Skip to main content

Mobilität, Verkehr, Zukunftsforschung

  • Chapter
Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung

Part of the book series: Zukunft und Forschung ((ZUFORSCH))

Gleich in mehrfacher Weise hängen Mobilität, Verkehr und Zukunftsforschung zusammen. Bevor dieses Dreiecksverhältnis näher in den Blick kommt, ist zu klären, was „Mobilität“ und „Verkehr“ ausmacht und was sie unterscheidet. Im Alltagsgebrauch werden beide Begriffe meistens synonym verwendet. Seit einigen Jahren macht die Mobilität dabei das Rennen, weil dieser Begriff modern und unverbraucht daherkommt und rundum positiv besetzt ist. Gegen Mobilität kann eigentlich niemand etwas haben. Verkehr hingegen macht auch Lärm und Dreck und stockt ärgerlicherweise manchmal sogar. Mobilität wird hier nicht alltagssprachlich, sondern analytisch verstanden als Möglichkeit zur Bewegung. Verkehr ist folglich die Realisation von Mobilität (vgl. Canzler, Knie 1998). Diese Unterscheidung ist keineswegs trivial, denn man kann prinzipiell über viele Möglichkeiten zur Bewegung verfügen, ohne sie jedoch zu nutzen und damit Verkehr zu produzieren. Umgekehrt kann jemand durchaus einen hohen Verkehrsaufwand betreiben, aber nur wenige Optionen in seiner Bewegungswahl haben. Pendler zum Beispiel sind oft täglich lange und über weite Strecken unterwegs, haben aber weniger Handlungsoptionen als diejenigen, die ihren Alltag nahräumlich organisieren können. Jedoch ist das Verhältnis zwischen Mobilität und Verkehr höchst knifflig, weil Mobilität auch eine mentale Qualität hat: Geistige Mobilität hat mit Bildung, Intelligenz und Phantasie zu tun, aber auch mit gegebenen und finanzierbaren Verkehrsangeboten. „Reisen bildet“ ist nicht nur ein bildungsbürgerlicher Leitspruch, diese Aussage ist auch empirisch hinreichend belegt. Verkehrsangebote, z. B. eine hohe Verfügbarkeit über Autos, wie sie in den früh industrialisierten Ländern verbreitet sind, erhöhen auch den individuellen Möglichkeitsraum, weil sie Aktivitäten und Handlungsoptionen denkbar werden lassen, die ohne diese Angebote gar nicht vorhanden oder einer kleinen vermögenden Oberschicht vorbehalten wären. Moderne demokratische Gesellschaften sind daher mobile Gesellschaften im Sinne ausgeweiteter individueller Möglichkeitsräume. Vor allem die Globalisierung bietet neue Möglichkeitsräume für mehr Menschen als je zuvor. Werden die vermehrten Handlungsoptionen auch genutzt, entsteht zusätzlicher Verkehr. Insofern sind moderne differenzierte Gesellschaften tendenziell verkehrsreiche Gesellschaften, wobei noch nichts darüber gesagt ist, in welchem Maße die verschiedenen Verkehrsmittel daran beteiligt sind. Ohne Zweifel spielt das Auto jedoch eine zentrale Rolle, weil es als Technik der Selbstbeweglichkeit den größten Souveränitätsgewinn verspricht.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 129.00
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Hardcover Book
USD 139.99
Price excludes VAT (USA)
  • Durable hardcover edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literaturverzeichnis

  • Acatech (2005) Mobilität 2020. Perspektiven für den Verkehr von morgen. Stuttgart

    Google Scholar 

  • Aigle T, Braun-Thürmann H, Marz L, Schäfer K, Weide M (2007) Mobil statt fossil. Evaluationen, Strategien und Visionen einer neuen Automobilität. wzb-discussion paper SP III 2007-106. Berlin

    Google Scholar 

  • Becker-Rittersbach F, Becker-Rittersbach J (2008) Die Entwicklung des Automobilismus in Indien. In: Canzler W, Schmidt G (Hrsg) Zukünfte des Automobils. Aussichten und Grenzen der autotechnischen Globalisierung Berlin:257–287

    Google Scholar 

  • Canzler W (2000) Das Auto im Kopf und vor der Haustür. In: Soziale Welt, Jg 51, 2:191–207

    Google Scholar 

  • Canzler W, Knie A (1998) Möglichkeitsräume. Grundrisse einer modernen Mobilitäts- und Verkehrspolitik. Wien/Köln/Weimar

    Google Scholar 

  • DIW/Infas (2003) Mobilität in Deutschland. Berlin/Bonn

    Google Scholar 

  • Heine H, Mautz R, Rosenbaum W (2001) Mobilität im Alltag. Warum wir nicht vom Auto lassen. Frankfurt/M/New York

    Google Scholar 

  • Heuser T, Reh W (2007) Die Bundesverkehrswegeplanung. In: Schöller O, Canzler W (Hrsg) Handbuch Verkehrspolitik. Wiesbaden:225–251

    Google Scholar 

  • Hirsch R (2005) Peaking of World Oil Production. Impacts, Mitigation, & Risk Managements. Bericht im Auftrag des US-Energieministeriums. Im Internet verfügbar unter: http://www.netl.doe.gov/publications/others/pdf/Oil_Peaking_NETL.pdf

  • Holzapfel H (1997) Autonomie statt Auto. Zum Verhältnis von Lebensstil, Umwelt und Ökonomie am Beispiel des Verkehrs. Bonn

    Google Scholar 

  • Institut für Mobilitätsforschung (Ifmo) (Hrsg) (2002) Zukunft der Mobilität – Szenarien für das Jahr 2020. BMW AG, München/Berlin

    Google Scholar 

  • Kreibich R (1994) Innerstädtische Mobilität und Lebensqualität. In: Behrendt S, Kreibich R (Hrsg) Die Mobilität von Morgen. Umwelt- und Verkehrsentlastung in den Städten. Weinheim und Basel:13–40

    Google Scholar 

  • Maertins C (2006) Die Intermodalen Dienste der Bahn: Mehr Mobilität und weniger Verkehr? Wirkungen und Potenziale neuer Verkehrsdienstleistungen. WZB discussion paper SP III 2006-101. Berlin

    Google Scholar 

  • Marz L, Dierkes M, Knie A, Wieder M, Zhang J (2008) China 2020: Automobilisierungsperspektiven im Reich der Mitte. In: Canzler W, Schmidt G (Hrsg) Zukünfte des Automobils. Aussichten und Grenzen der autotechnischen Globalisierung. Berlin:231–256

    Google Scholar 

  • Petersen R, Schallaböck K O (1995) Mobilität für Morgen. Chancen einer zukunftsträchtigen Verkehrspolitik. Basel u. a.

    Google Scholar 

  • Projektgruppe Mobilität (2004) Die Mobilitätsmaschine. Versuche zur Umdeutung des Autos. Berlin

    Google Scholar 

  • Shell Deutschland (2004) Flexibilität bestimmt Motorisierung. Szenarien des Pkw-Bestands und der Neuzulassungen in Deutschland bis zum Jahr 2030. Hamburg

    Google Scholar 

  • Vester F (1990) Ausfahrt Zukunft: Strategien für den Verkehr von Morgen. München

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2009 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

About this chapter

Cite this chapter

Canzler, W. (2009). Mobilität, Verkehr, Zukunftsforschung. In: Popp, R., Schüll, E. (eds) Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung. Zukunft und Forschung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-78564-4_24

Download citation

Publish with us

Policies and ethics