Das Thema Wechseljahre nimmt für jede Frau irgendwann mehr oder weniger Raum ein. Entsprechend sind in der Humanmedizin Ursachen, mögliche Symptome und allenfalls notwendige Therapien weitgehend beschrieben. Wie sieht es aber in der Veterinärmedizin aus? Gibt es Wechseljahre auch bei Tieren, und falls ja, wie werden Beschwerden geäussert bzw. wahrgenommen? Gibt es dazu messbare Grössen?

Bemüht man Suchmaschinen zu diesem Thema, ist die Ausbeute eher mager. Bei Schwertwalen (Orcas) scheinen weibliche Tiere jenseits der Wechseljahre die Führung der Gemeinschaft zu übernehmen, insbesondere in futterarmen Jahren. Ihre „Weisheit“ und Erfahrung soll jüngeren Tieren zugutekommen. Die Reproduktionsphase der Schwertwale endet mit 35–50 Jahren, ihre Lebensdauer wird mit 60–80 Jahren angegeben. Damit weisen Schwertwale eine beträchtliche „postreproductive lifespan“ auf. Kurzflossengrindwale werden ebenfalls gelistet als Tiere mit einer Lebensphase nach der Reproduktion. Auch Menschenaffen werden zum Teil in diesem Zusammenhang erwähnt: So scheint ein Teil der in Zoos gehaltenen Gorillas, Schimpansen und Orang-Utans im hohen Alter nicht mehr oder unregelmässig zyklisch zu sein. Dasselbe Phänomen tritt auch bei asiatischen Elefanten auf.

Bedeutend einfacher ist es, den Beginn der Reproduktionsphase zu bestimmen: Bei Wildtieren fallen Geschlechts- und Zuchtreife zusammen. Sobald die Geschlechtsreife eintritt, werden sie auch belegt. Bei domestizierten Nutztieren liegt die Zuchtreife oft einige Zeit nach der Geschlechtsreife, da eine zu frühe Trächtigkeit sonst die eigene, noch nicht abgeschlossene körperliche Entwicklung stören kann. Zudem ist bei domestizierten Kleintieren oder Pferden eine Trächtigkeit oft prinzipiell nicht erwünscht, die Tiere werden unterbunden oder hormonell blockiert. Wie sieht es nun aber zum Ende der Reproduktionsfähigkeit aus? Kennen wir dieses überhaupt bei unseren Haustieren? Bei den meisten Vertebraten wird eine Abnahme der Reproduktionsfähigkeit mit zunehmendem Alter beobachtet. Die Reproduktionskurve verläuft meist parallel zu derjenigen des Überlebens (Ausnahmen oben erwähnt). Tritt jedoch kein Ende der Reproduktionsfähigkeit vor dem Lebensende ein, ist es müssig, über Wechseljahre, deren Beschwerden und Möglichkeiten der Erkennung zu sprechen.

Schweizer Milchkühe erreichen ein Durchschnittsalter von 7 Jahren bzw. 4 Laktationen. Mutterkühe werden im Schnitt 9 Jahre alt, bevor sie geschlachtet werden. Die natürliche Lebensdauer ist jedoch bedeutend länger und es finden sich entsprechend einer Normalverteilung auch ältere Tiere. In meiner Arbeit als Buiatrikerin (= Medizinerin für Rinder) erinnere ich mich gut an meine älteste Patientin. Es war die 21-jährige Braunviehkuh Bruni, ihr Besitzer ging auf die 90 zu. Bruni war mir als appetitlos angemeldet worden, ich fand trotz eingehender klinischer Untersuchung nicht heraus, was ihr Problem war. Zur Klärung der Vorgeschichte fragte ich nach Brunis letzter Abkalbung. Der Mann erwiderte, das sei doch schon etwa 2 Jahre her. Er melke Bruni immer noch und für ihn reiche ihre Milchmenge aus. Aufgrund der ordentlichen Kälte im Stall und mangels besserer Ideen entschied ich mich, Bruni eine warme Glukoseinfusion und Vitamine zu verabreichen. Ich bat den Halter um heisses Wasser zum Wärmen der Infusionslösung. Er verliess mich in Richtung Küche – es dauerte. Schliesslich fand ich heraus, dass das Feuer im Herd noch nicht schön gebrannt hatte und daher das Wasser seine Zeit brauchte, um heiss zu werden! Bruni fing gleichentags wieder zu fressen an und erholte sich von ihrer Krise. Diese Geschichte ist zwar eine hübsche Anekdote aus dem Praxisleben, trägt aber nichts zum Thema Wechseljahre bei, da Bruni trotz hohen Alters noch brünstig wurde! Ihr Halter hatte sie aber nicht mehr belegen wollen.

An eine andere ältere Patientin erinnere ich mich ebenfalls noch gut. Es war eine 15-jährige Galloway-Mutterkuh, die nicht mehr brünstig geworden war. Sie hatte bereits 12-mal abgekalbt, war eine gute Mutterkuh und gesund. Anlässlich der gynäkologischen Untersuchung konnte nichts Aussergewöhnliches festgestellt werden. Einzig im Abstrich aus dem Uterus konnte Streptococcus pluranimalium nachgewiesen werden, ein Keim, der zum Teil bei Aborten und nachfolgender Unfruchtbarkeit gefunden wird. Nach zweimaliger antibiotischer Therapie des Uterus konnte hormonell eine Brunst induziert werden. Die Galloway-Kuh wurde zur künstlichen Besamung und zum Natursprung mit dem hofeigenen Stier nach Hause geschickt. Ich freute mich über die Nachricht des Halters 2 Monate später, die Kuh sei wirklich wieder trächtig. Ihre 13. Abkalbung war zwar dann die letzte, allerdings auch hier nicht aus Wechseljahrgründen.