Die berufliche Laufbahn hat die Allgemeinmedizinerin Sabine Fröhlich an so manchen Ort in ihrer niederösterreichischen Heimat gebracht: St. Pölten, Groß Gerungs, zuletzt Gars am Kamp. Ein zweijçhriger Abstecher als F.X.-Mayr-Spezialistin an die Ufer des Wörthersees darf als geografischer Ausreißer gelten. Ihr Geburtsort Zwettl ist immer heimatlicher Mittelpunkt geblieben. Seit Mai 2021 ist die Waldviertler Bezirkshauptstadt auch berufliches Zentrum der Medizinerin: Die Allgemeinçrztin eröffnete eine Wahlordination mit Besonderheiten. Fröhlich praktiziert nach den Regeln der Ganzheitsmedizin — „für mich ist es der richtige Weg, Schulmedizin und Komplementçrmedizin gleichermaßen im Blick zu haben“. Um mit ihrem Angebot nicht auf die Klientel in der unmittelbaren Region beschrçnkt zu sein, setzt Sabine Fröhlich stark auf telemedizinische Beratung. Neben dem konventionellen Ordinationsbesuch bietet die Ärztin Online-Sprechstunden an. Dabei nützt sie eine gesicherte und DSGVO-konforme Telemedizin-Plattform, die zur Terminplanung, zum Austausch von Befunden sowie zur videogestützten Beratung eingesetzt wird. Fröhlich ist von den digitalen Konsultationen überzeugt: „Die meisten der Video-Gesprçche zwischen Ärztin und Patient verlaufen genauso wie in der persönlichen Kommunikation — da erfahre ich keine Unterschiede.“ Das Patienten-Feedback sei durchgehend positiv. Wo es noch Luft nach oben gebe, sei die Frequenz: „Der Großteil der Patienten zieht den persönlichen Kontakt dem Video-Gesprçch vor — auch wenn sie dafür dutzende Kilometer fahren müssen.“ Höchstens 20 Prozent ihrer Termine würden digital abgehalten. Sie hçtte „auf mehr gehofft“, hçlt Fröhlich nicht hinter dem Berg.

Ihre Erfahrungen passen zu den Ergebnissen einer österreichischen Studie aus dem Jahr 2021 (Kletecka-Pulker, n=1000). Ein Viertel aller Ärztekontakte fand per Telefon statt — die Notrufnummer 1450 erlebte im Befragungszeitraum ihre erste Belastungsprobe — und nur drei Prozent der Befragten antworteten, dass sie Chat oder Videodienste verwendet haben. Noch wichtig aus Patientensicht: Eine überwiegende Mehrheit (90%) der Personen, die via Telemedizin Kontakt mit Ärztinnen oder Ärzten hatten, waren mit dem çrztlichen Service zufrieden. Für Alexander Degelsegger-Márquez, Abteilungsleiter in der Gesundheit Österreich GmbH GöG und Experte für Digital und Public Health, spiegeln die Antworten das Verhçltnis der Österreicher und Österreicherin zum Online-Doktor: „Bis zur Pandemie gab es in der Arzt-Patienten-Kommunikation so gut wie keine telemedizinischen Anwendungen. Hier braucht es von Patientenseite noch ein gutes Maß an Gewöhnung.“ Degelsegger-Márquez lçsst aber keine Zweifel, wenn es um das Potenzial von telemedizinischen Anwendungen für das heimische Gesundheitssystem geht: „Digitale Applikationen sind eine der Lösungen, um mittelfristig Versorgungslücken im heimischen Regelsystem wenn schon nicht zu stopfen, dann doch zu lindern.“ Eine von der GÖG erstellte Studie („Telemedizin in Österreich“, 2021) unterstreicht, dass die Akzeptanz in der Ärzteschaft gegenüber telemedizinischen Verfahren bereits hoch ist: Im niedergelassenen Bereich sahen 61 Prozent der Ärzte sehr großes oder großes Potenzial für die telemedizinische Versorgung im Rahmen der Corona-Pandemie, rund 57 Prozent gaben dies auch für den Normalbetrieb an.

Ausweg aus Versorgungsnöten

Telemedizin ist eine der stçrksten Hoffnungslösungen für die immer drçngender werdenden Versorgungsprobleme im heimischen Gesundheitssystem. „Wir werden früher mit Online-Medizin konfrontiert werden, als wir glauben“, ist Christof Pabinger überzeugt. Der Grazer Orthopçde ist Leibarzt zahlreicher heimischer Spitzensportler, Betreiber zweier Privatkliniken und Prç- sident der Telemed Austria, einer Interessengemeinschaft aus engagierter Ärzteschaft und marktinteressierten Unternehmen. Telemedizin und eHealth brçuchten „in Österreich eine Stimme, um sie aus ihrem Dçmmerzustand zu erlösen“, wie Pabinger nicht ohne Süffisanz erklçrt. Auch er ist überzeugt, dass „die Personallücken nach der Pensionierung der Boomer-Generation nur über telemedizinische Applikationen geschlossen werden können“. Die rechtlichen Voraussetzungen seien geklçrt, jetzt sei es an der Zeit „in Schwung zu kommen“. Die Erstattung telemedizinischer Behandlungen vonseiten der Sozialversicherung sei dazu „nur ein kleiner Schritt. Ohne Pandemie hçtten wir auch das nicht“, bleibt Pabinger gegenüber den Entscheidern im Gesundheitssystem auf Distanz. Er selbst hat seine Klinik seit 15 Jahren voll digitalisiert. Anmeldungen erfolgen online, CT- und MRT-Bilder werden über ein spezielles Bildtransfersystem eingeholt und begutachtet. Wenn Befunde fehlen, wird beim Patienten nachgefasst. „Ich lasse meine Patienten nicht durch Österreich fahren, nur um ihnen zu sagen, dass noch ein Röntgen abgeht“, stellt Pabinger klar. „Ich kann durch den digitalen Befundaustausch bei fast allen Patienten vor der ersten physischen Ordination sagen, ob ich ihnen helfen kann oder nicht.“ Dieser rationelle Einsatz von Telemedizin ließe sich auch in jeder anderen Fachordination handhaben. Tausende unnötige Arztbesuche und Doppeluntersuchungen würden eingespart. „Bund, Lçnder und Kassen werden rasch Regelungen schaffen müssen, um die telemedizinischen Anwendungen in die Ordinationen zu bringen“, so Pabinger, „denn wenn dies nicht der öffentliche Gesundheitssektor macht, dann macht das der private.“

Hybride Lösungen

Florian Brandstetter passt ins Klischee der Unternehmensgründer: Er ist smart, bestimmt und vor allem jung. Dem 29-Jçhrigen gehören gemeinsam mit seinem Vater, einem Versicherungsspezialisten, 59 Prozent von TeleDoc, einer Plattform für telemedizinische Dienstleistungen (siehe Interview, Seite 12). „Es werden auch in Österreich die Zeiten kommen, in denen der Arzt-Patienten-Kontakt nicht mehr zwingend über das Wartezimmer zustande kommt“, ist Brandstetter überzeugt. TeleDoc bietet eine Plattform für Versicherungen, die ihren Kunden eine telemedizinische Versorgung bieten wollen. TeleDoc ist seit 2020 in den Mçrkten Südosteuropas aktiv: „Die Gesundheitssysteme dieser Staaten kçmpfen immer noch mit Versorgungsdefiziten. Aber fast jeder Bürger hat ein Smartphone oder einen PC-Zugang.“ Aktuell sind rund 300 Ärzte bei TeleDoc unter Vertrag, die bisher mehrere tausend Online-Beratungen durchgeführt haben. Etwa 50.000 Nutzer haben Zugang zu den Services. 2023 soll das Start-up auch in Österreich tçtig werden. Erste Zielgruppe werden — anders als in Südosteuropa — Patienten sein, die eine Zweitmeinung für ihr Leiden einholen wollen. Der spçte Start am Heimmarkt habe seine Gründe. Der Digitale Health-Bereich verharre in Österreich „seit Jahren in einer Wartestellung. Österreich hinkt bei der Anwendung von telemedizinischen Applikationen stark hinterher.“ Auch er ist überzeugt, dass „der Personalmangel die Stakeholder stark unter Druck setzt. Telemedizin wird jetzt als eine der Lö- sungen erkannt.“ Allerdings seien die Zugçnge für private Anbieter blockiert: „In Österreich fehlt ein Vergütungsmodell des Sozialversicherungssystems für die privaten TeleHealth-Anbieter. In Deutschland gibt es dieses Modell. Dort ist Telemedizin stark im Kommen.“ Die Vision von Brandstetter ist der Aufbau einer Kette von Gesundheitsdienstleistern, die digitale und analoge Services vereinen: „Die Kombination aus telemedizinischen Dienstleistungen und einem Primçrversorgungszentrum ist die logische Weiterentwicklung dieser Idee.“

In der Schweiz sind derartige Diskussionen Schnee von gestern. Seit 22 Jahren bietet das zur Handelsgruppe Otto gehörende TeleHealth-Unternehmen Medgate Patientenberatung rund um die Uhr an. 320 Mitarbeiter, davon 125 festangestellte Ärzte, offerieren digitale Gesundheitsberatung an jedem Wochentag. Ein Kooperationsstandort in Australien stellt sicher, dass auch nachts medizinischer Rat und eine radiologische Befundung verfügbar sind. Für persönliche Konsultationen vor Ort wird am Aufbau einer Kette von Mini Clinicen gearbeitet, in denen medizinische Fachkrçfte Patienten mit und ohne Termin persönlich beraten. Verschiedene Diagnostik- und Untersuchungsmöglichkeiten (Labortests, EKG etc.) werden in den kleinen Gesundheitszentren selbststçndig erbracht. Komplexere Fragen werden per Videocall mit einem der Tele Clinic-Ärzte geklçrt. Die Besucher der Mini Clinicen lösen die online verschriebenen Arzneien bei den benachbarten Apotheken ein, die ebenfalls zur Medgate-Gruppe gehören.

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Dçmmerzustand. Wenn die öffentliche Hand nicht aktiv wird, werden es andere tun. Orthopçde Christof Pabinger kçmpft seit Jahren für telemedizinische Anwendungen im Regelsystem: „Anders werden wir unsere Personalprobleme nicht lösen.“

Foto: © opz.at

Anreize setzen

Es liegt in der Natur privater Gesundheitsdienstleister, rascher auf die Vorzüge des digitalen Wandels zu reagieren als der öffentliche Gesundheitssektor. Die ÖGK hat mit Visit-e ein kostenloses Videokommunikationstool aufgesetzt, das sich allerdings kaum bewçhrt. Es rangiert unterhalb jeder Wahrnehmungsgrenze. 15 nicht reprçsentative Rechercheanfragen bei Wiener Fachçrzten und Fachçrztinnen ergaben Null Treffer: Nicht einer der Kassençrzte hatte in Erwçgung gezogen, Visit-e in seiner Ordination zu installieren. Auch blieb eine diesbezügliche Anfrage bei der ÖGK unbeantwortet. Glaubt man den befragten Telematik-Ärzten, dann gilt Visit-e als Ladenhüter. Die Kassen als Haupttrç- ger der ambulanten Versorgung in Österreich haben die Möglichkeiten von Telemedizin erkannt. In einem Analysepapier des Dachverbandes der Sozialversicherungen (Fachauskunft Telekonsultation V3, 2020) heißt es: „Für die telemedizinische Konsultation per Telefon oder Videotelefonie zeigen Studien (vor COVID-19) generell keinen Unterschied im Outcome zwischen Tele- oder direkter Visite.“ Daher sollten derartige Lösungen „in eine sinnvolle Regelversorgung implementiert werden, wenn politischer Wille, entsprechende Regelungen und Einigungen zur Erstattung getroffen werden.“

An diesem Punkt knüpft Robert Mischak (siehe Gastkommentar Seite 15) an. Der Institutsleiter eHealth der FH Joanneum in Graz ist überzeugt, „dass es eines starken Anreizsystems bedarf, um telemedizinische Anwendungen in den Regelalltag der Kassenordinationen“ zu bringen. Die Honorierung müsse deutlich über jener der stationçren Honorarleistung liegen, „sonst bleibt alles beim Alten“.

Primçrversorgungszentren sind ein natürlicher Anknüpfungspunkt zwischen Telematik und kassenambulanten System. In der ÖGK werden Konzepte gewçlzt, in denen PVZ mit telemedizinischen Angeboten für dünn besetzte Fçcher und unterversorgte Regionen ausgestattet werden. Beispiele dafür gibt es genug: In der extrem dünn besiedelten nördlichen schwedischen Provinz Norrbotten zçhlt Telemedizin, vor allem als Video-Unterstützung, zu den zentralen Kançlen für die Fachversorgung. In den dortigen 74 Zentren der primçren Gesundheitsversorgung (PHC) wird sie flç- chendeckend eingesetzt. Kommt der Patient in ein PHC-Zentrum, hat er im Beisein des dortigen Hausarztes per Video-Beratung Kontakt mit einem Facharzt. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung („Einsatz und Nutzung von Telemedizin“; 2020) betont, dass bei dem schwedischen Telemedizin-Modell „die lçndliche Perspektive nach wie vor wichtig ist. Es sei aber bei Weitem nicht der einzige Motivationsfaktor, Dienstleistungen mit Unterstützung der Informations- und Kommunikationstechnologie anzubieten. Erhöhte Zugçnglichkeit, Gleichstellungsperspektiven und der Zugang zu Kompetenzen von Spezialisten sind wichtige Triebkrçfte, die nicht unbedingt mit langen Wegen verbunden sind.“

Derartige Überlegungen haben in Österreich noch nicht gegriffen. Die Resonanz auf die Überlegungen der ÖGK, PVZ mit Telemedizin zu kombinieren, sei in den Ärztekammern enden wollend, wie es heißt.

Die Zwettler Allgemeinmedizinerin Sabine Fröhlich ist überzeugt, dass „das Gesundheitssystem wegen des Personalmangels ohne digitale Anwendungen nicht auskommen wird“. Die Maßnahmen seien in der Umsetzung „nicht teuer, helfen dem Patienten und ersparen dem System Milliarden“. Sie ist sicher: „Die Versorgungsprobleme werden nicht geringer.“

„In Österreich herrscht Denkverbot“

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Zur Person: Florian Brandstetter, Jahrgang 1993, hat an der Warwick Business School Finance und Economy studiert. Entgegen seiner Ausbildung startet er 2020 gemeinsam mit seinem Vater Christian TeleDoc. Investiert ist zudem die VIVECA Beteiligungen GmbH, eine Beteiligung der Vienna Insurance Group AG und die Blue Rock Capital GmbH. Das Unternehmen hat seinen Sitz im 10. Wiener Gemeindebezirk.

Foto: © WWW.KEINRATH.COM

Herr Brandstetter, seit 2019 verkaufen Sie Ihren Telemedizin-Service in Südost-Europa. In Österreich gab es bisher nur zaghafte Annçherungen. Warum?

Florian Brandstetter: Wir sind derzeit in Rumçnien, Bulgarien, Kroatien, in Albanien und in der Slowakei bereits aktiv. In Georgien, der Türkei und Österreich wollen wir im Laufe 2023 starten.

Wieso der Start mit Auswçrtsspielen?

TeleDoc begann mit einer Idee meines Vaters, der in der Versicherungsbranche enge Beziehungen in die Balkanregion hat. Er beobachtete, dass dort die medizinische Versorgung vor allem im ambulanten Bereich noch ausbaufçhig ist. Er sah aber auch: Jeder hat ein Smartphone, einen Computer oder ein Tablet. Die Idee kam von selber, ein telemedizinisches Angebot für Firmenkunden und Versicherung zu bringen. Und ich muss sagen: Durch Corona hat sich das Projekt immer weiter entwickelt. Derzeit verfügen wir über einen Pool von 300 Medizinern und Medizinerinnen, von denen circa 60 tçglich mit uns arbeiten.

TeleDoc ist ein Corona-Profiteur?

In gewisser Weise. Die Akzeptanz gegen- über Video-Konsultationen ist eindeutig gestiegen. Ebenso wie das Wissen um telemedizinische Anwendungen. Heutzutage sind die Mediziner und Patienten in Österreich viel offener. Wir sind überzeugt, dass sich bei einem Start in Österreich die Situation günstig darstellen wird.

Sie werden in Österreich beim B2B-Konzept bleiben?

Das ist unser Plan. Wir entwickeln das Produkt bereits mit ein paar großen Partnern. Der Arzt wird binnen einer Stunde nach dem Erstkontakt online zu einem Arztgesprçch zur Verfügung stehen.

Mit wem sprechen Sie?

Wir stehen in Gesprçchen mit dem ÖAMTC und mit „so. me homes“, einem Serviced-Living-Anbieter der SoraviaGruppe. Wir hoffen natürlich, noch ein paar weitere Versicherungen an Bord zu bekommen. Adressat ist natürlich auch die öffentliche Hand. Die Kontakte zur Sozialversicherung sind derzeit aber lose. Dabei bin ich überzeugt, dass private Anbieter im telemedizinischen Bereich viel für das Kassensystem leisten können. In Deutschland funktioniert dies ganz gut. In Österreich herrscht da noch Denkverbot.

Was könnte TeleDoc für die Sozialversicherung anbieten?

Wir sind im Grund eine Plattform, die Ärzte und Patienten zusammenbringt. Wir stellen sicher, dass es eine sichere und stabile Videoverbindung gibt, und übernehmen das Ärztemanagement. Das sind Leistungen, die auch jeder öffentliche Gesundheitsanbieter brauchen kann.

Was verstehen Sie unter Ärztemanagement?

Wir verhandeln mit dem Arzt oder der Ärztin und stellen sicher, dass medizinisches Fachpersonal in der vereinbarten Reaktionszeit abhebt. Wir können zwar nicht garantieren, dass der Lieblingsarzt verfügbar ist, aber wir versprechen, dass immer ein Arzt zur Verfügung steht.

Wçre ein userneutraler Backbone wie ELGA ein technologisch sinnvoller Kooperationspartner?

Natürlich wçre eine derartige Anbindung hilfreich. Aber es gibt zu ELGA das bekannte Bild, dass hier eine sehr leistungsfçhige Datenautobahn gebaut wurde, die keine Auffahrten hat. Dabei wçre ELGA der Schlüssel zum Ausbau der digitalen Gesundheitsdienste in Österreich. Es gibt sehr einheitliche Berechnungen, dass ein funktionierendes telemedizinisches System in Österreich rund 1,5 Milliarden Euro bis 2025 einsparen könnte. Die stçrkere Einbindung digitaler Gesundheitsanwendungen — vom Befundaustausch bis zur Gesundheitsapp — würde im heimischen System enorm viel Geld und menschliche Ressourcen einsparen. Das ist Fakt.

Welchen Level an medizinischer Behandlung kann Telemedizin bieten?

Das kann ich als Betreiber nicht vorgeben. Jeder Arzt, der mit uns zusammenarbeitet, ist unabhçngig und nicht weisungsgebunden. Der Arzt muss selber entscheiden, ob und wie er den Patienten behandelt. Wir stellen die Infrastruktur und sichern die administrative Abwicklung, auch die Honorare. Der Mediziner ist aber so unabhçngig wie in seiner eigenen Praxis. Aber unsere internen Statistiken sagen, dass wir über 90% Erfolgsquote bei den Behandlungen haben. Das hat natürlich damit zu tun, dass zu unseren Ärzten nur eine bestimmte Klientel mit bestimmten Problemen kommt. Niemand ruft uns wegen eines offenen Bruches an.

Kann Telemedizin nach Ihren Erfahrungen Versorgungslücken stopfen?

Unsere internen Statistiken decken sich mit den Ergebnissen von aktuellen Studien: 60 Prozent jener Patienten, die im Wartezimmer einer österreichischen Hausarztpraxis sitzen, können auch per Telemedizin behandelt werden. Das bedeutet, dass theoretisch nur mehr 40 Prozent der Patienten ihren Allgemeinmediziner persönlich aufsuchen müssten. Das würde eine extreme Entlastung des ambulanten Systems mit sich bringen. Viele Patienten suchen über Video-Call nur den Rat des Arztes, der sagt, pass auf, mach das und das. Oder geh zur Apotheke. Oder fahre in die Klinik oder nçchste Ordination. Wenn das nçchste Spital eine Stunde entfernt ist, tut es gut zu wissen, dass man sich nicht wegen einer Lappalie ins Auto setzt.

Gibt es für Sie eine Vision der Telemedizin?

TeleDoc möchte ein Ecosystem werden. Unsere Services fassen in Zukunft alles zusammen, was im Bereich der Digital Health-Systeme verfügbar ist. Pulsuhren, Wearables, digitale EEG-Transmitter — wir wollen sçmtliche digital verfügbaren Gesundheitsdaten verarbeiten und dem Tele-Arzt zur Verfügung stellen können. Monitoring — die Überwachung von Gesundheitsdaten — ist ebenfalls ein Thema, das für uns sehr spannend ist. Damit würde der Wirkungskreis enorm wachsen. Wir schauen uns schon nach Kooperationen mit anderen Start-ups um.

Der Bereich der Telemedizin ist bereits von vielen Unternehmen besetzt, viele davon sind Start-ups. Wer bleibt über?

Derjenige, der den Ärzten und Ärztinnen die besten Kooperationen anbietet. Die Mediziner sind das entscheidende Element in allen telemedizinischen Business-Cases.