Nahezu 40% aller Menschen über 65 Jahre sind schwerhörig. Die Hälfte von ihnen ist nicht mit einem Hörgerät versorgt. Auf die Folgen wiesen die Referenten auf einem Arzt-Patienten-Forum der Helios-Klinik Lutherstadt Eisleben zum Thema „Demenz und Schwerhörigkeit“ hin. So werden schwerhörige Menschen oft rasch als Demenzkranke abgestempelt. Andererseits befördert Schwerhörigkeit in der Tat den geistigen Abbau.

Altersschwerhörigkeit tritt vermehrt ab dem fünften bis sechsten Lebensjahrzehnt auf. Ursachen können eine langjährige Lärmbelastung und gesundheitliche Probleme wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Durchblutungsstörungen sein. Lebensstilfaktoren spielen also auch eine gewichtige Rolle und sollten frühzeitig Berücksichtigung finden, forderten die Experten.

Unterforderung des Gehirns und soziale Isolation

Typischerweise hören Altersschwerhörige zuerst hohe Frequenzen schlechter. Dabei kann der Höreindruck entstehen, dass Frauen und Kinder undeutlich sprechen oder nuscheln. Aus der Schwerhörigkeit resultieren weniger soziale Teilhabe und Isolation. Fehlende akustische und soziale Reize führen zu einer Unterforderung des Gehirns und beschleunigen den kognitiven Abbau, erläuterte Dr. Manuela Schwiefert, Oberärztin der HNO-Abteilung der HELIOS-Klinik Hettstedt. Schwerhörige Patienten haben ein erhöhtes Demenzrisiko und bei bereits demenzkranken Patienten wird der Krankheitsverlauf durch die Schwerhörigkeit ungünstig beeinflusst. Während ein Mensch mit gesundem Gehör im Alter alle 10,9 Jahre fünf Punkte in einem bestimmten kognitiven Testverfahren nachlässt, ist dies für Schwerhörige schon nach 7,7 Jahren der Fall.

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Schwerhörigkeit im Alter nicht einfach hinnehmen!

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Cave: Hörverlust durch Medikamente

Auch hinsichtlich des Gerhörs ist die im Alter häufige Multimedikation ein relevantes Problem. Zu den Medikamenten, die eine rückbildungsfähige Innenohrschwerhörigkeit auslösen können, gehören bestimmte Schmerz- und Rheumamittel wie Acetylsalicylsäure und nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR). Studien zufolge kommt es dabei aber sehr auf die Einnahmedauer und die Dosierung an, wie der Chefarzt der Geriatrischen Abteilung ausführte.

Gute Therapiemöglichkeiten

Frau J. Blum, leitende Audiologin und Hörgeräteakustikerin der Universität Göttingen, stellte auf dem Arzt-Patienten-Forum u. a. anhand von Demonstrationsmaterialien die neusten therapeutischen Möglichkeiten vor — vom Hörgerät bis hin zum Implantat.

Angesichts der heute zur Verfügung stehenden guten Therapiemöglichkeiten, forderten die Experten, dass bereits in der Hausarztpraxis, z. B. mithilfe des geriatrischen Assessments nach Schwerhörigkeit gefahndet und ggf. eine Vorstellung beim HNO-Arzt initiiert werden sollte.