Fallbeispiel: Demente Täterin malträtiert Ehemann mit Schrubber Mit ihrer vor Zeugen geäußerten Drohung, den Ehemann "kaputt" zu schlagen, hatte eine alte Dame nach 65 Ehejahren offenbar ernst gemacht. Dahinter steckt die tragische Geschichte von zwei Menschen, die nicht nur Bett und Tisch, sondern auch eine fortschreitende Erkrankung teilten.

Der Notruf bei der Polizei ging am ersten Weihnachtstag ein: Ein alter Mann sollte in seiner Wohnung gestürzt sein und könne sich nun nicht mehr bewegen. Das war zumindest die Version, die die ebenfalls betagte Ehefrau am Telefon vortrug. Polizei und Rettungskräfte fanden auf dem Küchenfußboden liegend den leblosen 86-Jährigen, neben ihm ein hölzerner Schrubber. Jemand hatte offenbar ziemlich dilettantisch versucht, die Spuren einer Gewalttat zu beseitigen. Der Fußboden wies blutige Wischspuren auf und bei genauer Inspektion der Küchenmöbel waren vereinzelte Blutspritzer zu sehen. Die angeforderte Notärztin konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.

Nach der Schilderung der Ehefrau hatte es sich so zugetragen: Sie selbst habe im Wohnzimmer ferngesehen. Als sie einen Schrei und einen Knall gehört habe, sei sie in die Küche gelaufen und habe dort ihren Mann auf dem Boden liegend vorgefunden. Von dieser Version der Vorfälle ließ sich die ebenfalls 86-Jährige im Folgenden partout nicht abbringen.

Zahlreiche Verletzungen

Die Obduktion des Leichnams erfolgte gleich am nächsten Tag im Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Münster. Wie Prof. Andreas Schmeling in seiner Fallschilderung in der Zeitschrift "Rechtsmedizin" berichtet, ließen die zahlreichen Verletzungen an verschiedenen Körperteilen einen Sturz zu ebener Erde äußerst unglaubwürdig erscheinen: Es fanden sich kratzerartige Hautabschürfungen an der linken Gesichtshälfte, aber auch am rechten Oberarm und im Bereich des Nackens. Außerdem wies der Leichnam mehrere ausgeprägte Hämatome auf, unter anderem an der hinteren linken Schulter, ein gebrochenes Nasenbein und kräftig unterblutete Rippenserienfrakturen beidseits. Als Todesursache stellten die Rechtsmediziner "Verbluten in die Weichteile infolge massiver stumpfer Gewalteinwirkung" fest. Aufgrund des vielgestaltigen Verletzungsbilds kam man zu dem Schluss, dass das Opfer über einen langen Zeitraum malträtiert worden sein musste.

Als Tatwerkzeug hatte offensichtlich der Bodenschrubber gedient: Der Bürstenkörper passte in seiner rechteckigen Form jedenfalls genau zu der Gesichtsabschürfung und zur Form des Hämatoms am Rücken. Die Kratzer im Gesicht, im Nacken und am Arm konnten nach Auffassung der Experten durch die harten Borsten des Schrubbers verursacht sein.

Wiederholte Exzesse häuslicher Gewalt

Zeugen berichteten über wiederholte Gewaltexzesse in der Wohnung der Eheleute. Diese seien in den letzten Monaten immer heftiger geworden und hätten bereits mehrfach zu Polizeieinsätzen geführt. Eine Nachbarin erinnerte sich, mehrfach Schläge gehört zu haben, vor allem auch die Schmerzensschreie ("aua, aua") des alten Mannes. Einmal habe seine Frau gebrüllt: "Ich schlag' dich kaputt!" Am Tag des mutmaßlichen Totschlags hatte eine Passantin die alte Dame dabei beobachtet, wie sie auf dem Weg zur Kirche mit einem Regenschirm auf ihren Mann einprügelte. Darauf angesprochen, sei sie auch der Passantin gegenüber rabiat geworden und habe dieser "mit großer Kraft" einen Stoß vor die Brust versetzt.

Beginnende Alzheimer-Demenz

Den Berichten zufolge hatte die alte Dame mit ihren Gewaltausbrüchen offenbar auf die zunehmende Verwahrlosung ihres Mannes reagiert. Dieser habe seit Jahren unter einer schweren Demenz gelitten, wodurch seine Frau sich wohl überfordert gefühlt hatte. Aber auch mit dem kognitiven Vermögen der Beschuldigten selbst schien es nicht zum Besten zu stehen. Bereits bei der ersten Befragung war der Verdacht aufgekommen, dass sie "eventuell geistig eingeschränkt" sein könnte. In der psychiatrischen Fachklinik, wohin man die Seniorin unmittelbar nach der mutmaßlichen Tat gebracht hatte, stellte der Gutachter eine "beginnende Alzheimer-Demenz gemischter Genese" fest. Aufgrund ihrer "krankheitsbedingt beeinträchtigten kognitiven und emotionalen Fähigkeiten" sei von einer "erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB" auszugehen. Da auch zukünftig Gewaltdelikte zu erwarten seien, hielt der Gutachter die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für gerechtfertigt. Dieser Einschätzung folgte das Landgericht Münster und ordnete die Unterbringung der Patientin an.

Modifiziert nach Wirth I et al. Rechtsmedizin 2020; 30: 253-259