Seit der Einführung der ISO 26262 steht den Sicherheitsingenieuren ein auf automobile Anwendungen zugeschnittener Standard zur Verfügung, der branchenspezifische Entwicklungsmethoden ebenso berücksichtigt wie die typische Zuliefererstruktur der Fahrzeugindustrie. Die oft auf Automobilhersteller und Zulieferer verteilte Entwicklung erfolgt mit klar verteilten Verantwortlichkeiten, wobei die Sicherheitsziele, ASIL und Sicherheitsmaßnahmen für alle beteiligten Parteien eindeutig festgelegt werden. Das hilft den Entwicklern und den Juristen.

Die Anforderungen zu Einhaltung der Norm betreffen aber nicht nur technische Maßnahmen, sondern vor allem auch die Entwicklungsprozesse. Insbesondere das beschäftigt die Zulieferer derzeit. Nicht nur aus diesem Grund ist es enorm wichtig, die funktionale Sicherheit bereits in der Konzeptentwicklung zu berücksichtigen. Hier werden bereits die Weichen für eine wirtschaftliche Umsetzung der Norm gestellt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Kombination der technischen Systemkompetenz mit einer anwendungsnahen Umsetzung der Sicherheitsnorm. In vielen Projekten ist es uns so gelungen, die ASIL-Anforderungen an die Komponenten durch eine intelligente Systemarchitektur deutlich zu reduzieren. Dies ist nicht selbstverständlich, da die Kompetenzen in der Regel auf unterschiedliche Bereiche der Unternehmen verteilt sind.

Dass sich der ASIL einer Komponente aus der spezifischen Anwendung ergibt, stellt für Zulieferer oft ein Problem dar. So kann eine identische Komponente in der einen Anwendung ASIL B in einem anderen Gesamtsystem aber durchaus ASIL C aufweisen. Diese Situation erleben wir derzeit häufig im Bereich der Hybrid- und Elektroantriebe. Eine weltweite Abstimmung und eine Reduzierung der Variantenvielfalt wären daher für alle Entwicklungspartner vorteilhaft.

Die Anforderungen an die Systemsicherheit treffen auf immer komplexere Techniken. Fahrerassistenzsysteme mit Notbrems- oder Spurhaltefunktionen sind heute bereits in Serie, ebenso wie das teilautomatisierte Fahren im Stau. Diese Entwicklungen stellen höchste Anforderungen an die Systemvalidierung und machen zugeschnittene automatisierte Testsysteme erforderlich. Einen weiteren Sicherheitsaspekt bringt die Vernetzung von Fahrzeugen mit sich. War die E-Gas-Sicherheit bisher ein OEM- und Zuliefererthema, dessen Notwendigkeit bestenfalls einer interessierten Minderheit der Fahrzeugnutzer bewusst war, steht die Angreifbarkeit vernetzter Systeme im hellen Licht der breiten Öffentlichkeit. Am Ende muss das Produkt aber wirtschaftlich bleiben, sodass die Automobilwelt um eine weitere komplexe Optimierungsaufgabe reicher geworden ist. Natürlich werden alle Maßnahmen getroffen, die Fahrzeugsysteme gegen unerwünschte Zugriffe abzusichern.