Christian Krachts Ästhetik pp 227-240 | Cite as
Variationen über einen unverfügbaren Text. Christian Krachts Frankfurter Poetikvorlesungen
Zusammenfassung
Als Christian Kracht in seinen Frankfurter Poetikvorlesungen davon berichtete, als Jugendlicher missbraucht worden zu sein, war das deutsche Feuilleton in Aufruhr. Gerade von Kracht hatte man eine solche autobiographische Selbsterkundung nicht erwartet. Aber wie immer hat Kracht doppelte Böden eingezogen: Die Vorlesungen werden in diesem Beitrag hinsichtlich ihrer medialen und werkpolitischen Strategien analysiert. Sowohl Krachts Zeichenentzug – die Vorlesungen sind nicht veröffentlicht oder aufgezeichnet worden – als auch die Selbstlektüre aus dem Geiste der Missbrauchserzählung sind Teil einer Auseinandersetzung mit den formalen und diskursiven Eigenschaften der Gattung. Krachts Frankfurter Auftritte sind daher Meta-Poetikvorlesungen, die sich als Geste der Werkherrschaft im Vollzug selbst reflektieren.