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Foto: © Karin Gartner
Sie haben vor Kurzem in einem Vortrag von Systemfehlern in der Arzneimittelentwicklung gesprochen. Welche Fehler sind das?
Claudia Wild: Aufgefallen ist vor allem, dass die Aufwendungen, die die öffentliche Hand für Forschung leistet, nicht in die Verträge, in die Lizensierung oder den Patentschutz eingerechnet werden. In Amerika gibt es ein Gesetz, den Bayh-Dole Act, wonach bei Patentschutz sämtliche öffentlichen Gelder deklariert werden müssen. Das gibt es im europäischen Recht nicht. Der zweite Systemfehler ist, dass die Universitäten die Produkte, die sie entwickelt haben, verkaufen und nachher nicht darauf geachtet wird, dass die Produkte, die dann von der Industrie weiterentwickelt werden, auch zu sozial verträglichen Konditionen auf den Markt kommen. Alle Medizinuniversitäten sind extrem unter Druck, Drittmittel einzuwerben. Tech-Cluster bemühen sich, Unis und die Industrie zusammenzubringen, was ja gut ist. Aber die öffentliche Hand ist zu devot oder zu wenig selbstbewusst, wenn es darum geht, Wissen zu verkaufen.
AIHTA-Geschäftsführerin Claudia Wild: „Die öffentliche Hand ist zu devot.“
Wie haben sich diese Systemfehler im letzten Jahr im Zusammenhang mit der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen gegen das SARS-Virus gezeigt?
Wild: Beispielsweise bei einem der mRNA-Impfstoffe, wo man gut nachvollziehen kann, wo das Wissen hergekommen ist. An dieser Technik wird seit den 1990er-Jahren geforscht. Und dann hat das eine Uni an ein Biotech-Startup verkauft, und die haben das um 75 Millionen Euro an BioNTech verkauft und jetzt geht Pfizer her und sagt, wir haben das so toll entwickelt; aber das ist nur die halbe Wahrheit. Insgesamt steckt in der Entwicklung der Corona-Impfstoffe wahnsinnig viel öffentliches Geld. Der Oxford-AstraZeneca-Impfstoff wurde zu 100 Prozent öffentlich finanziert — allerdings gibt es da eine Non-profit-Vereinbarung wenigstens für die Dauer der Pandemie. Der Moderna-Impfstoff wurde mit amerikanischen Mitteln finanziert, BioNTech und Curevac haben ganz viel Geld aus Deutschland bekommen.
Was ist zu tun?
Wild: Es wird behauptet, die Forschung und Entwicklung eines Arzneimittels koste 2,1 Milliarden Dollar, aber 50 Prozent davon sind Kapitalisierungskosten, also Risikokapital. Aber das hat die EU auch. Wenn die EU unglaubliche Summen in Forschung investiert, dann wird auch nicht aus jedem Projekt etwas Anwendbares. Man sollte verpflichtend einführen, dass die gesamte Preisgestaltung und die Kosten von Forschung und Entwicklung transparent werden. Es wird immerhin mit öffentlichen Mitteln eingekauft. Ich behaupte, dass Forschung relativ exklusiv im öffentlichen Sektor geschieht und dass die präklinische und klinische Weiterentwicklung im privaten Sektor liegt und dass diese ganze Wertschöpfungskette offengelegt werden muss. Wir wissen von dem Hepatitis-CMedikament, da wurden elf Milliarden Euro für die kleine Biotech-Firma gezahlt, die an dem Wirkstoff geforscht hat, und innerhalb von sechs Monaten hat Gilead bereits die Ausgaben erwirtschaftet. Wenn das alles offengelegt werden muss, wird man klüger sein.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE ELISABETH TSCHACHLER
tschachler@gesundheitswirtschaft.at
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Consortia
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Springer Medizin. Morgenbesprechung. ÖKZ 62, 7 (2021). https://doi.org/10.1007/s43830-021-0019-5
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