Denken wir an Schottland, sehen wir vor allem Schafe, Schottenkaro und Dudelsack. Doch Danny Boyles Film "Trainspotting" aus dem Jahr 1996 gibt einen Einblick in eine dunklere Seite der schottischen Hauptstadt Edinburgh.

Der Film erzählt die Geschichte einer Gruppe von vier Freunden im Edinburgher Vorort Leith. Leith war ursprünglich ein wichtiger Hafen, doch verlor er im 20. Jahrhundert immer mehr an Bedeutung. Mit der einhergehenden Arbeitslosigkeit und Armut verfiel der Ort, es kamen Drogenhandel und Prostitution. In den 1990er Jahren hatte Leith die höchste Rate an AIDS-Erkrankungen unter Kindern.

Protagonist und Erzähler des Films ist Mark Renton, gespielt von Ewan McGregor. Er ist heroinabhängig und möchte eigentlich während des ganzen Films entziehen, ist aber gleichzeitig stets auf der Suche nach dem nächsten Schuss. Spud ist naiv und sein bester Freund (soweit dies ihre Sucht zulässt). Sick Boy, der dritte im Bunde und Begbie, der deutlich älter, gewalttätig und Alkoholiker ist, ergänzen das Quartett. Die Vier werden zusammengehalten durch ihre Sucht - gleichzeitig ist jeder sich selbst der nächste. Am Ende stiehlt Mark einen Koffer mit 16.000 £ und versucht ein neues Leben.

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© Grafik: Eva Künzel

Die Geschichte basiert auf einem Roman von Irvine Welsh. "Trainspotting" war der Debütroman des gebürtig aus Leith stammenden Schotten. Der Engländer Danny Boyle ist einer der bekanntesten britischen Regisseure. Seine Verfilmung von Trainspotting (1996) wurde nicht nur zum erfolgreichsten britischen Film der 1990er Jahre, sondern bekam auch durch die schnelle Kameraführung, die rauschhaften Szenen, Schnitttechnik und Soundtrack Kultstatus. Im Jahr 2017 kam die Fortsetzung "T2 Trainspotting" in die Kinos, in der die Geschichte der Clique fortgesetzt wird. "Trainspotting" bezeichnet übrigens das hobbymäßige Beobachten von Zügen. Der Titel bezieht sich auf eine Szene im namensgebenden Roman, die im Film jedoch nicht vorkommt.

Heroin und seine Geschichte

Die Wirkung und Anwendung von Opiaten war bereits im Alten Ägypten beliebt. Aber erst im späteren 19. Jahrhundert gelang die Herstellung synthetischer Opiate, 1898 wurde Heroin für die Bayer-Werke patentiert. Eine globale Marketingkampagne bewarb Heroin als "nicht-süchtig machendes" Schmerz- und Hustenmittel sowie bei Bluthochdruck, Lungen- und Herzerkrankungen, zur Geburtseinleitung und gegen Entzugserscheinungen von Opium. Heroin galt als (fast) nebenwirkungsfrei und wurde daher weit verbreitet verordnet. Das starke Suchtpotenzial war zwar bereits ab 1904 bekannt, aber erst sieben Jahre später wurde auf einer Opiumkonferenz erstmals ein Verbot diskutiert. Die Zahl der Abhängigen ging in die Millionen, aber erst 1931 stellte Bayer die Produktion ein. Doch schnell übernahmen illegale Drogenlabore die Produktion. Zu besonders hohen Anstiegen kam es bei Soldaten im Zweiten Weltkrieg und im Vietnamkrieg. Einen Höhepunkt erlebte die Droge in den 1970er und 1980er Jahren. In den USA steigen die Zahlen seit etwa 2000 wieder an - vermutlich durch die freizügige Verschreibung von Opioid-Schmerzmitteln.

Heroin wirkt stark euphorisierend und analgesierend. Durch das hohe Suchtpotenzial ist es schwierig von der Droge loszukommen. Wenn der Rausch abflacht, folgen schwere körperliche und seelische Entzugserscheinungen.

Dreckigste Toilette Schottlands

So kann auch Mark trotz seines Entzugswillens den Entschluss nicht umsetzen. Der Suchtdruck ist so groß, dass er in einem Wettbüro in Schottlands "dreckigste Toilette" taucht, um vorher ausgeschiedene Opiumzäpfchen wieder herauszuholen. Die Toilette verwandelt sich dabei in einen tiefblauen Ozean, auf dessen Grund er die beiden Zäpfchen findet. Er taucht wieder auf, klettert aus der Toilette und geht glücksbeseelt mit seinen beiden Zäpfchen in der Hand nach Hause. Regisseur Danny Boyle schafft es dabei, Realität und Rausch verschwimmen zu lassen und gleichzeitig die Verzweiflung und Abstumpfung Marks darzustellen. Die Szene bekam Kultstatus.

Seit Ende der 1990er Jahre wurde Leith mit massiven Investitionen städtebaulich entwickelt. Heute zählt der Ort zu den coolsten und hippsten Vierteln im Königreich und ist vibrierendes Zentrum für Kreative. Anziehungspunkt für Besucher ist heute ein großes Shopping Center, das Ocean Terminal, wo man auch die ehemalige königliche Yacht "Britannia" besichtigen kann.