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1 Einleitung

Mit Gesundheit und Krankheit stehen zwei Themen im Fokus der Gesundheitskommunikation, die für Menschen von großer emotionaler Bedeutung sind. Kaum etwas ist beängstigender als der Gedanke, von einer schweren, lebensbedrohlichen Krankheit betroffen zu sein. Erkrankungen Anderer können starkes Mitgefühl auslösen, insbesondere wenn nahe Angehörige, Freunde oder Kinder betroffen sind. Positive Gesundheitsinformationen und Genesungsfortschritte können dagegen Freude und Hoffnung hervorrufen. Mitunter ärgern wir uns auch über die Selbsteinschränkungen, die ein gesundheitsbewusstes Verhalten im Alltag mit sich bringt – vor allem wenn wir von Anderen aufgefordert werden, problematische Gewohnheiten wie Rauchen, Alkoholkonsum oder Bewegungsmangel zu ändern.

Auch im Erleben der Rezipientinnen und Rezipienten von Gesundheitsbotschaften spielen Emotionen eine wichtige Rolle (Lang und Yegiyan 2008; Nabi 2015; Witte und Allen 2000). Sie sind dabei mehr als nur ein Nebenprodukt der Informationsaufnahme und -verarbeitung. Emotionen können ihrerseits Rückwirkungen auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von Gesundheitsbotschaften entfalten, beispielsweise indem sie die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf die Botschaft lenken, zur gründlichen Verarbeitung der Botschaft motivieren oder Einstellungs- und Verhaltensänderungen begünstigen. Mitunter können Emotionen aber auch kontraproduktive Wirkungen entfalten – etwa wenn sich Rezipienten durch die Botschaft unter Druck gesetzt fühlen und mit Ärger und Gegenargumenten reagieren (Dillard und Shen 2005).

Dieses Kapitel gibt zunächst einen Überblick über emotionspsychologische Grundlagen, die für das Verständnis emotionaler Prozesse in der Gesundheitskommunikation von Bedeutung sind. Im Anschluss werden anhand ausgewählter Forschungsansätze konkrete Befunde zur Bedeutung von Emotionen in der Gesundheitskommunikation vorgestellt.

2 Was sind Emotionen?

„Emotion“ ist ein Begriff, unter dem sich jeder etwas vorstellen kann. Die Meisten denken dabei an Angst, Wut, Freude, Trauer oder Liebe und haben eine klare Vorstellung, was es bedeutet, diese Emotionen zu erleben (Shaver et al. 1987). Dennoch wird in der Emotionsforschung häufig betont, wie schwer der Begriff Emotion zu definieren ist (Scherer 2005). Dies liegt vor allem an der Vielfalt körperlicher und psychischer Prozesse, die mit Emotionen einhergehen, den so genannten Emotionskomponenten. Kleinginna und Kleinginna (1981) haben zahlreiche Emotionsdefinitionen analysiert und auf dieser Grundlage eine Arbeitsdefinition vorgeschlagen, die folgende Emotionskomponenten umfasst: 1) die subjektive Komponente, die im bewussten Erleben von Gefühlszuständen besteht; 2) die kognitive Komponente, die die Wahrnehmung und Bewertung des emotionsauslösenden Ereignisses beinhaltet; 3) die physiologische Komponente, die körperliche Veränderungen wie Hormonausschüttung, Muskeltonus, Herzfrequenz, etc. umfasst und 4) die Verhaltenskomponente, die emotionsbedingte Motivationen, Handlungsimpulse und Ausdrucksformen beinhaltet. Solche Komponentenmodelle der Emotionen haben sich in der Emotionsforschung als Definitionsgrundlage durchgesetzt – auch wenn die unter Verhalten subsumierten Motivations- und Ausdrucksaspekte von einigen Modellen wie dem Komponentenprozessmodell von Scherer (2005) als getrennte Emotionskomponenten betrachtet werden. Emotionskomponenten werden dabei als Subsysteme aufgefasst, die durch ihr Zusammenwirken Emotionen hervorbringen. Entsprechend definiert Scherer (2005, S. 697) Emotionen als „an episode of interrelated, synchronized changes in the states of all or most of the five organismic subsystems in response to the evaluation of an external or internal stimulus event as relevant to major concerns of the organism“.

Emotionen bilden somit eine spezielle Form affektiver Zustände, die sich von anderen Affektzuständen wie Stimmungen oder Einstellungen unterscheidet (Scherer 2005). Emotionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf konkrete Ereignisse bezogen sind, die als relevant für wichtige Belange des Organismus bewertet werden und mit entsprechenden Handlungsimpulsen verbunden sind. Sie entstehen relativ abrupt, können vorgängige Denk- und Handlungsprozesse unterbrechen und sind von relativ kurzer Dauer und starker Intensität. Stimmungen hingegen sind diffuse Affektzustände, die durch das Vorherrschen eines subjektiven Gefühls gekennzeichnet sind, welches das Denken und Verhalten der Person beeinflusst (z. B. Gereiztheit, Heiterkeit oder Nervosität). Stimmungen sind von vergleichsweise langer Dauer und geringer Intensität und nicht auf ein konkretes Ereignis bezogen. Sie können ohne konkreten Anlass oder durch die Summe verschiedener Reize und Ereignisse entstehen. Einstellungen haben ebenfalls eine starke Affektkomponente, die auf ein konkretes Einstellungsobjekt bezogen ist. Im Unterschied zu Emotionen und Stimmungen handelt es sich bei Einstellungen jedoch nicht um situationsbezogene Reaktionen, sondern um dauerhafte Bewertungs-, Gefühls- und Handlungstendenzen gegenüber dem Einstellungsobjekt.

3 Wie entstehen Emotionen?

In Bezug auf die Frage, wie Emotionen entstehen, gibt es ebenfalls verschiedene Erklärungsansätze, die zum Teil kontrovers diskutiert werden (Bartsch und Hübner 2004). Emotionen weisen einerseits angeborene evolutionsbiologische Grundlagen auf, die in der Struktur des menschlichen Gehirns verankert sind (LeDoux 1996). Andererseits spielen aber auch erlernte, kulturell geprägte Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster eine wichtige Rolle (Averill 1980). Beide Aspekte, angeborene und erlernte Reaktionsweisen, werden in Bewertungstheorien der Emotionsentstehung (Lazarus 1991; Scherer 2001) aufgegriffen. Bewertungstheorien gehen davon aus, dass Emotionen aufgrund der kognitiven Bewertung von Situationen entstehen, wobei es sich sowohl um evolutionär bedingte als auch um kulturell geprägte Bewertungen handeln kann. Hierbei spielen verschiedene Bewertungskriterien eine Rolle, insbesondere die Neuheit, Angenehmheit, Zielrelevanz, Kontrollierbarkeit, Gewissheit und normative Beurteilung der Situation. Ändert sich die Bewertung der Situation, so ändern sich auch die erlebten Emotionen. Eine bedrohliche und unkontrollierbare Situation löst beispielsweise Angst aus, solange ihr Ausgang ungewiss ist. Sobald Gewissheit über den erwünschten oder unerwünschten Ausgang besteht, wird die Angst entweder in Erleichterung oder in Traurigkeit umschlagen.

Im Medienkontext sind Bewertungsprozesse, die zur Emotionsentstehung führen, oft durch eine besondere Komplexität und Vielschichtigkeit bewertungsrelevanter Situationsmerkmale gekennzeichnet. Emotionen im Alltag beziehen sich in der Regel auf eine konkrete Situation, die mit positiven oder negativen Konsequenzen für die eigene Person verbunden ist. Bei Emotionen im Medienkontext handelt es sich dagegen oft um ein stellvertretendes Emotionserleben, bei dem die Situationsbewertung aus der Perspektive der dargestellten Personen vorgenommen wird (Scherer 1998). Gleichzeitig befindet sich das Publikum in einer Rezeptionssituation, deren kognitive Bewertung von der Bewertung des Medieninhalts verschieden ist (Mangold et al. 2001). Wirth et al. (2006) verweisen auf insgesamt sechs mögliche Referenzrahmen für emotionsauslösende Bewertungen: 1) den Medieninhalt, 2) die Rezeptionssituation, 3) die Werkästhetik, 4) Erinnerungen oder Tagträume der Rezipienten, 5) Bezüge des Medieninhalts zur eigenen Situation und 6) soziale Aspekte der Rezeptionssituation. Aufgrund der Vielschichtigkeit möglicher Bewertungsperspektiven werden Emotionen während der Medienrezeption selten in Reinform erlebt. In der Regel lösen Medieninhalte verschiedene Gefühle gleichzeitig oder nacheinander aus (Nabi 2015).

4 Einflüsse von Emotionen auf die kognitive Informationsverarbeitung

Emotionen werden nicht nur durch kognitive Bewertungen beeinflusst. Sie wirken sich ihrerseits auch auf die kognitive Informationsverarbeitung aus, so dass es im Rezeptionsverlauf zu einer Wechselwirkung zwischen emotionalen und kognitiven Prozessen kommt. Der Einfluss von Emotionen auf die kognitive Verarbeitung beginnt bereits bei der Aufmerksamkeitslenkung. Emotionen können sogenannte Orientierungsreaktionen auslösen oder verstärken, die die Aufmerksamkeit der Rezipientinnen und Rezipienten auf das Medienangebot lenken und damit die Voraussetzung für weitere Verarbeitungsprozesse wie Encodierung, Speicherung und Erinnerung von Informationen schaffen (Lang 2006). Auch die Motivation zur elaborierten Verarbeitung von Medieninhalten kann durch Emotionen beeinflusst werden (Lang und Yegiyan 2008). Des Weiteren können Emotionen im Sinne eines emotionalen Framings (Nabi 2003) den Rahmen anschließender Kognitionsprozesse vorstrukturieren, indem sie zentrale, mit der Emotion verbundene Bewertungskriterien hervorheben. So ist beispielsweise das Erleben von Angst mit einer Fokussierung auf sicherheitsrelevante Informationen verbunden, während bei Ärger Aspekte wie Gerechtigkeit und Bestrafung von Fehlverhalten im Vordergrund stehen (Nabi 2003).

Insgesamt trägt das emotionale Involvement dazu bei, das Publikum auch auf kognitiver Ebene zu involvieren. Emotional involvierte Rezipienten neigen zu einem immersiven Rezeptionserleben, bei dem sie in die Welt realer oder fiktionaler Geschichten eintauchen (Busselle und Bilandzic 2009) und sich mit den dargestellten Personen identifizieren (Igartua 2010). Nicht zuletzt können emotional bewegende Medienerlebnisse mit einem eudaimonischen Rezeptionserleben einhergehen (Bartsch und Schneider 2014; Oliver und Raney 2011). Dabei werden weiterführende Reflexionsprozesse angeregt, die über den konkreten Medieninhalt hinausgehen und diesen in größere Sinnzusammenhänge einordnen.

Emotionen können also in mehrfacher Hinsicht dazu beitragen, die kognitive Verarbeitung auf emotional relevante Aspekte des Medieninhalts zu fokussieren und die kognitive Verarbeitung anzuregen. Sofern die Argumente der Gesundheitsbotschaft überzeugen, kann eine solche elaborierte Verarbeitung nachhaltige Einstellungsänderungen begünstigen (Petty et al. 2002). Das bedeutet allerdings nicht, dass unter dem Einfluss von Emotionen alle Aspekte des Medieninhalts gründlicher verarbeitet werden. So können Fallbeispiele und Kultivierungseffekte aufgrund der einseitigen Fokussierung auf emotionale Inhalte dazu führen, dass Informationen über die tatsächliche Häufigkeit von Meinungen oder Ereignissen in der Realität ignoriert werden (Zillmann 2006). Des Weiteren kann emotionales Involvement die kritische Distanz des Publikums zum Medieninhalt verringern, so dass Informationen und Einstellungen unhinterfragt übernommen werden (Busselle und Bilandzic 2009; Green und Brock 2002). Im Rahmen der Gesundheitskommunikation kann eine solche unkritische Rezeptionshaltung durchaus erwünscht sein, um Widerstände gegenüber Gesundheitsbotschaften abzubauen – wie beispielsweise beim Entertainment Education Ansatz (Slater und Rouner 2002). In anderen Kontexten kann die unreflektierte Aufnahme von Medieninhalten aber auch zu unerwünschten Kultivierungseffekten führen, z. B. in Bezug auf unrealistische Körperideale und die Akzeptanz von Schönheitsoperationen (Harrison 2003).

5 Einflüsse von Emotionen auf die Motivation

Neben den genannten kognitiven Effekten haben Emotionen eine motivationale Komponente, die sich entweder als verhaltensaktivierender Einfluss (aufsuchende Motivation) oder verhaltenshemmender Einfluss (vermeidende Motivation) äußern kann (Lang 2006). Freude und Ärger werden dabei in der Regel als motivational aktivierende Emotionen aufgefasst, während Angst und Traurigkeit als Emotionen mit vermeidender Motivationstendenz gelten (Dillard und Nabi 2006). Neben diesen allgemeinen Motivationstendenzen können sich auch die an der Emotionsentstehung beteiligten Bewertungsprozesse in motivationaler Hinsicht auswirken. So kann die Bewertung von Ungewissheit als Bestandteil des Bewertungsprofils von Angst Informationssucheverhalten wie z. B. Vorsorgeuntersuchungen motivieren, um die fehlende Gewissheit über eine mögliche Bedrohung herzustellen (Rippetoe und Rogers 1987). Ein weiteres Beispiel ist die normative Bewertung des eigenen Verhaltens bei Scham- und Schuldgefühlen, die zu Verhaltensänderungen motivieren kann, um das eigene Verhalten wieder mit sozialen Normen in Einklang zu bringen – etwa bei Verhaltensweisen wie dem Fahren unter Alkoholeinfluss, welches die eigene Person und Andere schädigen können (Agrawal und Duhachek 2010). Die motivierende Wirkung von Emotionen ist in der Gesundheitskommunikation von besonderer Bedeutung, da viele Gesundheitsbotschaften neben Informationsaufnahme und Einstellungsänderungen auch auf Verhaltensänderungen abzielen. Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über konkrete Emotionen und Forschungskontexte, in denen diese Emotionen im Bereich der Gesundheitskommunikation untersucht wurden.

6 Forschungsbefunde zu Emotionen in der Gesundheitskommunikation

Furcht

Furcht und Angst sind Emotionen, die mit negativen Bewertungen und Empfindungen verbunden sind und daher von Rezipienten im Alltag nach Möglichkeit vermieden werden. Dennoch werden Furchtappelle in der Gesundheitskommunikation genutzt, um die Ernsthaftigkeit von Gesundheitsrisiken zu unterstreichen und Verhaltensänderungen zu motivieren (Nabi 2015; Witte und Allen 2000, vgl. auch den Beitrag von Ort, Kap. „Furchtappelle in der Gesundheitskommunikation“ in diesem Handbuch). Furcht steigert die Wahrnehmung von Risiken und Bedrohungen (Witte et al. 2001) und diese Risikowahrnehmung ist wiederum ein wichtiger Prädiktor für Handlungsabsichten (Myrick und Oliver 2014; So und Nabi 2013). Die Wirksamkeit von Furcht-Appellen ist allerdings von verschiedenen Faktoren abhängig und in der Forschung nicht unumstritten (Hastall 2010). Furcht und Risikobewusstsein an sich sind wenig zielführend, sofern sie nicht mit dem Erleben von Selbstwirksamkeit verbunden sind, d. h. mit der Gewissheit einfach umzusetzender Handlungsoptionen, um der Bedrohung wirksam zu begegnen (Leshner et al. 2009). Anderenfalls können Furchtappelle die Wirksamkeit der Botschaft abschwächen oder gar zu unerwünschten negativen Reaktionen führen (Hastings et al. 2004).

Ärger

Einer der Gründe, warum Furchtappelle zu negativen Reaktionen führen können, ist der Ärger der Rezipienten über Gesundheitsbotschaften, die als bevormundend oder manipulativ empfunden werden. Das Konzept der Reaktanz (Brehm 1966; Dillard und Shen 2005) beschäftigt sich mit dem Widerstand des Publikums gegen Überzeugungsversuche, die als Einschränkung der persönlichen Freiheit wahrgenommen werden und dadurch zu Bumerang-Effekten führen können – was bedeutet, dass die Botschaft das Gegenteil der beabsichtigten Wirkung erreicht. Nach Dillard und Shen (2005) sind Ärger und negative Gedanken über die Botschaft eng miteinander verbundene Indikatoren von Reaktanz, die gleichermaßen zum Bumerang-Effekt beitragen. Befunde von Shen (2011) zu Rauchentwöhnungskampagnen verdeutlichen, dass die Wirksamkeit von Furchtappellen dadurch geschmälert wird, dass solche Botschaften nicht nur das Risikobewusstsein, sondern auch die Reaktanz der Rezipienten erhöhen. Wenn Rezipientinnen und Rezipienten Gesundheitsbotschaften als Angriff auf ihre persönliche Freiheit wahrnehmen und Reaktanz entwickeln, tendieren sie dazu, die Ursache der Bedrohung abzuwerten oder die Gefahr ganz zu verleugnen (Dillard und Shen 2005).

Empathie und Traurigkeit

Eine Möglichkeit, um Reaktanzeffekte zu umgehen, sind Empathieappelle, die Gesundheitsrisiken unter dem Aspekt des Leidens Anderer darstellen. Statt der Bedrohung für die eigene Person werden hier die bereits eingetretenen negativen Folgen bei Anderen hervorgehoben, was dem Bewertungsprofil von Traurigkeit entspricht. In der bereits erwähnten Studie von Shen (2011) zur Rauchentwöhnung zeigte sich eine höhere Effektivität von Empathieappellen gegenüber Furchtappellen, da diese mit einer verringerten Reaktanz verbunden waren. Reaktanzeffekte wie Ärger und das Gefühl, manipuliert zu werden, können auf diese Weise reduziert und eine höhere Bereitschaft zur Verarbeitung der Botschaft erreicht werden (Shen 2011).

Ein weiterer Bereich, in dem Empathieappelle von Bedeutung sind, ist die Reduktion von Vorurteilen und sozialen Stigmata gegenüber Menschen mit Krankheiten und Behinderungen. Nach dem Empathy-Attitude Modell (Batson et al. 2002) kann das Empfinden von Empathie für individuelle Mitglieder einer stigmatisierten Gruppe prosoziale Einstellungs- und Verhaltensänderungen gegenüber der Gruppe insgesamt hervorrufen. Dies zeigte sich u. a. im Kontext der Entstigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und geistigen Behinderungen (Oliver et al. 2013; Ritterfeld und Jin 2006). Empathieappelle in Botschaften zur Entstigmatisierung von Menschen mit Krankheiten und Behinderungen können somit dazu beitragen, die soziale Integration und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern (vgl. hierzu auch den Beitrag von Röhm, Hastall & Ritterfeld, Kap. „Stigmatisierende und destigmatisierende Prozesse in der Gesundheitskommunikation“ in diesem Handbuch).

Freude

Positive Stimmungen und Gefühle können helfen, beängstigende, aber wichtige Informationen zu verarbeiten. Sie können negativen Emotionen wie Furcht einen positiven, aufmunternden Rahmen geben und Rezipienten helfen, sich stärker auf die eigene Selbstwirksamkeit zu konzentrieren (Raghunathan und Trope 2002). So kann das Gefühl von Freude helfen, als bedrohlich empfundene Botschaften zu verarbeiten statt abzuwehren (Agrawal et al. 2007). Auf solche Interaktionseffekte positiver und negativer Emotionen wird im Abschnitt zu gemischten Emotionen noch genauer eingegangen.

Humor

Auch Humor wird in Gesundheitsbotschaften eingesetzt, etwa bei Themen wie Krebsvorsorge, Suizidprävention oder Geschlechtskrankheiten, da humorvolle Gesundheitsanzeigen mehr und länger Aufmerksamkeit generieren (Blanca und Brigauda 2014). Auch negative Reaktionen wie Reaktanz oder defensive Verarbeitung im Zusammenhang mit Furcht können durch Humor abgeschwächt werden (Nabi 2015). Humorappelle können allerdings auch dazu führen, dass der Kern der Botschaft nicht ernst genommen wird und entsprechende Verhaltenseffekte ausbleiben (Nabi et al. 2007).

Sympathie

In einigen Gesundheitskampagnen werden beliebte Schauspieler, Sportler oder andere Prominente als Sympathieträger eingesetzt, da ihre Beliebtheit die Akzeptanz der Gesundheitsbotschaft positiv beeinflussen kann (Brown et al. 2003). Dieser positive Effekt wird auf Sympathiefaktoren zurückgeführt, die im Zusammenhang mit dem Konzept der parasozialen Beziehungen (Brown et al. 2003; Rubin und Perse 1987) untersucht wurden. Parasoziale Beziehungen sind emotionale Bindungen, die Rezipienten mit realen oder fiktiven Personen aufbauen, obwohl sie die Person nur aus den Medien kennen. Körperliche und soziale Attraktivität der Medienperson, wahrgenommene Ähnlichkeit mit der eigenen Person, aber auch eine Wunsch-Identifikation mit Eigenschaften, über die der Rezipient selbst nicht verfügt, können zu solchen Sympathieeffekten beitragen (Brown et al. 2003; vgl. auch den Beitrag von Kalch & Meitz, Kap. „Testimonials in der Gesundheitskommunikation“ in diesem Handbuch).

Gemischte Emotionen

Wie bereits erwähnt, können Medienbotschaften mehrere Emotionen gleichzeitig oder nacheinander auslösen. Interessant sind dabei insbesondere Kombinationen positiver und negativer Gefühle (z. B. Traurigkeit und Freude), die als gemischte Emotionen bzw. gemischter Affekt bezeichnet werden (Myrick und Oliver 2014; Nabi 2015). Gemischte Emotionen werden häufig im Zusammenhang mit Empathie erlebt und können dementsprechend Reaktanzeffekten entgegenwirken und prosoziale Einstellungs- und Verhaltenstendenzen begünstigen (Myrick und Oliver 2014; Oliver et al. 2012). So zeigte sich in einer Studie von Myrick und Oliver (2014) zur Hautkrebsvorsorge ein positiver Einfluss gemischter Emotionen auf Empathie sowie auf die Akzeptanz von Präventionsmaßnahmen wie Sonnenschutz und die Bereitschaft, die Botschaft an Andere weiterzuleiten.

Auch eine positive Stimmung vor dem Kontakt mit Gesundheitsinformationen kann helfen, Reaktanz abzubauen und die Aufnahme potenziell selbstwertbedrohlicher Informationen begünstigen. Beispielsweise waren starke Kaffeetrinker eher bereit, Botschaften zu gesundheitsschädlichen Wirkungen von Koffein eingehend zu verarbeiten, wenn sie zuvor in eine positive Stimmung versetzt wurden (Das und Fennis 2008). Das „Mood-as-Resource“-Modell von Raghunathan und Trope (2002) erklärt dies folgendermaßen: Die Verarbeitung von negativen, für das Selbstbild bedrohlichen Informationen verursacht kurzfristig affektive Kosten. Auf längere Sicht zahlen sich diese Kosten aber aus, da solche negativen Informationen ein realistisches Selbstbild und positive Verhaltensänderungen fördern können. Befindet sich der Rezipient in einer guten Stimmung, kann ihn dies bestärken, negative Informationen zu verarbeiten, da die gute Stimmung ihm das Gefühl gibt, sich die Auseinandersetzung mit unangenehmen Wahrheiten „leisten zu können“ (vgl. hierzu auch den Beitrag von Wagner und Hastall, Kap. „Selektion und Vermeidung von Gesundheitsbotschaften“ in diesem Band).

Aufeinanderfolgende Emotionen

Im Zusammenhang mit gemischten Emotionen wird aktuell auch die Bedeutung der Abfolge unterschiedlicher Emotionen innerhalb einer Botschaft diskutiert. Nabi (2015) spricht in diesem Zusammenhang von „Emotional Flow“. Dieses theoretische Konzept bietet für die Gesundheitskommunikation interessante Anregungen. So kann die Kombination von Furchtappellen mit Selbstwirksamkeitsinformationen aufeinanderfolgende Gefühle der Furcht und Hoffnung auslösen. Furchtgefühle, die zunächst wichtig sind, um die Ernsthaftigkeit von Gesundheitsrisiken zu vermitteln, werden durch den hoffnungsvollen Ausblick aufgehoben. Zudem ist das Gefühl der Hoffnung mit einer aktivierenden Motivationstendenz verbunden, die Präventionsverhalten bestärken kann (Nabi 2015).

7 Fazit

Ziel dieses Kapitels war ein Überblick zu Grundlagen der Emotionsforschung, welche für vielfältige Wechselwirkungen zwischen emotionalen und kognitiven Prozessen bei der Verarbeitung von Gesundheitsbotschaften sprechen. Die Bandbreite an Forschungsthemen aus dem Bereich der Gesundheitskommunikation, die im Zusammenhang mit Emotionen untersucht wurden, verdeutlicht das enge Ineinandergreifen von Emotionen mit anderen Wirkungsfaktoren im Rezeptionsprozess. Im Zusammenhang mit negativen Emotionen wurde einerseits der Einfluss von Furcht und Traurigkeit auf die ernsthafte, tiefergehende Verarbeitung von Gesundheitsbotschaften untersucht, andererseits aber auch Bumerangeffekte, die durch Ärger und Reaktanz entstehen können. In Bezug auf positive Emotionen wie Freude, Humor und Zuneigung stehen vor allem abmildernde Effekte im Mittelpunkt des Forschungsinteresses, die den Rezipienten die Auseinandersetzung mit unangenehmen Wahrheiten erleichtern sollen, unter Umständen aber auch von einer ernsthaften Verarbeitung der Botschaft ablenken können.

Anhand des Forschungsüberblicks wird deutlich, dass Emotionen in der Gesundheitskommunikation meist nicht als Selbstzweck untersucht werden, sondern aufgrund ihres theoretischen Erklärungspotenzials in Bezug auf andere Faktoren wie beispielsweise die Zuwendungs- und Verarbeitungsmotivation des Publikums oder die Wirkung von Medieninhalten auf die Einstellungen und das Verhalten der Rezipienten. Aufgrund spezifischer Forschungsinteressen werden dabei oft nur einzelne Emotionen aus dem komplexen Prozess des emotionalen Rezeptionserlebens herausgegriffen und gezielt untersucht. Studien, die sich mit gemischten Emotionen oder der Abfolge von Emotionen im Rezeptionsverlauf beschäftigen, weisen jedoch auf die Komplexität und Vielschichtigkeit des emotionalen Rezeptionserlebens im Kontext der Gesundheitskommunikation hin. Als theoretischer Erklärungsansatz haben sich dabei vor allem Bewertungstheorien der Emotionen (z. B. Scherer 2001) bewährt. Durch die Vielschichtigkeit kognitiver Bewertungsprozesse während der Medienrezeption können auch negative und bedrohliche Gesundheitsinformationen mit positiven Valenz-Komponenten angereichert werden, die die Akzeptanz und Wirksamkeit der Botschaft erhöhen können.