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Dicker Hund
Gesund mit Hund? So einfach ist es nicht. Vielmehr deutet ein ungesunder Hund auf einen ungesunden Halter hin. In einer Studie mit fast 209.000 Hundehaltern hatten diese ein um 32% erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes, wenn ihr tierischer Gefährte daran erkrankt war. Bei fast 124.000 Teilnehmern mit Katze dagegen schien es sich nicht auf deren Risiko für Typ-2-Diabetes auszuwirken, ob das Tier von der Erkrankung betroffen war oder nicht. Als Ursache vermuten die Forscher um Rachel Ann Delicano, Uppsala, dass Hundehalter körperliche Aktivitätsmuster, Ernährungsgewohnheiten und damit das Risiko für Adipositas mit ihren Schützlingen teilen. "Wenn gemeinsame Bewegungsgewohnheiten tatsächlich ein Schlüsselfaktor sind, könnte dies auch erklären, warum wir bei Katzen und ihren Besitzern kein gemeinsames Diabetesrisiko sehen", so die Forscher. (js)
Delicano RA et al. BMJ 2020;371:m4337;
Reanimation durch Trommeln und Husten
Das dramatische Potenzial einiger Reanimationsmethoden ist unbestritten: Der präkordiale Faustschlag wird gern in Film und Fernsehen inszeniert, die Hustentechnik als Selbst-Reanimation in letzter Minute angepriesen und selbst die trommelwirbelnd anmutende Percussion-Methode hat ihre Vorzüge. In einer systematischen Übersichtsarbeit wurde jetzt erstmals in größerem Rahmen der Nutzen der drei seltener angewandten Reanimationstechniken bei Herzstillstand von einem britischen Forscherteam überprüft.
Der präkordiale Schlag: Bei einem präkordialen Faustschlag wird einem Patienten mit Herzstillstand fest mit der Faust auf den unteren Teil des Brustbeins geschlagen, in der Hoffnung, durch die mechanische Erschütterung das Herz wieder in einen regelmäßig schlagenden Rhythmus zu versetzen. Die aktuelle Analyse zeigt, dass die Methode die Prognose der Patienten im Vergleich zur kardiopulmonalen Reanimation nicht verbessern kann. Im Gegenteil, sie kann das Risiko für den Patienten sogar erhöhen, etwa indem sich das Rhythmusbild durch den Schlag verschlechtert.
Die Percussion-Stimulation: Die weniger kraftvolle, sich rhythmisch wiederholende mechanische Einwirkung auf den linken Rand des Sternums wurde erstmals um 1920 erwähnt. Nur vier der untersuchten Studien beschäftigten sich mit dem Verfahren, aber auch hier kamen die Forscher zu dem Ergebnis: keine Vorteile gegenüber der klassischen Reanimation.
Die Hustentechnik: Dabei soll kräftig und rhythmisch gehustet werden, wenn jemand das Gefühl hat, kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen, um den Herzrhythmus zu stabilisieren. In den sozialen Medien kursieren Berichte über diese Methode, in denen jedoch Herzstillstand und Herzinfarkt verwechselt werden. Laut Dee und Kollegen bietet auch dieses Verfahren keinen Nutzen.
Keine Alternative, so die Forscher, kann die Prognose von Patienten mit Herzstillstand im Vergleich zur klassischen kardiopulmonalen Reanimation verbessern. Diese sei am wirksamsten und sichersten, sowohl bei Wiederbelebungsversuchen durch Laien als auch durch medizinisches Personal. Jeder Helfer sollte sie priorisieren, statt durch den Einsatz anderer Techniken wertvolle Zeit verstreichen zu lassen. (js)
Dee R et al. The effect of alternative methods of cardiopulmonary resuscitation - cough CPR, percussion pacing or precordial thump - on outcomes following cardiac arrest. A systematic review. Resuscitation 2021
Kognitive Prähabili-tation für Senioren
Nach einem chirurgischen Eingriff unter Vollnarkose tritt vor allem bei älteren Menschen ein Delir auf. Ob ein kognitives Training im Vorfeld das Risiko für die Verwirrung verringern kann, haben M. Humeidan und Kollegen untersucht. An der Studie nahmen 251 Patienten ab 60 Jahren teil, denen eine nichtkardiologische Operation unter Allgemeinanästhesie mit anschließendem Klinikaufenthalt von mindestens 72 Stunden bevorstand. Personen mit Depression oder Anzeichen einer kognitiven Beeinträchtigung bzw. Demenz wurden ausgeschlossen. Für 125 Patienten der Interventionsgruppe war präoperativ nach vorheriger Einweisung ein täglich einstündiges computerbasiertes kognitives Training von Gedächtnisleistung, Schnelligkeit, Aufmerksamkeit, Flexibilität und Problemlösung vorgesehen. Die empfohlene Trainingsdauer von zehn Stunden erreichten allerdings nur rund 9% der Patienten, durchschnittlich wurde 4,6 Stunden geübt.
Während in der Kontrollgruppe in den ersten sieben Tagen nach dem Eingriff 23% ein Durchgangssyndrom entwickelten, waren es in der Interventionsgruppe 14,4%. In einer Post-hoc-Analyse wurden vier Patienten, die keine der kognitiven Übungen durchgeführt hatten, aus der Interventionsgruppe ausgeschlossen. Damit sank die Delirrate nach Intervention auf 13,2%. In der Intention-to-Treat-Analyse ergab sich für die Interventionsgruppe eine relative Risikoreduktion von 42% gegenüber den Kontrollen. Keine Effekte hatten die präoperativen Übungen auf den Beginn oder die Dauer des Delirs. In der Studie deutete sich an, dass Patienten, die weniger als fünf Stunden trainierten, nahezu doppelt so häufg ein postoperatives Delir entwickelten wie Personen mit einer Übungsdauer von mehr als fünf Stunden. (cs)
Humeidan ML et al. JAMA Surg. 2020
Was tun, wenn Adrenalin nicht wirkt?
Ist ein Patient gegen ein bestimmtes Lebensmittel allergisch, kann es durchaus sein, dass im Rahmen einer oralen Nahrungsmittelprovokation ("oral food challenge", OFC) eine anaphylaktische Reaktion ausgelöst wird. In der Regel sind Patienten in Spezialpraxen und Kliniken mit geschultem Personal und entsprechendem Notfall-Equipment gut aufgehoben. Was aber passiert, wenn Betrofene auf die ersten Notfallmaßnahmen nicht ansprechen? Britische Allergologen beschreiben vier Fälle von elf- bis 17-jährigen Patienten mit allergischem Asthma, die bei einer OFC eine Anaphylaxie entwickelten und bei denen die initiale Behandlung mit einem Adrenalinautoinjektor erfolglos blieb [Alviani et al. Clin Exp Allergy 2020;50:1400-05]. Teils trat auch nach der vierten intramuskulären (i. m.) Adrenalin-Gabe keine Besserung ein - diese ließ sich jeweils erst mit einer peripheren Adrenalin-Infusion erreichen.
Notfallabläufe einüben: Die Allergologen empfehlen neben dem regelmäßigen Einüben von Notfallabläufen auch eine intravenöse Adrenalin-Gabe vorzubereiten, sobald absehbar ist, dass die Patienten auch auf die zweite i.m.-Injektion nicht ansprechen. Eine aufrechte Lagerung sollte vermieden und mit dem Transport der Patienten gewartet werden, bis sie stabil sind. Alle Notfallmaßnahmen müssen also vor Ort durchgeführt werden.
Der "State-of-the-Art" zu "Akuttherapie und Management der Anaphylaxie" für Deutschland kann in der aktualisierten S2k-Leitlinie nachgelesen werden, die kürzlich publiziert wurde [Ring J et al. Allergo J Int. 2021;30:1-25]. (lux)
HNO-NACHRICHTEN 2021; 51 (1)
MANV: Welche Kapazitäten brauchen wir?
Die Versorgungskapazitäten von Krankenhäusern für einen Massenanfall von Verletzten (MANV) sind kein neues Thema, aber dennoch relevant. Bereits das Zugunglück von Eschede (1998) oder die Massenpanik bei der Loveparade (2010) ließen Fragen nach der Bemessung der Versorgungskapazitäten von Großkrankenhäusern (Maximalversorger) sowie des Patientenverteilungsschlüssels in der Gesundheitspolitik aufkommen. Diesen Fragen sind die Mediziner und Versorgungsforscher J. Klewer und C. Jebens nachgegangen. Zwei Aspekte wurden fokussiert: Wie viele Schwerverletzte können in welchem Zeitraum bei einem MANV maximal versorgt werden? Und welche Faktoren beeinflussen die Versorgung im Rahmen eines MANV?
Organisatorische Herausforderung
Eine Forschungslücke zeigt sich bezüglich organisatorischer (z.B. Materialvorhaltung, Prozesszeiten) sowie innerklinischer Faktoren. Zur Klärung wurden exemplarisch die innerklinischen Prozesse eines überregionalen Traumzentrums höchster Versorgungstufe mit 730 Betten untersucht. Die Untersuchung erfolgte in einem Mix Methods Design, welches sich in Prozesszeitanalyse sowie Experteninterviews gliederte.
Für die Prozesszeitanalyse wurden Datensätze aus den Untersuchungszeiträumen (n=2015 -2017) aus dem Krankenhausinformationssystem extrahiert. Diese definierten Verletzungsmuster basierten auf den Fachabteilungen Viszeral-, Unfall- und Neurochirurgie unter Anästhesiebeteiligung im Schockraum. Für die Erfassung der Prozesszeiten wurden u.a. die Items Schockraumversorgung sowie Dauer der Operation jeweils in Minuten erfasst. Hierbei wird deutlich, dass die Versorgungszeiten von cranektomierten Patienten im Median 35 Minuten niedriger sind als andere Verletzungsmuster sowie geeignetere materielle und personelle Ressourcen vorgehalten wurden. Vervollständigt wird der Datensatz durch halbstandardisierte Experteninterviews (n=7). Die Ergebnisse zeigen, dass maximal sieben Schwerverletzte gleichzeitig in der untersuchten Klinik versorgt werden konnten.
Jebens C, Klewer J (2020) Versorgungskapazitäten eines Großstadtkrankenhauses für einen Massenanfall von Verletzten. Pflegewissenschaft 5 (22) 300-306
Kommentar: Die gewählte retrospektive Analyse liefert valide statistische Antworten, jedoch tauchen bei genauer Betrachtung methodischer Unschärfen Limitationen auf. So ist die retrospektive Analyse von Patientendaten aus dem klinischen Normalbetrieb unter den verwendeten Items, z.B. die "Naht-Schnitt-Zeit", stark von der strukturellen klinikspezifischen OP-Struktur abhängig. Zudem wurden leider keine Patienten in die Population einbezogen, die nach erfolgter Schockraumversorgung im Sinne des damage control surgery-Konzepts direkt auf die ITS aufgenommen wurden. Die Studie bietet aber eine weitere Grundlage, um die Ressourcen von Maximalversorgern im MANV zu erheben. Dennoch wäre ein multizentrisches Studiendesign zu empfehlen, um eine Auswertung von Prozesszeiten unter (ggf. auch simuliertem) MANV-Betrieb abzubilden. Hierzu könnten Übungsszenarien eine Annäherung bieten.
Länger, aber schlechter schlafen
Haben die mit der COVID-19-Pandemie verbundenen persönlichen und beruflichen Einschränkungen durch die Lockdown-Maßnahmen Auswirkungen auf den Schlafrhythmus und das Schlafverhalten der Bevölkerung? Dieser Frage sind Dr. Christine Blume und Kollegen, Universitäre Psychiatrische Kliniken (UPK), Basel, in einer sechswöchigen Online-Umfrage nachgegangen. Die Mehrheit der 435 Befragten aus der Schweiz, Österreich und Deutschland waren Frauen, 85% arbeiteten zu dieser Zeit im Homeoffice. Die Ergebnisse zeigen, dass die diversen Neuregelungen zwar die Schlafqualität verringert, die Dauer jedoch erhöht und der "soziale Jetlag" - die Diskrepanz zwischen innerem Schlaf-Wach-Rhythmus und sozialen Verpflichtungen - signifikant reduziert wurde. Letzteres begründen die Forscher damit, dass sich soziale Rhythmen beispielsweise durch flexiblere Arbeitszeiten gelockert haben.
Veränderung sozialer Rhythmen: 75% der Befragten berichteten, bis zu 50 Minuten länger zu schlafen als vor dem Lockdown. Dazu könnte auch der Wegfall des morgendlichen Arbeitsweges beigetragen haben, so die Schlafforscherin. Länger schlafen heißt jedoch nicht besser schlafen: Im Gegenteil, die Befragten berichteten, dass sich die Qualität ihres Schlafes im Lockdown verschlechtert habe. Dies sei wenig überraschend, erklärt Blume, denn die bisher noch nie dagewesene Situation sei in vielerlei Hinsicht für Viele auch sehr belastend. Finanzielle und gesundheitliche Sorgen oder Schwierigkeiten in puncto Kinderbetreuung seien dabei nur einige Aspekte. (khps)
Blume C, Schmidt MH, Cajochen C. Effects of the COVID-19 lockdown on human sleep and rest-activity rhythms. Current Biology (2020)
Wacherlebnis bei Intubation verhindern
Nicht nur im OP, auch in der Notaufnahme kommt es vor: Patienten, die unter einer neuromuskulären Blockade stehen, aber dennoch mitbekommen, wie sie intubiert werden oder sich bereits in diesem Zustand befinden. Wer sich später an so etwas erinnert, hat Studien zufolge ein deutlich erhöhtes Risiko für psychische Folgen, von der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bis hin zu komplexen Phobien.
Studie mit 383 Notfallpatienten
Ein Klinikteam aus St. Louis/Missouri, USA, hat Patienten aus der eigenen Notaufnahme nach derartigen Wacherlebnissen bzw. Erinnerungen daran befragt. Die 383 Teilnehmer waren entweder bereits intubiert in die Notaufnahme gekommen oder hatten vor Ort einen Endotrachealtubus erhalten. Daran, die Intubation "gelähmt, aber bei Bewusstsein" mitbekommen zu haben ("Awareness with paralysis"), konnten sich nach der Extubation 2,6% der Befragten erinnern. Zur Erfassung der "Awareness with paralysis" hatten die Forscher um Ryan D. Pappal, Washington University School of Medicine, den Patienten zwei validierte Fragebögen vorgelegt, den Brice-Questionnaire und das ICU-Memory-Tool. Bei 345 Teilnehmern war die Verabreichung eines Muskelrelaxans in der Notaufnahme dokumentiert. In dieser Gruppe lag die Inzidenz der "Awareness with paralysis" mit 2,9% sogar noch höher. Die mit Abstand am häufigsten verwendete Substanz war Rocuronium. Das lang wirksame Skelettmuskelrelaxans gilt eigentlich als Alternative, wenn bei einer Blitzintubation (Rapid Sequence Induction) aufgrund von Kontraindikationen kein Succinylcholin eingesetzt werden kann. Die Gesamtwirkdauer beträgt bis zu 50 Minuten. Bei Patienten, die über ein Wacherlebnis mit Lähmungsgefühl berichteten, lag die Wahrscheinlichkeit, Rocuronium erhalten zu haben, bei 70%, in der restlichen Kohorte bei 31%.
PTBS vermeiden
Nach Pappal et al. kommt es bei der Intubation im Gegensatz zur Op.-Situation grundsätzlich nicht so sehr auf die Sedationstiefe an. Niedrigere Werte auf der Richmond-Agitation-Sedation-Skala waren in Studien sogar mit einem besseren Verlauf assoziiert. Was es allerdings zu vermeiden gilt, ist, dass ein Patient die Situation als bedrohlich empfindet. Dies schien in der Studie in einigen Fällen nicht gelungen zu sein. Patienten, die sich später explizit an das Gelähmtsein im intubierten Zustand erinnerten, zeigten auf einer Skala, die das Gefühl von Bedrohung misst (Threat perception scale), deutlich höhere Werte als Patienten, die diese Erfahrung nicht gemacht hatten.
Studien hätten gezeigt, so die Autoren, dass gerade bei Einsatz von Rocuronium oft geringere Dosen an Sedativa und Analgetika verabreicht würden und die Sedation verzögert erfolge. Die Sedationstiefe könne zudem bei Anwendung eines Muskelrelaxans nicht verlässlich überwacht werden. All das kann den Forschern zufolge ein Wacherlebnis begünstigen. Klinikärzte sollten sich dieser Zusammenhänge bewusst sein: "Die Verwendung von Rocuronium erhöht die Gefahr, dass sich Patienten an subjektiv empfundene Komplikationen während einer vulnerable Phase der Versorgung erinnern." Darin sehen Pappal und Kollegen einen klaren Risikofaktor für die Entwicklung einer PTBS. (eo)
Pappal RD et al. The ED-AWARENESS Study: A Prospective, Observational Cohort Study of Awareness With Paralysis in Mechanically Ventilated Patients Admitted From the Emergency Department. Ann Emerg Med 2021;
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Wissenschaft Aktuell. Pflegez 74, 56–58 (2021). https://doi.org/10.1007/s41906-021-0996-8
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DOI: https://doi.org/10.1007/s41906-021-0996-8
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