Ziel des Autors Max Kirchens ist eine Übersicht von „wirklich universaler Geltung“ (S. 5) – nicht gerade ein bescheidener Anspruch für eine politikwissenschaftliche Masterarbeit, die freilich eine „Pionierarbeit“ zu sein beansprucht (ebd.). Es ist ja auch etwas Wahres dran an diesem Anspruch, denn letzten Endes handelt es sich um eine anthropologische Konstante, wie der Mensch mit Geschenken umgeht, wenn es sich um Tiere handelt, und der Mensch in die Kategorie der Staatslenker gehört. Ob Karl der Große von Harun al-Raschid einen Elefanten bekam oder Richard Nixon von Mao Tse-tung einen Panda – stets geht es um die Frage, ob die damit beabsichtigte Wirkung eintrat oder wenn nicht, was die Gründe dafür waren. Und diese Gründe waren letztlich stets politische.

Kirchens betreibt einen enormen Recherche- und Forschungsaufwand und kommt nach der Beispielsammlung in Kapitel 2 nach mehreren Schritten in den Folgekapiteln zu dem Ergebnis, dass es weltweit und zu allen Zeiten lediglich vier Möglichkeiten gebe, wie Tiergeschenke gemeint seien und ‚ankämen‘: sie seien entweder (meist landwirtschaftlich) „nützlich“, „repräsentativ“ (wie die beiden eben genannten Beispiele), „verwunderlich“ (wie der vom portugiesischen König Manuel I. 1514 Papst Leo X. geschenkte Elefant namens Hanno, denn in diesem Fall war das Geschenk kein Symbol Portugals, sondern man hatte ihn wie die 44 anderen Tiere dieser ‚Lieferung‘ in Asien beschaffen müssen und wollte damit Eindruck machen) oder „imitierend“ (das heißt, der Schenker übergibt ein für ihn exotisches Tier dem Beschenkten, das für diesen zum Alltag gehört; hier gehe es eindeutig um die symbolische Verdeutlichung eines Hierarchieverhältnisses ähnlich den Tributzahlungen). Ein Beispiel hierfür kann Kirchens nicht nennen, während das „verschenkte Wunder“ in der Geschichte der Diplomatie „bemerkenswert häufig“ begegne (S. 100) und die ikonischen Nationaltiere „die authentischste“ der vier Kategorien seien (ebd.) und inzwischen die Regel darstellten.

Der Rezensent ist Historiker und pflegt alles Material in die je spezifischen Zeitumstände einzuordnen. Er erschrickt daher über den weltgeschichtlichen Deutungsanspruch – die Beispiele reichen von der Jungsteinzeit bis zu Queen Elizabeth II. –, aber mehr noch erschrickt er, dass weder dem Autor noch seinem Betreuer die Figur Friedrichs II. von Hohenstaufen geläufig zu sein scheint. Im Buch ist jedenfalls mehrfach vom „Kaiser Frederik II des Heiligen Römischen Reichs“ die Rede, wie überhaupt sämtliche Regenten keine Ordnungszahl nach deutscher Orthografie bekommen, sondern durchweg gut angelsächsisch ohne Punkt auskommen müssen. Aber sonst ist das Buch dankenswerterweise frei von überflüssigen Anglizismen.

Der Rezensent fragt sich auch, was der enorme theoretische Aufwand der Studie tatsächlich gebracht hat. Von Ludwig Wittgenstein und Marcel Mauss über französische Strukturalisten bis hin zu Theodor W. Adorno werden alle einschlägigen ‚Heiligen‘ angerufen, aber der damit gewonnene Erkenntniswert hält sich in Grenzen. Die Mauss’sche Theorie des Gabentauschs funktioniert nicht wirklich, weil die dort vertretene Ansicht, dass Gabe und Gegengabe eine Geschenkspirale in Gang zu setzen pflegen, in der Diplomatie nicht stattfindet. Und die Potlatch-Logik greift ebenfalls nicht, weil es in solchen Fällen ja keine Verhandlungen geben kann. Sogar die Human-Animal-Theorie kommt am Buchende noch kurz zur Sprache, allerdings mit dem plausiblen Ergebnis, dass sie bei dieser Fragestellung nicht weiterhelfe. Theoretisch etwas des Guten zu viel, aber der Nachwuchs muss schließlich zeigen, was er alles beherrscht.