In den letzten Jahren wurden in der Knieendoprothetik sog. „Fast-track-Protokolle“ heiß diskutiert. Das Konzept etablierte bereits in den 1990er-Jahren der dänische Chirurg H. Kehlet für die Abdominalchirurgie [5]. Dabei handelt es sich um einen multimodalen Ansatz, die perioperative Medizin zu optimieren. Im Bereich der Abdominalchirurgie wurden mit diesem multimodalen Konzept sehr gute Ergebnisse erzielt [5]. Seit dem Jahre 2000 wurden diese positiven Erfahrungen beginnend in Dänemark dann auf den Kniegelenksersatz übertragen [4].
Die Bezeichnung „fast track“ suggeriert zunächst ökonomische Vorteile, da ein wesentliches Ziel dieser Konzepte ist, die postoperative Liegezeit zu verkürzen [4,5,6]. Bei dieser Diskussion wird jedoch oft vergessen, dass der primäre Ansatz von Kehlet die Minimierung der perioperativen Risiken nach allgemeinchirurgischen Eingriffen war. Daher ist die auch international gebräuchliche Bezeichnung „enhanced recovey after surgery“ (ERAS) wahrscheinlich treffender.
Ein wesentlicher Faktor der „ERAS“-Konzepte in der Knieendoprothetik ist die frühe Mobilisation der Patienten (Abb. 1; [4,5,6]). Diese erfolgt bereits am Operationstag. Zu den erwarteten positiven Effekten der Frühmobilisation gehören eine geringere Thromboserate, eine höhere Patientenzufriedenheit durch geringeres Krankheitsgefühl, geringere neuromuskuläre Defizite und ein kürzerer stationärer Aufenthalt [6, 8]. Die Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes hat nicht nur positive ökonomische Effekte. Sie senkt nachweislich das Risiko für nosokomiale Infektionen.
Zu den wesentlichen Faktoren, die eine frühe Mobilisation nach Implantation einer Knietotalendoprothese behindern, gehören Drainagen und Katheter ([7]; Abb. 1).
Der Verzicht auf intraartikuläre Drainagen erfordert eine suffiziente chirurgische Blutstillung und medikamentöse Kontrolle der Hämostase. Medikamentös kann die Fibrinolyse durch die intravenöse oder lokale Gabe von Tranexamsäure gehemmt werden [1, 3].
Ein weiteres Mobilisationshindernis sind präoperativ angelegte Katheter zur peripheren Leitungsanästhesie (Blockaden des Nervus femoralis und/oder Nervus ischiadicus; [7]). Die periphere Leitungsanästhesie ermöglicht zwar eine gute postoperative Schmerzkontrolle, Probleme dieser Verfahren an der unteren Extremität sind jedoch die Notwendigkeit, Infusionspumpen beim Gehen mitzuführen und die ungewollte Hemmung des M. quadriceps. Die Folge sind neuromuskuläre Defizite mit der Gefahr von Stürzen [2].
Eine Möglichkeit, auf zuführende Schläuche zu verzichten und die Muskulatur nicht zu beeinträchtigen, ist die einmalige lokale intraartikuläre Infiltrationsanästhesie (LIA) während der Operation [7]. Verglichen mit der Femoralisblockade zeigt die LIA eine Gleichwertigkeit in der postoperativen Analgesie ohne den Nachteil der Hemmung des M. quadriceps femoris, welche mit einem erhöhten Risiko für postoperative Stürze vergesellschaftet ist [7].
Neben diesen Maßnahmen (Tranexamsäure und LIA) gehören die verbesserte Patienteninformation sowie schonende Operationstechniken zum „Enhanced-recovery“-Konzept.
Diese perioperativen Maßnahmen können als neues multimodales Sicherheitskonzept angesehen werden, das die Patientensicherheit in der Knieendoprothetik deutlich verbessert. Dabei ist zu beachten, dass die Umsetzung der ERAS-Konzepte nur durch die interdisziplinäre und aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen im Krankenhaus möglich ist (orthopädische Chirurgen, Anästhesisten, Physiotherapeuten, Pflegekräfte, Sozialdienst; Abb. 2).
Aufgrund der hohen klinischen Relevanz haben wir die erste Ausgabe der Zeitschrift Knie Journal im neuen Jahr der perioperativen Medizin gewidmet.
Mit den besten Grüßen für das neue Jahr!
Wolf Petersen,
Robert Hube,
Rüdiger v. Eisenhart-Rothe
Literatur
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Elkassabany NM, Antosh S, Ahmed M et al (2016) The risk of falls after total knee arthroplasty with the use of a femoral nerve block versus an adductor canal block: a double-blinded randomized controlled study. Anesth Analg. https://doi.org/10.1213/ANE.0000000000001237
Goldstein M, Feldmann C, Wulf H, Wiesmann T (2017) Tranexamic acid prophylaxis in hip and knee joint replacement. Dtsch Arztebl Int 114:824
Husted H, Hansen HC, Holm G et al (2006) Accelerated versus conventional hospital stay in total hip and knee arthroplasty III: patient satisfaction. Ugeskr Laeger 168:2148–2151
Kehlet H (1997) Multimodal approach to control postoperative pathophysiology and rehabilitation. Br J Anaesth 78:606–617
Kehlet H (2013) Fast-track hip and knee arthroplasty. Lancet 381:1600–1602. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(13)61003-X
Petersen W, Bierke S, Hees T, Karpinski K, Häner M (2019) Fast track concepts in total knee arthroplasty: use of tranexamic acid and local intra-articular anesthesia technique. Oper Orthop Traumatol 31(5):447–462
Zhu S, Qian W, Jiang C et al (2017) Enhanced recovery after surgery for hip and knee arthroplasty: a systematic review and meta-analysis. Postgrad Med J 93:736–742. https://doi.org/10.1136/postgradmedj-2017-134991
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R. Hube und R. v. Eisenhart-Rothe geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. W. Petersen erhält Beraterhonorare der Firmen Karl Storz und Otto Bock sowie Vortragshonorare der Firmen Arthrex und Plasmaconcept.
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Petersen, W., Hube, R. & v. Eisenhart-Rothe, R. „Fast track“ oder „safe track“?. Knie J. 2, 1–2 (2020). https://doi.org/10.1007/s43205-020-00040-5
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