Einleitung

In der Schweiz ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung bei Männern [1] und die zweithäufigste tumorassoziierte Todesursache [2]. Zwischen 2012 und 2016 gab es jährlich 6089 (116/100000) Neuerkrankungen und 1344 Todesfälle [2]. Insgesamt tragen ca. 40 % der Männer in westlichen Industrieländern das Risiko, im Laufe des Lebens Prostatakrebs zu entwickeln. Allerdings werden nur ca. 10 % der Patienten symptomatisch und nur 3 % versterben an der Erkrankung [3]. Der Prostatakrebs ist eine Alterserkrankung mit dem Gipfel in der Altersgruppe zwischen 60 und 70 Jahren. Vor dem 50. Lebensjahr ist das Prostatakarzinom selten. Durch die aktuelle demografische Entwicklung kann man davon ausgehen, dass sowohl die Inzidenz als auch die Prävalenz des Prostatakrebses weiter zunehmen werden. Hierbei steigt insbesondere der Anteil der im führen Stadium entdeckten Tumoren. Diese Stadienverschiebung ist v. a. auf die PSA-basierte Vorsorge im Rahmen von Screeningprogrammen zurückzuführen. Mehrere Studien konnten durch die vermehrte Detektion der Tumoren im frühen Stadium in der Altersgruppe von 55–69 Jahren eine signifikante Senkung der prostatakrebsspezifischen Mortalität nachweisen [4]. Denn nur Tumoren, die auf die Prostata beschränkt sind und sich somit im Frühstadium befinden, können kurativ, d. h. mit dem Ziel der Heilung, behandelt werden. In der Regel geschieht das durch die operative Entfernung der Prostata oder durch eine Strahlentherapie. Auch mit aktuell noch in wissenschaftlichen Studien evaluierten und somit zurzeit als experimentell angesehenen Verfahren wie der Hyperthermie, Kryotherapie und dem hoch intensiv fokussierten Ultraschall (HIFU) lässt sich Prostatakrebs lokal behandeln. Die Datenlage hierzu erlaubt jedoch noch keine definitiven Aussagen bezüglich einer Heilung im eigentlichen Sinn.

Generell gilt es zu beachten, dass das Prostatakarzinom unbehandelt meist einen langsamen „natürlichen“ Verlauf hat. Dadurch profitieren nur Männer mit einer Lebenserwartung von mehr als 10–15 Jahren von einer kurativen Therapie [5]. Deshalb sollten alle Patienten, für die eine kurative Therapie in Frage kommt, vor der Therapieentscheidung über die Vor- und Nachteile der operativen Therapie und der Strahlentherapie aufgeklärt werden.

Entscheidet sich ein Patient für eine Operation, kann die Prostata entweder offen, laparoskopisch oder roboterassistiert laparoskopisch entfernt werden. Unabhängig vom Zugang werden die gesamte Prostata radikal entfernt und die Kontinuität zwischen Blase und Harnröhre wiederhergestellt (Anastomose). In Abhängigkeit von der Risikokonstellation werden auch die Lymphknoten der iliakalen Lymphabflussgebiete entfernt (pelvine Lymphadenektomie). Bei tumorchirurgisch geeigneten Patienten kann intraoperativ auch eine Nervenschonung („nerve sparing“) durchgeführt werden, mit dem Ziel, eine möglichst gute Kontinenz nach der Operation sowie die Erektionsfunktion zu erhalten.

Alternativ kann als kurative Therapie auch eine Bestrahlung der Prostata durchgeführt werden. Diese kann entweder perkutan oder als Brachytherapie, bei der die strahlenden Substanzen direkt in die Prostata eingebracht werden, erfolgen. Prinzipiell sind die onkologischen Ergebnisse nach Bestrahlung und Operation als gleichwertig anzusehen [6].

Nachsorge

Die Diagnose Prostatakrebs ist für die betroffenen Männer immer ein einschneidendes Ereignis, und nach Abschluss der kurativen Behandlung beginnt die wichtige Phase der Nachsorge. Das Ziel der regelmässigen Nachuntersuchungen ist es zum einen, Rezidive (Wiederauftreten) des Tumors oder Metastasen (Tochtergeschwülste) frühzeitig zu entdecken. Darüber hinaus sollen Begleit- und Folgeerscheinungen, die nach einer Operation oder Bestrahlung auftreten können, frühzeitig erkannt und behandelt werden. Hierzu gehören u. a. Probleme beim Wasserlassen, Harninkontinenz, erektile Dysfunktion sowie Entzündungen von Blase und Enddarm. Hierdurch können nicht alle Patienten nahtlos wieder in den Alltag zurückkehren, und viele haben auch mit psychischen Problemen zu kämpfen. Daher ist es ein wichtiger Bestandteil der Nachsorge, Patienten bei psychischen und sozialen Problemen behilflich zu sein (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Eine ganzheitliche Nachsorge von Patienten nach kurativer Therapie des Prostatakarzinoms gewährleistet optimale Ergebnisse

Im Einzelnen soll nun auf die onkologische Nachsorge sowie auf die therapiespezifischen Begleit- und Folgeerscheinungen und deren Therapie eingegangen werden.

Onkologische Nachsorge

Die onkologische Nachsorge stützt sich auf die regelmässige Messung des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut. Im Gegensatz zur Prostatakrebsvorsorge, wo eine Erhöhung des PSA-Spiegels durch nichtmaligne Ursachen wie z. B. eine Prostatavergrösserung oder eine Entzündung bedingt sein kann, ist der PSA-Wert in der Nachsorge ein ausgezeichneter Marker, da er nur von Prostatagewebe produziert wird und damit prostataspezifisch ist. Nach einer operativen Therapie – mit Entfernung der gesamten Prostata inklusive Tumor – fällt der Wert des prostataspezifischen Antigens in der Regel bei einer Halbwertszeit von 2–3 Tagen innerhalb weniger Wochen auf einen Wert unterhalb der Nachweisgrenze (< 0,03 ng/ml; [7]). Im besten Fall bleibt der PSA-Wert im Rahmen der Nachsorge auf diesem Niveau, und der Patient ist geheilt. Im Rahmen der Nachsorge wird der PSA-Wert regelmässig kontrolliert. In den ersten 3 Jahren nach der Therapie werden von den Fachgesellschaften engmaschige Kontrollen (3-monatlich im ersten Jahr und 6‑monatlich bis zum 3. Jahr) – empfohlen, danach jährlich. Falls der PSA-Wert wieder ansteigt, könnte es sein, dass der Tumor erneut wächst. Hierbei gilt es, die Definition für ein Rezidiv nach radikaler Prostatektomie zu beachten. Die Fachgesellschaften für Urologie sprechen von einem Rezidiv, wenn der PSA-Wert über einen Wert von 0,2 ng/ml ansteigt und sich dieser Anstieg in einer zweiten Messung bestätigt. Bei beschwerdefreien Patienten spricht man hierbei häufig von einem biochemischen Rezidiv oder einem PSA-Rezidiv. Im Unterschied zur operativen Therapie sinkt der PSA-Wert nach einer erfolgreichen perkutanen Strahlentherapie viel langsamer ab und erreicht seinen Tiefpunkt (Nadir) ab im Mittel 18–36 Monaten, nach einer Brachytherapie sogar erst nach einem deutlich längeren Zeitraum. Häufig kommt es während dieser Zeit zu schwankenden und kurzfristig ansteigenden PSA-Werten („PSA bounce“), was die Interpretation des PSA-Verlaufs erschwert. Die Definition eines Rezidivs nach Strahlentherapie wurde in der „Phoenix Consensus Conference“ festgelegt und ist erreicht, wenn der PSA-Wert um mehr als 2 ng/ml über den Nadir ansteigt [8]. Für die genaue Lokalisation des PSA-produzierenden Gewebes stehen moderne bildgebende Verfahren wie die multiparametrische Magnetresonanztomographie (MRT) oder eine Hybridbildgebung mittels Positronenemissionstomographie (PET) in Kombination mit einer Computertomographie (CT) zur Verfügung. Für das PET-CT werden verschiedene Tracer eingesetzt, die das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) sichtbar machen, sog. PSMA-PET-CT [9]. Im Fall eines Lokalrezidivs nach Operation kommt als weitere Behandlung eine Salvage-Bestrahlung der ehemaligen Prostataloge, ggf. in Kombination mit einer Androgendeprivationstherapie, infrage. Die besten Heilungschancen bestehen, wenn möglichst frühzeitig, also bei PSA-Werten unter 0,5 ng/ml, mit einer Bestrahlung begonnen wird [10]. Tritt ein Lokalrezidiv nach einer Bestrahlung auf, stellt die Salvage-Prostatektomie eine Therapieoption dar. Beim Nachweis von Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen kann eine systemische Therapie mit allerdings palliativem Charakter eingeleitet werden.

Funktionelle Nachsorge und Therapie

Miktion

Während bei Männern mit einer vorhandenen Prostata in der Regel obstruktive Miktionsbeschwerden im Vordergrund stehen, d. h. die erschwerte Entleerung der Harnblase, ist dies bei Patienten nach einer Entfernung der Prostata die Seltenheit. Gelegentlich kann es im Bereich der Anastomosierung der Harnblase mit der Harnröhre nach Operationen zu Vernarbungen kommen (bis ca. 5 %, sog. Anastomosenstriktur), woran man immer denken sollte, wenn der Patient über einen abgeschwächten Harnstrahl berichtet [11]. Solch ein Fall kann auch, wenn auch seltener, sekundär nach einer Bestrahlung auftreten. Eine Harnstrahlmessung mit anschliessender Spiegelung der Harnröhre sorgt hier sehr rasch für Klarheit. Im Vordergrund bei den Miktionsproblemen nach einer Operation oder Bestrahlung steht der unwillkürliche Verlust von Urin im Sinne einer Harninkontinenz.

Belastungsinkontinenz (früher: Stressinkontinenz)

Anatomisch liegt die Spitze der Prostata (Apex) in enger Nähe zum Schliessmuskel, und bei der Entfernung des Organs kann es zu Kollateralschäden am Kontinenzapparat kommen. Bei der Operation gilt es stets, die Gratwanderung zwischen der Entfernung des Prostatakrebses im Gesunden und einer maximalen Erhaltung der Harninkontinenz zu meistern. Durch die verbesserte Visualisierung in der robotischen Chirurgie ging man in den letzten Jahren immer mehr dazu über, den Harnröhrenstumpf als Teil des Kontinenzapparates maximal zu schonen und gleichzeitig durch intraoperative Schnellschnittuntersuchungen die Tumorentfernung im Gesunden weiterhin zu gewährleisten. [12, 13]. Die Konsequenz einer Schädigung des Kontinenzapparates ist der Verlust von Urin bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks, wie z. B. bei Husten, körperlicher Betätigung oder schwerem Heben. Diese Art von Harninkontinenz wurde früher als Stressinkontinenz bezeichnet, heutzutage spricht man vermehrt von Belastungsinkontinenz. Während ein Grossteil der Männer initial, nach Entfernung des transurethralen Dauerkatheters, an einer Inkontinenz leidet (70–80 % nach 6 Wochen, 20–40 % nach 6 Monaten, [14]), kann es signifikante Unterschiede beim Ausmass des Urinverlusts gegeben. Dieses wird anhand der notwendigen Einlagen pro Tag objektiviert. Mittels dieser Angabe kann auch der postoperative Verlauf dokumentiert werden. Studien aus Zentren mit grosser operativer Erfahrung zeigten, dass mehr als 90 % der Männer nach 1 Jahr keine oder nur eine Einlage pro Tag benötigen [15]. Das Ausmass der Harninkontinenz ist jedoch nicht nur vom chirurgischen Können und der Ausdehnung des Tumors abhängig, sondern auch in signifikantem Masse von Patientenalter, Gewicht, Prostatagrösse und Nebendiagnosen wie z. B. einem Diabetes mellitus. Diese Aspekte werden in der Regel vor der Operation mit dem Patienten besprochen, um eine realistische Erwartungshaltung zu gewährleisten. In diesem Rahmen ist es äusserst wichtig, alle Patienten auf den postoperativen Verlauf vorzubereiten. Die klinische Erfahrung und auch wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass sich die Kontinenzfunktion auch 12 Monate nach der Operation weiterhin und stetig verbessert [16, 17]. Die zeitige Information über die stetige Verbesserung der Kontinenzfunktion hilft den Männern, über die ersten schwierigen Wochen mit unwillkürlichem Harnverlust hinwegzukommen, und motiviert sie, unterstützende Massnahmen in Anspruch zu nehmen und durchzuführen. Zu diesen Massnahmen gehört v. a. die Beckenbodengymnastik. Das Beckenbodentraining beinhaltet sowohl Übungen zur Anspannung des externen Sphinktermuskels als auch Entspannungsübungen des Beckenbodens. Es wird versucht, durch eine Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur, welcher auch Teil des Kontinenzapparates ist, die Harninkontinenz zu verbessern. In der Regel werden die Patienten bereits präoperativ instruiert, da es Hinweise auf einen positiven Effekt für einen frühen Beginn gibt [18]. Im Verlauf können die Übungen selbstständig durchgeführt werden, gelegentlich kann eine intermittierende Supervision durch einen Physiotherapeuten zu einer Intensivierung des therapeutischen Effektes führen. Alternativ oder zusätzlich besteht auch die Möglichkeit einer individualisierten physiotherapeutischen Therapie, die während des Trainings die Aktivität des Beckenbodens im Sinne eines Biofeedbacks misst. Auch wenn es bis heute keine klare wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen dieser Therapie gibt [19], wird sie in der Schweiz so gut wie an allen Zentren aufgrund der klinischen Erfahrung den Patienten empfohlen, und von diesen erfahrungsgemäss auch sehr dankbar angenommen. In diesem Zusammenhang kann auch eine professionelle Inkontinenzberatung hilfreich sein. Spitäler haben hierfür oft speziell ausgebildete Pflegekräfte, welche mit Empathie für den jeweiligen Mann gemäss Inkontinenzgrad eine passende Lösung finden. Die intuitive Handhabung der Inkontinenzprodukte darf in diesem Patientenkollektiv nicht als selbstverständlich angesehen werden, und eine aktive Zuführung der Patienten an die Inkontinenzberatung ist zu empfehlen. Sollten die Harninkontinenz auch mehr als nach 1 Jahr weiterhin persistieren, ein hoher Leidensdruck bestehen oder das Ausmass schwer sein, können nichtkonservative Massnahmen wie eine Unterspritzung, eine Harnröhrenschlinge oder eine Sphinkterprothese in Betracht gezogen werden. Die Erfolgsraten für die jeweiligen Techniken werden mit 26, 59 und 63 % angegeben [20]. Zu beachten für die Patientenaufklärung, Patientenselektion und Risiko-Nutzen-Abwägung ist, dass die Unterspritzung nur einen temporären Effekt erzielt und bei Prothesen eine hohe Reoperationsrate von über 20 % innerhalb der ersten 3 Jahre belegt ist.

Dranginkontinenz

Zu differenzieren von der Belastungsinkontinenz ist die Dranginkontinenz. Während erstere häufig eine Konsequenz der Prostatektomie darstellt, ist die Dranginkontinenz eine nicht seltene Folge der perkutanen Bestrahlung der Prostata, welche z. T. auch erst nach mehreren Jahren auftreten kann [21]. Bei den Patienten führt ein unbeherrschbarer, sog. imperativer Harndrang dazu, dass unwillkürlich Urin (oft schon auf dem Weg zur Toilette) verloren geht. Die Lebensqualität der Patienten kann dadurch teilweise so stark eingeschränkt werden, dass der gesamte Alltag der Blasenfunktion untergeordnet wird. Zum Beispiel werden keine längeren Reisen unternommen oder der Patient richtet seinen Tagesplan nach der Möglichkeit des Zugangs zu Toiletten aus. Da die Ursache hierfür in einer Überaktivität des Harnblasenmuskels (Detrusor) liegt, unterscheidet sich die Therapie signifikant von der der Stressinkontinenz. In der Regel werden entweder orale Anticholinergika oder β2-Sympathomimetika eingesetzt. Hier sind gute Erfolge mit überschaubaren Nebenwirkungen erreichbar. Vorher ist es jedoch zwingend notwendig, einen Harnwegsinfekt oder einen Harnblasentumor auszuschliessen. Letztere können als Zweitmalignome auch nach mehreren Jahren als Folge der perkutanen Bestrahlung auftreten.

Erektile Dysfunktion

Neben der Harninkontinenz ist die erektile Dysfunktion die zweithäufigste genannte Nebenwirkung der kurativen Therapie des Prostatakarzinoms. Analog der Harninkontinenz spielen neben den therapeutischen Modalitäten (Prostatektomie mit oder ohne Gefäßnervenschonung, perkutane Bestrahlung mit oder ohne Hormonentzugstherapie) auch die Grundeigenschaften des Patienten wie Alter, präoperative erektile Funktion, Nebendiagnosen wie Diabetes und Hypertonie und die Patientenmotivation eine wichtige Rolle. Ist Letzteres gegeben, ist die therapeutische Auswahl gross, um ein zufriedenstellendes Sexualleben zu ermöglichen. Sollte die Tumorsituation eine ein- oder beidseitige Gefäss-Nerven-Schonung erlauben, sind die Voraussetzungen für die Wiedererlangung der erektilen Funktion, angegeben als Rigidität ausreichend für eine Penetration (analog dem IIEF-Fragebogen), gut. Diese Schonung ist nur sinnvoll, wenn der Patient präoperativ über eine ausreichende erektile Funktion verfügte. In den letzten Jahren wurde das Thema der erektilen Rehabilitation häufig kontrovers diskutiert. In gewissen Patientengruppen konnte gezeigt werden, dass der frühzeitige Einsatz von Phosphodiesterasehemmern, wahlweise für die tägliche Einnahme (Tadalafil 5 mg 1‑mal täglich), zu einer frühzeitigen Wiederherstellung der erektilen Funktion führt [22, 23]. Wahrscheinlich gleichwertig ist ebenfalls der frühzeitige Einsatz von höherdosierten Phosphodiesterasehemmern bei Bedarf (z. B. Sildenafil 50 mg „on demand“). Unabhängig von der Situation eines Prostatakarzinoms ist in der Andrologie seit längerem bekannt, dass eine längerfristige erektile Dysfunktion zu einer Fibrosierung des Schwellkörpers und somit zu einem dauerhaften Verlust der erektilen Funktion führt. Auch wenn die Studienlage diesbezüglich nicht ausreichend für eine allgemeine Empfehlung ist, zeigt die klinische Erfahrung, dass bei vorhandener Motivation eine frühzeitige medikamentöse Therapie mittelfristig zu einem besseren Outcome hinsichtlich der erektilen Funktion führt. Deshalb sollten Patienten über diesen Sachverhalt frühzeitig informiert und zur wiederholten Anwendung auch bei Ausbleiben des Erfolgs motiviert werden. Zu beachten gilt, dass die Krebsdiagnose oft für Patienten und Partnerinnen belastend ist und unabhängig von der körperlichen Ausgangslage zu einer Beeinträchtigung der Sexualität führt. Dies wurde z. B. in Studien gezeigt, in denen Männer mittels fokaler Therapie behandelt wurden, welche die Gefäss-Nerven-Bündel vollständig schont. Trotz dieser Tatsache zeigte sich postinterventionell ein deutlicher Abfall der erektilen Funktion [24].

Sollte eine orale Therapie mit Phosphodiesterasehemmern, auch in ihrer Maximaldosierung, nicht zum erwünschten Erfolg führen, kann sekundär die Möglichkeit der lokalen Applikation von Prostaglandinen in Betracht gezogen werden. Hier besteht die Möglichkeit der Applikation des Wirkstoffs in die Harnröhre (MUSE) oder in den Schwellkörper (Caverject®). Während Ersteres Männer weniger Überwindung kosten, ist Letzteres in vorgängig therapierefraktären Situationen mit einer höheren Erfolgsrate verbunden. Beides wird in der Regel von der obligatorischen Krankenversicherung erstattet. Nach einer initialen Einweisung zur Handhabung beim Urologen kommen die allermeisten Männer sehr gut damit klar, und die Akzeptanz bei den Partnerinnen ist ebenfalls gegeben. Als Ultima Ratio besteht bei ausdrücklichem Wunsch des Patienten die Möglichkeit der Implantation einer Penisprothese. Während in Deutschland diese Operation und die Prothese von der Krankenversicherung übernommen werden, muss dies in der Schweiz von den Patienten selbstständig getragen werden. Aufgrund der hohen Kosten kommt diese Option in der Schweiz nur selten in Betracht.

Psychologische Nachsorge

Copingmechanismen bei Männern unterscheiden sich von denen der Frauen. Männer reden weniger über ihre Erkrankung mit Familienmitgliedern und Freunden, und nehmen seltener professionelle Hilfe in an. Zertifizierte Prostatakarzinomzentren haben die Auflage, allen Patienten aktiv die Möglichkeit einer psychoonkologischen Betreuung anzubieten. Ist das Therapiekonzept kurativ, lehnen jedoch die meisten Männer solch ein Angebot in der Akutphase ab. Verschiedene Evaluierungstools wurden entwickelt, um während und nach der Krebsdiagnose die Belastung zu objektiveren (z. B. Memorial Anxiety Scale for Prostate Cancer, MAX-PC und Hospital Anxiety and Depression Scale, HADS) und bei Bedarf zu reagieren. Erfahrungsgemäss kommen diese Tools jedoch nur im Rahmen von klinischen Studien zum Einsatz. Im postoperativen Verlauf können eine ausbleibende Harnkontinenz, therapierefraktäre erektile Dysfunktion, ggf. mit Libidoverlust aufgrund der hormonellen Therapie bei Bestrahlung oder die Angst vor einem Rezidiv („fear of recurrence“) zu einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit führen. Sollten die oben genannten Massnahmen nicht greifen, empfiehlt es sich, erneut nach dem Bedarf an psychoonkologischer Unterstützung zu fragen, obwohl diese initial abgelehnt wurde.

Fazit für die Praxis

  • Nach kurativer Therapie des Prostatakarzinoms ist eine regelmässige Nachsorge von grosser Bedeutung.

  • Zum einen sollen mögliche Rezidive rechtzeitig erkannt werden und zum anderen optimale funktionelle Ergebnisse erzielt werden.

  • Hierbei ist es besonders wichtig, mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen zu kennen und effektiv zu behandeln, denn nur so kann eine ganzheitliche onkologische, funktionelle und psychologische Betreuung der Patienten gewährleistet werden.