Zusammenfassung
Der steigende Anteil von Frauen in der Urologie erfordert eine Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen Themen in der Ausbildung und Praxis. Meine Umfrage zu geschlechtsspezifischen Aspekten an den urologischen Abteilungen Österreichs zeigt, dass unter männlichen und weiblichen Urologen geschlechtsspezifische Unterschiede existieren: Die Umfrage verdeutlicht, dass Abteilungsvorstände und männliche Fachärzte oft keine geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Ausbildung wahrnehmen, während weibliche Kolleginnen häufiger Unterschiede erleben, z. B. in Bezug auf das Setzen von Ausbildungsschwerpunkten. Außerdem geben Frauen an, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede in der OP-Zuteilung gibt. Dies könnte auf die selbstkritischere Selbsteinschätzung der Frauen und die damit verbundene unterbewusste Unterschätzung der weiblichen Fachkräfte zurückzuführen sein. Des Weiteren können Schwangerschaft und Mutterschaft für Ärztinnen in chirurgischen Fächern nachteilig sein. Deutschland hat bereits Änderungen im Mutterschutzgesetz eingeführt, in Österreich ist eine parteiunabhängige Anfrage an die Politik mit demselben Ziel geplant. In meiner Umfrage sprachen sich klare Mehrheiten unter allen AssistenzärztInnen und den weiblichen Fachärztinnen für eine verpflichtende Väterkarenz von mindestens 6 Monaten aus, um die Arbeitsbelastung für Frauen zu verringern und die Geschlechtergleichstellung zu fördern. Zusammenfassend muss betont werden, dass eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen insbesondere für Frauen an den urologischen Abteilungen Österreichs dringend erforderlich ist, um der zunehmenden Feminisierung in der Ärzteschaft Rechnung zu tragen und zukunftsfit zu werden.
Abstract
The growing proportion of women in urology requires that gender-specific issues in training and practice be addressed. The authorʼs survey on gender-specific aspects in urology departments in Austria shows that there are gender differences between male and female urologists: The survey illustrates that department heads and male specialists often do not perceive gender differences in training, whereas female colleagues more frequently experience differences, e.g., with regard to the setting of training priorities. Women also report that there are gender differences in surgical assignments. This could be due to womenʼs more self-critical assessment of themselves and the associated subconscious underestimation of female professionals. Furthermore, pregnancy and maternity may be disadvantageous to female physicians in surgical specialties. Germany has already introduced changes in its maternity protection law, while in Austria a non-partisan request to politicians is planned to the same end. In the authorʼs survey, clear majorities among all female residents and female specialists were in favor of mandatory paternity leave of at least 6 months to reduce the workload for women and promote gender equality. In summary, one must emphasize that an improvement in working conditions is urgently needed, especially for women in Austriaʼs urology departments, in order to take into account increasing feminization in the medical profession and to become fit for the future.
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Wolfesberger, J. Geschlechtsspezifische Aspekte in der urologischen Ausbildung. J. Urol. Urogynäkol. AT 30, 139–145 (2023). https://doi.org/10.1007/s41972-023-00215-y
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DOI: https://doi.org/10.1007/s41972-023-00215-y
Schlüsselwörter
- Geschlechtsspezifische Unterschiede
- Genderbias
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
- Mutterschutzgesetz