1 Sepsis

1.1 Definition

  • Die Definition der Sepsis hat sich mit der Konsensus-Definition Sepsis und septischer Schock (Sepsis-3) von 2016 deutlich vereinfacht (Singer et al. 2016; Abb. 16.1). Voraussetzung für die Definition der Sepsis ist das Vorliegen einer dokumentierten oder suspekten Infektion. Die früher aufgeführten SIRS-Kriterien („systemic inflammatory response syndrome“) und ebenso die Klassifikation der schweren Sepsis sind nicht mehr gebräuchlich. Im Vordergrund stehen auf dem Boden der dokumentierten oder suspekten Infektion die Organdysfunktionen und deren Auswirkungen. Mit den neuen Sepsisdefinitionen stehen einheitlich Definitionskriterien zur Verfügung.

  • Pathophysiologisch werden biologische Kaskadensysteme und spezielle Zellsysteme aktiviert und die Bildung und Freisetzung humoraler und zellulärer Mediatoren ausgelöst.

  • Zurzeit steht kein sicherer Parameter zur Verfügung, der allein zur Diagnose der Sepsis führen kann .

  • Sepsis und septischer Schock definieren ein Krankheitskontinuum, das über eine Kombination aus Vitalparametern, Laborwerten, hämodynamischen Daten und Organdysfunktion definiert werden.

Abb. 16.1
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Klinische Kriterien zur Identifikation von Patienten mit Sepsis und septischem Schock. (Adaptiert nach Singer et al. 2016)

1.2 Epidemiologie

  • Die adjustierte Krankenhausrate liegt in Deutschland (2013) bei 335 Sepsisfällen pro 100.000 Einwohner.

  • Der Anteil von Patienten mit schwerer Sepsis liegt bei 41 %.

  • Die Sterblichkeitsrate der Sepsis liegt bei 24,3 %.

  • Die Fallzahlraten sind in den extremen Altersgruppen am höchsten, und die Krankenhausletalität nimmt ab dem 40. Lebensjahr nahezu linear zu (Fleischmann et al. 2016).

1.3 Ätiologie

1.3.1 Infektiöse Ursache („klassische Sepsis“)

  • Überwiegend gram(–)-Erreger: Escherichia coli, Klebsiella spp., Pseudomonas aeruginosa, Proteus mirabilis

  • Gram(+)-Erreger: Staphylococcus aureus, Staphylococcus epidermidis, Streptococcus spp., Enterokokken

  • Der Fokus für eine Sepsis ist nicht immer sofort identifizierbar. Von der Häufigkeit der Sepsisherde kann man folgende Reihenfolge aufstellen: Respirationstrakt > intraabdomineller Fokus > Harnwegsinfekt/Urogenitalinfekt > Fremdkörper (ZVK, Shaldon-, Demers-Katheter etc.) > Endokarditis > Meningitis > andere Herde (gynäkologischer Bereich etc.)

  • Pneumonie → häufigste Ursache für eine Sepsis auf internistischen Intensivstationen

1.4 Management

Die in den letzten Leitlinien 2012 genannten Therapieoptionen werden mittlerweile kontrovers diskutiert. Hier steht im Fokus die „early goal directed therapy“ (EGDT) nach Rivers et al. (2001; Empfehlungsgrad 1c; Abb. 16.2). Es hat in der Zwischenzeit 3 große hochrangig randomisierte Studien (Yealy et al. 2014; Mouncey et al. 2015; Peake et al. 2014) gegeben, die keinen Unterschied in der EGDT und einem konventionellen Vorgehen, welches nicht ZVD- und Hkt-gesteuert ist, gezeigt. In den nächsten Leitlinien wird EGDT sicherlich eine andere Empfehlung bekommen, allerdings stehen noch keine anderen randomisierten Studien zur Verfügung, die ein anderes Vorgehen bei der initialen Kreislaufsicherung vorschlagen.

Abb. 16.2
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Sepsis-Management-Leitlinien 2012

1.5 Antibiotische Therapie

Es handelt sich hier um eine empirische Initialtherapie, welche nach 48–72 h überprüft und unter Berücksichtigung der mikrobiologischen Ergebnisse angepasst werden muss (Tab. 16.1) Das gilt auch für negative Ergebnisse (z. B. wenn kein MRSA nachgewiesen wurde, sollte die Maximaltherapie mit Vancomycin beendet werden).

Tab. 16.1 Empirische Antibiotikatherapie bei Sepsis (jeweils Vorschläge aus der jeweiligen Substanzgruppe)

2 Pneumonie

Einteilung der Pneumonien – „Pneumonie-Triade “

  • Ambulant erworbene Pneumonie (CAP, „community acquired pneumonia“: außerhalb des Krankenhauses erworben)

  • Krankenhauserworbenene Pneumonie/nosokomiale Pneumonie (HAP, „hospital acquired pneumonia“: im Krankenhaus bis >48 h nach Krankenhausaufnahme erworben)

    • Sonderform der nosokomialen Pneumonie: ventilatorassoziierte Pneumonie (VAP): Pneumonie, die bei mechanisch beatmeten Patienten häufig nach 10–14 Tage auftritt.

  • Pneumonie beim Immunsupprimierten (z. B. neutropenische Patienten, nach Chemotherapie, nach Transplantation, chronische immunsuppressive Therapie bei Systemerkrankungen → Cave: Pilz- und Virusinfektionen; außerhalb des Krankenhauses oder im Krankenhaus erworben

Das Managment der HAP ist in den S3-Leitlinien aus dem Jahre 2012 (http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-013.html) und das Managment der CAP in den S3-Leitlinien aus dem Jahre 2015 (http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-020l_S3_ambulant_erworbene_Pneumonie_Behandlung_Praevention_2016-02-2.pdf) fixiert.

2.1 Ambulant erworbene Pneumonie (CAP, „community acquired pneumonia“)

2.1.1 Allgemeines

  • 5.-häufigste Todesursache in Europa

  • Krankenhaussterblichkeit: ca. 13 %

  • Sterblichkeit von intensivpflichtigen Patienten mit CAP: 20–30 % (MAXSEPT-Studie, CIGMA-Studie, CAPNETZ)

  • Häufigste Erreger: Streptococcus pneumoniae

2.1.2 Einteilung

  • Gruppe 1a (gute bis ausreichende Funktionalität, Bettlägerigkeit <50 % des Tages): Schweregradbestimmung nach CRB-65, hospitalisierte Gruppe zusätzlich Evaluation auf multiresistente Erreger

  • Gruppe 1b (NHAP [„nursing home-acquired pneumonia“, Altersheim] und/oder schlechte Funktionalität, Bettlägerigkeit ≥50 % des Tages): Schweregradbestimmung nach CRB-65, hospitalisierte Gruppe zusätzlich Evaluation auf multiresistente Erreger

  • Gruppe 2 (schwere Komorbidität mit infauster Prognose): Palliation als Therapieziel, Hospitalisation nur in pflegerischer Hinsicht

2.1.3 Erregerspektrum

(Tab. 16.2)

Tab. 16.2 Erregerspektrum (Sputumkulturen) der CAP

2.1.4 Risikostratifizierung

  • Entscheidung zur ambulanten Behandlung oder stationären Einweisung durch Schweregradbestimmung mittels CRB-65-Index („confusion, respiratory rate“ (≥30/min), blood pressure (Hypotonie ≤90 mm Hg systolisch), Alter ≥65 Jahre; Tab. 16.3)

Die Verwendung des Score-Systems ersetzt allerdings nicht das klinische Urteil des Arztes (Berücksichtigung z. B. von Komorbiditäten). Dieser Score soll daher stets ergänzt werden durch die Evaluation des funktionellen Status, die klinische Evaluation potenziell instabiler Komorbiditäten und die Messung der Oxygenierung (Tab. 16.4).

  • Klinische Evaluation:

    • Schwere akute respiratorische Insuffizienz (paO2 ≤55 mm Hg bei Raumluft)

    • Atemfrequenz ≥30/min

    • Multilobäre Infiltrate in der Röntgen-Thoraxaufnahme

    • Neu aufgetretene Bewusstseinsstörung

    • Systemische Hypotension mit Notwendigkeit der aggressiven Volumentherapie

    • Akutes Nierenversagen

    • Leukopenie (Leukozyten <4000 Zellen/mm)

    • Thrombozytopenie (Thrombozyten <100.000 ellen/mm

    • Hypothermie (Körperkerntemperatur <36°C)

Tab. 16.3 CRB-65-Index
Tab. 16.4 Kriterien einer intensivmedizinischen Therapienotwendigkeit

2.1.5 Klinik

  • Allgemeinsymptome: z. B. Fieber oder Hypothermie, allgemeines Krankheitsgefühl („malaise“), grippale Symptome wie Myalgien, Arthralgien, Zephalgien, Tachykardie, Hypotonie, Diarrhöen

  • Atemwegssymptome: Husten mit oder ohne Auswurf, Dyspnoe, atemabhängige thorakale Schmerzen (Begleitpleuritis)

  • Neurologische Symptome: u. a. Desorientiertheit („confusion“)

  • Perkussion: Abgeschwächter Klopfschall bei Infiltrationen und/oder einem parapneumonischen Pleuraerguss

  • Auskultation: Inspiratorische Rasselgeräusche bzw. Bronchialatmen

2.1.6 Diagnostik

  • Röntgen-Thorax (<4 h nach Aufnahme): Nachweis eines neu aufgetretenen Infiltrates

  • Thoraxsonographie: alternativ zum Röntgenbild, falls Röntgen-Thorax nicht zeitnah verfügbar

  • Labor: inklusive CRP, PcT und Laktat

  • Mikrobiologie: Erregerdiagnostik bei mittelschwerer bis schwerer Pneumonie:

    • Abnahme von mindestens 2 Blutkulturpaaren

    • Urinantigentest auf Legionellen

    • ggf. eine adäquate Sputumdiagnostik (Gramfärbung und Kultur)

    • Molekulardiagnostik: wird nicht routinemäßig empfohlen

    • Ggf. NAT („nuclear acid amplification“): Bei Vorliegen entsprechender epidemiologischer Hinweise sollte eine NAT auf Influenza A/B veranlasst werden.

2.1.7 Differenzialdiagnosen

  • Dekompensierte Herzinsuffizienz (ggf. Stauungspneumonie)

  • COPD oder AE-COPD

  • Hyperhydratation bei Nierenversagen oder im Rahmen eines pulmorenalen Syndroms

  • Aspirationspneumonie

  • Lungenarterienembolie

  • Strukturelle Lungenerkrankungen, z. B. idiopathische Lungenfibrose

2.1.8 Therapie

2.1.8 Ambulante Behandlung der CAP
  • Indikationen: CRB-65 = 0, ausreichende Oxygenierung (SaO2 >90 %) und fehlende Hinweise auf instabile Komorbiditäten

  • Re-Evaluation: nach 48 (–72) h

  • Kriterien für stationäre Aufnahme: Hypoxämie/Sauerstoffpflichtigkeit, instabile Komorbiditäten (z. B. Stauungspneumonie bei Herzinsuffizienz), Komplikationen (z. B. Pleuraerguss), soziale Faktoren (z. B. fehlende häusliche Versorgung)

2.1.8 Stationäre Behandlung der CAP
2.1.8 Notfallbehandlung (>2 Minorkriterien oder ein Majorkriterium)
  • Volumentherapie mit kristalloiden Lösungen sowie umgehende Einleitung einer adäquaten initialen antimikrobiellen Therapie (innerhalb von 1 h)

  • Überwachung auf IMC oder Intensivstation: Patienten mit instabilen oder potenziell dekompensierenden Komorbiditäten und Patienten mit ≥1 Minorkriterien

  • Überwachungsparameter: Oxymetrie, Atemfrequenz, Blutdruck, Herzfrequenz, Temperatur, Bewusstseinsstatus, Organfunktionen (z. B. Kreatinin, Transaminasen, NT-proBNP)

  • Evaluation von pneumonieassoziierten Komplikationen: (un-)komplizierter parapneumonischer Pleuraerguss, Pleuraempyem sowie Lungenabszess

  • Komplizierter Pleuraerguss bzw. Pleuraempyem

  • Sepsisbündel (Tab. 16.5)

Tab. 16.5 Sepsisbündel
2.1.8 Antibiotikatherapie
  • Sofortige Einleitung (<1 h) der antimikrobiellen Therapie in der Notfallambulanz (nach mikrobiologischer Diagnostik, Tab. 16.6).

  • Bei hospitalisierten Patienten mit mittelschwerer Pneumonie sollte in den ersten Tagen die Verabreichung der antimikrobiellen Therapie parenteral erfolgen.

  • Gerade bei mittelschwerer und schwerer Pneumonie sollte eine Sequenztherapie angestrebt werden, d. h. Umstellung von i.v. auf orale Antibiotika.

  • Bei der schweren Pneumonie sollte initial für mindestens 3 Tage eine parenterale Behandlung erfolgen.

  • Absetzen von entweder Oseltamivir oder Antibiotikum, wenn spezifischer Erreger nachgewiesen worden ist.

  • Influenzapandemie oder hohe Aktivität einer saisonalen Influenza: Hier sollte die frühzeitige Gabe von Oseltamivir (insbesondere bei hospitalisierten Patienten mit mittelschwerer bzw. schwerer Pneumonie) zusätzlich zur antibakteriellen Therapie erfolgen.

  • Multiresistente Erreger: MRSA, ESBL-bildende Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa → eher selten bei CAP.

  • Aspirationspneumonie: Ampicillin/Sulbactam (Unacid), Clindamycin plus Cephalosporin der Gruppen II oder Moxifloxacin.

  • Bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz soll die erste Gabe der antimikrobiellen Therapie in voller Dosierung erfolgen.

  • Ein therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) ist, abhängig von der Verfügbarkeit eines TDM-Labors in speziellen Fällen, insbesondere bei kritisch Kranken mit pneumogener Sepsis, sinnvoll (S3-Leitlinie Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotikaanwendung im Krankenhaus, http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/092-001m_S3_Antibiotika_Anwendung_im_Krankenhaus_2013-12.pdf); ggf. Dosiskalkulation (http://www.dosing.de/).

  • Vor dem Hintergrund der zeitabhängigen Abtötungskinetik von β-Laktamantibiotika erscheint eine „prolongierte Applikation“ (40–50 % des Dosierungsintervalls, über 3–4 h i.v./Perfusor) sinnvoll.

  • Eine kontinuierliche Applikation von Antibiotika sollte nur TDM-gesteuert durchgeführt werden (Gefahr der dauerhaften Unterschreitung der PK/PD-Ziele).

  • Therapiedauer: meist 5–7 Tage. Kürzere Therapien sind möglich bei rascher klinischer Stabilisierung. Vor Therapieende soll eine klinische Stabilisierung für mindestens 2 Tage erfolgt sein.

  • Bei Nachweis von Pneumokokken als ursächlichem Erreger sollte mit Penicillin behandelt werden.

  • Stellenwert des Procalcitonins (PcT):

    • Hohe Sensitivität in der Differenzialdiagnostik der CAP, Abgrenzung bakterieller von viral ausgelöster CAP

    • Geeigneter Verlaufsparameter für die Dauer und das Ansprechen der antimikrobiellen Therapie.

    • Eine PcT-gesteuerte Strategie zur Bestimmung der Therapiedauer im individuellen Fall kann in erfahrenen Zentren eingesetzt werden. PcT-gesteuerte Therapie bei schwerer CAP: Therapiebeendigung bei Abfall des PcT >80 % des Maximalwertes oder <0,5 ng/ml.

Tab. 16.6 Empfehlungen zur initialen kalkulierten Antibiotikatherapie von Patienten mit CAP
2.1.8 Risikofaktoren für eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa
  • Pulmonale Komorbidität (strukturelle chronische Erkrankungen wie COPD im GOLD-Stadium IV, Bronchiektasen, Mukoviszidose)

  • Stationärer Aufenthalt in den letzten 30 Tagen

  • Glukokortikoidtherapie (mindestens 10 mg Prednisonäquivalent über mindestens 4 Wochen)

  • Aspiration

  • Breitspektrumantibiotikatherapie über mehr als 7 Tage innerhalb des letzten Monats

  • Malnutrition (Fehlernährung)

2.1.9 Therapieversagen

  • Therapieansprechen überprüfen:

    • Klinische Untersuchung mit Bestimmung der Stabilitätskriterien (stabil: Herzfrequenz ≤100/min, Atemfrequenz ≤24/min, systolischer Blutdruck ≥90 mm Hg, Temperatur ≤37,8°C)

    • Bestimmung des CRP oder PcT nach 3–4 Tagen

    • Ggf. Sonographie des Thorax bei Vorliegen eines Pleuraergusses zur Beurteilung der Ergussdynamik

    • Eine kurzfristige Röntgen-Thoraxaufnahme im Verlauf ist bei klinischem Ansprechen nicht routinemäßig indiziert

  • Therapieversagen (5–30 %), diagnostisches Vorgehen:

    • Erneute Anamnese und klinische Untersuchung, Einbeziehung epidemiologischer Daten

    • Überprüfung der bisherigen Antibiotikatherapie, einschließlich Dosierung

    • Suche nach infektiösen Komplikationen (z. B. Pleuraempyem)

    • Suche nach nichtinfektiösen Komplikationen (dekompensierte Komorbidität, Lungenembolie)

    • Suche nach einem extrapulmonalen Infektionsfokus

  • Einteilung des Therapieversagens

    • Primäres Therapieversagen: Progrediente Pneumonie (progressive pneumonia) oder verzögert ansprechende Pneumonie („nonresponding pneumonia“) innerhalb der ersten 72 h nach Therapiebeginn

    • Sekundäres Therapieversagen: Erneute Verschlechterung der Symptomatik nach initialer klinischer Stabilisierung

  • Therapieversagen, erweiterte Diagnostik: Mikrobiologie, Thoraxsonographie, Echokardiographie, Bronchoskopie mit BAL, L.-pneumophila-Antigen-Nachweis (Serogruppe 1) aus Urin, Nachweis von NAT und/oder IgM-Antikörpern gegen M. pneumoniae, diagnostische Pleuraergusspunktion, CT-Bildgebung, Ausschluss einer immunsupprimierenden Erkrankung (z. B. HIV-Test)

2.1.9 Beatmungstherapie bei CAP
  • NIV-Versuch bei akuter hyperkapnischer respiratorischer Insuffizienz und akutem hypoxischem Versagen

  • Invasive Beatmung: Stets lungenprotektive Beatmung (Kap. 3) mit niedrigen Tidalvolumen anstreben

2.1.9 Supportive Maßnahmen bei CAP
  • Frühmobilisation

  • CAP und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD oder Asthma): Gabe von systemischen Steroiden (50 mg Prednison pro Tag) für 5 Tage

  • Instabile Patienten mit septischen Schock sollten bei fehlendem Ansprechen auf Volumen- und Katecholamintherapie zusätzlich Hydrocortison erhalten

  • Thromboseprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen

  • Evaluation instabiler Komorbiditäten

2.2 Nosokomial erworbene Pneumonie (HAP, „hospital acquired pneumonia“)

2.2.1 Allgemeines

  • HAP als häufige Komplikation von Krankenhausaufenthalten.

  • Therapierelevant ist bereits die Verdachtsdiagnose einer HAP.

  • In Abständen von 6–12 Monaten sollen das Erregerspektrum und die Resistenzsituation der jeweiligen Station/Klinik erhoben und so dargestellt werden, dass diese Daten für Entscheidungen zur kalkulierten Antibiotikatherapie herangezogen werden können.

  • Durchschnittliche Pneumonierate ohne Beatmung: 0,6 pro 1000 Patiententage ohne Beatmung

  • Durchschnittliche Pneumonierate bei invasiver Beatmung: 5,4 pro 1000 invasive Beatmungstage

  • Durchschnittliche Pneumonierate bei nichtinvasiver Beatmung: 1,6 pro 1000 nichtinvasive Beatmungstage

  • Letalität der HAP: 10–50 %

2.2.2 Einteilung

Nosokomiale Pneumonie: Pneumonie mit Beginn ≥48 h nach Aufnahme, die bei Aufnahme im Krankenhaus weder vorhanden noch in Inkubation begriffen war (manchmal schwer von später ambulant erworbener Pneumonie abzugrenzen)

Beatmungsassoziierte Pneumonie („ventilator associated pneumonia“, VAP): nosokomiale Pneumonie mit Beginn >48 h nach endotrachealer Intubation

2.2.3 Erregerspektrum

(Tab. 16.7)

Tab. 16.7 Erregerspektrum (Sputumkulturen) der HAP

2.2.4 Risikostratifizierung

  • Die Anwendung von Pneumonie-Scores, z. B. „Clinical Pulmonary Infection Score“ (CPIS), sind mit keiner klinischen Verbesserung assoziiert.

  • Risikofaktoren für „multiresistente Erreger“ (MRE) bei HAP

    • antimikrobielle Vortherapie

    • Hospitalisierung >4 Tage („late-onset“)

    • invasive Beatmung >4–6 Tage

    • Aufenthalt auf Intensivstation

    • Malnutrition (Unterernährung)

    • strukturelle Lungenerkrankung (z. B. COPD, Bronchiektasie)

    • Bekannte Kolonisation durch MRE

    • Aufnahme aus Langzeitpflegebereichen, chronische Dialyse, Tracheostomaträger, offene Hautwunden

    • Immunsuppression

2.2.5 Diagnostik

  • Röntgen-Thorax

  • Labor: inklusive CRP, PcT und Laktat

  • Mikrobiologie:

    • Blutkulturen (2 Paare)

    • Legionellenantigen im Urin

    • Material aus tracheobronchialem Aspirat (TBAS) oder bronchoalveolärer Lavage (BAL)

    • Auf eine gezielte Candidadiagnostik aus Atemwegsmaterialien soll bei HAP verzichtet werden, da Hefepilzinfektionen als Ursache nosokomialer Pneumonien bei Patienten ohne definiertes Immundefizit extrem selten sind.

    • Eine invasive (Bronchoskopie) ist einer nichtinvasiven Diagnostik (Gewinnung von Tracheobronchialsekret durch Absaugen) bei VAP (Beatmungspneumonie) nicht überlegen.

    • Aspergillusdiagnostik: Insbesondere, wenn Prädispositionen (strukturelle Lungenerkrankung, eine rheumatologische Grunderkrankung oder eine Leberzirrhose) vorliegen und/oder hinweisende Infiltrate im CT-Thorax zur Darstellung kommen (hochspezifische Halozeichen), die mit einer invasiven Aspergillose assoziiert sein können; Aspergilluskultur und/oder ein Galaktomannan-Antigentest aus der BAL

„Diagnosekriterien“: Röntgen-Thorax: neues oder progredientes Infiltrat plus 2 von 3 Kriterien:

  • Leukozytose >10.000 oder Leukopenie <4.000/μl,

  • Fieber ≥38,3°C,

  • purulentes Sekret.

2.2.6 Differenzialdiagnose

  • Atelektasen

  • Hyperhydratation/dekompensierte Herzinsuffizienz

  • Alveoläre Hämorrhagie

  • Interstitielle Lungenerkrankung (z. B. kryptogen organisierende Pneumonie)

  • ARDS

  • Lungenarterienembolien

2.2.7 Therapie

  • Start der Antibiotikatherapie so früh wie möglich (<1 h).

  • Kombinationstherapie bei HAP-Patienten mit Risikofaktoren für multiresistente Erreger (MRE): Nach 3 Tagen soll die Erfordernis der Kombinationstherapie überprüft und bei Nachweis eines empfindlichen Erregers bzw. Stabilisierung des Patienten auf eine Monotherapie deeskaliert werden.

  • Reevaluation → 48–72 h nach Therapiebeginn: Beurteilung des klinischen Verlaufs, der Ergebnisse der initialen mikrobiologischen Diagnostik, der Röntgen-Thorax-Untersuchung und von PcT.

  • Deeskalation auf eine Monotherapie, falls klinische Besserung nach 48–72 h Therapie.

  • Therapiedauer: 8 Tage.

  • Bei Therapieversagen an folgende Dinge denken:

    • Infektion mit primär resistentem bakteriellen oder nichtbakteriellen Erreger

    • Resistenzentwicklung unter Therapie

    • Unterdosierung der antimikrobiellen Therapie

    • Superinfektion mit „neuem“ Erreger

    • Komplikationen unter HAP (z. B. Lungenabszess, Pleuraempyem)

  • Gezielte Therapie einer HAP mit Nachweis von MRE (Tab. 16.8)

    • MRSA: Vancomycin, Teicoplanin und Linezolid

    • P. aeruginosa: Ceftazidim, Cefepim, Piperacillin, Carbapeneme sowie Ciprofloxacin, Levofloxacin

    • ESBL-Stämme: Carbapeneme, ggf. Colistin

    • Stenotrophomonas maltophilia: Cotrimoxazol indiziert

    • Acinetobacter spp.: Imipenem oder Meropenem, ggf. Colistin

Tab. 16.8 Empfehlungen zur initialen kalkulierten Antibiotikatherapie von Patienten mit HAP

Intensivmedizinisches Antibiotikamanagement der Pneumonie

  • Intensivpflichtige ambulant erworbene Pneumonie: β-Laktam + Makrolid

  • Intensivpflichtige nosokomiale Pneumonie ohne Risikofaktoren für multiresistente Erreger (MRE): Aminopenicillin/β-Laktamaseinhibitor-Monotherapie

  • Intensivpflichtige nosokomiale Pneumonie mit Risikofaktoren für multiresistente Erreger (MRE): Pseudomonaswirksames β-Laktam + Aminoglykosid oder Fluorchinolon

2.2.8 Prävention

Prävention der nosokomialen beatmungsassoziierten Pneumonie

  • Beatmungsschläuche: Wechsel von Beatmungsschläuchen nicht häufiger als alle 7 Tage, außer bei Beschädigung oder sichtbarer Verschmutzung.

  • Endotrachealtuben: Der Nutzen silberbeschichteter Endotrachealtuben (Silber als antimikrobielle Substanz) ist derzeit ungeklärt.

  • Cuffdruck: Ziel-Cuffdruck je nach Beatmungssituation zwischen 20 und 30 cm H2O.

  • Subglottische Absaugung: Verwendung von Endotrachealtuben mit subglottischer Absaugdrainage bei einer zu erwartenden Beatmungsdauer von >72 h; ungeklärt ist die Art der Sekretdrainage: intermittierend mit 20 ml Einmalspritze vs. kontinuierlich mit Pumpe.

  • Endotracheale Absaugung: Unter infektionspräventiven Gesichtspunkten konnte kein Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Absaugsystemen gezeigt werden; Bevorzugung von geschlossenen Systemen bei Kolonisation der Atemwege mit MRE.

  • Endotracheale Intubation: Die orotracheale Intubation ist gegenüber der nasotrachealen (höhere Inzidenz von Sinusitiden) zu bevorzugen.

  • Tracheotomie: Die Überlegenheit einer Frühtracheotomie im Hinblick auf eine Reduktion der Inzidenz der VAP konnte bisher nicht gezeigt werden.

  • Nichtinvasive Beatmung: Unter engmaschiger Überwachung und Beachtung der Kontraindikationen ist eine NIV zur Vermeidung einer endotrachealen Intubation zu erwägen.

  • Lagerungsmaßnahmen: Es gibt keine Evidenz für eine Oberkörperhochlagerung von beatmeten Patienten zur Senkung der Pneumonierate außer als Bestandteil in sog. Präventionsbündeln. Die Rolle der Lagerung für die Prävention der beatmungsassoziierten Pneumonie ist bisher ungeklärt.

(Suger-Wiedeck et al. 2013)

3 Opportunistische Infektionserkrankungen

3.1 Definition

  • Erkrankungen immunsupprimierter Patienten meist durch Reaktivierung latenter Infektionen .

  • Die häufigsten opportunistischen Infektionen sind Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie (PjP; früher auch Pneumocystis-carinii-Pneumonie, PCP, genannt), (zerebrale) Toxoplasmose, HSV-, VZV- und CMV-Erkrankung (Tab. 16.9, Tab. 16.10, Tab. 16.11, Tab. 16.12, Tab. 16.13).

Tab. 16.9 Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie (PjP)
Tab. 16.10 Herpes-simplex-Viruserkrankung (HSV)
Tab. 16.11 Varizella-zoster-Viruserkrankung (VZV)
Tab. 16.12 Cytomegalie-Viruserkrankung (CMV)
Tab. 16.13 Zerebrale Toxoplasmose

4 Mikrobiologische Diagnostik

4.1 Materialgewinnung und Transportgefäße

  • Die Aussagekraft mikrobiologischer Untersuchungen kann durch Fehler bei der Materialentnahme sowie durch Verzögerungen zwischen Materialgewinnung und -verarbeitung erheblich leiden .

  • Ein Absterben von Mikroorganismen kann durch Austrocknung, Abkühlung oder zu lange Transportzeiten bedingt sein.

  • Außerdem kann es zu einer Überwucherung durch Bakterien der normalen Körperflora kommen.

  • Die Proben sollten daher möglichst vor Beginn einer antimikrobiellen Therapie unter Vermeidung einer Kontamination mit der körpereigenen Standortflora gewonnen und in geeignete, bereits vor der Materialentnahme bereitgelegte, etikettierte und beschriftete Transportgefäße überführt werden .

4.2 Behälter und Transportmedien

Es finden folgende Behälter und Transportmedien Verwendung (s. auch unten: Tab. 16.14):

4.2.1 Abstrichtupfer

  • Für Abstriche zum Nachweis aller kulturell anzüchtbaren Erreger sollten immer steril verpackte Tupfer mit Transportmedium verwendet werden.

  • Für Abstrichmaterial, welches für eine molekularbiologische Untersuchung vorgesehen ist, sollten sterile Tupfer ohne Transportmedium verwendet werden .

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollte das Material bis zum Transport im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden (Tab. 16.14) .

Tab. 16.14 Materiallagerung

4.2.2 Kulturflaschen

  • Es werden Kulturflaschen mit aerobem und anaerobem Milieu verwendet, in die Blut und auch andere Körperflüssigkeiten eingebracht werden können, z. B. Aszites, Dialysat, Liquor, Pleurapunktat oder andere Punktate.

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollten Kulturflaschen bis zum Transport bei Raumtemperatur, nicht im Brutschrank und keinesfalls im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden!

4.2.3 Serummonovetten

  • Für serologische Untersuchungen dürfen die Monovetten keine Antikoagulanzien, wie Heparin, EDTA oder Citrat, enthalten .

  • Zum Antigen- und Antikörpernachweis sollten Serummonovetten eingesendet werden .

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollten Serummonovetten bis zum Transport im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden.

4.2.4 Spritzen

  • Eine zur Probenentnahme verwendete Spritze (z. B. zur Punktion eines Pleuraempyems) kann – ohne Kanüle – mit aufgesetztem Verschlusskonus direkt als Transportgefäß dienen.

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollte das Material bis zum Transport im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden.

4.2.5 Sterile leere Gefäße

  • Unterschiedliche sterile Becher, Röhrchen und Spitzbodenröhrchen stehen für den Transport von BAL, Katheterspitzen, Liquor, Punktaten, Sekreten, Sputum, Urin zur Verfügung .

  • Außerdem dienen diese Gefäße dem Transport von Biopsiematerial, das nur mit einer kleinen Menge (0,5 ml) steriler Flüssigkeit angefeuchtet werden soll und keinesfalls in Formalin oder eine andere Fixierungslösung gegeben werden darf.

  • Auf sachgemäßen Verschluss der Gefäße ist zu achten.

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollte das Material mit Ausnahme von Liquor bis zum Transport im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden.

  • Liquor sollte in diesem Fall bei Raumtemperatur aufbewahrt werden.

4.2.6 Stuhlröhrchen

  • Das Röhrchen mit einem Löffel am Deckel für Stuhlproben sollte maximal zur Hälfte gefüllt werden.

  • Eine haselnussgroße Menge (entsprechend der Menge von 3 Löffelchen) ist minimal erforderlich.

  • Falls neben dem Nachweis von Durchfallerregern auch Clostridium-difficile-Toxin oder Parasiten nachgewiesen oder eine molekularbiologische Untersuchung zum Nachweis enteropathogener E.-coli-Stämme erfolgen sollen, ist eine Mindestmenge von einem bis zur Hälfte gefüllten Stuhlröhrchen erforderlich .

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollten die Stuhlröhrchen bis zum Transport im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden.

4.2.7 Transportgefäße mit Spezialmedien

  • Für besonders anspruchsvolle, empfindliche Erreger, z. B. Mykoplasmen, Ureaplasmen, Gonokokken, Chlamydien, Anaerobier u. a., müssen Spezialmedien benutzt werden. Ein Transport ins Labor sollte unverzüglich erfolgen. Zusätzlich sollte ggf. vorab telefonisch Rücksprache gehalten werden.

4.2.8 Urineintauchnährböden (z. B. Uricult)

  • Bei der Verwendung von Eintauchnährböden, z. B. Uricult müssen die Nährmedien gleichmäßig und vollständig benetzt werden .

  • Die Bebrütungsdauer von 24 h und die maximal Transportdauer von 48 h sollte nicht überschritten werden.

  • Dieses Transportmedium sollte nur dann verwendet werden, wenn mit Verzögerungen >24 h beim Transport zu rechnen ist.

  • Eine zuverlässige Keimzahlbestimmung ist nicht möglich; häufig kommt es zu Zeitverlust in der Bearbeitung, da Subkultivierungen notwendig werden.

  • Die Urinbeschaffenheit kann ebenfalls nicht beurteilt werden.

  • Empfehlung: Einsendung von Nativurin als geeigneteres Material

  • Falls ein Transport ins Labor innerhalb von 2–4 h nicht möglich ist, sollten die Urinröhrchen bis zum Transport im Kühlschrank (2–8°C) gelagert werden.

4.3 Besonderheiten bei der Probengewinnung

4.3.1 Intraoperativ/invasiv entnommene Materialien

  • Um eine ausreichende Materialmenge für die mikrobiologische Untersuchung zu gewährleisten, ist die Entnahme von Punktaten oder Biopsien der Entnahme von Abstrichmaterialen (z. B. Gelenkpunktat statt intraoperativer Wundabstrich bei Kniegelenkempyem) unbedingt zu bevorzugen .

  • Die diagnostische Ausbeute bei der kulturellen Untersuchung von Abstrichmaterialien ist deutlich niedriger als bei der Verwendung von Biopsien oder Punktaten.

4.3.2 Dicker Tropfen

  • Einen Tropfen Nativblut auf einen Objektträger geben, mit der Ecke eines zweiten Objektträgers oder einem Zahnstocher gut verrühren und sternförmig ausbreiten.

  • Das Präparat nicht zu dick anfertigen; vielmehr sollte durch das Präparat Schrift lesbar sein.

4.3.3 Untersuchung auf Mykobakterien

  • Heparinblut kann zum Nachweis von Mykobakterien bei Verdacht auf Tuberkulose (Tab. 16.17) sowie bei Verdacht auf atypische Mykobakterien verwendet werden .

  • EDTA-Blut eignet sich nicht für den Nachweis von Mykobakterien und sollte nicht verwendet werden (Tab. 16.15).

Tab. 16.15 Tuberkulose-Untersuchungsmaterial

4.4 Blutkulturen

  • Unter einer Blutkultur versteht man die mikrobiologisch-kulturelle Untersuchung eines durch Gefäßpunktion gewonnenen und in Kulturflaschen verimpften Blutvolumens.

  • Eine Blutkultur – oft auch als Blutkulturpärchen oder Blutkulturset bezeichnet – umfasst beim Erwachsenen die aerobe und die anaerobe Blutkulturflasche.

4.4.1 Entnahme und Beimpfung der Kulturflaschen

Es ist nicht sinnvoll, die Abnahme von Blutkulturen von einer bestimmten Fieberhöhe abhängig zu machen (Tab. 16.16).

Tab. 16.16 Anzahl der Blutkulturen
  • Die Entnahme sollte im Fieberanstieg oder möglichst früh nach Auftreten von Fieber und/oder Schüttelfrost erfolgen .

  • Prinzipiell sollen Blutkulturen vor Beginn der antimikrobiellen Therapie abgenommen werden; bei bereits laufender Therapie am Ende des Dosierungsintervalls.

  • Die Entnahme weiterer Blutkulturen unter laufender antibiotischer Therapie ist unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll und geboten, z. B. bei Nachweis von Staphylococcus aureus oder bei Candida-Sepsis, unabhängig vom klinischen Ansprechen auf die Antibiotikatherapie, da die Therapiedauer hiervon beeinflusst wird.

  • Die Entnahme erfolgt beim Erwachsenen in der Regel durch Punktion einer peripheren Vene.

  • Die Entnahme von arteriellem Blut bringt auch bei Endokarditis und Fungämie keine Vorteile.

  • Bei Blutentnahme über einen liegenden intravaskulären Katheter oder ein Portsystem ist mit einer höheren Kontaminationsrate zu rechnen. Deshalb sollte sie nur ausnahmsweise vorgenommen werden, z. B. bei Verdacht auf eine Katheter-assoziierte Infektion. In diesem Fall sollte parallel peripher und zentral Blut entnommen werden. Diese Entnahmeart sollte auf dem Anforderungsschein vermerkt sein .

4.4.2 Blutvolumen und Beimpfung der Kulturflasche

  • Aktuellen Empfehlungen entsprechend sollten beim Erwachsenen in der Regel insgesamt 20 ml Blut entnommen und gleichmäßig (je 10 ml) auf eine aerobe und eine anaerobe Blutkulturflasche verteilt werden.

  • Vor der Beimpfung der Kulturflasche muss der Deckel entfernt und der Gummistopfen desinfiziert werden.

  • Die Blutkulturflaschen sollen bei der Beimpfung Raumtemperatur haben.

  • Die aerobe Flasche wird nicht belüftet.

4.4.3 „Differential time to positivity“ (DTP)

DTP = Positivitätszeit der peripheren Blutkultur minus Positivitätszeit der zentralen Blutkultur.

  • Bei Verdacht auf Katheterinfektion wird eine Blutkulturdiagnostik empfohlen . Hierbei sollten zur Bestimmung der „differential time to positivity“ peripher und über den Katheter entnommene Kulturen eingesandt werden.

  • Da die Keimlast in einer Blutkulturflasche mit der Zeit bis zur Positivität, d. h. bis zum Nachweis von Keimwachstum, korreliert, stellt diese Methode eine Weiterentwicklung der quantitativen Blutkultur dar.

  • Nach Entnahme einer peripheren und zentralen Blutkultur zum gleichen Zeitpunkt wird in einem automatischen Blutkulturgerät die Zeit bis zur Positivität gemessen.

  • Eine DTP ≥120 min kann eine ZVK-assoziierte Infektion anzeigen.

  • Trotz der Möglichkeit der DTP steht die klinische Einschätzung des Patienten im Vordergrund, d. h. im Zweifelsfall sollte bei Verdacht auf eine katheterassoziierte Infektion trotz negativer DTP der ensprechende Zugang gezogen oder entfernt werden.

4.5 Liquordiagnostik

  • Der Liquor wird ohne Zusätze in ein steriles Röhrchen gegeben .

  • Bei Veracht auf eitrige Meningitis sollte der Liquor telefonisch im Labor angekündigt und sofort der Transport veranlasst werden (ggf. mit Taxi) .

  • Die Untersuchung von Nativliquor ermöglicht (im Unterschied zur Verimpfung des Liquors in eine Blutkulturflasche) eine schnelle Diagnostik durch Untersuchung eines mikroskopischen Präparates, Durchführung eines Antigennachweises und einer molekularbiologischen Diagnostik.

  • Bei Transportverzögerung muss der Liquor bei Raumtemperatur gelagert werden. Außerdem sollte in diesen Fällen die zusätzliche Beimpfung einer Kulturflasche erfolgen, die möglichst bei 37°C gelagert werden sollte.

  • Auf eine ausreichende Liquormenge (Tab. 16.17) ist zu achten, damit neben mikroskopischen Präparaten, Kulturanlage und Antigentestung auch die Möglichkeit einer molekularbiologischen Untersuchung genutzt werden kann.

  • Bei Verdacht auf eine eitrige Meningitis sollten zusätzlich Blutkulturen entnommen werden .

  • Entnahme aus Ableitungssystemen : Bei Verdacht auf eine Ventrikulitis bei liegendem Ableitungssystem kann Liquor aus dem Drainagesystem entnommen werden. Vorab muss die Entnahmestelle ausreichend desinfiziert werden. Die Entnahmestelle sollte unbedingt auf dem Anforderungsschein vermerkt werden .

Tab. 16.17 Liquormaterial

4.6 Stuhl

  • Eine sinnvolle Untersuchungsanforderung bei ambulant erworbener Diarrhö ist der Nachweis von bakteriellen Erregern, wie Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Campylobacter .

  • Bei antibiotischer Vorbehandlung oder nosokomial erworbener Diarrhö sollte primär eine Untersuchung auf Clostridium-difficile-Toxin erfolgen: Bei Auftreten von Durchfällen ab dem 4. Tag nach stationärer Aufnahme ist eine Untersuchung auf die üblichen Enteritiserreger (Salmonellen, Shigellen, Yersinien und Campylobacter) nicht sinnvoll, stattdessen wird entsprechend den aktuell gültigen mikrobiologischen Qualitätsstandards eine Untersuchung auf Clostridium difficile empfohlen .

4.7 Resistenztestung

(Tab. 16.18)

Tab. 16.18 Resistenztestung

5 Intraabdominelle Infektionen

5.1 Gallenwege und Leber

(Tab. 16.19)

Tab. 16.19 Übersicht über intraabdominelle Infektionen

5.2 Spontanbakterielle Peritonitis

(Tab. 16.20)

Tab. 16.20 Spontanbakterielle Peritonitis (SBP)

5.3 Akute Pankreatitis

(Tab. 16.21)

Tab. 16.21 Akute Pankreatitis

5.4 Divertikulitis

(Tab. 16.22)

Tab. 16.22 Akute Divertikulitis

5.5 Akute Diarrhö oder Gastroenteritis (<2 Wochen klinische Symptomatik)

(Tab. 16.23)

Tab. 16.23 Akute Diarrhö oder Gastroenteritis (<2 Wochen klinische Symptomatik)

6 Harnwegsinfektionen

6.1 Allgemeines

  • Die Standard-Diagnostik bei Infektionen der Harnwege ist die Untersuchung von Mittelstrahlurin (MSU) auf Leukozyten („Sediment“) und gleichzeitig eine Urinkultur (Tab. 16.24). Eine Ausnahme gilt für die unkomplizierte Zystitis bei Frauen, wo eine empirische Therapie ohne Kultur gerechtfertigt sein kann.

  • Signifikante Bakteriurie: Keimzahl >105 und Leukozytose >10/µl im Urin (gilt nur für die unkomplizierte Harnwegsinfektion [HWI]) (s. Anmerkung a in Tab. 16.24)

  • Bei Fieber sind wie bei allen anderen Infektionen zwei Blutkulturpaare (2 × aerob/anaerob) unerlässlich .

  • Mittelstrahlurin sollte sofort (<2 h) ins Labor transportiert oder bis zum Transport ins Labor gekühlt werden.

  • Sterile Pyurie: insbesondere bei antibiotischer Vorbehandlung, allergisch interstitieller Nephritis, Urotheltumoren, DD: sexuell übertragbare Krankheiten

  • Bei nosokomialer Infektion oder Antibiotikavortherapie besteht ein höheres Risiko für resistente Erreger

  • Katheterassoziierte HWI (Tab. 16.24; s. Anmerkung b): Wenn eine dauerhafte Katheterentfernung nicht möglich ist, sollte eine Urinkultur aus einem neu gelegten Blasenkatheter gewonnen werden.

  • Bei Harnwegsinfektionen von nierentransplantierten Patienten sollte grundsätzlich ein urologisches Konsil erfolgen.

Tab. 16.24 Harnwegsinfektionen

7 Perioperative bzw. periinterventionelle Prophylaxe

7.1 Prinzip

  • Die perioperative Prophylaxe dient der Prophylaxe von postoperativen (Wund)-Infektionen im Operations-/Interventionsgebiet .

  • Die perioperative Prophylaxe richtet sich daher primär gegen Staphylococcus aureus .

  • Entscheidend für die Wirksamkeit der perioperativen/periinterventionellen Prophylaxe ist es, einen ausreichenden Antibiotikagewebsspiegel während der gesamten Operation/Intervention zu gewährleisten.

  • Die Antibiotikagabe sollte im Rahmen der perioperativen Prophylaxe während der Narkoseeinleitung (30 min vor „Schnitt“) veranlasst werden, entsprechend im Rahmen der periinterventionellen Prophylaxe 30–60 min vor Intervention.

  • In der Regel handelt es sich um eine einmalige Applikation („single shot“), die Antibiotikagabe wird bei einer länger andauernden Operation/Intervention (>3 h) nach der Erstgabe wiederholt.

Bei Patienten mit bekannter MRSA-Besiedlung sollte Vancomycin (1 g in einer Kurzinfusion über 60 min, Wiederholung erst bei >6 h Operationsdauer erforderlich) anstatt Cefazolin verwendet werden . Die Behandlung sollte 2 h vor Operationsbeginn begonnen werden.

7.2 Risikofaktoren

  • Saubere (aseptische) Eingriffe: z. B. primär sterile Eingriffe, keine Eröffnung eines kontaminierten Hohlraumsystems (Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt), aseptisches Operationsgebiet, atraumatische Operationstechnik, Verschluss der Wunde durch Primärnaht.

  • Sauber-kontaminierte Eingriffe (bedingt aseptisch): z. B. Eingriffe mit Eröffnung des Gastrointestinal-, Respirations- und Urogenitaltrakts ohne signifikante Kontamination, Wundverschluss ohne Drainage.

  • Kontaminierte Eingriffe: z. B. Eröffnung des infizierten Respirations- oder Urogenitaltrakts, Darmeröffnung, traumatische Wunden.

  • Verschmutzte (infizierte) Eingriffe: z. B. Eingriffe mit akuten bakteriellen Infektionen, traumatische Wunden mit devitalisiertem Gewebe, purulente Entzündung im Operationsgebiet, Fremdkörperentfernungen, Eröffnung von Abszessen, Eingriffe nach Darmperforation, nach verspäteter Behandlung (älter als 4 h), Wundverschluss mit anschließender Drainage.

Nosocomial Infections Surveillance Index (NNIS-Index)

  • Die Operation hat länger gedauert als 75% der Operationen dieser Indikatoroperation.

  • Die Wunde ist kontaminiert oder schmutzig.

  • Der ASA-Score des Patienten ist > 2.

Die Halbwertszeiten ausgewählter Antibiotika zeigt Tab. 16.25. Weiterführende Literatur s. Arbeitskreis „Krankenhaus- und Praxishygiene“ der AWMF (2012; http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/029-022l_S1_Perioperative_Antibiotikaprophylaxe_2012-02.pdf).

Tab. 16.25 Halbwertszeiten ausgewählter Antibiotika. (Aus Arbeitskreis „Krankenhaus- und Praxishygiene“ der AWMF 2012)

8 Malaria

Die komplizierte bzw. schwere Verlaufsform der Malaria tropica und Knowlesi Malaria (Tab. 16.26, Abb. 16.3; http://www.dtg.org/) liegt bei folgenden Bedingungen vor:

  • Bewusstseinseintrübung, zerebraler Krampfanfall

  • Respiratorische Insuffizienz, unregelmäßige Atmung, Hypoxie

  • Hypoglykämie (BZ <40 mg/dl)

  • Schocksymptomatik (RRsys <90 mm Hg oder RRmittel <70 mm Hg trotz Volumentherapie)

  • Spontanblutungen

  • Azidose oder Laktaterhöhung (Bikarbonat <15 mmol/l, Laktat >5 mmol/l), Hyperkaliämie (>5,5 mmol/l)

  • Schwere Anämie (Hb <6 g/dl)

  • Niereninsuffizienz (Ausscheidung <400 ml/24 h und/oder Kreatinin >2,5 mg/dl bzw. im Verlauf rasch ansteigende Kreatinin- oder Cystatin-C-Werte)

  • Hämoglobinurie (ohne bekannten G6PD-Mangel)

  • Hyperparasitämie (≥5 % der Erythrozyten von Plasmodien befallen)

Abb. 16.3
figure 3

Malariagebiete. Cave: Malariarisiko und Medikation können sich von Jahr zu Jahr ändern, jeweils aktuelle Karte beachten. (Mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e. V. DTG, http://www.dtg.org/)

Tab. 16.26 Management der Malaria (http://www.dtg.org/)

9 Weichgewebsinfektionen

(Tab. 16.27)

Tab. 16.27 Management von Weichgewebsinfektionen

10 Pilzinfektionen (invasive Mykosen)

10.1 Allgemeines

  • Über 95 % aller invasiven Mykosen werden durch Aspergillus spp., Candida spp. und Pneumocystis jirovecii verursacht und treten fast ausschließlich als opportunistische Infektionen des immunsupprimierten Patienten auf .

  • Die zeitnahe Diagnose und Behandlung einer invasiven Pilzinfektion üben einen entscheidenden Einfluss auf die Prognose immunsupprimierter Patienten aus, sodass der zügige Therapiebeginn nach Diagnosestellung stets im Vordergrund stehen sollte.

  • Falls möglich, sollte vor Therapiebeginn (sonst nach der 1. Dosis) Rücksprache mit einem Infektiologen erfolgen (Tab. 16.28, Tab. 16.29, Tab. 16.30, Tab. 16.31) .

Tab. 16.28 Invasive Aspergillose
Tab. 16.29 Invasive Candidiasis und Candidämie
Tab. 16.30 Invasive Zygomykose
Tab. 16.31 Kryptokokkose

11 Antibiotika

(Tab. 16.32, Tab. 16.33, Tab. 16.34, Tab. 16.35, Tab. 16.36, Tab. 16.37, Tab. 16.38, Tab. 16.39, Tab. 16.40, Tab. 16.41, Tab. 16.42, Tab. 16.43, Tab. 16.44, Tab. 16.45)

Tab. 16.32 Amoxicillin (Aminopenicillin)
Tab. 16.33 Amoxicillin plus Clavulansäure (Aminopenicillin mit β-Lactamase-Hemmstoff)
Tab. 16.34 Ceftazidim (Cephalosporin der Generation 3b)
Tab. 16.35 Ceftriaxon (Cephalosporin der 3. Generation)
Tab. 16.36 Ciprofloxacin (Gyrasehemmer der Gruppe 2)
Tab. 16.37 Clarithromycin
Tab. 16.38 Daptomycin (Lipopeptid)
Tab. 16.39 Meropenem (Carbapenem)
Tab. 16.40 Metronidazol (Nitroimidazol)
Tab. 16.41 Moxifloxacin (Gyrasehemmer der Gruppe 4)
Tab. 16.42 Piperacillin/Tazobactam (Ureidopenicillin + β-Laktamase-Hemmstoff)
Tab. 16.43 Teicoplanin (Glykopeptid)
Tab. 16.44 Tigecyclin (Glycylglycin)
Tab. 16.45 Vancomycin (Glykopeptid)

12 Antimykotika

(Tab. 16.46, Tab. 16.47, Tab. 16.48, Tab. 16.49, Tab. 16.50, Tab. 16.51, Tab. 16.52, Tab. 16.53, Tab. 16.54)

Tab. 16.46 Amphotericin B Desoxycholat
Tab. 16.47 Liposomales Amphotericin B
Tab. 16.48 Anidulafungin
Tab. 16.49 Caspofungin
Tab. 16.50 Fluconazol
Tab. 16.51 Flucytosin
Tab. 16.52 Micafungin
Tab. 16.53 Posaconazol
Tab. 16.54 Voriconazol

13 Problemkeime bzw. multiresistente Erreger in der Intensivmedizin

Multiresistente Erreger (MRE) stellten weiterhin ein klinisches und ökonomisches Problem auf Intensivstation dar. Zu den multiresistenten Keimen gehören:

  • 3MRGN und 4MRGN (multiresistente gramnegative Stäbchen)

  • MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus )

  • VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken )

Zur Prävention von MRE-Transmissionen wird eine Hautwaschung mit 2%-igem Chlorhexidin (Waschlappen) bei Intensivpatienten empfohlen, zudem Reduktion von Blutstrominfektionen (Climo et al., 2013; Huang et al. 2013).

13.1 Multiresistente gramnegative Erreger (MRGN)

13.1.1 Definition

Bei den multiresistenten gramnegativen Erregern (MRGN) handelt es sich um gramnegative Stäbchenbakterien, zu denen Enterobacteriaceae (E. coli, Klebsiella pneumoniae) und Nonfermenter (insbesondere Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter-baumanii-Gruppe) zählen. Die Multiresistenz wird eingeteilt, je nachdem, ob die multiresistenten gramnegativen Erreger gegen 3 (3MRGN) oder gegen 4 (4MRGN) klinisch wichtige Antibiotikagruppen resistent sind (Tab. 16.55). Die korrekte Klassifikation wird darüber hinaus noch von weiteren Faktoren bestimmt und kann nur vom mikrobiologischen Labor sachgemäß erstellt werden.

  • 3MRGN: Multiresistente gramnegative Stäbchen mit Resistenz gegen Ureidopenicilline, Cephalosporine der 3. Generation und Fluorochinolone, nicht jedoch gegen Carbapeneme. Bei den Spezies Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae handelt es sich also überwiegend um ESBL- (Extended-spectrum-β-Laktamasen-) Produzenten mit zusätzlicher Resistenz gegen Ciprofloxacin.

  • 4MRGN: Multiresistente gramnegative Stäbchen, üblicherweise mit Resistenz gegen Ureidopenicilline (Piperacillin), Cephalosporine der 3. Generation (Cefotaxim, Ceftazidim), Fluorchinolone (Ciprofloxacin) und Carbapeneme (Imipenem, Meropenem). Carbapenemase-produzierende Enterobacteriaceae (CPE) sind die krankenhaushygienisch bedeutsamste Gruppe.

Tab. 16.55 Charakteristik multiresistenter gramnegativer Erreger (MRGN)

Die Infektionsrate hängt insbesondere von der Screeninghäufigkeit in einer Population ab, sodass die Zahlen zur Infektionsrate mit Vorsicht interpretiert werden sollten.

Stets aktives Screening und präemptive Isolierung von hospitalisierten Patienten aus dem Ausland mit hoher Prävalenz von Carbapenemase-Produzenten.

13.1.2 Therapie

Eine Therapie sollte nur bei Patienten mit „Infektion und Symptomatik“ nach Antibiogramm erfolgen. Bei Carbapenemase-bildenden Enterobacteriaceae ist eine Kombinationstherapie mit Carbapenemen der Monotherapie überlegen. Zur Behandlung von Infektionen durch Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii kommen Colistin oder Tigecyclin zur Anwendung.

13.2 MRSA und VRE

Während für MRSA eigenständige Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen (KRINKO 2014) bestehen, existieren keine eigenen Empfehlungen zur VRE-Infektion bzw. -Besiedlung (Tab. 16.56).

Tab. 16.56 Charakteristik von MRSA und VRE

Risikofaktoren für MRSA-Besiedlung

  • MRSA-Vorgeschichte

  • Patienten, die regelmäßig direkten Kontakt zu MRSA haben, wie z. B. Personen mit Kontakt zu landwirtschaftlichen Nutztieren (Land-, Forstwirt)

  • Patienten aus Regionen/Einrichtungen mit bekannt hoher MRSA-Prävalenz (z. B. Einrichtungen in Ländern mit hoher MRSA-Prävalenz)

  • Patienten, die während eines stationären Aufenthalts Kontakt zu MRSA-Trägern hatten (z. B. bei Unterbringung im gleichen Zimmer)

  • Dialysepatienten

  • Patienten mit chronischen Hautläsionen (z. B. Ulkus, Wunden)

  • Patienten mit einem stationären Krankenhausaufenthalt (>3 Tage) in den zurückliegenden 12 Monaten (in einem Krankenhaus in Deutschland oder in anderen Ländern)

  • Patienten mit chronischer Pflegebedürftigkeit (z. B. Immobilität, Pflegestufe) und einem der folgenden Risikofaktoren:

    • Antibiotikatherapie in den zurückliegenden 6 Monaten,

    • liegende Katheter (z. B. Harnblasenkatheter, PEG-Sonde, Trachealkanüle)

(nach Reichard et al. 2016)

MRSA zeigt eine hohe Umweltresistenz gegen Austrocknung und überlebt auf trockener Fläche (z. B. Tisch) bis zu 4 Wochen.

13.2.1 Therapie

Nur Infektionen, und nicht Kolonisationen behandeln!

  • Eine Therapie sollte nur bei „symptomatischen Patienten“ nach Antibiogramm erfolgen.

  • Um eine erfolgreiche Sanierung nachzuweisen, bedarf es eines mindestens 3-malig negativen Kontrollabstrichs an 3 verschiedenen Tagen (an Nase, Rachen, Wunden und vorbestehenden Kolonisationsorten) bei fehlender MRSA-wirksamer Antibiotikatherapie.