Zusammenfassung
Als frühester Beginn für die Arbeit an Verstörung – ursprünglich unter dem Titel Die Ruhe – lässt sich Ende 1964 annehmen (vgl. Bernhard/Unseld 2009, 13). Wahrscheinlich hat Bernhard aber erst in den beiden darauffolgenden Jahren eingehender an seinem zweiten Roman geschrieben. Bis zur endgültigen Publikation am 15. März 1967 wird der ursprünglich geplante Erscheinungstermin 1965 mehrmals verschoben (vgl. Komm. W 2, 211–214). Vom 23. September bis zum 1. November 1966 wohnt der Autor bei dem befreundeten Ehepaar Alexander und Liselotte von Üxküll- Gyllenband in Brüssel, wo er wohl große Teile des Romans verfasst und den Text fertigstellt. Als einer der »hellsichtige[n] Vertreter der untergegangenen österreichischen Führungsschicht, die sich in ihrer Zeit fremd fühlen«, mag der Aristokrat und Diplomat Üxküll-Gyllenband die Charakterisierung des Protagonisten, des Fürsten Saurau, beeinflusst und »als Modell für eine Figurenreihe in Bernhards Werk« fungiert haben (Mittermayer 2015, 178; vgl. auch Mittermayer 2013). Die Intensität, mit welcher er in den wenigen Wochen im Herbst 1966 an dem Roman geschrieben hat, veranschaulicht Bernhard in einem späteren Interview: »Während ich in Brüssel am Manuskript des Romans Verstörung arbeitete, brach im großen Kaufhaus ›Innovation‹ der Brand aus, ganz nahe vor meinem weit offenen Fenster. [...] Ins Schreiben vertieft, wunderte ich mich, daß ich keine Feuersirenen hörte. Als sie endlich ertönten, hatte das Feuer schon alles verschlungen« (W 22/2, 250 f.). Diese Anekdote ist jedoch erfunden: Der katastrophale Kaufhausbrand ereignete sich erst im Mai 1967, als der Roman schon erschienen war.
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Literatur
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Judex, B. (2018). 6 Verstörung. In: Huber, M., Mittermayer, M. (eds) Bernhard-Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05292-6_7
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