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© Mohammed Haneefa Nizamudeen / Getty Images / iStock

Dass eine perkutane Koronarintervention (PCI) auch über 70-jährige STEMI-Patienten vor Tod und erneuten ischämischen Ereignissen schützt, ist durch randomisierte Studien belegt. Ob die Patienten auch dann noch profitieren, wenn sie bereits multimorbide sind, weiß man indes nicht so genau, da diese Patientengruppe zwar im Alltag häufig, aber in klinischen Studien fast nie vertreten ist. Es besteht die Sorge, dass die Begleiterkrankungen den Nutzen einer invasiven Therapie mindern könnten, etwa weil sie das Blutungsrisiko unter der anschließenden dualen Thrombozytenhemmung zusätzlich erhöhen.

Ärzte um Gudny Stella Gudnadottir von der Universitätsklinik in Göteborg haben nun Daten aus dem SWEDEHEART-Register präsentiert, die diese Sorge zumindest für die Mehrzahl der Patienten über 70 und mit weiteren chronischen Erkrankungen zerstreuen könnten. Eine invasive Behandlungsstrategie war bei ihnen mit einem Rückgang von Mortalität und ischämischen Ereignissen assoziiert, ohne dass Blutungskomplikationen zunahmen.

Risiko für Tod, Infarkt oder Insult um ein Drittel geringer

Von 1.659 SWEDEHEART-Patienten, die zwischen 2006 und 2013 einen ersten STEMI erlitten und das Krankenhaus lebend verließen, wurden 1.089 invasiv behandelt. Dies war definitionsgemäß dann der Fall, wenn innerhalb der ersten 14 Tage eine Koronarangiografie gemacht wurde; etwa drei Viertel der Patienten erhielten gleich an Tag 1 eine PCI. Die invasiv behandelten Patienten waren im Schnitt etwas jünger (79 vs. 83 Jahre) und hatten weniger Begleiterkrankungen als die 570 konservativ versorgten Patienten.

Der primäre Endpunkt — Tod oder Wiederaufnahme wegen akutem Koronarsyndrom, Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke innerhalb des ersten Jahres — trat mit invasiver Therapie bei 31% und ohne bei 55% der Patienten auf. Wurden Unterschiede zwischen den beiden Gruppen, die sich auf die Wahrscheinlichkeit einer invasiven Therapie auswirken können, abgeglichen, entsprach dies einem um 33% reduzierten Risiko für Tod oder ischämische Komplikationen unter invasiver Therapie. Die 1-Jahres-Mortalität betrug 18% bzw. 45%, das adjustierte Risiko war damit fast halbiert. Zu Blutungen kam es bei 8,3% und 11,2% der Patienten, ein nicht signifikanter Unterschied.

Kein Vorteil bei über 90-Jährigen

Keinen Nutzen einer Katheterintervention, sondern eine Tendenz zu mehr Blutungen und mehr primären Endpunktereignissen fand man bei den (erheblich komorbiden) über 90-Jährigen; von den 148 Patienten dieser Altersgruppe waren allerdings auch nur 37 invasiv behandelt worden. Bei Patienten mit einer schweren Niereninsuffizienz (eGFR < 30 ml/min/1,73 m2) zeigte sich ebenfalls ein Trend zu mehr Blutungen, bei einer nicht signifikanten Reduktion des primären Endpunkts und der Sterblichkeit.

„Wir haben keine Evidenz gefunden, die dagegen spricht, multimorbide alte Patienten in Einklang mit den Ergebnissen zu behandeln, die randomisierte Studien mit jüngeren und gesünderen Patienten erbracht haben“, lautet das Fazit der Studienautoren. Der Nutzen müsse aber noch in randomisierten Studien bestätigt werden. Weiteren Forschungsbedarf sehen Gudnadottir und ihre Kollegen vor allem bei Patienten über 90 und mit schwerer Niereninsuffizienz. In Studien müsse besonders nach Möglichkeiten gesucht werden, das Blutungsrisiko zu senken. Den schwedischen Ärzten zufolge können dazu eine kürzere Dauer der dualen Plättchenhemmung und die gleichzeitige Gabe von Protonenpumpenhemmern erwogen werden.