Psychische Erkrankungen von Eltern sind eine häufige und schwerwiegende Komplikation in der peripartalen Phase, also der Zeit während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt. Trotz der unmittelbaren und langfristigen potenziell schwerwiegenden Auswirkungen auf Mutter, Vater und insbesondere das Kind, die von Verhaltensproblemen bis zu einem erhöhten Suizidrisiko reichen und mit großen Belastungen im Gesundheits-, Sozial- und Bildungssystem einhergehen, gibt es in Österreich bisher weder eine nationale Strategie noch ein nationales Versorgungsmodell für peripartale psychische Gesundheit.

Das AIHTA analysierte sechs Dokumente aus UK, Irland, Kanada und Australien, die von multiprofessionellen Arbeitsgruppen, Expertinnen und Experten sowie Betroffenen erstellt wurden. Alle Dokumente enthielten Informationen zu verschiedenen Aspekten der Versorgung, einschließlich Primärprävention, Früherkennung, Diagnostik, Überweisung und Behandlung. Die Analyse zeigte, dass für integrierte Versorgungsmodelle, in denen verschiedene Leistungserbringer und Berufsgruppen über den ganzen Behandlungs- und Betreuungsprozess kontinuierlich und strukturiert zusammenarbeiten, klar definierte Pfade und abgestufte Betreuungskonzepte für die Organisation der peripartalen psychischen Versorgung und die Bereitstellung von Leistungen notwendig sind. Im Rahmen der Primärprävention sollten werdende Eltern über psychische Gesundheit im Allgemeinen und mögliche psychische Probleme während der Schwangerschaft und nach der Geburt aufgeklärt werden. Für Frauen mit bereits bestehenden oder früheren psychischen Problemen oder einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen wird auch eine Beratung vor Eintritt der Schwangerschaft empfohlen. In allen Dokumenten wird die frühzeitige Identifizierung von Menschen mit peripartalen psychischen Erkrankungen als essenziell ausgewiesen. Ein Screening von Müttern auf diese Erkrankungen wird einhellig empfohlen — dieses ist jedoch im „Mutter-Kind-Pass“ bisher nicht routinemäßig vorgesehen.

Die Bestandsaufnahme zum vorhandenen Präventions-, Früherkennungs- und Versorgungsangebot in Österreich zeigte überdies, dass Inhalt und Kapazität der Angebote höchst unterschiedlich sind und keine nationalen Qualitätsstandards und Leitlinien zu Versorgungspfaden existieren. Eine stärkere Koordination und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sektoren — wie Gesundheits- und Sozialsektor — ist österreichweit für die Implementierung und Umsetzung von peripartalen psychischen Versorgungsmodellen notwendig. Neben einer nationalen Strategie und der Definition von Verantwortlichkeiten empfiehlt das AIHTA eine nationale Leitlinie zur Bestimmung von Versorgungspfaden und, dass Daten des nationalen Geburtsregisters mit jenen zur psychischen Gesundheit erweitert werden, die auch der Forschung zur Verfügung stehen. Auf dieser Basis sollen mit Fachkräften aus allen involvierten Berufen und betroffenen Eltern in Tirol Verbesserungsansätze priorisiert und wissenschaftlich begleitet umgesetzt werden.