Nicht nur die Naschereien von Weihnachten und Ostern machen uns zurzeit das Leben schwer. Eine Folge der Covid-19 Pandemie sind die berühmten Coronapfunde, die am liebsten bis zum Beginn der Badesaison auch wieder verschwinden sollen.

Ohne Sport dafür aber mit viel Couchsurfing in Lockdown und Homeoffice kneift nun so manche Hose etwas stärker, wer wünscht sich dann nicht mehr Freiheit um den Bund? So verwundert es auch nicht, dass gepaart mit den guten Vorsätzen allerlei Schlankheitsmittelchen aus Drogerie und Apotheke reißenden Absatz finden. Vom gesunden Detox-Smoothie, über Protein-Shakes und schnellwirkende Entschlackungstees bis hin zu Wurmeiern ist die Bandbreite heute groß.

Abführgurken und Befreiungskuchen

Völlegefühl war auch schon in der Antike bekannt und nannte sich Plethora - Überfüllung. Der zeitgenössischen Auffassung nach war die Plethora nicht nur unangenehm, sondern noch dazu die Wurzel aller Krankheiten. Daher musste kräftig abgeführt, entwässert, erbrochen und geschwitzt werden, um der Überfüllung zu Leibe zu rücken. Zu den gelinden Mitteln gehörte Rhabarberwurzel, bei extremer Überfüllung fand die Purgiergurke Einsatz. Die Griechen tranken ihren Schlankheitstrank direkt aus der ausgehöhlten Frucht dieser Kürbispflanze, die auch unter dem Namen Bittermelone, Teufelsapfel oder Koloquinte bekannt ist. Die starke Wirkung der Koloquinte war es auch, die Paracelsus zu seinem Erkenntnis inspirierte: "Die Dosis macht das Gift" (Im Original heißt es: Die Dosis macht ob ein Ding ein Gifft sei - Dosis sola facit venenum). Daneben waren die bitteren "Liberantisküchlein" sehr beliebt, die vor allem durch Bitterkräuter und Aloe-Extrakte abführend und karminativ wirkten.

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© Grafik: Eva Künzel

Seifenlauge und Low Carb

Während in der Barockzeit noch Rundungen als Schönheitsideal galten, definierte der Schotte Dr. Malcolm Flemyng im Jahre 1760 Übergewicht erstmals als Krankheit und hatte auch sogleich ein passendes Heilmittel parat: Seifenwasser! Er kannte die fettlösende Wirkung von Seife und schlussfolgerte, dass sie, in Form von Seifenwasser getrunken, auch Körperfett lösen müsse. Dr. Flemyngs Seifenmethode zeigte jedoch keine fettlösende Wirkung, stattdessen führte sie zu schweren Vergiftungen und endete oft tödlich.

Etwa 100 Jahre später kam zum ersten Mal die "Low-Carb"-Idee auf - bezeichnenderweise durch einen Bestattungsunternehmer. Seine Diät bestand ausschließlich aus Fleisch, Rotwein, Sherry, Whisky und anderen hochprozentigen Flüssigkeiten. Zum Erfolg seiner Methode gibt es keine verlässliche Statistik. Nur so viel: Sein Geschäft blühte und er war ein wohlhabender Mann…

Zehrjoghurt und Bandwurmeier

Im 20. Jahrhundert folgten immer mehr Menschen dem strengen Diktat der Schlankheit, die Methoden wurden rabiater und verzweifelter. In den USA war "Zehrjoghurt" ein sehr kurzfristiger Bestseller. Zu seinen Zutaten zählte auch das tödliche Rattengift Strychnin, und der Joghurt forderte entsprechend viele Opfer unter den Kunden, womit auch die Verkaufszahlen schnell wieder sanken. Doch durch den weltweiten Internet-Handel sind auch heute Schlankmittel verfügbar, die nicht nur die Ekelgrenze überschreiten, sondern lebensgefährlich sind. Dazu zählen auch Bandwurmeier, die durch eine absichtlich herbeigeführte Wurminfektion zur Gewichtsabnahme führen sollen. Die Wirkung konnte nie bewiesen werden. Allerdings ist bewiesen, dass Wurminfektionen zu Krampfanfällen und Tod durch Organversagen führen können.

Durch die aktuelle Krise sind kleine Eitelkeiten in den Hintergrund getreten. Wissenschaftler der Universität Lübeck konnten außerdem vor einigen Jahren zeigen, dass Normal- oder leichtes Übergewicht besser vor Stress schützt und erst ein Übergewicht ab einem BMI von 35 die Lebenserwartung verkürzt.

Dr. Andrea Jessen