Zusammenfassung
Der Authentizität der Wissenschaftsvermittlung wird beim außerschulischen Lernen, insbesondere im Schülerlabor, eine bedeutsame Rolle zugeschrieben, die in der vorgestellten Interventionsstudie empirisch überprüft wird. Bisher stellt Forschung zu dem Konstrukt in Bezug auf geisteswissenschaftliche Schülerlaborprojekte ein Desiderat dar. Anhand einer fragebogenbegleiteten Intervention mit 153 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der 8. und 9. Jahrgangsstufe werden die Authentizitätswahrnehmung und das Situationale Interesse der Schülerinnen und Schüler in Abhängigkeit vom Lernort in Kombination mit der vermittelnden Person erhoben. Dies erfolgt über ein Zwei-Gruppen-Design (N = 75 im Schülerlabor, N = 78 in der Schule) mit Teilnahme an einem Projekt zur linguistischen Wissenschaftsvermittlung. Die Befunde lassen erkennen, dass dem Lernort Schülerlabor von den Schülerinnen und Schülern eine höhere Authentizität zugeschrieben wird als der Schule und dies mit einem ebenfalls höheren Situationalen Interesse einhergeht. Weiterhin belegen Mediationsmodelle, dass die Interessensförderung im Schülerlabor größtenteils über die Authentizitätswahrnehmung erfolgt.
Abstract
It is believed that the authenticity of science communication plays an important role in out-of-school learning especially in Reach out Labs which is empirically tested by the presented intervention study. Up until now, the role of authenticity in Reach out Labs has not been investigated for the humanities. In the presented study 153 pupils participated on a linguistic intervention accompanied by a questionnaire to evaluate learners’ perceived authenticity of the learning setting and their situational interest after the intervention. Pupils were 8th and 9th graders at German gymnasiums and attended the study either in the Reach out Lab (N = 75) or in school (N = 78). The results prove that teaching the linguistic academic discipline at Reach out Labs is perceived by pupils as more authentic than at schools correlating with a likewise higher situational interest. Additionally, mediation models underline the major influence of the perceived authenticity on the situational interest at the Reach Out Lab.
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Notes
Angelehnt an das Angebot-Nutzungs-Modell für Unterricht nach Helmke (2006).
Die Studie basiert auf Daten, die im Rahmen eines Dissertationsprojektes erhoben wurden, welches unter Betz (im Druck) veröffentlicht wird.
In diese wurden zwei Items von Pawek (2009) („Ich habe heute einen Einblick in den Berufsalltag von Wissenschaftlern bekommen.“ und „Ich habe heute ein Gefühl dafür bekommen, wie Forschung funktioniert.“) nach einer Anpassung an das eigene Forschungsvorhaben aufgenommen.
Auf eine Trennung nach catch- und hold-Faktoren wie bei Willems wurde dabei verzichtet.
Zum Beispiel wurde folglich aus Willems Item „Inwieweit fandest du die Inhalte des Unterrichts für dich persönlich wichtig?“ im Fragebogen der vorliegenden Studie das Item „Dass wir heute sprachliche Phänomene untersucht haben, war für mich persönlich wichtig.“.
Für eine bessere Übersichtlichkeit werden hier die Komponenten des Situationalen Interesses zusammengefasst dargestellt. Die Ergebnisse der getrennt untersuchten Komponenten des Situationalen Interesses als Kriteriumsvariablen sind in Tab. 5 nachzulesen.
Die Interessensentwicklung hinsichtlich des Individuellen Interesses in Verbindung mit der Projektteilnahme kann unter Betz (im Druck) nachgelesen werden.
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Betz, A. Der Einfluss der Lernumgebung auf die (wahrgenommene) Authentizität der linguistischen Wissenschaftsvermittlung und das Situationale Interesse von Lernenden. Unterrichtswiss 46, 261–278 (2018). https://doi.org/10.1007/s42010-018-0021-0
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DOI: https://doi.org/10.1007/s42010-018-0021-0
Schlüsselwörter
- Interventionsstudie
- Authentizität
- Wissenschaftsvermittlung
- Linguistik
- Lernort
- Situationales Interesse
Keywords
- Intervention study
- Authenticity
- Science communication
- Linguistics
- Learning location
- Situational interest