1 Einleitung

Auftrag und Kennzeichen der Grundschule als Ort Grundlegender Bildung ist die eng verbundene Förderung der Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung (Lohrmann et al. 2022), welche neben dem Erwerb von fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten auch die Entwicklung von personalen Kompetenzen, wie z. B. Lernmotivation und Interessen, umfasst (Frank und Martschinke 2012). Die Berücksichtigung solcher affektiv-motivationaler Komponenten ist insbesondere bei der Gestaltung des Unterrichts und der pädagogischen Beziehungen in der Grundschule von großer Bedeutung; schließlich ist die Persönlichkeitsentwicklung von Schülerinnen und Schülern ein eigenständiges Ziel Grundlegender Bildung (Martschinke 2014). Vor diesem Hintergrund geht der vorliegende Beitrag der Frage nach, ob und wie eine bedürfnisunterstützende Unterrichtsgestaltung mit dem fachbezogenen Interesse aus der Perspektive von Schülerinnen und Schülern zusammenhängt.

2 Stand der Forschung

2.1 Das fachbezogene Interesse von Grundschülerinnen und Grundschülern

In der Person-Gegenstands-Konzeption bezeichnet Interesse die Beziehung zwischen einer Person und einem Gegenstand (Krapp 1992). Situationales Interesse wird durch eine konkrete Lernsituation bzw. durch einen konkreten Lerngegenstand ausgelöst und ist lediglich von kurzfristiger Dauer. Individuelles Interesse als zeitlich stabile Auseinandersetzung mit einem bestimmten (Lern‑)Gegenstand kann sich dagegen in spezifischen fachbezogenen Interessen von Schülerinnen und Schülern manifestieren (Krapp 1992; Krapp und Prenzel 2011).

Interesse lässt sich durch vier Merkmale näher charakterisieren: Unter emotionalen Valenzen werden Gefühle der Freude oder einer angenehmen Anspannung während der Beschäftigung mit dem interessierenden Sachverhalt verstanden. Wertbezogene Valenzen zeichnet eine hohe Bedeutsamkeit und Wertschätzung in Bezug auf den Interessengegenstand aus. Kognitive Komponenten beziehen sich auf die Bereitschaft, sich neue Informationen anzueignen und Kompetenzen im interessierenden Bereich zu erweitern. Diese Gefühls- und Wertzuschreibungen beziehen sich somit direkt auf den jeweiligen Interessengegenstand. Der intrinsische Charakter drückt dagegen aus, dass der Grund für die Auseinandersetzung mit dem Interessengegenstand in der Person selbst liegt (Krapp 2007), z. B. weil eine Schülerin oder ein Schüler das Fach Mathe einfach gerne mag. Im Unterrichtskontext ist Interesse als eine besondere Form der Lernmotivation zu verstehen (Krapp 2007), denn motiviertes Verhalten zeigen Lernende insbesondere dann, wenn sie sich aus Interesse und Freude heraus mit unterrichtlichen Inhalten befassen können und diese persönlich wertschätzen (Hornstra et al. 2021; Ryan und Deci 2017).

In längsschnittlich angelegten (Interview‑)Studien wurde gezeigt, dass Lernende bereits im Grundschulalter über individuelle Interessen verfügen (Fölling-Albers 1995; Vogt et al. 2000), auch wenn es sich dabei teilweise um wenig ausdifferenzierte Vorformen von interessenorientieren Person-Gegenstands-Bezügen handelt (Kasten und Krapp 1986; Prenzel und Lankes 2000). Im Laufe der Schulzeit ist ein Absinken des fachbezogenen Interesses, insbesondere in der Sekundarstufe im Fach Mathematik, zu beobachten (Krapp 1998; Schurtz und Artelt 2014). Einen möglichen Ansatzpunkt für ein Entgegenwirken liefert die Längsschnittuntersuchung von Vogt et al. (2000): Lernende, welche vor dem Eintritt in die Sekundarstufe bereits ausgebildete individuelle Interessen oder Vorformen aufweisen, unterliegen in der weiterführenden Schule nicht diesem Interessenverfall.

Es stellt sich daher die Frage, wie Lernende schon im Grundschulalter individuelles Mathematikinteresse aufbauen können und inwiefern dieses in einem bedeutsamen Zusammenhang mit Gestaltungsmerkmalen des Unterrichts steht.

2.2 Bedeutung der Erfüllung von Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit für Interesse

In Einklang mit der Interessentheorie nach Krapp (1992) beschreiben Deci und Ryan (1993) intrinsisch motiviertes Verhalten als interessensbestimmtes Handeln. Für die Entwicklung von intrinsischer Motivation und Interesse kommt laut Selbstbestimmungstheorie (SDT) der Erfüllung von drei psychologischen Grundbedürfnissen nach Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit eine zentrale Bedeutung zu (Deci und Ryan 1993; Ryan und Deci 2017). Das Bedürfnis nach Autonomie zeichnet sich durch den Wunsch aus, das eigene Verhalten als selbstbestimmt zu erleben und den individuellen Zielen, Wünschen und Werten entsprechend freiwillig handeln zu können. Das Bedürfnis nach Kompetenz bezieht sich auf das Empfinden von Effektivität und Können in den für sich als wichtig bewerteten Handlungskontexten. Demnach manifestiert sich Kompetenzerfüllung beispielsweise über epistemische Motive wie Neugier oder dem Streben danach, die eigene Umgebung zu verstehen. Beim Bedürfnis nach Verbundenheit spielt das Gefühl der sozialen Zugehörigkeit eine maßgebende Rolle und spiegelt sich in einer positiv wahrgenommenen Beziehung zu persönlich bedeutsamen Personen wider. Ebenso wichtig ist die Erfahrung, für solche Personen auch durch einen eigenen Beitrag von Bedeutung zu sein (Ryan und Deci 2017).

Studien zur Interessen- und Selbstbestimmungstheorie zeigen, dass sich Autonomie- und Kompetenzempfinden als einflussreiche Prädiktoren für (intrinsische) Motivation (Noels 2003) sowie für Interessensorientierung (Lewalter 2002) im Schulkontext erweisen. Auch wurden Zusammenhänge zwischen Verbundenheit auf Lehrkraft-Schulkind-Ebene mit intrinsischer Motivation nachgewiesen (Lazarides et al. 2015).

2.3 Bedeutung der Unterstützung von Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit für deren Erfüllung sowie für die Ausbildung von Interesse

Für die Erfüllung der drei psychologischen Grundbedürfnisse und damit die Interessensentwicklung ist laut SDT der soziale Kontext ausschlaggebend (Ryan und Deci 2017). Autonomieunterstützung umfasst als kontextuelles Merkmal organisatorische und prozedurale Wahlmöglichkeiten sowie die Förderung der kognitiven Selbstbestimmung (Stefanou et al. 2004). Ein autonomieunterstützend gestalteter Unterricht zeichnet sich durch Mitbestimmungsmöglichkeiten hinsichtlich der Lernaktivitäten aus, z. B. die Wahl des Lernortes, der Aufgabenschwierigkeit oder der Sozialform. Überdies trägt eine informative Artikulierung der Lehrkraft hinsichtlich der Bedeutung eines bestimmten Themas zur Autonomieunterstützung bei, indem die Lernenden nachvollziehen, warum sie sich mit diesem Lerninhalt auseinandersetzen und dadurch dessen Bedeutsamkeit in das eigene Wertesystem integrieren können (Skinner und Belmont 1993; Stroet et al. 2013). Elaborationsstrategien, wie die Verknüpfung des neuen Wissens mit bereits Bekanntem oder der Alltagswelt der Lernenden, unterstützen dies.

Das Bedürfnis nach Kompetenz können Lehrkräfte durch die Bereitstellung von Struktur unterstützen. Hierunter versteht man zum einen klar kommunizierte Erwartungen sowie verständliche, explizite Anweisungen. Zum anderen zeichnet sich Struktur durch angebotene Unterstützung sowie durch das Geben von konstruktivem und informativem Feedback der Lehrkraft aus (Skinner und Belmont 1993; Stroet et al. 2013). Formatives Assessment, wie prozessorientierte Portfolios, Verarbeitungshilfen, Vermittlung von Lernstrategien sowie die Sequenzierung des Lernprozesses sind Beispiele hierfür.

Verbundenheitsunterstützung bezieht sich auf die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehung und umfasst den fürsorglichen Einbezug (Involvement) anderer (Skinner und Belmont 1993; Stroet et al. 2013). So tragen z. B. ein angenehmes Klassenklima und die Förderung von Akzeptanz zum Gefühl der Verbundenheit innerhalb der Klasse bei (Deci et al. 1991). Die Lehrkraft kann dies unterstützen, indem sie ihren Schülerinnen und Schülern Zuneigung entgegenbringt, Verlässlichkeit zeigt oder auch Ressourcen (z. B. Zeit, Aufmerksamkeit) zur Verfügung stellt (van der Velde et al. 2021).

Zusammenfassend bedeutet dies, dass Lehrkräfte einen bedürfnisunterstützenden Unterrichtsstil verfolgen sollten; denn sofern dieser von den Lernenden als bedürfnisunterstützend wahrgenommen wird, können auf diese Weise die Bedürfniserfüllung und somit das individuelle Interesse der Lernenden gefördert werden (Hornstra et al. 2021; s. Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Rahmenmodell der Interessensentwicklung in Anlehnung an Krapp (1998, S. 191); Skinner et al. (2008, S. 768)

Den Zusammenhang zwischen wahrgenommener Autonomieunterstützung und Bedürfniserfüllung von Lernenden konnten u. a. Jang et al. (2016) nachweisen. Eine differenziertere Betrachtung der psychologischen Grundbedürfnisse liefern die Studien von Noels (2003) und Sierens et al. (2009), in welchen positive Zusammenhänge von wahrgenommener Autonomieunterstützung und Struktur mit Autonomie- sowie Kompetenzerfüllung berichtet wurden. Im Bereich der Grundschule zeigte Hartinger (2005, 2006), dass sich Lernende im geöffneten Unterricht, der durch Mitbestimmungsmöglichkeiten und Freiräume geprägt ist, als selbstbestimmter empfinden.

Zu den Auswirkungen bedürfnisunterstützender Unterrichtsgestaltung auf motivationale Outcomes konnten einige Untersuchungen positive Effekte von wahrgenommener Bedürfnisunterstützung auf Motivation (Hornstra et al. 2021) als auch auf Interesse (Oppermann und Lazarides 2021) zeigen. Insbesondere werden positive Zusammenhänge von wahrgenommener Autonomieunterstützung sowie Struktur/Kompetenzunterstützung mit Motivation im Sekundarbereich (Hornstra et al. 2018; Lazarides et al. 2015; Vansteenkiste et al. 2012) sowie mit Interesse im Primarbereich (Domen et al. 2020) mehrfach berichtet. Dem Zusammenhang zwischen wahrgenommenem Involvement und Motivation bzw. Interesse widmet sich hingegen ein wesentlich kleinerer Teil an Untersuchungen (für eine Übersicht: Stroet et al. 2013), welche zudem ambivalente Ergebnisse hinsichtlich der Unterstützung von Verbundenheit im Lehr‑/Lernkontext liefern (Hornstra et al. 2018; Lazarides et al. 2015).

Studien, welche das komplexe Zusammenwirken von wahrgenommener Bedürfnisunterstützung und Bedürfniserfüllung in Bezug auf motivationale Outcomes betrachten, liegen nur vereinzelt vor: Haerens et al. (2015) stellten bei einer Studie mit Schülerinnen und Schülern eine vollständige Mediation des Zusammenhangs von Autonomieunterstützung und Motivation durch die Bedürfniserfüllung fest. Zudem wurde in der Primarstufe eine vollständige Mediation des Zusammenhangs von selbstbestimmten Unterrichtsformen und dem Interesse durch Autonomieerfüllung nachgewiesen (Hartinger 2006).

Zusammenfassend deutet die Befundlage darauf hin, dass durch Autonomieunterstützung, Struktur und Involvement die Entwicklung von Interessen gefördert werden kann, da diese nicht immer ausschließlich aus eigenem Antrieb erfolgt, sondern zuweilen auch ein gewisses Maß an Unterstützung des Sozialkontexts, z. B. durch die Lehrkraft, bedarf (Hidi 2000).

2.4 Forschungsdesiderata

Untersuchungen zum Zusammenhang von wahrgenommener Bedürfnisunterstützung und Bedürfniserfüllung liegen entweder undifferenziert (Jang et al. 2016) oder mit Fokus auf wahrgenommene Autonomieunterstützung und Struktur vor (z. B. Hartinger 2005; Sierens et al. 2009), jedoch nicht für wahrgenommenes Involvement. Auch die wenigen Studien, welche Bedürfnisunterstützung und Bedürfniserfüllung nicht unabhängig voneinander, sondern ihr Zusammenwirken auf motivationale Variablen im (Grund‑)Schulkontext untersuchen, konzentrieren sich auf wahrgenommene Autonomieunterstützung (Haerens et al. 2015; Hartinger 2006). Die Zusammenhänge mit individuellem Interesse werden selten untersucht und oftmals nicht differenziert nach theoriegeleiteten Kriterien (s. Abschn. 2.1) operationalisiert. Im Grundschulkontext liegen hinsichtlich Interesse mehr Befunde für außerschulische (Laufs und Kempert 2021; Vogt et al. 2000) oder allgemeine (Hartinger 2006) Interessen vor als für fachbezogene Themeninteressen (Domen et al. 2020; Oppermann und Lazarides 2021).

Insbesondere mangelt es an Studien, welche sowohl die wahrgenommene Bedürfnisunterstützung und Bedürfniserfüllung aller drei psychologischen Grundbedürfnisse als auch das fachbezogene Interesse differenziert berücksichtigen und die Relationen anhand von Mediationsanalysen untersuchen.

3 Forschungsfrage und Hypothesen

Im Fokus des Beitrages steht die Fragestellung, wie die wahrgenommene Bedürfnisunterstützung im Mathematikunterricht, mediiert durch die Bedürfniserfüllung, mit dem individuellen Mathematikinteresse von Grundschülerinnen und Grundschülern zusammenhängt.

Vor dem Hintergrund des theoretischen und empirischen Forschungsstands werden folgende Hypothesen formuliert:

H 1

Autonomieunterstützung (H1.1), Struktur (H1.2) und Involvement (H1.3) hängen positiv mit Mathematikinteresse zusammen.

H 2

Der Zusammenhang von Autonomieunterstützung mit Mathematikinteresse wird durch Autonomieerfüllung mediiert.

H 3

Der Zusammenhang von Struktur mit Mathematikinteresse wird durch Kompetenzerfüllung mediiert.

H 4

Der Zusammenhang von Involvement mit Mathematikinteresse wird durch Verbundenheitserfüllung mediiert.

4 Methodisches Vorgehen

4.1 Untersuchungsdesign und Stichprobe

Die Querschnittserhebung mit Paper-and-Pencil-Fragebögen wurde im Schuljahr 2021/2022 in sechs Bundesländern durchgeführt und ist Teil des von der Robert Bosch Stiftung geförderten BASiS-Projekts (Beziehungsgestaltung, Autonomie und Soziale Eingebundenheit in der Schule)Footnote 1.

Befragt wurden N = 441 Grundschülerinnen und Grundschüler (49 % Mädchen; MAlter = 9 Jahre, 1 Monat; SD = 0,86) aus 45 Klassen der dritten und vierten Jahrgangsstufe an 10 Schulen. Die Stichprobe setzt sich projektbedingt aus Klassen von Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises (n = 217) sowie aus Klassen von Nicht-Preisträger-Grundschulen (n = 224) zusammen, um einer systematischen Verzerrung durch ausgezeichnete Schulen vorzubeugen. Bei 37,5 % der befragten Grundschülerinnen und Grundschüler wurde zu Hause nicht oder nicht ausschließlich deutsch gesprochen. Dies zeigt, dass trotz der nicht zufallsbasierten Datengrundlage eine migrationsbedingte Heterogenität in den Grundschulen vertreten war.

4.2 Erhebungsinstrumente

Es wurden, sofern möglich, bereits bestehende standardisierte Instrumente altersadaptiert und mathematikspezifisch eingesetzt.

Die bedürfnisunterstützende Unterrichtsgestaltung wurde subjektiv aus Perspektive der Grundschülerinnen und Grundschülern erhoben; es handelt sich somit stets um die schülerperzipierte Bedürfnisunterstützung. Die wahrgenommene Autonomieunterstützung im Mathematikunterricht wurde mit 3 Items eines übersetzten Instruments erfasst (Admiraal et al. 2019). Die wahrgenommene Struktur als ein Aspekt zur Unterstützung von Kompetenzempfinden sowie das wahrgenommene Involvement zur Unterstützung der Verbundenheit im Mathematikunterricht wurden mit insgesamt 6 Items gemessen (Admiraal et al. 2019; Thiel et al. 2013; Torsheim et al. 2012). Items sowie Skalenkennwerte der Erhebungsinstrumente können Tab. 1 entnommen werden.

Tab. 1 Deskriptive Statistiken und Items der Skalen zur wahrgenommenen bedürfnisunterstützenden Unterrichtsgestaltung, Bedürfniserfüllung und zum Mathematikinteresse von Grundschülerinnen und Grundschülern

Zur Erfassung der Bedürfniserfüllung von Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit im Mathematikunterricht wurden insgesamt 7 Items (s. Tab. 1) aus den Instrumenten von Van der Kaap-Deeder et al. (2020); Admiraal et al. (2019) und Jerusalem und Satow (1999) eingesetzt. Die Items orientieren sich an der Basic Psychological Need Satisfaction and Frustration Scale (BPNSFS; Chen et al. 2015).

Zur Erfassung des individuellen Mathematikinteresses wurden der intrinsische Charakter, emotionale und wertbezogene Valenzen sowie kognitive Komponenten des individuellen Mathematikinteresses mit insgesamt 6 Items (s. Tab. 1) gemessen (Willems et al. 2020). Diese Skala orientiert sich am Fragebogen zum Studieninteresse (FSI, Schiefele et al. 1993) und kommt damit der Empfehlung von Krapp und Prenzel (2011) nach, den FSI auch bei der Messung von Fachinteresse im schulischen Kontext angepasst zu verwenden sowie unterschiedliche Merkmale des individuellen Interessenskonstrukts zu berücksichtigen. Wenn im Folgenden von Mathematikinteresse die Rede ist, so ist damit stets das individuelle Interesse gemeint.

4.3 Analyseverfahren

Die deskriptiven sowie inferenzstatistischen Analyseverfahren wurden mit RStudio durchgeführt (RStudio Team 2022). Für jedes Item der Komponenten der wahrgenommenen bedürfnisunterstützenden Unterrichtsgestaltung, der Bedürfniserfüllung sowie des Mathematikinteresses wurden fehlende Werte hinsichtlich Häufigkeit (min: 1 %, max: 4 %) und Muster analysiert, wobei sich keine Auffälligkeiten zeigten. Die fehlenden Werte wurden als missing at random (MAR) eingestuft und mittels Multipler Imputation, unter Verwendung des mice-Pakets, geschätzt (van Buuren 2021).

Dem Interessenskonstrukt liegen keine normalverteilten Daten zugrunde (Shapiro-Wilk-Test; p < 0,001). Dies steht im Einklang mit einschlägigen Studien, in welchen durchwegs ein überdurchschnittliches Fachinteresse im Grundschulalter festgestellt wurde (z. B. Schwippert et al. 2020). Für die Durchführung von konfirmatorischen Faktorenanalysen (CFA) sowie von Strukturgleichungsmodellierung (SEM) wurde ein robustes Schätzverfahren mit korrigierter χ2-Teststatistik von Satorra und Bentler (1994) unter Verwendung des MLM-SchätzersFootnote 2 des semTools-Pakets, gewählt (Jorgensen et al. 2022).

Zur Prüfung der inneren Struktur der Komponenten der wahrgenommenen bedürfnisunterstützenden Unterrichtsgestaltung, der Bedürfniserfüllung sowie des Mathematikinteresses wurden konfirmatorische Faktorenanalysen (s. Tab. 2) sowie Modellvergleiche für genestete Modelle berechnet. Hinsichtlich der wahrgenommenen Bedürfnisunterstützung zeigt das dreifaktorielle Modell der Autonomieunterstützung, Struktur und des Involvements die besten Fit-Indizes im Vergleich zu alternativen Modellen. In Bezug auf Bedürfniserfüllung zeigt das dreifaktorielle Modell der Erfüllung von Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit eine signifikant bessere Modellgüte, als ein- oder zweifaktorielle Modelle. Für das individuelle Mathematikinteresse zeigt der Modellvergleich, dass ein zweifaktorielles Modell die Daten signifikant besser abbildet als alternative Modelle. Dem Interessenskonstrukt liegt somit zum einen eine emotionsbezogene Facette, welche auch den intrinsischen Charakter beinhaltet sowie zum anderen eine eher wertbezogene, kognitive Facette zugrunde.

Tab. 2 Güte verwendeter Modelle zur Struktur der wahrgenommenen bedürfnisunterstützenden Unterrichtsgestaltung, Bedürfniserfüllung und dem Mathematikinteresse von Grundschülerinnen und Grundschülern

Zur Prüfung von komplexen Wirkungszusammenhängen zwischen manifesten und latenten Variablen sowie deren Interdependenzen wurden die Daten mithilfe von Strukturgleichungsmodellierungen ausgewertet. Hierbei erfolgte zunächst eine Überprüfung der direkten Zusammenhänge zwischen wahrgenommener bedürfnisunterstützender Unterrichtsgestaltung und dem Mathematikinteresse. In einem nächsten Schritt wurden Mediationsanalysen berechnet, um der Frage nachzugehen, ob der Zusammenhang zwischen wahrgenommener Bedürfnisunterstützung und Mathematikinteresse von der jeweiligen Bedürfniserfüllung abhängig ist. Die Berechnungen erfolgten aufgrund der geringen Stichprobengröße sowie der Multikollinearität von Faktoren anhand drei getrennter Strukturgleichungsmodelle auf Individualebene.

5 Ergebnisse

5.1 Der Zusammenhang von Autonomieunterstützung, Struktur und Involvement mit Mathematikinteresse

Zunächst wurden anhand von drei Strukturgleichungsmodellen die Zusammenhänge von Autonomieunterstützung, Struktur und Involvement mit jeweils beiden Facetten des Mathematikinteresses überprüft (s. Abb. 2, 3 und 4).

Abb. 2
figure 2

Strukturgleichungsmodell zu den Zusammenhängen von wahrgenommener Autonomieunterstützung mit der emotionsbezogenen bzw. wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses. Dargestellt sind in den Abb. 2, 3 und 4 die standardisierten Koeffizienten (β) der jeweiligen Determinante auf die emotionsbezogene bzw. wertbezogene, kognitive Facette des individuellen Mathematikinteresses, wobei R2 das Bestimmtheitsmaß bezeichnet. N = 441, (χ2 (24) = 33,98, χ2/df = 1,41, CFI = 0,99, RMSEA = 0,035, [95 % CI = 0,000; 0,061], SRMR = 0,03); ***p ≤ 0,001, emo./int. emotionsbezogen, wer./kog. wertbezogen, kognitiv

Abb. 3
figure 3

Strukturgleichungsmodell zu den Zusammenhängen von wahrgenommener Struktur mit der emotionsbezogenen bzw. wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses. N = 441, (χ2 (24) = 27,33, χ2/df = 1,14, CFI = 1,0, RMSEA = 0,021, [95 % CI = 0,000; 0,053], SRMR = 0,03); ***p ≤ 0,001

Abb. 4
figure 4

Strukturgleichungsmodell zu den Zusammenhängen von wahrgenommenem Involvement mit der emotionsbezogenen bzw. wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses. N = 441, (χ2 (24) = 27,97, χ2/df = 1,17, CFI = 1,0, RMSEA = 0,023, [95 % CI = 0,000; 0,054], SRMR = 0,03), ***p ≤ 0,001

Die Hypothesen H1.1, H1.2 und H1.3 können somit bestätigt werden: Es zeigen sich positive Zusammenhänge zwischen der im Mathematikunterricht wahrgenommenen Autonomieunterstützung und der emotionsbezogenenemo./int = 0,49, p < 0,001) sowie wertbezogenen, kognitiven wert./kog. = 0,39, p < 0,001) Facette des Mathematikinteresses (H1.1). Auch die wahrgenommene Struktur im Mathematikunterricht korreliert positiv mit der emotionsbezogenenemo./int = 0,57, p < 0,001) sowie wertbezogenen, kognitiven wert./kog. = 0,52, p< 0,001) Facette des Mathematikinteresses (H1.2). Der Zusammenhang zwischen dem im Mathematikunterricht wahrgenommenen Involvement und der emotionsbezogenenemo./int = 0,32, p< 0,001) sowie wertbezogenen, kognitiven wert./kog. = 0,33, p< 0,001) Facette des Mathematikinteresse fällt im Vergleich etwas schwächer aus, erweist sich aber dennoch als signifikant (H1.3).

5.2 Der Zusammenhang zwischen Autonomieunterstützung, Autonomieerfüllung und Mathematikinteresse

Anhand einer Mediationsanalyse wurde überprüft, ob der Zusammenhang zwischen wahrgenommener Autonomieunterstützung und der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Facette des Mathematikinteresses durch Autonomieerfüllung beeinflusst wird (s. Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Strukturgleichungsmodell zu den Zusammenhängen der wahrgenommenen Autonomieunterstützung, mediiert durch Autonomieerfüllung, mit der emotionsbezogenen bzw. wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses. Dargestellt sind in den Abb. 5, 6 und 7 die standardisierten Koeffizienten (β) der Pfade der jeweiligen Determinante sowie des Mediators auf die emotionsbezogene und wertbezogene, kognitive Facette des individuellen Mathematikinteresses, wobei R2 das Bestimmtheitsmaß bezeichnet. N = 441, (χ2 (38) = 67,61, χ2/df = 1,78, CFI = 0,97, RMSEA = 0,047, [95 % CI = 0,028; 0,066], SRMR = 0,04), **p ≤ 0,01, ***p ≤ 0,001

Entsprechend der aufgestellten Hypothese H2 zeigt sich zwischen der wahrgenommenen Autonomieunterstützung und der emotionsbezogenen emo./int = 0,54, p = 0,003) sowie wertbezogenen, kognitivenwert./kog. = 0,44, p = 0,007) Facette des Mathematikinteresses eine vollständige Mediation durch Autonomieerfüllung. Es besteht in diesem Mediationsmodell darüber hinaus kein signifikanter direkter Zusammenhang zwischen Autonomieunterstützung und den beiden Facetten des Mathematikinteresses (s. Tab. 3).

Tab. 3 Übersicht zu direkten, indirekten und totalen Effekten von wahrgenommener Autonomieunterstützung (AUT), Struktur (STR) und wahrgenommenen Involvement (INV) mit der emotionsbezogenen und wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses, mediiert durch Autonomieerfüllung, Kompetenzerfüllung und Verbundenheitserfüllung

5.3 Der Zusammenhang zwischen Struktur, Kompetenzerfüllung und Mathematikinteresse

Anhand einer Mediationsanalyse wurde überprüft, ob der Zusammenhang zwischen wahrgenommener Struktur und der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Facette des Mathematikinteresses durch Kompetenzerfüllung beeinflusst wird (s. Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Strukturgleichungsmodell zu den Zusammenhängen der wahrgenommenen Struktur, mediiert durch Kompetenzerfüllung, mit der emotionsbezogenen bzw. wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses. N = 441, (χ2 (48) = 68,36, χ2/df = 1,42, CFI = 0,99, RMSEA = 0,036, [95 % CI = 0,012; 0,055], SRMR = 0,04), *p ≤ 0,05, **p ≤ 0,01, ***p ≤ 0,001

Die Hypothese H3 kann bestätigt werden: Es zeigt sich zwischen wahrgenommener Struktur und der emotionsbezogenenemo./int = 0,65, p < 0,001) sowie wertbezogenen, kognitivenwert./kog. = 0,31, p = 0,049) Facette des Mathematikinteresses eine vollständige Mediation durch Kompetenzerfüllung, wobei die emotionsbezogene Interessensfacette einen deutlich höheren standardisierten Koeffizienten (β) aufweist. Der direkte Zusammenhang zwischen wahrgenommener Struktur und den beiden Facetten des Mathematikinteresses erweist sich in diesem Mediationsmodell als nicht mehr signifikant (s. Tab. 3).

5.4 Der Zusammenhang zwischen Involvement, Verbundenheitserfüllung und Mathematikinteresse

Anhand einer Mediationsanalyse wurde überprüft, ob der Zusammenhang zwischen wahrgenommenem Involvement und der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Facette des Mathematikinteresses durch Verbundenheitserfüllung beeinflusst wird (s. Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Strukturgleichungsmodell zu den Zusammenhängen des wahrgenommenen Involvements, mediiert durch Verbundenheitserfüllung, mit der emotionsbezogenen bzw. wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses. N = 441, (χ2 (38) = 40,64, χ2/df = 1,07, CFI = 1,0, RMSEA = 0,015, [95 % CI = 0,000; 0,043], SRMR = 0,03), **p ≤ 0,01, ***p ≤ 0,001

Entgegen der postulierten Hypothese H4 zeigt sich zwischen wahrgenommenem Involvement und den beiden Facetten des Mathematikinteresses kein Mediationseffekt durch Verbundenheitserfüllung. Das wahrgenommene Involvement hängt, auch unter Kontrolle der Verbundenheitserfüllung, direkt mit der emotionsbezogenen emo./int. = 0,27, p = 0,003) sowie der wertbezogenen, kognitiven wert./kog. = 0,25, p = 0,010) Facette des Mathematikinteresses signifikant zusammen (s. Tab. 3).

6 Diskussion

In der vorliegenden Studie wurden Zusammenhänge zwischen der von Grundschülerinnen und Grundschülern wahrgenommenen bedürfnisunterstützenden Unterrichtsgestaltung und deren individuellem fachbezogenem Interesse untersucht (H1). Zudem wurde der Zusammenhang zwischen wahrgenommener bedürfnisunterstützender Unterrichtsgestaltung und dem individuellen fachbezogenen Interesse unter Annahme eines Mediationseffekts der Bedürfniserfüllung überprüft (H2, H3H4). Als Lern- bzw. Interessensgegenstand fungierte das Fach Mathematik; die wahrgenommene Bedürfnisunterstützung sowie die Bedürfniserfüllung bezogen sich somit auf den Mathematikunterricht.

In bisherigen Studien wurde individuelles Interesse von Grundschülerinnen und Grundschülern bisher vielfach als eindimensionales Konstrukt erfasst (z. B. Hartinger 2006; Oppermann und Lazarides 2021). Mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass ein zweifaktorielles Modell die Daten des individuellen Mathematikinteresses am besten abbildet. Zudem wurde deutlich, dass unterschiedlich starke Zusammenhänge der beiden Interessensfacetten mit anderen Konstrukten bestehen. Dies unterstützt Krapps (1992) Forderung einer solchen analytischen Differenzierung, auch wenn „die Interessenskomponenten kovariierende Aspekte des Interessenskonstrukts darstellen“ (Schiefele et al. 1993, S. 347). Das zweifaktorielle Modell und die hohen Korrelationen zwischen den Interessensfacetten sprechen jedoch auch dafür, dass Lernende die theoretisch abgeleiteten vier Merkmale des individuellen Mathematikinteresses als ähnlich wahrnehmen. Laut Schiefele et al. (1993) könnte eine schwächere oder stärkere Trennung der Interessensfacetten auch vom jeweiligen Interessensgegenstand abhängig sein.

Der Zusammenhang von wahrgenommener Autonomieunterstützung (H1.1), Struktur (H1.2) und Involvement (H1.3) mit dem Mathematikinteresse kann in der vorliegenden Studie bestätigt werden. Hierbei zeigen sich sowohl bei der emotionsbezogenen als auch der wertbezogenen, kognitiven Facette von Mathematikinteresse starke Zusammenhänge mit Struktur und mittlere Effektgrößen für Autonomieunterstützung sowie Involvement. Inwieweit Lernende dem Fach Mathematik eine gewisse Wichtigkeit zuschreiben und sich damit gerne beschäftigen, hängt somit wesentlich vom Grad der Bedürfnisunterstützung in der Unterrichtsgestaltung ab. Diese Befunde stehen in Einklang mit Studien aus der Grundschul- oder Mathematikdidaktik (Hartinger 2006; Oppermann und Lazarides 2021) und sind theoriekonform (Ryan und Deci 2017). Der weniger starke Zusammenhang zwischen Involvement mit der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Interessensfacette könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich Involvement im Mathematikunterricht vor allem auf einer zwischenmenschlichen Ebene ausdrückt. Im Vergleich dazu sind Autonomieunterstützung und Struktur stärker auf den Person-Gegenstands-Bezug gerichtet, was eher dem definitorischen Charakter von Interesse entspricht und sich entsprechend förderlich auswirken könnte (Krapp 1992).

Da die Unterstützung der psychologischen Grundbedürfnisse von den Lernenden auch als bedürfniserfüllend erlebt werden muss, damit sie sich förderlich auf deren Interessensentwicklung auswirken kann, wurde von einer Mediation durch die jeweilige Bedürfniserfüllung ausgegangen. Es zeigte sich zwischen der wahrgenommenen Autonomieunterstützung und der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses eine vollständige Mediation durch Autonomieerfüllung (H2). Diese Befunde deuten darauf hin, dass für die Entwicklung von Interesse im Fach Mathematik darauf geachtet werden muss, dass Schülerinnen und Schüler die Selbstbestimmungsmöglichkeiten und Entscheidungsfreiräume, welche eine autonomieunterstützende Unterrichtsgestaltung charakterisieren, auch als solche wahrnehmen, um sich autonom fühlen zu können. Forschungsergebnisse zeigen, dass Autonomieunterstützung auf einer methodischen und persönlichen Ebene als selbstbestimmter wahrgenommen wird, als rein organisatorische oder inhaltliche Wahlmöglichkeiten (Markus 2023). Die erstgenannten Facetten fördern durch die Bestimmung eigener Lern- und Lösungswege (z. B. Problembasiertes Lernen, Placemat-Methode) und die Anerkennung der Meinungen und Wünsche der Lernenden (z. B. Klassenrat, interessensgeleiteter Projektunterricht) die kognitive Selbstbestimmung, während Mitbestimmungsmöglichkeiten organisatorischer Rahmenbedingungen (z. B. Lernort/-zeit, Sozialform, Regeln) letztlich nur eine Auswahl aus vordefinierten bzw. begrenzten Optionen bieten. Auf überfachlicher Ebene wurden im Grundschulbereich bereits vergleichbare Effekte festgestellt (Hartinger 2006).

Auch hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen wahrgenommener Struktur, Kompetenzerfüllung und der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Facette des Mathematikinteresses zeigte sich eine vollständige Mediation (H3). Diese Befunde deuten darauf hin, dass für die Entwicklung von Interesse im Fach Mathematik die strukturgebenden Maßnahmen der Lehrkraft im Unterricht so gestaltet werden sollten, dass sich die Lernenden als kompetent erleben können. Auffällig ist der weitaus stärkere Zusammenhang zwischen wahrgenommener Kompetenzerfüllung und der emotionsbezogenen Facette des Mathematikinteresses im Vergleich zur wertbezogenen, kognitiven Facette. Dies lässt darauf schließen, dass sich Schülerinnen und Schüler, welche sich in Mathematik als kompetent wahrnehmen, eher für dieses Fach begeistern können oder die Auseinandersetzung damit als spannend erachten, was die Bedeutung des Kompetenzempfindens für die intrinsische Motivation unterstreicht (Ryan und Deci 2017). Zu diskutieren ist jedoch die eventuelle Reziprozität, da sich Lernende auch deshalb kompetent fühlen können, weil sie durch ihre Begeisterung für Mathematik viel gelernt und gute Noten erzielt haben.

Entgegen der Annahme (H4) zeigte sich in den vorliegenden Daten ausschließlich ein direkter Zusammenhang zwischen wahrgenommenem Involvement und der emotionsbezogenen sowie wertbezogenen, kognitiven Facette des individuellen Mathematikinteresses, welcher im Vergleich zu den anderen Kontextfaktoren am schwächsten ausfällt. Zwar hängen das von Schülerinnen und Schülern wahrgenommene Involvement der Lehrkraft und die Verbundenheitserfüllung der Lernenden auf mittlerem Niveau zusammen, doch zeigt sich in der vorliegenden Studie keine signifikante Korrelation zwischen dem Mediator Verbundenheit und dem Mathematikinteresse der Lernenden. Der signifikante Zusammenhang von wahrgenommenem Involvement mit dem Mathematikinteresse deutet dennoch auf den wichtigen Beitrag der Lehrkraft hin, welchen sie durch Involvement aktiv leisten kann (Skinner und Belmont 1993; van der Velde et al. 2021), um den Lernenden Begeisterung sowie Wertschätzung – auch für die Mathematik – zu vermitteln.

6.1 Limitationen

Bei der Interpretation der Befunde sind verschiedene Limitationen zu berücksichtigen. In Bezug auf die Operationalisierung von Involvement und Verbundenheitserfüllung ist anzumerken, dass die jeweiligen Items die beiden Konstrukte nicht in ihrer Komplexität abbilden. Verbundenheit zeichnet sich beispielsweise sowohl durch die Beziehung zur Lehrkraft, als auch zu Peers oder durch eine empfundene Gemeinschaft auf Schulebene aus (Stroet et al. 2013), was in der vorliegenden Studie nur sehr unspezifisch erfasst wurde.

Die Datenerhebung fand während der Corona-Pandemie und damit verbundenen Restriktionen statt. Überdies unterlag die Studie dem forschungsethischen Prinzip der freiwilligen Teilnahme. Des Weiteren können die gewonnenen Ergebnisse infolge des querschnittlichen Designs ausschließlich als ungerichtete Zusammenhänge interpretiert werden. In Anbetracht des Umfangs und der Zusammensetzung der Stichprobe war eine mehrebenenanalytische Berechnung der Strukturgleichungsmodelle nicht möglich (Döring und Bortz 2016). Die subjektiven Angaben der Grundschülerinnen und Grundschüler zu Bedürfnisunterstützung und Bedürfniserfüllung wiesen überdies in der Modellierung Multikollinearität auf. Deshalb sowie aufgrund der zu geringen Stichprobengröße (nach Baron und Kenny: n = 820Footnote 3; Fritz und MacKinnon 2007) wurden die Mediationseffekte in getrennten Strukturgleichungsmodellen betrachtet (s. Abschn. 4.3), was die Analyse eines komplexen Zusammenwirkens der unterschiedlichen Komponenten von bedürfnisunterstützender Unterrichtsgestaltung sowie Bedürfniserfüllung mit dem individuellen Mathematikinteresse ausschließt.

6.2 Implikationen und Ausblick

Die vorliegende Studie konnte differenzierte Zusammenhänge unterschiedlicher Interessensfacetten aufzeigen, sodass zukünftige Untersuchungen weiterführend (Mathematik‑)Interesse kriterial erheben sowie mehrdimensional auswerten sollten, um der komplexen Struktur von Interesse gerecht zu werden. Zudem sollte weitere Forschung das komplexe Zusammenwirken der Komponenten von bedürfnisunterstützender Unterrichtsgestaltung und Bedürfniserfüllung mit dem fachbezogenen Interesse in einem Gesamtmodell längsschnittlich betrachten, um Wirkrichtungen zwischen den Faktoren zu prüfen. Daneben wären auch experimentelle Studien mit einer systematischen Variation von Unterrichtsmerkmalen sowie Mixed-Methods-Designs unter Einbezug von Beobachtungsinstrumenten wünschenswert.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich Schülerinnen und Schüler im Mathematikunterricht als autonom sowie als kompetent erleben sollten; nicht zuletzt, weil ein solches Erleben mit einem erhöhten individuellen Mathematikinteresse einhergeht. Diese psychologischen Grundbedürfnisse können seitens der Lehrkraft durch Autonomieunterstützung und Struktur unterstützt werden. Auch das von den Lernenden wahrgenommene Involvement der Lehrkraft – z. B. Fürsorge und Zuneigung – zeigt einen direkten Zusammenhang mit mathematischen Interessen der Lernenden, wohingegen ein allgemeines Verbundenheitserleben darauf nur wenig Einfluss zu haben scheint. Doch sollte hierbei bedacht werden, dass eine hohe Beziehungsqualität sowie ein fürsorglicher Umgang (Involvement) neben der Interessensentwicklung auch andere affektiv-motivationale Komponenten des Unterrichts begünstigen. Zudem haben sie einen Wert an sich und sind somit auch mit Blick auf Grundlegende Bildung von großer Bedeutung.