„Die Kartographie hat sich in den letzten Jahren zu einer interdisziplinären Wissenschaft entwickelt, die sich mit der Darstellung geographischer Informationen und ihrer Anwendung befasst. Durch den Fortschritt in den Bereichen Geodatenmanagement, Geoinformatik und Geo-Visualisierung hat sie sich zu einer unverzichtbaren Ressource für Entscheidungsträger, Wissenschaftler und die Öffentlichkeit entwickelt.

Jedoch stellt die rasante Entwicklung in der Technologie auch neue Herausforderungen für die Kartographie. Es gilt, eine Balance zwischen der Fähigkeit, große Datenmengen darzustellen, und der Verständlichkeit und Übersichtlichkeit der Karten zu finden. Dabei spielt auch die Ethik eine wichtige Rolle, da es um die Verantwortung geht, wie geographische Informationen verwendet und präsentiert werden.

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, ist ein interdisziplinärer Ansatz erforderlich, der Forscher aus den Bereichen Geographie, Computerwissenschaften, Statistik und Design vereint. In dieser Ausgabe präsentieren wir eine Vielzahl von Artikeln, die einen Einblick in die aktuellen Trends und Entwicklungen in der Kartographie geben.”

Sie, liebe Leserinnen und Leser, denken, ich habe dieses Editorial bis hierhin selbst verfasst? Dann muss ich Sie leider enttäuschen!

Der zitierte Text hat lediglich einen schriftlichen Auftrag („Schreibe ein Editorial für eine wissenschaftliche Fachzeitschrift aus dem Fach Kartographie”) erfordert – und zwar nicht an einen Menschen, sondern an einen Chatbot, der auf künstlicher Intelligenz basiert. Dieser Chatbot ist ChatGPT, entwickelt durch die US-Firma OpenAI, mit Veröffentlichung im November 2022.

Über die Qualität des Textes lässt sich sicherlich formal und inhaltlich streiten und diskutieren. Beispielfragen sind: Warum ist der Text nicht gegendert? Ist Kartographie eine „Ressource”? Warum erfordert der interdisziplinäre Ansatz keine Forschung aus der Geodäsie? Wie sehr nimmt die aktuelle Forschung zur Statistik Einfluss auf die Kartographie, und wie sehr prägt sie die Ethik bei der Verwendung und Präsentation von geographischen Informationen?

Diese Fragen – sicherlich gibt es noch weitere – lasse ich mal so stehen, und jede und jeder von Ihnen mag sich seine eigene Meinung zu dem Inhalt bilden. Die bemerkenswerten Aspekte an diesem Text sind, dass dieser Text binnen weniger Sekunden auf Knopfdruck generiert wurde. Er ist sprachlich nahezu fehlerfrei und adaptiert einen Sprachduktus eines deutschsprachigen Editorials einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift. Zudem ist er plagiatssicher, da die verwendete KI mit Zufallsvariablen operiert, die einzigartigen Text generiert: 10 Versuche ergaben 10 individuelle Texte.

Der Chatbot ChatGPT kann Ihnen u.a. auch Hinweise zur Flächenkolorierung in thematischen Karten geben, eine kurze Zusammenfassung zur Geschichte der Kartographie schreiben, eine Ode an die Kartographie verfassen – und perspektivisch wohl auch die Schriftleitung ersetzen?! Auch wenn sich durch solch einen KI-Bot nun ein Paradigmenwechsel in der Textgenerierung (einschl. neuer Herausforderungen für die Lehre an Schulen und Hochschulen) ergibt, Karten zeichnen kann er/sie/es derzeit noch nicht. Forschungsansätze in der Kartographie mögen hier aber womöglich in Kürze auch dazu andere Ergebnisse liefern. In seiner Präsidentenkolumne bezieht Prof. Jochen Schiewe die aktuellen Entwicklungen zu KI auf die Kartographie.

Die aktuelle Ausgabe umfasst sechs wissenschaftliche Fachartikel. Diese decken ein breites Themenspektrum innerhalb der Forschung zur Kartographie und Geomatik ab:

Inga Schlegel (Hamburg) präsentiert und diskutiert einen holistischen semi-automatisierten Workflow-Ansatz, der dazu dient, aus großmaßstäbigen historischen Karten Objekte zu extrahieren. Der Workflow umfasst Methoden zur objektbasierten Bildanalyse und Vektorisierung. Er soll Stadtforscherinnen und Stadtforschern sowie Historikerinnen und Historikern bei der Auswertung und Analyse historischer Karten unterstützen.

Josip Faričić, Ivka Kljajić, Lena Mirošević und Dubravka Mlinarić (Zagreb und Zadar) arbeiten in ihrer Forschung ebenfalls mit historischen Kartenmaterial. In einem interdisziplinären Ansatz untersuchen sie mit einem qualitativen Ansatz symbolische Elemente, insbesondere Kompassrosen, in der nautischen Kartographie. Dabei arbeiten sie Besonderheiten der frühneuzeitlichen Kartographie des Adriatischen Meeres heraus.

Tamara Feicht und Andreas Schmitt (München) adressieren das Raum-Zeit-Verhältnis als ein Qualitätsmaß für Verkehrsnetze, die effektive inner- und zwischenstädtische Mobilität unterstützen. Ihre Untersuchung stützt sich auf geodätischen Netzausgleichsverfahren. Im Ergebnis zeigt sich eine anamorphe Karte, die strukturstarke und -schwache Gebiete von Deutschland und wichtige Verkehrsverbindungen zwischen den Städten hervorhebt.

Jochen Schiewe (Hamburg) stellt das Konzept der „Sponge Maps “ vor. Als spezifische Ausprägung von Choroplethenkarten werden in Sponge Maps Basiskarten unabhängig von thematischen Attributen verzerrt. In einer empirischen Untersuchung werden Beispiele von Sponge Maps hinsichtlich Flächengröße-Effekt und Erkennbarkeit evaluiert.

Mohd Ayoub Malik, A.Q. Dar und Manoj K. Jain (Srinagar und Rorkee) thematisieren mit einer Simulation und Quantifizierung die Sedimentproduktion im Einzugsgebiet der Lidder im Nordwesten des Himalaya. Dazu verwenden sie u.a. ein SWAT-Modell, um die datenarme Region zu untersuchen.

Bikash Ranjan Parida, Amritesh Kumar und Avinash Kumar Ranjan kartieren und analysieren relevante Anbautypen von Kulturpflanzen sowie deren Ernteerträge im indischen Hazaribagh. Die Untersuchung dient als wissenschaftliche Grundlage zur Unterstützung von Entscheidungsträgern in der Agrarpolitik.

Herzliche Grüße und viel Freude beim Lesen!

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