Zusammenfassung
In diesem Beitrag frage ich, ob sich unser normativer Begriff von Gerechtigkeit ändern muss, wenn er auf „speziespluralistische“ Gesellschaften – soziale Konstellationen, die aus einer Vielzahl von Spezies konstituiert sind – angewandt wird. Ich arbeite drei Probleme heraus, die die Anwendung von Gerechtigkeit auf einen erweiterten und diverseren Kreis von Gerechtigkeitsempfängern verkomplizieren: das Problem der moralischen Asymmetrie, das Problem der Kommunikationshürden und das Problem der epistemischen Beschränktheit. Diese drei Probleme werden anhand der fiktiven Welt von Star Trek veranschaulicht. Sie zeigen, so mein Argument, dass aus einem speziespluralistischen Verständnis sozialer Relationen auch eine neue Architektur unserer Gerechtigkeitstheorien folgen muss.
Für hilfreiche Anmerkungen und Korrekturen danke ich Christian Schwarke, Katja Kanzler, Michaela Beck und Philipp Müller.
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Der Begriff des Speziespluralismus kann analog zum Begriff Multikulturalismus verstanden werden, allerdings unterscheidet sich eine speziespluralistische Gesellschaft von einer multikulturellen Gesellschaft insofern, als dass sich die Diversität in einer solchen Gesellschaft über die verschiedenen Spezies erstreckt und nicht über Kulturen. Zur multikulturellen Evolution von Star Trek und den diese Evolution begleitenden Ambiguitäten vgl. die Studie von Kanzler (2004).
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Engl. Original: „conditions under which human cooperation is both possible and necessary“.
- 3.
Hier möchte ich nicht verneinen, dass die jetzigen Rechte das Ergebnis eines historischen Prozesses sind, die unter anderem in Protesten und sozialen Kämpfen eingefordert wurden. Mein Punkt ist ein normativer: Die schützenswerten Interessen rechtfertigen sich aus unserer Konstitution.
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Auch zur Besatzung der Enterprise aus der Enterprise-Serie gehört nur eine Vulkanierin.
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Der Hinweis, dass die benannten Probleme lediglich mögliche Probleme sind, scheint mir beim ersten Problem – dem Problem der moralischen Asymmetrie – besonders erwähnenswert. Speziespluralistische Gesellschaften müssen nicht notwendigerweise eine moralische Asymmetrie beinhalten, und es ist wahrscheinlich klug, bei uneindeutigen Fällen zunächst anzunehmen, dass keine moralische Asymmetrie besteht.
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In Anlehnung an Fodors Begriff der „epistemic boundedness“ (Fodor 1983).
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Hier muss präzisiert werden, dass ich mit Instrumentalisierung eine Perspektive meine, die andere Spezies als reine Mittel zu menschlichen Zwecken meint. Nichts spricht gegen eine kooperative Beziehung, in der verschiedene Speziesexemplare zum gegenseitigen Vorteil zusammenarbeiten.
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Ähnliche Fragen ergeben sich für das medizinische Notfallprogramm der Voyager, einem Hologramm.
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Das ist der Fall bei den Ferengis, siehe Deep Space Nine Episode „Little Green Men“ (S4E8).
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Die Aussage, dass nicht-menschliche Tiere solcher Beachtung bedürfen, ist an sich nicht kontrovers; in der politischen Philosophie gibt es eine mittlerweile ausufernde Literatur dazu, wie wir nicht-menschliche Tiere behandeln sollten, vgl. z. B. Regan (1983), underson (2004), Donaldson und Kymlicka (2011), Cochrane (2012) und Ladwig (2015).
- 11.
So beispielsweise ein Artikel von Stephen Hawking, Stuart Russel, Max Tegmark und Frank Wilczek im Independent vom 1. Mai 2014, URL: https://www.independent.co.uk/news/science/stephen-hawking-transcendence-looks-at-the-implications-of-artificial-intelligence-but-are-we-taking-9313474.html.
- 12.
Für ein ähnliches Argument siehe Marx und Tiefensee (2015).
Literatur
Anderson, E. (2004). Animal rights and the values of nonhuman life. In C. Sunstein & M. Nussbaum (Hrsg.). Animal rights. Current debates and new directions (S. 277–298). Oxford: Oxford University Press.
Berman, R. (Produktion). (1993–1999). Star Trek: Deep Space Nine. [TV-Serie]. USA: Paramount.
Cochrane, A. (2012). Animal rights without liberation. New York: Columbia University Press.
Donaldson, S., & Kymlicka, W. (2011). Zoopolis. A political theory of animal rights. Oxford: Oxford University Press.
Fodor, J. (1983). The modularity of mind. Cambridge: MIT Press.
Gosepath, S. (2011). Equality. Stanford encyclopdia of philosophy. https://plato.stanford.edu/archives/spr2011/entries/equality/. Zugegriffen: 7. Nov. 2018.
Hawking, S., Russel, S., Tegmark, M., & Wilczek, F. (1. Mai 2014). Stephen Hawking: ‚Transcendence looks at the implications of artificial intelligence – but are we taking AI seriously enough?‘. The Independent. https://www.independent.co.uk/news/science/stephen-hawking-transcendence-looks-at-the-implications-of-artificial-intelligence-but-are-we-taking-9313474.html. Zugegriffen: 1. Apr. 2019.
Kanzler, K. (2004). Infinite diversity in infinite combinations. The multicultural diversity of Star Trek. Heidelberg: Winter Universitätsverlag.
Kymlicka, W. (1990). Contemporary political philosophy. An introduction. Oxford: Oxford University Press.
Ladwig, B. (2015). Against wild animal sovereignty: An interest-based critique of Zoopolis. The Journal of Political Philosophy, 23(3), 282–301.
Marx, J., & Tiefensee, C. (2015). Of animals, robots, and men. Historical Social Research, 40(4), 70–91.
Rawls, J. (1971). A theory of justice. Cambridge: Belknap Press.
Raz, J. (1986). The morality of freedom. Oxford: Oxford University Press.
Regan, T. (1983). The case for animal rights. Berkeley & Los Angeles: University of California Press.
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Müller, L.K. (2019). Interstellare Gerechtigkeit – Star Treks Ideal einer speziespluralistischen Gesellschaft. In: Kanzler, K., Schwarke, C. (eds) Star Trek: Discovery. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27610-2_5
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