Umsiedlungspolitik und Siedlungsabrisse zum „Ersatz prekären Wohnraums“ in Algerien

Zusammenfassung

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Ende der 1990er Jahre und begünstigt durch gestiegene Ölpreise hat die algerische Regierung umfangreiche neue Programme zur Wohnungsbauförderung aufgelegt. Der Staat erklärte damals die Beseitigung der bisher als unlösbar erscheinenden Wohnungsnot zur Priorität mit dem Ziel der „Sicherung von Frieden und sozialer Stabilität“. In den letzten Jahren hat sich die Dynamik des staatlichen Wohnungsbaus noch einmal beschleunigt. Durch das Programm zum „Ersatz prekären Wohnraums“ (résorption de l’habitat précaire) sollte Algier bis 2016 zur ersten „slumfreien“ Hauptstadt in Afrika werden. Das Programm geht einher mit dem Abriss zahlreicher informeller Siedlungen (Bidonvilles) sowie massiven Umsiedlungen an den Rand der großen Städte. Gestützt auf Pressemitteilungen, die Auswertung grauer Literatur, Interviews mit Verantwortlichen und teilnehmende Beobachtungen stellt der Artikel Hintergründe und Vorläufer dieser neuen Wohnungspolitik dar, versucht Widersprüche und Schwachstellen zu benennen sowie die Folgen der Umsiedlungspolitik abzuschätzen. Dabei wird unter anderem auf die problematischen Standorte der neuen Wohngebiete, die Entwurzelung der Bewohner der Bidonvilles sowie auf das starke Interesse an der Wiederverwertung freigewordener innerstädtischer Flächen eingegangen.