei hätte mehr Sitze gewonnen als Bündnis 90/Die Grünen. Zugleich schnitt hier wie schon bei der Wahl von 2009 die Linke deutlich stärker ab als die SPD. Auch für die Bundestagswahl 2013 ist es deshalb gerechtfertigt, von zwei deutschen Elektoraten (Dalton und Bürklin 1995) zu sprechen.
3 Determinanten der Wahlbeteiligung im Ost-West-Vergleich
Eine niedrige Wahlbeteiligung wird häufig als problematisch betrachtet, nicht zuletzt, weil sie in der Regel zu einer ungleichen Repräsentation gesellschaftlicher Interessen führt (Lijphart 1997). In der Vergangenheit waren in Ostdeutschland vor allem bei Landtagswahlen teils sehr niedrige Beteiligungsraten zu verzeichnen (Arzheimer und Falter 2005). Auf nationaler Ebene markiert die Bundestagswahl 2009, bei der mehr als ein Drittel der ostdeutschen Wahlberechtigten auf ihr Wahlrecht verzichtet haben, den bisherigen Tiefpunkt dieser Entwicklung.
Wie im vorherigen Abschnitt skizziert, ist die ostdeutsche Wahlbeteiligung 2013 wieder leicht angestiegen, sodass sich die Lücke zwischen Ost und West auf fünf Prozentpunkte (72.5 vs. 67.6 %) reduziert hat. Mit den Daten der GLES (Vorwahlbefragung) wird für beide Landesteile eine deutlich höhere Wahlbeteiligung in Prozent geschätzt (ungewichtete Daten). Ein solches overreporting der Wahlbeteiligung ist in Umfragen üblich und erklärt sich durch den Effekt der sozialen Erwünschtheit, die höhere Bereitschaft politisch interessierter Bürger, sich an Wahlen und Umfragen zu beteiligen, und die tatsächliche Unsicherheit über das zukünftige Verhalten2.
Interessanter als eine exakte Replikation der Wahlbeteiligungsraten ist jedoch die Frage, welche Motive und Merkmale hinter der Wahlbeteiligung stehen, und ob sich deren Wirkung in Ost und West unterscheidet. Aus der Nichtwählerforschung ist bekannt, dass politisches Interesse, Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie, das Vorliegen von Parteibindungen, die Wahrnehmung einer Wahlbeteiligungsnorm sowie die soziale Integration der Wahlberechtigten einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung haben. Darüber hinaus lassen sich oft selbst unter Kontrolle dieser Variablen Effekte der formalen Bildung, des Geschlechtes und des Lebensalters nachweisen (Caballero 2005, 2014). Letztere werden oft als Kohorten- bzw. Sozialisationseffekte interpretiert, können aber auch das Resultat unterschiedlicher Interessenlagen der verschiedenen Altersgruppen sein (Arzheimer 2006).
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die niedrigere Wahlbeteiligung der Ostdeutschen primär auf eine unterschiedliche Zusammensetzung der Elektorate zurückgeht, oder ob Merkmale, die im Westen die Wahlbeteiligung steigern, in den neuen Ländern eine schwächere Wirkung entfalten. So wäre es denkbar, dass die Wahlbeteiligung in Ostdeutschland niedriger ist, weil weniger Menschen sich den Parteien verbunden fühlen und der Grad der politischen Unzufriedenheit höher ist. Möglich wäre es aber auch, dass Parteibindungen und politische Zufriedenheit in Ostdeutschland aufgrund unterschiedlicher Sozialisationserfahrungen weniger eng mit dem Wahlakt verknüpft sind.
Um diese Frage zu untersuchen, wurde mit den Vorwahldaten der GLES ein binär-logistisches Modell der Wahlbeteiligung geschätzt, das die wichtigsten der aus der Nichtwählerforschung bekannten Einflussfaktoren enthält: Neben den Kontrollvariablen Alter, Geschlecht und Bildung sind dies auf der Einstellungsebene die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland und das politische Interesse. Hinzu kommen die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, die Häufigkeit des Gottesdienstbesuches (selten oder nie vs. mehrmals im Jahr vs. häufig) sowie die Haushaltsgröße (Einpersonenhaushalte vs. Mehrpersonenhaushalte) als Indikatoren für den Grad der sozialen Integration3.
Die Querschnittsbefragungen der GLES basieren auf dem ADM-Mastersample, d. h. auf einer mehrstufigen Zufallsauswahl. Um dem Rechnung zu tragen, wurden die in Stata 13 implementierten Survey-Kommandos sowie die für die GLES errechneten kombinierten Haushalts-, Transformations- und Designgewichtete genutzt. Die beiden Regionen wurden dabei als Strata, die 244 sampling points der Vorwahluntersuchung als erste Auswahlebene definiert. Da es sich bei diesen sampling points um Stimmbezirke handelt und pro Wahlkreis in der Regel in höchstens zwei Stimmbezirken interviewt wurde, wird auf diese Weise die politische Kontextstruktur der Bundestagswahl berücksichtigt4.
Geschätzt wurden drei Varianten des Modells, die drei verschiedenen Hypothesen über die Ursachen von Ost-West-Unterschieden entsprechen. In der ersten und komplexesten Variante wird davon ausgegangen, dass sich sowohl das allgemeine Niveau der Wahlbeteiligung als auch die Stärke der Effekte, die auf die individuelle Beteiligungsabsicht wirken, zwischen beiden Regionen unterscheiden, also ein Interaktionseffekt zwischen den verschiedenen Individualmerkmalen einerseits und der Region andererseits besteht. Das Gegenstück zu diesem „Interaktionsmodell“ ist ein „Kompositionsmodell“, das davon ausgeht, dass die Ost-West-Unterschiede ausschließlich darauf zurückgehen, dass sich das ostdeutsche und das westdeutsche Elektorat in ihrer Zusammensetzung unterscheiden. Das „Residualmodell“ stellt einen Kompromiss zwischen diesen beiden Spezifikationen dar. Aus seiner Perspektive gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen den Wirkungsmechanismen in Ost und West; es bleibt aber ein Unterschied im Niveau der Wahlbeteiligung bestehen, der sich nicht vollständig auf die je unterschiedliche Komposition der Elektorate reduzieren lässt.
Tabelle 1 zeigt zunächst, dass sich die Parameterschätzungen über die drei Spezifikationen hinweg kaum unterscheiden. Mittlere und vor allem höhere formale Bildung steigern die (berichtete) Wahlbeteiligung sehr deutlich. Noch stärker ausgeprägt ist der positive Effekt, der vom Vorhandensein einer Parteibindung ausgeht. Haushaltsgröße und Gewerkschaftsmitgliedschaft als Indikatoren sozialer Integration haben hingegen keinen signifikanten Einfluss auf die Wahlteilnahme, während der Effekt des Gottesdienstbesuches ambivalent ist (und sich am Rande der statistischen Signifikanz bewegt): Gelegentliche Kirchgänger beteiligen sich häufiger als Personen, die regelmäßig oder selten bzw. nie am Gottesdienst teilnehmen. Einen leicht positiven Effekt, der sich in den ältesten Generationen etwas abschwächt, hat darüber hinaus das Lebensalter.
Determinanten der Wahlbeteiligung 2013
(1 Interaktion) | (2 Residual) | (3 Komposition) | |
---|---|---|---|
Mann | − 0.1 | − 0.2 | − 0.2 |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
Ost | 1.6 | 0.3 | |
(2.0) | (0.2) | ||
Mann × Ost | − 0.3 | ||
(0.4) | |||
Bildung: mittel | 0.6* | 0.7** | 0.7** |
(0.3) | (0.2) | (0.2) | |
Bildung: hoch | 1.5** | 1.3*** | 1.3*** |
(0.5) | (0.4) | (0.4) | |
Bildung: mittel × Ost | 0.3 | ||
(0.5) | |||
Bildung: hoch × Ost | − 0.5 | ||
(0.7) | |||
PI vorhanden | 1.2*** | 1.2*** | 1.2*** |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
PI vorhanden × Ost | 0.0 | ||
(0.4) | |||
Zufriedenheit: Demokratie | 0.4** | 0.4*** | 0.4*** |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
Ost × Zufriedenheit: Demokratie | 0.1 | ||
(0.2) | |||
Alter × Alter | 0.0 | 0.0 | 0.0 |
(0.0) | (0.0) | (0.0) | |
Alter | 0.0 | 0.0 | 0.0 |
(0.0) | (0.0) | (0.0) | |
Ost × Alter × Alter | − 0.0 | ||
(0.0) | |||
Ost × Alter | 0.0 | ||
(0.1) | |||
Kirchgang: gelegentlich | 0.4 | 0.5* | 0.5 |
(0.3) | (0.2) | (0.2) | |
Kirchgang: haeufig | − 0.2 | − 0.1 | − 0.1 |
(0.3) | (0.3) | (0.3) | |
Kirchgang: gelegentlich × Ost | 0.6 | ||
(0.4) | |||
Kirchgang: haeufig × Ost | 0.2 | ||
(0.6) | |||
Gewerkschaftsmitglied | 0.2 | 0.0 | 0.0 |
(0.3) | (0.3) | (0.3) | |
Gewerkschaftsmitglied × Ost | − 0.6 | ||
(0.5) | |||
Einpersonenhaushalt | − 0.1 | − 0.1 | − 0.1 |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
Einpersonenhaushalt × Ost | 0.1 | ||
(0.3) | |||
Politikinteresse | 1.4*** | 1.3*** | 1.3*** |
(0.2) | (0.1) | (0.1) | |
Ost × Politikinteresse | − 0.6* | ||
(0.2) | |||
Konstante | − 5.6*** | − 5.3*** | − 5.3*** |
(1.0) | (0.9) | (0.9) | |
N | 1752.0 | 1752.0 | 1752.0 |
AICW | 1195.5 | 1189.7 | 1188.9 |
Den mit Abstand stärksten Effekt haben aber die beiden Einstellungsvariablen Politikinteresse und Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland. So erhöht (unabhängig von der gewählten Modellierungsvariante) ein sehr hoher (5 Skalenpunkte) gegenüber einem sehr niedrigen (1 Skalenpunkt) Grad der Zufriedenheit die Wahrscheinlichkeit der Wahlbeteiligung um fast zwanzig Prozentpunkte auf mehr als 86 %. Ein großes (5) Interesse an politischen Fragen erhöht gegenüber einem minimalen (1) Interesse die Wahlbeteiligungswahrscheinlichkeit sogar um 40 Prozentpunkte von 46 auf mehr als 98 %5.
Die Schätzungen der Haupteffekte sind über die drei Spezifikationen hinweg fast identisch. Welcher der drei Modellierungsvarianten sollte nun der Vorzug gegeben werden? Wegen der großen Zahl von Produkttermen ist das Interaktionsmodell weitaus komplexer als das Residual- oder das Kompositionsmodell. Mit Hilfe von Informationsmaßen (AIC, BIC) lässt sich überprüfen, ob diese zusätzliche Komplexität durch eine entsprechend bessere Anpassung des Modells an die Daten zu rechtfertigen ist. Bei der Betrachtung konkurrierender Modelle sollte dabei demjenigen mit dem kleinsten Wert der Vorzug gegeben werden. Allerdings ist die Berechnung von AIC und BIC in Stata 13 bei Verwendung der Survey-Schätzverfahren aufgrund der besonderen Form der Varianzschätzung nicht möglich. Ersatzweise wurde deshalb unter Rückgriff auf in der Stata-Erweiterung MIINC (Luchman 2014) enthaltenen Code das für Survey-Daten gewichtete AIC (AICW, siehe Scott 2013) herangezogen.
Aus den nicht-signifikanten Interaktionseffekten in Tab. 1 lässt sich ablesen, dass sich die Modelle insgesamt nur geringfügig unterscheiden. Dementsprechend weist das Kompositionsmodell mit seiner sehr einfachen Struktur das günstigste AICW auf, wobei die Unterschiede zum Residualmodell gering sind. Inhaltlich bedeutet dies, dass die niedrigere Wahlbeteiligung in Ostdeutschland primär auf die geringere Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie, das niedrigere Politikinteresse, den kleineren Anteil parteigebundener Bürger, sowie den etwas geringeren Anteil an formal hochgebildeten Wählern zurückgeht.
4 Die Wahlentscheidung in beiden Regionen
Multidimensionale Skalierung der impliziten Ähnlichkeitsurteile über die Parteien auf Grundlage der Sympathieskalometer (neue Bundesländer und Berlin)
Tabelle 2 (die wiederum auf den in Stata 13 implementierten Survey-Schätzern und der Anwendung aller in den GLES-Daten enthaltenen Gewichte basiert) zeigt, dass die bei früheren Wahlen zu verzeichnenden Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland auch 2013 stark ausgeprägt waren. Dies betrifft einerseits die kurz- und mittelfristigen Faktoren. So wurde in den neuen Ländern die Wirtschaftslage negativer, die Leistungen der schwarz-gelben Bundesregierung aber insgesamt etwas positiver bewertet als im Westen. Auch die Euro-Schuldenkrise löst hier (noch) weniger Beunruhigung aus als in den alten Ländern. Vor allem aber war Gregor Gysi als (alleiniger) Spitzenkandidat der Linken in den neuen Ländern im Mittel sehr viel beliebter als in den alten.
Ost-West-Unterschiede in den politischen Einstellungen (Einträge: Skalenpunkte bzw. Prozente)
Einstellung | West | Ost |
---|---|---|
Allgemeine Wirtschaftslage gut | 3.5 | 3.5 |
Zufriedenheit Regierung | 6.1 | 6.7 |
Schuldenkrise: Angst | 3.3 | 2.6 |
Bewertung Merkel | 7.3 | 7.6 |
Bewertung Steinbrück | 6.5 | 6.4 |
Bewertung Brüderle | 4.9 | 5.0 |
Bewertung Trittin | 5.4 | 5.4 |
Bewertung Gysi | 5.5 | 6.8 |
PI CDU/CSU | 33.1 | 29.9 |
PI SPD | 24.8 | 17.2 |
PI FDP | 2.1 | 1.7 |
PI B90/Grüne | 10.9 | 7.2 |
PI Linke | 4.0 | 14.2 |
PI: alle | 78.6 | 72.8 |
Links-Rechts-Selbsteinstufung | 5.5 | 4.9 |
Sozialismus gute Idee | 2.9 | 3.0 |
Steuern/Sozialleistungen | 5.8 | 6.0 |
Ablehnung: Zuwanderung | 6.5 | 7.3 |
Gerechte Gesellschaft | 4.3 | 4.4 |
Zugleich zeigen sich aber auch bei den langfristig stabilen Dispositionen weiterhin substantielle Unterschiede zwischen den Regionen. Diese betreffen zunächst die Prävalenz und Verteilung der Parteiidentifikationen, aber auch die Links-Rechts-Selbsteinstufung, die relative Gewichtung von Steuern und Sozialleistungen, sowie den Wunsch nach staatlichen Eingriffen zur Herstellung einer „gerechteren“ Einkommensverteilung. Gegenüber den Ergebnissen früherer Studien stark abgeschwächt haben sich die regionalen Unterschiede in der Bewertung des Sozialismus als Ordnungsprinzip. Geradezu dramatisch hingegen ist die (noch) stärkere Ablehnung des Zuzugs von Ausländern durch die Ostdeutschen.
In früheren Untersuchungen zum Wahlverhalten in Ost- und Westdeutschland kamen meistens multinominale logistische Regressionsmodelle zum Einsatz. Diese haben den Nachteil, dass die Zahl der zu schätzenden Parameter der Zahl der unabhängigen Variablen mal der Zahl der betrachteten Parteien minus eins entspricht und dementsprechend sehr groß ist. Hinzu kommen die Konstanten. Durch die Aufnahme von Interaktionstermen, die benötigt werden, um Ost-West-Unterschiede in der Wirkung der unabhängigen Variablen zu testen, verdoppelt sich die Zahl der Parameter noch einmal.
Mit Hilfe konditionaler logistischer Regressionsmodelle (Alvarez und Nagler 1998), die für parteispezifische unabhängige Variablen wie z. B. die Parteiidentifikation nur einen einzigen Parameter schätzen, lässt sich dieses Problem abmildern. Die linke Spalte der Tab. 3 zeigt die Parameterschätzungen für eine solche sparsame Modellierung der Wahlentscheidung, die dem im vorangegangenen Abschnitt vorgestellten Kompositionsmodell entspricht. Die Wahlabsicht (Vorwahlbefragung) wird hier auf die PI, die Bewertung des jeweiligen Spitzenkandidaten sowie auf die Entfernung von der Partei in einem eindimensionalen, durch die Links-Rechts-Skala aufgespannten Politikraum zurückgeführt. Letztere wurde berechnet, indem die Links-Rechts-Einstufungen der Parteien durch die Befragten von deren Links-Rechts-Selbsteinstufung subtrahiert und dann der Betrag gebildet wurde.
Determinanten der Wahlentscheidung 2013
(1) | (2) | (3) | |
---|---|---|---|
PI | 2.0*** | 2.1*** | 1.9*** |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
Bewertung Kandidat | 0.6*** | 0.5*** | 0.5*** |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
Ideologische Distanz | − 0.4*** | − 0.4*** | − 0.4*** |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
Union | 0.5 | 0.5 | 0.6 |
(0.6) | (0.6) | (0.7) | |
FDP | 1.0 | 1.0 | 0.9 |
(0.7) | (0.7) | (0.7) | |
B90Grüne | 0.8 | 0.8 | 0.8 |
(0.8) | (0.8) | (0.8) | |
Linke | 0.3 | 0.3 | − 0.1 |
(0.8) | (0.8) | (1.0) | |
Union: Sozialismus gute Idee | − 0.2 | − 0.2 | − 0.3 |
(0.1) | (0.1) | (0.2) | |
FDP: Sozialismus gute Idee | − 0.4* | − 0.4* | − 0.4* |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
B90Grüne: Sozialismus gute Idee | 0.0 | 0.0 | 0.0 |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
Linke: Sozialismus gute Idee | 0.2 | 0.2 | 0.2 |
(0.2) | (0.2) | (0.2) | |
Union: Ablehnung Zuwanderung | − 0.0 | − 0.0 | − 0.0 |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
FDP: Ablehnung Zuwanderung | − 0.0 | − 0.0 | 0.0 |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
B90Gruene: Ablehnung Zuwanderung | − 0.1 | − 0.1 | − 0.1 |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
Linke: Ablehnung Zuwanderung | − 0.2** | − 0.2** | − 0.2* |
(0.1) | (0.1) | (0.1) | |
Union × Ost | 0.3 | − 0.2 | |
(0.3) | (1.4) | ||
FDP × Ost | − 0.7 | − 0.5 | |
(0.5) | (1.9) | ||
B90Grüne × Ost | − 0.5 | − 1.3 | |
(0.4) | (1.5) | ||
Linke × Ost | − 0.0 | 2.4 | |
(0.4) | (1.6) | ||
PI × Ost | 0.9* | ||
(0.4) | |||
Bewertung Kandidat × Ost | 0.1 | ||
(0.2) | |||
Ideologische Distanz × Ost | − 0.0 | ||
(0.1) | |||
Union: Sozialismus gute Idee × Ost | 0.1 | ||
(0.3) | |||
FDP: Sozialismus gute Idee × Ost | 0.3 | ||
(0.3) | |||
B90Grüne: Sozialismus gute Idee × Ost | 0.4 | ||
(0.3) | |||
Linke: Sozialismus gute Idee × Ost | − 0.2 | ||
(0.3) | |||
Union: Ablehnung Zuwanderung × Ost | − 0.0 | ||
(0.1) | |||
FDP: Ablehnung Zuwanderung × Ost | − 0.2 | ||
(0.3) | |||
B90Grüne: Ablehnung Zuwanderung × Ost | − 0.1 | ||
(0.2) | |||
Linke: Ablehnung Zuwanderung × Ost | − 0.3 | ||
(0.2) | |||
N | 5589.0 | 5589.0 | 5589.0 |
AICW | 5831.5 | 5808.7 | 5776.0 |
Wenn man die Abstände auf der Links-Rechts-Skala als Maß für die grundlegende Übereinstimmung mit dem programmatischen Angebot der Parteien betrachtet, sind damit die drei Hauptkomponenten des Ann-Arbor-Modells vertreten. Da die Links-Rechts-Einstufung allerdings sehr generisch ist, wurden zusätzlich noch zwei Items berücksichtigt, die sich ebenfalls auf politische Inhalte beziehen, aber zugleich stellvertretend für die ökonomische bzw. die gesellschaftspolitische Subdimension der Links-Rechts-Achse stehen können: die Ablehnung einer weiteren Zuwanderung nach Deutschland sowie die Einstellung zum Sozialismus als politischem Ordnungsprinzip. Letztere ist von besonderem Interesse, da sie in der Vergangenheit eine wichtige Rolle für die Wahl der PDS in den neuen Ländern gespielt hat (u. a. Arzheimer und Falter 1998).
Aus Tab. 3 geht zunächst hervor, dass Parteiidentifikation, Sympathie für den jeweiligen Kandidaten sowie die inhaltliche Nähe zu den Parteien wie erwartet sehr starke Effekte auf die Wahlabsicht haben. Dabei ist zu beachten, dass die Sympathieskalometer bzw. die ideologischen Skalen mit jeweils elf Punkten zwar eine sehr große Spannweite und damit potentiell auch einen sehr großen Effekt haben. Während ein Befragter aber mehrere Kandidaten positiv bewerten und mehrere Parteien als ideologisch nahestehend betrachten kann, so dass schlussendlich nur das Parteien- bzw. Kandidatendifferential von Bedeutung ist, schließt das Vorliegen einer Identifikation mit einer bestimmten Partei das gleichzeitige Vorliegen alternativer Identifikationen zumindest in der hier gewählten Operationalisierung aus.
Deshalb hat die Parteiidentifikation letztlich den stärksten Effekt: Für diejenigen Befragten, die sich selbst mit einer Partei identifizieren, schätzt das Modell die Wahrscheinlichkeit einer PI-konformen Wahl auf rund 86 %. Für Kandidaten, die sehr positiv (mehr als neun Punkte) bewertet werden, liegt die mittlere geschätzte Wahlwahrscheinlichkeit hingegen bei 74 %, für Parteien, die sehr nahe (null oder einen Skalenpunkt entfernt) bei der eigenen Position eingeordnet werden, sogar nur bei 37 %7.
An diesem letztgenannten Punkt zeigt sich, dass die ideologische Nähe in vielen Fällen im Sinne der Zuordnung zu einem Lager zu interpretieren ist. Deshalb lohnt ein Blick auf die Wirkung der beiden verbleibenden Einstellungsvariablen, für die jeweils ein parteispezifischer Effekt geschätzt wird. Dieser gibt einen Eindruck davon, inwieweit die jeweilige Einstellung die Wahlchancen der betreffenden Partei gegenüber der SPD beeinflusst, die hier als Referenzkategorie dient. Im Ergebnis zeigen sich in dieser Perspektive nur zwei signifikante Zusammenhänge: Eine positive Bewertung des Sozialismus als Ordnungsidee reduziert die Wahlchance der FDP gegenüber der SPD; eine kritische Haltung zur Zuwanderung hat den analogen Effekt auf die Wahlchancen der Linken. Anders, als man erwarten könnte, differenziert die Einstellung zum Sozialismus nicht mehr zwischen SPD- und Linken-Wählern.
Gegen diesen letzteren Befund ließe sich erstens einwenden, dass die Bewertung der Kandidaten und die Wahrnehmung der ideologischen Positionen möglicherweise von der Wahlabsicht beeinflusst und deshalb nicht strikt endogen sind. Dies könnte wiederum dazu führen, dass die Effekte dieser Variablen überschätzt, die Wirkung der übrigen Einstellungen hingegen unterschätzt wird. Mit den vorhandenen Daten gibt es allerdings keine Alternative zu der hier gewählten Vorgehensweise. Zweitens stellt sich aber wiederum die Frage, ob sich nicht nur die Verteilung, sondern auch die Wirkung der Einstellungen zwischen Ost- und Westdeutschland unterscheidet.
Das Modell wurde deshalb in zwei Schritten um entsprechende Interaktionsterme erweitert. Zunächst wurden Produktvariablen aus der Befragungsregion und dem Basiseffekt für die jeweilige Partei gebildet, der eventuelle Differenzen in der Popularität der Parteien erfassen soll, die nicht auf die hier betrachteten Variablen zurückgehen (zweite Spalte). Dies entspricht dem oben formulierten Residualmodell. Hier zeigen sich jedoch keinerlei signifikante Ost-West-Unterschiede.
Deshalb wurden im Anschluss weitere Produktterme für die Region und die im Modell enthaltenen Einstellungsvariablen gebildet (dritte Spalte). Diese verbessern die Anpassung an die Daten zwar deutlich; es wird jedoch nur ein signifikanter Effekt geschätzt: Anders, als man vielleicht vermuten könnte, entfalten die Parteiidentifikationen in den neuen Ländern eine nochmals deutlich stärkere Wirkung als im Westen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Ost-West-Unterschiede in der Wahlentscheidung im Wesentlichen auf die je unterschiedliche Verteilung von Parteiidentifikationen, allgemeinen ideologischen Präferenzen und Kandidatensympathien zurückgehen.
5 Fazit und Ausblick
Fast 25 Jahre nach dem Ende der DDR unterscheidet sich das Wahlverhalten in Ostdeutschland immer noch sehr deutlich von dem in den alten Ländern, auch wenn sich die Differenzen gegenüber den 1990er und frühen 2000er Jahren etwas abgeschwächt haben: Die Wahlbeteiligung ist deutlich niedriger, die Linke sehr viel stärker und die Bonner Parteien dementsprechend deutlich schwächer als in den alten Ländern. Wie die Analysen dieses Kapitels gezeigt haben, entfalten politische Einstellungen in beiden Regionen jedoch sehr ähnliche Wirkungen. Diese Befunde lassen sich deshalb plausibel auf die fortbestehenden Besonderheiten in den politischen Kulturen beider Regionen (Arzheimer 2012) und damit auf mittel- bis langfristig stabile Unterschiede in den politischen Präferenzen in den beiden Landesteilen zurückführen.
Das Fortbestehen eines regionalen Parteiensystems in Ostdeutschland und die daraus resultierende Spaltung des linken Lagers in drei Parteien haben bedeutende Folgen für die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat, vor allem aber auch für die Möglichkeiten der Koalitionsbildung auf der Bundesebene. Womöglich werden SPD und Grüne schon 2017 wieder vor der Frage stehen, ob sie das Wagnis einer rot-rot-grünen Bundesregierung eingehen oder sich für eine Partnerschaft mit der Union bzw. die Oppositionsrolle entscheiden sollen.
Bei allem berechtigten politischen und wissenschaftlichem Interesse an den innerdeutschen Ost-West-Gegensätzen sollten aber zwei Punkte nicht vergessen werden: Zum einen existieren seit langer Zeit beträchtliche und teils sehr stabile politische Unterschiede innerhalb der einzelnen Regionen wie etwa das Beispiel Bayerns zeigt. Zum anderen bestehen in anderen westeuropäischen Ländern wie Belgien, Spanien oder selbst Großbritannien von regionalen Parteisystemen überwölbte politische Konflikte, an denen in absehbarer Zeit die territoriale Integrität der betreffenden Staaten scheitern könnte. Vor diesem Hintergrund sollten die Unterschiede zwischen alten und neuen Ländern mit einer gewissen Gelassenheit betrachtet werden.
Fußnoten
- 1.
Der in Arzheimer und Falter (2013) für die Bundestagswahl 2009 berichtete Wert ist aufgrund eines Übertragungsfehlers zwei Punkte zu hoch.
- 2.
In der Vorwahlbefragung wurden alle Befragten als Wähler betrachtet, die angaben, „bestimmt“ oder „wahrscheinlich“ zur Wahl gehen zu wollen bzw. ihre Stimme bereits per Briefwahl abgegeben zu haben.
- 3.
Die Vorwahlbefragung enthält zusätzlich noch ein Item zu den Erwartungen über die Wahlbeteiligung der Nachbarn, das als Proxy-Variable für eine subjektive (Wahlbeteiligungs)norm (Ajzen und Fishbein 1980) betrachtet werden kann, aber hier unberücksichtigt bleiben muss, da sich ansonsten die Zahl der verwertbaren Fälle halbieren würde.
- 4.
In der Vorwahluntersuchung sind Daten zu Interviews in insgesamt 211 Wahlkreisen enthalten. Von diesen sind 156 durch einen, 51 weitere durch zwei Stimmbezirke vertreten. Lediglich in vier Wahlkreisen wurden Personen aus drei verschiedenen Stimmbezirken befragt.
- 5.
- 6.
Zu beachten ist dabei allerdings, dass rund ein Drittel der Befragten keine Angaben zu ihrer Sympathie für die AfD machen konnten oder wollten bzw. angab, die Partei überhaupt nicht zu kennen. Diese Fälle wurden vollständig aus der Analyse ausgeschlossen. Außerdem beschränkt sich die Darstellung auf die Angaben aus jenen Interviews, die vor der Wahl geführt wurden. In der Nachwahlbefragung zeigt sich als Reaktion auf den Beginn der Koalitionsverhandlungen sehr schnell eine Ausdifferenzierung des linken Lagers.
- 7.
Diese Schätzungen beziehen sich auf die komplexeste Variante des Modells.
Literatur
- Ajzen, Icek, und Martin Fishbein. 1980. Understanding attitudes and predicting social behaviour. Englewood Cliffs: Prentice-Hall.Google Scholar
- Alvarez, Michael R., und Jonathan Nagler. 1998. When politics and models collide. Estimating models of multiparty elections. American Journal of Political Science 42:55–96.CrossRefGoogle Scholar
- Arzheimer, Kai. 2006. Jung, Dynamisch, Nichtwähler? Der Einfluß von Lebensalter und Kohortenzugehörigkeit auf die Wahlbereitschaft. In „Voll Normal“. Der Beitrag Der Politischen Soziologie Zur Jugendforschung, Hrsg. Edeltraud Roller, Frank Brettschneider, und Jan van Deth, 317–335. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Arzheimer, Kai. 2012. Twenty Years After: Sozial- und wirtschaftspolitische Einstellungen von Ost- und Westdeutschen im Vergleich. In Zivile Bürgergesellschaft und Demokratie. Aktuelle Ergebnisse der empirischen Politikforschung. Festschrift für Oscar Gabriel zum 65. Geburtstag, Hrsg. Silke I. Keil und S. Isabell Thaidigsmann, 299–336. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Arzheimer, Kai, und Jürgen W. Falter. 1998. Annäherung durch Wandel? Das Ergebnis der Bundestagswahl 1998 in Ost-West-Perspektive. Aus Politik und Zeitgeschichte 52:33–43.Google Scholar
- Arzheimer, Kai, und Jürgen W. Falter. 2005. Goodbye Lenin? Bundes- und Landtagswahlen seit 1990: Eine Ost-West-Perspektive. In Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlaß Der Bundestagswahl 2002, Hrsg. Jürgen W. Falter, Oscar W. Gabriel, und Bernhard Weßels, 244–283. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Arzheimer, Kai, und Jürgen W. Falter. 2013. Versöhnen statt Spalten? Das Ergebnis der Bundestagswahl 2009 und die Rolle der PDS/Linkspartei in Ost-West-Perspektive. In Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2009, Hrsg. Bernhard Weßels, Oscar W. Gabriel, und Harald Schoen, 118–150. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Arzheimer, Kai, und Harald Schoen. 2007. Mehr als eine Erinnerung an das 19. Jahrhundert? Das sozioökonomische und das religiös-konfessionelle Cleavage und Wahlverhalten 1994–2005. In Der gesamtdeutsche Wähler. Stabilität und Wandel des Wählerverhaltens im wiedervereinigten Deutschland, Hrsg. Hans Rattinger, W. Gabriel Oscar, und W. Falter Jürgen, 89–112. Baden-Baden: Nomos.Google Scholar
- Caballero, Claudio. 2005. Nichtwahl. In Handbuch Wahlforschung, Hrsg. Jürgen W. Falter und Harald Schoen, 329–365. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Caballero, Claudio. 2014. Nichtwahl. In Handbuch Wahlforschung. 2. Aufl., Hrsg. Jürgen W. Falter und Harald Schoen, 437–488. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Dalton, Russell J., und Wilhelm Bürklin. 1995. The two german electorates: The social base of the vote in 1990 and 1994. German Politics and Society 13:79–99.Google Scholar
- Falter, Jürgen W., und Markus Klein. 1994. Die Wähler der PDS bei der Bundestagswahl 1994. Zwischen Ideologie, Nostalgie Und Protest. Aus Politik und Zeitgeschichte B51–52:22–34.Google Scholar
- Finkel, Steven E., Stan Humphries, und Karl-Dieter Opp. 2001. Socialist values and the development of democratic support in the former East Germany. International Political Science Review 22:339–361.CrossRefGoogle Scholar
- Fuchs, Dieter. 1996. Wohin geht der Wandel der demokratischen Institutionen in Deutschland? Die Entwicklung der Demokratievorstellungen der Deutschen seit ihrer Vereinigung. Discussion Paper FS III 96–207. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).Google Scholar
- Fuchs, Dieter. 1999. The democratic culture of Unified Germany. In Critical citizens. Global support for democratic government, Hrsg. Pippa Norris, 123–145. Oxford: Oxford University Press.CrossRefGoogle Scholar
- Fuchs, Dieter, und Edeltraud Roller. 2013. Einstellungen zur Demokratie und zum Sozialstaat. In Datenreport 2013. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland, Hrsg. Statistisches Bundesamt (Destatis) und Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), 370–376. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.Google Scholar
- Hanmer, Michael J., und Kerem Ozan Kalkan. 2013. Behind the curve: Clarifying the best approach to calculating predicted probabilities and marginal effects from limited dependent variable models. American Journal of Political Science 57:263–277.CrossRefGoogle Scholar
- Kaspar, Hanna, und Jürgen W. Falter. 2009. Angenähert oder ausdifferenziert? Das Wahlverhalten in Ost- und Westdeutschland bei der Bundestagswahl 2005. In Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2005, Hrsg. Oscar W. Gabriel, Bernhard Weßels, und Jürgen W. Falter, 202–227. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.Google Scholar
- Lijphart, Arend. 1997. Unequal participation: Democracy’s unresolved dilemma. Presidential address, American Political Science Association, 1996. American Political Science Review 91:1–14.CrossRefGoogle Scholar
- Luchman, Joseph N. 2014. MIINC: Stata module to conduct multi-model inference using information criteria. Statistical Software Components, Boston College Department of Economics. http://ideas.repec.org/c/boc/bocode/s457828.html. Zugegriffen: 19. Nov. 2014.
- Merrill, Samuel, Bernard Grofman, und James Adams. 2001. Assimilation and contrast effects in voter projections of party locations. Evidence from Norway, France, and the USA. European Journal of Political Research 40:199–221.CrossRefGoogle Scholar
- Niedermayer, Oskar. 2009. Parteimitglieder in Deutschland: Version 1/2009. Arbeitshefte aus dem Otto-Stammer-Zentrum, Nr. 15, FU Berlin. http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/systeme/empsoz/schriften/Arbeitshefte/ahosz15.pdf. Zugegriffen: 19. Nov. 2014.
- Pappi, Franz Urban, und Susumu Shikano. 2003. Schröders knapper Sieg bei der Bundestagswahl 2002. Zeitschrift Für Politik 50:1–16.Google Scholar
- Pedersen, Mogens N. 1983. Changing patterns of electoral volatility in European Party Systems, 1948–1977: Explorations in explanation. In Western European party systems. Continuity and change, Hrsg. Hans Daalder und Peter Mair, 29–66. Beverly Hills: Sage.Google Scholar
- Pickel, Susanne, Gert Pickel, und Dieter Walz. 1998. Politische Einheit – kultureller Zwiespalt? Die Erklärung politischer und demokratischer Einstellungen in Ostdeutschland vor der Bundestagswahl 1998. Frankfurt a. M.: Peter Lang.Google Scholar
- Schneider, Christoph. 2013. Regionale Unterschiede der politischen Kultur in Deutschland und Europa. Frankfurt a. M.: Peter Lang.CrossRefGoogle Scholar
- Scott, Alastair. 2013. The analysis of survey data. In The Hague: International Statistical Institute, Hrsg. Proceedings of the 59th ISI World Statistics Congress, 2617–2622. http://2013.isiproceedings.org/Files/STS 075-P3-S.pdf. Zugegriffen: 19. Nov. 2014.
- Williams, Richard. 2012. Using the margins command to estimate and interpret adjusted predictions and marginal effects. The Stata Journal 12:308–331.Google Scholar