Zusammenfassung
Professionalität ist eine spezifische Kompetenzdarstellung. Diese Kompetenzdarstellung erfordert eine spezielle Kompetenz. Für beiderlei Verständnis bedarf es einer inszenierungstheoretischen Perspektive, die im Text entfaltet wird. An seinem Anfang steht die Definition von Odo Marquard, demzufolge Kompetenz mit Zuständigkeit, Fähigkeit und Bereitschaft zu tun hat und damit, dass Zuständigkeit, Fähigkeit und Bereitschaft sich in Deckung befinden. Weiterführend muss Kompetenz in der Komplementarität mit Performanz verstanden werden. Performanz ist der einzige Zugang zu Kompetenz – dies gilt selbst für den kompetenten Akteur. Damit ist bereits angemerkt, dass Kompetenz eine subjektive und eine soziale Dimension hat, sich also aus der eigenen wie aus der Sicht anderer begründet. Die gesellschaftliche Seite von Kompetenz kommt im Kriterium der Angemessenheit zum Tragen. Nicht nur Angemessenheit, sondern jeglicher Kompetenznachweis erfolgt bei Professionen in einem institutionalisierten Rahmen. Professionalität ist folglich institutionalisierte Kompetenzdarstellungskompetenz.
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Notes
- 1.
Die Professionssoziologie ist als Research Network Sociology of Professions innerhalb der European Sociological Association (ESA), als Research Committee on Sociology of Professional Groups innerhalb der International Sociological Association (ISA) und als Sektion Professionssoziologie innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) etabliert.
- 2.
Qualifikation und Kompetenz ist nicht dasselbe, auch wenn die beiden Begriffe häufig synonym verwendet oder im gleichen Atemzuge genannt werden. Seit der „kompetenzorientierten Wende“ (Arnold 1998, S. 88) wird die kredentialistische Organisation der Bildung „durch ein System ergänzt, das nicht mehr ausschließlich auf der ‚äußerlichen‘, d. h. staatlich anerkannten Verleihung von Bildungstiteln (‚Qualifikationen‘) durch Bildungsinstitutionen beruht, sondern auf der Feststellung von ‚innerlichen‘ Eigenschaften der Person. Beides, Qualifikationen und Kompetenzen sind für den Marktwert des Arbeitsvermögens relevant“ (Traue 2010, S. 52). Kompetenz kann im Unterschied zu Qualifikation nicht formal geprüft, sondern höchstens getestet werden, wofür diese dargestellt, d. h. sichtbar gemacht werden muss.
- 3.
Ungeduld appräsentiert sich z. B. durch Auf- und Ablaufen, auf die Uhr schauen, mit den Fingern auf eine Unterlage trommeln usw. All dies sind aus der Perspektive der Zeichentheorie von Alfred Schütz Anzeichen, die auf Ungeduld hinweisen. Grundlegender geht es darum, dass „der unmittelbaren Wahrnehmung ebenfalls mitgegeben sind jeweils nicht unmittelbar evidente Aspekte“ (Schütz und Luckmann 2003, S. 38). Allgemeiner formuliert „das Präsente verweist (vage bestimmend) auf ein Nicht-Präsentes“ (Junge 2010, S. 269).
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Pfadenhauer, M. (2018). Professionalität. In: Klinke, S., Kadmon, M. (eds) Ärztliche Tätigkeit im 21. Jahrhundert - Profession oder Dienstleistung. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56647-3_3
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