Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleg:innen!

Steter Tropfen höhlt den Stein! Die Stagnation der Mitgliederzahl in der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) hat ein Ende. Unsere jahrelangen Bemühungen und speziell Veranstaltungen wie „Rising Stars: Next Generation“, von Past-Präsidentin Waltraud Stomer letztes Jahr ins Leben gerufen, tragen Früchte, begeistern junge Ärzt:innen für die Schmerzmedizin und motivieren sie, gegen Schmerzen aktiv zu werden. Nach Linz im Vorjahr trafen wir uns heuer in Salzburg zur ÖSG Fortbildungsveranstaltung für Jungmediziner:innen. Dank der großzügigen Unterstützung durch die Industrie hatten neben uns alten Hasen auch unsere jungen Kolleg:innen die Möglichkeit, ihre Projekte und Forschungsergebnisse einem größerem Publikum zu präsentieren. Die Vorträge waren allesamt hochkarätig, und eine tolle Industrieausstellung gab uns die Möglichkeit, in die verschiedensten pharmakologischen und nichtpharmakologischen Therapieformen einzusteigen und uns rundum über Schmerz zu informieren.

Die österreichweiten Schmerzkurse werden gut angenommen und helfen uns, das Netzwerk an Schmerzärzt:innen zu vergrößern und zu verdichten. Beliebt sind auch die Hands-on-Kurse mit Untersuchungstechniken der Wirbelsäule und der Extremitäten. Der Aspekt des Anfassens und Erfassens kommt sehr gut an. Im Studium haben wir alle nichts von globaler und segmentaler Muskulatur gehört. Phasische bzw. tonische Muskulatur sind andere Bezeichnungen für diese Entitäten. Dass Bewegung wichtig ist und uns vor Schäden und Schmerzen schützen soll, ist richtig. Aber wieso bewegen wir uns mehr denn je und haben trotzdem immer mehr Schmerzen? Das Schlüsselwort dazu lautet muskuläre Dysbalance (ICD-10, M62.98: Muskuläre Dysbalance im Wirbelsäulenbereich). Sie trainieren im Fitnessstudio, gehen auf Berge, fahren mit dem Fahrrad, machen Gymnastik … trotzdem kommen die Schmerzen nach einer Zeit wieder zurück. Wieso? Eine muskuläre Dysbalance aufgrund einer ungenügend trainierten segmental stabilisierenden Muskulatur (tonische Muskulatur), die sich, um ihre Haltefunktion aufrecht erhalten zu können, in der Atrophie ein bisschen stärker verkürzt als in gedehntem und trainiertem Zustand, gefährdet die sagittale Balance des Menschen und kann in der Folge zum myofaszialen Syndrom (M79.1) führen. Verkürzte Adduktoren kippen das Becken nach hinten, die Rückenstrecker verkürzen sich und der Iliopsoas besiegelt und fixiert unsere Fehlhaltung … Wie das weitergeht, können Sie in meiner Kolumne „Spezifischer und unspezifischer Rückenschmerz, Teil VIII“ nachlesen. Eines ist klar, wenn Sie Ihre Patient:innen nicht anfassen oder nicht untersuchen, werden Sie das myofasziale Schmerzsyndrom nicht erfassen können, das sich nach der muskulären Dysbalance ausbilden kann und uns alle krumm machen wird, vielleicht als Vorbereitung und als Abflugposition für die Ewigkeit, der wir uns verweigern sollten.

Das ÖSG-Positionspapier Kopfschmerz ist fertig. Ende 2023 haben wir das Positionspapier „Ziele in der Behandlung chronischer Schmerzen“ publiziert, ein weiteres zum breiten Feld der viszeralen Schmerzen steht unmittelbar bevor. Allen an der Entstehung der Positionspapiere beteiligten Expert:innen – sowie den Mitarbeiter:innen des Springer Verlags – gilt der Dank des ÖSG-Vorstands für ihren großen Einsatz neben der Tätigkeit an unseren Patient:innen, in den Kliniken, Ambulanzen usw.

Die Implementierung der strukturierten Schmerzversorgung in den Strukturplan Gesundheit konnte unter Federführung der GÖG (Gesundheit Österreich GmbH) auf den Weg gebracht werden. Nach langen, intensiven Diskussionen kann sich das Ergebnis sehen lassen und wird euch kommuniziert werden.

Auf unseren ÖSG-Kongress im Juni 2024 freuen wir uns schon sehr. Schwerpunkte wie etwa Gender-Aspekte in der Schmerzmedizin und Integrative Schmerzversorgung bieten für jeden von uns interessante Aspekte, um unser Wissen zu erweitern. Die junge Schmerzmedizin ist vertreten und natürlich auch die Pflege mit einem eigenen Symposium.

Euer Willi Eisner