Liebe Leserinnen und Leser,

warum zahlt man Managern einen Bonus? Weil ihnen dies dabei hilft, ihren inneren Schweinehund zu bekämpfen, und zudem sicherstellt, dass sie ihre Aufmerksamkeit und Energie auf die richtigen Dinge lenken. Richtig? Allerdings haben Boni wie jede Medizin ihre Nebenwirkungen. Man gewöhnt sich an sie, und irgendwann wird aus der Sekundär- die Primärmotivation. Der ursprünglich vorhandene intrinsische Anreiz, gut zu managen, wird verdrängt. Was bleibt, ist der extrinsische Anreiz einer höheren Überweisung am Jahresende. Eine ganze Reihe von Experimenten zeigt, dass ein solches „Crowding Out“ eher die Regel und nicht die Ausnahme ist. Die Konsequenz der Nebenwirkung ist fatal: Sie bewirkt, dass man nicht mehr darauf vertrauen kann, dass der Manager die nicht incentivierten Facetten seiner Arbeit weiterhin hinreichend beachten wird. Wer sich auf die incentivierten Kennzahlen A und B konzentriert, wird in vielen Fällen — insbesondere unter Druck — die ebenfalls relevanten Aspekte C, D und E vernachlässigen.

„Richtig!“ werden viele von Ihnen sagen, aber was ist die Alternative? Zeigt doch die Erfahrung, dass man (süchtige) Manager incentivieren muss, um die gewünschten Verhaltenswirkungen zu erreichen. Und die anderen machen das doch auch. In der Tat hat der Durchschnitt der deutschen Unternehmen die Dosierung in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht. Mittlerweile hat die Incentivierung sogar bei den lange Zeit davon unbehelligten Hochschulen Einzug gehalten. Forschungsboni sollen Professoren nun dazu motivieren, mehr Publikationen in hoch gerankten Journalen zu platzieren. Mit Blick auf die in manchen Teildisziplinen geringe Präsenz deutscher Hochschullehrer in internationalen Zeitschriften ein vordergründig sinnvolles Vorgehen. Aber um welchen Preis? Der Forschungsgegenstand wird vielfach nicht mehr nur vom Interesse des Forschers oder von gesellschaftlicher Relevanz bestimmt, sondern davon, was (vermeintlich) in inhaltlicher, theoretischer und methodischer Hinsicht leichter bzw. höherrangig zu publizieren ist. Langfristig angelegte und mit hohem Risiko behaftete Vorhaben werden genauso weniger attraktiv wie die Lehre und das Engagement für die Hochschule als Institution. Ist es also wirklich ein alternativloser Fortschritt, wenn Professoren zunehmend mit der Karotte eines Forschungsbonus motiviert werden (müssen)?

Interessanterweise haben erfolgreiche Institutionen, die wie Kirchen und Armeen dominant auf die verhaltenssteuernde Kraft gemeinsamer Mission und Kultur vertrauen, in vielen Fällen traditionell eher flache Gehaltsstrukturen und verzichten weitgehend auf Boni. Weiter kann man beobachten, dass Boni in dem Maße weniger ausgeprägt sind, wie der Zusammenarbeit und der geteilten Verantwortung im Unternehmen eine hohe Bedeutung zukommt. Aus theoretischer Sicht macht beides Sinn: Fehlt eine motivierende Zielsetzung und sind interne Zusammenarbeit und geteilte Verantwortung im Unternehmen von geringer Bedeutung für das Geschäftsmodell, mögen Boni schwer durch verträglichere Lösungen zu ersetzen sein. In allen anderen Fällen lohnt es sich aber vielleicht, über das Absetzen der Droge nachzudenken.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen

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Utz Schäffer

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Jürgen Weber