Einen faszinierenden Einblick in die Entwicklung von Medizin und Gesellschaft seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bietet die Dauerausstellung „Die Entstehung der modernen Medizin“ im Medizinhistorischen Museum Hamburg. Den Besucher*innen wird so der Einzug naturwissenschaftlicher Methoden in die Medizin nahegebracht.

Die Dauerausstellung behandelt verschiedene Themen wie Krankenpflege, Pathologie, Zahntechnik, Infektionskrankheiten, die Geschichte der Pharmazie sowie die Fortschritte der Mikroskopie und der Röntgentechnik. Zwischen 1840 und 1890 wurde die Medizin durch naturwissenschaftliche Methoden auf eine neue Grundlage gestellt. Die Besucher*-innen werden durch die Anfänge der chemischen Arzneimittelforschung, die Bedeutung der Krankenpflege und die Entwicklung bildgebender Verfahren geführt. Neue Techniken gewährten spektakuläre Einblicke in den menschlichen Körper. Die Mikroskopie enthüllte den Aufbau von Zellen und Krankheitserregern. Das Experiment in Labor und Klinik wurde zum unverzichtbaren Forschungsinstrument. Antisepsis und Narkose ermöglichten ausgefeilte chirurgische Eingriffe. Viele wissenschaftliche Errungenschaften wurden aber erst dann für die breite Bevölkerung wirksam, als die sozialen Verhältnisse den Zugang ermöglichten.

Besonderheiten des Museums

Im historischen Ambiente des Institutsgebäudes wird die Geschichte der modernen Medizin erlebbar. Zwischen 1913 und 1926 von Baudirektor Fritz Schumacher errichtet, entsprach das Gebäudeensemble mit Laboratorien, Hörsälen, Sektionssälen, Mikroskopiersaal und Versuchstierställen den neuen Forschungsanforderungen der Medizin. Seit 2010 konnte der Gebäudekomplex vom Freundes- und Förderkreis des UKE e.V. mit Unterstützung des Denkmalschutzamtes Hamburg, zahlreicher Stiftungen und großzügiger privater Spenden restauriert werden. Größtes Exponat des Museums ist der original erhaltene große Sektionssaal von 1926. Ein interessanter Aspekt ist die Darstellung der Medizin- und Kulturgeschichte der Syphilis anhand historischer Wachsmoulagen. Ein komplett eingerichtetes Behandlungszimmer erinnert an den Internisten Hans-Joachim von Leitner.

Medizin im Nationalsozialismus

Wichtiger Bestandteil der Dauerausstellung ist der Lern- und Gedenkort „Medizinverbrechen im Nationalsozialismus“. Er erinnert an die Opfer von NS-Euthanasie, Zwangssterilisation und Menschenversuchen in Hamburg und thematisiert die Verantwortung der Wissenschaften für ein menschenverachtendes Menschenbild, das auf Eugenik, Rassen-ideologie und Produktivität basierte. Die Auseinandersetzung mit der Medizin im Nationalsozialismus verdeutlicht die Fragilität medizinischer Forschung. Biologistische Ideologien ebneten den Weg zu Krankenmord und Genozid. Ärzte spielten bei der Propagierung, Planung und Durchführung eine Schlüsselrolle.

Die Arbeit des Medizinhistorischen Museums ist eng mit der Forschung und Lehre des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin verbunden.

figure 1

© Jochen Koppelmeyer, Foto- und Grafikabteilung UKE

Als größtes Exponat bietet der aufwendig restaurierte Sektionssaal des Pathologischen Instituts Einblicke in die Geschichte der Medizin.