Zusammenfassung
Auch zwanzig Jahre nach ihrer Wiederentdeckung werden Fleißers Texte nicht wie Literatur behandelt. Wer darüber schreibt, meint ihren Inhalt. Ob er oder sie darin die Welt der süddeutschen Provinz gespiegelt sieht, ein Psy-chogramm des Kleinbürgertums vor dem Faschismus entdeckt oder die Biographie einer schreibenden Frau verfolgt, stets zielt das Interesse auf ein historisches Datum hinter Fleißers Texten, stets erhält dieses Datum das Übergewicht über die Texte selbst. Zu Belegen gemacht, verschwinden sie in historischen Konstruktionen. Der Status, den sie durch diese Lektüren zugewiesen bekommen, ist der von historischen Dokumenten, nicht der von Literatur.
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Notizen
Kennzeichnend für die Forschung sind die Monographien zu Fleißers Gesamtwerk: Sissi Tax, Marieluise Fleißer: schreiben, überleben. Ein biographischer Versuch. Basel, Frankfurt 1984;
M. McGowan, Marieluise Fleißer. München 1987;
G Lutz, Marieluise Fleißer. Verdichtetes Leben. München 1989;
Jutta Sauer, “Etwas zwischen Männern und Frauen”. Die Sehnsucht der Marieluise Fleißer. Köln 1991. Fleißers Texte werden darin nicht chronologisch oder gar systematisch behandelt, sondern an dem Punkt der biographischen Erzählung, auf den ihr Inhalt sich als Quelle beziehen läßt.
Marieluise Fleißer, Gesammelte Werke, hrsg. v. G. Rühle, 4 Bde. Frankfurt 1972 (Bd. I-III) und 1989 (Bd. IV) (von nun an unter Angabe von Bandnummer und Seitenzahl abgekürzt zitiert als: GW), hier: IV, 529 und 531. Näheres bei Tax, 71 und 75, McGowan, 130 und Töteberg, 56
Marieluise Fleißer, Abenteuer aus dem Englischen Garten. Geschichten. Frankfurt 1969, 54–76.
Zu dieser Unterscheidung s. T. Todorov, Die Kategorien der literarischen Erzählung, in: Strukturalismus in der Literaturwissenschaft, hrsg. v. H. Blumensath. Köln 1972, 263–294, hier: 284 und 286.
E. Lämmert, Bauformen des Erzählens, Stuttgart 21967, 104.
Vgl. Marieluise Fleißer: Brief an Rainer Roth vom 12.1.1972. Zitiert in: M. Töteberg, Spiegelung einer Bohemien-Existenz und Sportroman. Zeitliterarische Bezüge zum Prosawerk Marieluise Fleißers, in: Text + Kritik, H. 64 (1979), 54–60, hier: 56. Vgl. GW II, 339. Töteberg kritisiert, daß die Doppelung im Roman nicht deutlich werde. Dabei geht sie aus der zitierten Romanpassage klar hervor. Auch seine Behauptung, die Linchen-Figur stehe “unvermittelt und funktionslos im Romanganzen”, ist, wie sich zeigen wird, unhaltbar.
M. Horkheimer/Th. W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, in: M. Horkheimer, Gesammelte Schriften, hrsg. v. A. Schmidt und G. Schmid Noerr, Bd. 5. Frankfurt 1987, 210 und 217.
vgl. Christa Bürger, Mimesis und Moderne. Zu Ingeborg Bachmann, in: Anstöße. Aus der Arbeit der Evangelischen Akademie Hofgeismar 33 (1986), H. 2, 63–69.
Th. W. Adorno, Ästhetische Theorie (= Gesammelte Schriften, hrsg. v. Gretel Adorno und R. Tiedemann, Bd. 7). Frankfurt 41984, 86.
Vgl. P. Bürger, Mimesis und Rationalität, in: ders., Prosa der Moderne. Unter Mitarbeit von Christa Bürger. Frankfurt 1987, 157–272.
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Süßmann, J. (1996). Zeitroman, mimetisch. Textgeschichte, Verfahren und Status von Marieluise Fleißers Mehlreisende Frieda Geier. In: Bürger, C. (eds) Literatur und Leben. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04250-7_4
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