Liebe Leserinnen und Leser,

in unserer zweiten Ausgabe skizzierte die Sozialwissenschaftlerin Gunda Voigts Ende 2020 die Bedeutung von Freiräumen für Jugendliche in der Covid-19-Pandemie. Dabei verwendete sie den Begriff des „Jugend vergessen“ – denn nach den Bedürfnissen und Interessen von Kindern und Jugendlichen frage in Corona-Zeiten niemand. Wieder einmal, so scheint es, hat die Pandemie bestehende Problemlagen noch einmal deutlicher hervortreten lassen. Mit dem Nachlassen des Infektionsgeschehens ist es nun höchste Zeit, dem entgegenzuwirken: „Jugend beteiligen“ ist in dieser Ausgabe das Stichwort – aufgebracht im Forschungsbeitrag von Rolf Ahlrichs und Fabian Fritz. Sie untersuchen die Rolle von Sportvereinen als Orte von politischer Bildung und Demokratiebildung – was, wie sie erläutern, nicht dasselbe ist. Die Autoren, ebenso Wissenschaftler aus dem Bereich der Sozialen Arbeit, beleuchten das demokratiebildnerische Potenzial auf der Grundlage von empirischen Befunden wie sie im 16. Kinder- und Jugendbericht dargestellt werden. Dieser attestiert Sportvereinen, mehr junge Menschen zu erreichen als jede andere Jugendorganisation.

Wie die Teilhabe von Kinder und Jugendlichen gerade in Corona-Zeiten gefördert werden kann, ist ein spannendes Thema. Das zeigte im April auch die öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag zum Kinder- und Jugendsport. In der Diskussion um den Sportverein als Bildungsakteur wurde deutlich gemacht, dass Bewegungs- und Sportaktivitäten junger Menschen nicht nur ein hohes Erlebnispotenzial, sondern auch ein erhebliches Bildungspotenzial bieten. Dabei sollte stets die Perspektive der Heranwachsenden – um die es eigentlich geht – in den Mittelpunkt gerückt werden. Wir sind überzeugt, dass gerade mit der Förderung von Teilhabe ein Kontrapunkt zu erstarkenden demokratiefeindlichen Kräften gesetzt werden kann.

Was wissen wir eigentlich aktuell über den Kinder- und Jugendsport? Zur Beantwortung dieser Frage schrieb Detlef Kuhlmann, Mitglied des Herausgeber*innengremiums unserer Zeitschrift, eine Doppel-Rezension, für die er sich zwei kürzlich erschienene wissenschaftliche Arbeiten vornahm: den Vierten Deutschen Kinder- und Jugendsportbericht und die neue SINUS-Studie. Nach diesem „Rundumschlag“ folgt der Blick auf ein interessantes Detail: Zeitperspektiven-Expertin Svenja Konowalczyk erläutert im FKJS-Interview die Rolle des Sportengagements von jungen Menschen. Sie unterstreicht dabei: Heranwachsende, die in ihrer Freizeit Sport treiben, bewerten die drei Zeitdimensionen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft positiver.

Unsere Zeitschrift ist konzipiert als Plattform für die Wissenschaft und den Dialog mit der Praxis. Die vorliegende dritte Ausgabe enthält wieder drei in einem double-blind Peer-Review-Verfahren geprüfte Forschungsbeiträge. Neben der eingangs erwähnten Arbeit zu politischer Bildung und Demokratiebildung haben Sebastian Ehlen, Lena Hanning, Regine Rehaag und Dennis Dreiskämper in den Ruhrgebietsstädten Moers und Oberhausen soziale Determinanten für die Kenntnis und Inanspruchnahme kommunaler Gesundheitsförderung und Prävention für Kinder untersucht. Ihre Forschungserkenntnisse bezieht Forum Kinder- und Jugendsport-Herausgeber Peter Lautenbach in seinem Kommentar anschließend konsequent auf den gemeinnützigen, organisierten Sport.

Corona und die Auswirkungen auf die Situation von (sportlich aktiven) Kindern und Jugendlichen spielen natürlich auch in diesem Heft noch eine große Rolle. Nachdem im Dezember 2020 ein erster Ergebnisbericht des Deutschen Jugendinstituts zur Situation während des ersten Lockdowns erschien („Kind sein in Zeiten von Corona“), führte Forum Kinder- und Jugendsport-Redakteur Oliver Kauer-Berk mit Studienleiterin Alexandra Langmeyer ein Interview. Ein Fazit von ihr: „Ganz besonders diejenigen, die sportlich und in Vereinen organisiert sind, litten an dieser Situation.“ Praxisbeispiele der Sportjugend Hessen zeigen anschließend, wie in der Pandemie Kinderrechte im Sport gelebt und vermittelt werden konnten. Dazu haben Alexandra Faulhaber und Angelika Ribler einen Fachbeitrag verfasst. In „Jugendsportvereine im Brennglas von Corona“ greift Erziehungswissenschaftler Benedikt Sturzenhecker ein anschauliches und in diesen Tagen gern genutztes Bild auf: Unter Krisenbedingungen würden bereits vorher existierende Problemstellungen „wie in einem Brennglas“ deutlich. Julia Limmeroth, Norbert Hagemann, Florian Heussner und Volker Scheid schildern schließlich zum Abschluss unseres „Corona-Blocks“ Gelingensbedingungen eines digitalen Sportangebots für Kinder im Grundschulalter. Basis dafür ist die Kooperation verschiedener regionaler Akteure aus Wissenschaft und Sport.

Im dritten Forschungsbeitrag taucht Michael Krüger in die Geschichte der symbiotischen Beziehung von Jugend und Sport von der Wende zum 20. Jahrhundert bis ins nationalsozialistische Deutschland ein. Dabei geht es auch um das Verhältnis der Generationen zueinander, was den Brückenschlag in das Jetzt geradezu herausfordert. Apropos gegenwärtig: Leider ebenso immer noch aktuell ist das Thema der Dopingprävention. Experte Gerhard Treutlein führt in dieser Ausgabe über die Dopinghistorie des Spitzensports zum Präventionsansatz der Deutschen Sportjugend hin und erläutert dessen salutogenetische Sichtweise. Seine Ausführungen haben wiederum Henrietta Weinberg, Vorstandsmitglied der dsj und ausgebildete dsj-Juniorbotschafterin Dopingprävention, zu einer Replik veranlasst.

Last, but not least, und im Heft an vorderster Stelle platziert: das aktuelle Stichwort zum Thema Kinderschutz. Hierfür haben wir den britischen Sozialwissenschaftler Mike Hartill, Leiter des „Centre for Child Protection & Safeguarding in Sport“ an der Edge Hill Universität in Ormskirk, Lancashir, England, gewinnen können. Im Gespräch mit Katharina Morlang skizziert der Experte seine Sicht auf die Präventionsarbeit im Bereich sexualisierter Gewalt im deutschen und europäischen Sport.

Ein breites Feld an Themen liegt somit vor den Leser*innen. Wir wünschen Ihnen und Euch viele neue Informationen und Anregungen und viel Freude beim Lesen!

Stefan Raid

(für die Institutionellen Herausgeber*innen)

Nils Neuber

(für die Herausgeber*innen der Forschungsbeiträge)

Peter Lautenbach

(für die Herausgeber*innen der Fachbeiträge)

PS: Zu guter Letzt noch eine gute Nachricht: Stefan Raid, der neue dsj-Vorsitzende, hat für unsere Zeitschrift nicht nur das Editorial mitverfasst. Zusammen mit den Kolleg*innen im dsj-Vorstand traf er auch die Entscheidung, die Implementierungsphase von Forum Kinder- und Jugendsport zu verlängern. Wir sind sehr gespannt auf die nächsten Jahre und freuen uns darauf, mit den Leser*innen im Austausch zu bleiben!