Wie es zu einer Multiplen Sklerose (MS) kommt, gibt Experten immer noch Rätsel auf. Klar ist, dass die Genetik einen gewissen Anteil hat, der größte Teil des Erkrankungsrisikos scheint jedoch auf Umweltfaktoren zu beruhen. Ein Mangel an Vitamin D, Übergewicht und Rauchen haben in Studien recht konsistent sowohl Hinweise auf ein erhöhtes Erkrankungsrisiko als auch ein gesteigertes Progressionsrisiko geliefert. Beim Thema Kochsalz scheiden sich jedoch die Geister: Einige Studien sprechen eher für, andere gegen einen Einfluss von Kochsalz. Einen Einfluss auf die Pathogenese nachzuweisen, ist schwierig, schließlich erkranken relativ wenige Menschen an MS. Prospektive Kohortenstudien müssen also sehr groß sein, um signifikante Unterschiede in Abhängigkeit vom Salzkonsum nachzuweisen. Ein Team um Dr. Marianna Cortese von der Universität in Bergen hat sich daher Angaben der Nurses’ Health Study (NHS) I & II angeschaut. Diese sind mit zusammen rund 240.000 Teilnehmerinnen nicht nur außergewöhnlich groß, anhand von regelmäßig erhobenen Fragebögen lässt sich auch der Kochsalzkonsum errechnen. Dabei zeigte sich, dass Frauen mit einem relativ hohen Salzkonsum über 17 Jahre hinweg nicht häufiger an MS erkrankten als solche mit einer eher geringen Salzaufnahme.

An NHS I nahmen Krankenschwestern teil, die zu Beginn 30 bis 55 Jahre alt waren, an NHS II Schwestern im Alter von 25 bis 42 Jahren. Die Ernährungsgewohnheiten wurden alle zwei bis vier Jahre mit einem standardisierten Fragebogen eruiert. Daraus berechneten die Forscher die tägliche Salz- bzw. Natriumaufnahme. Da solche Angaben oft ungenau sind, verwendeten sie zusätzlich einen Korrekturfaktor. Dieser stammte aus Untersuchungen, in denen Forscher Fragebogenwerte mit tatsächlich gemessenen Exkretionswerten verglichen hatten.Insgesamt hatten 175.000 Frauen die Ernährungsfragebögen regelmäßig ausgefüllt. Über rund 17 Jahre hinweg erkrankten 479 von ihnen neu an einer MS.

Im Mittel betrug das Alter bei der Diagnose 47 Jahre und lag damit über dem der meisten MS-Patienten. Frauen mit erhöhter Natriumaufnahme waren in der ersten NHS dicker, rauchten öfter und lebten öfter in nördlichen Breitengraden als Frauen mit geringem Salzkonsum. In NHS II gab es jedoch bei diesen Faktoren kaum Unterschiede. Wurden sämtliche der bekannten potenziellen MS-Risikofaktoren sowie die Kalorienzahl berücksichtigt, blieb von einem Zusammenhang zwischen Salzkonsum und MS nichts mehr übrig. Im Quintil mit der höchsten Natriumaufnahme bei Studienbeginn (über 3,2 g/d) war die MS-Inzidenz sogar um 2% geringer als im Quintil mit dem geringsten Natriumkonsum (unter 2,5 mg/d). Berücksichtigten die Forscher um Cortese die durchschnittliche Salzaufnahme über den Studienverlauf hinweg, ergab sich ein ähnliches Bild: Die Unterschiede zwischen den Quintilen waren minimal und nicht signifikant. Damit hat sich die die Diskussion um Salz als MS-Risikofaktor noch nicht erledigt.

Zum einen gab es beim Salzkonsum keine allzu großen Unterschiede, es könnte also sein, dass eine deutlich höhere Salzaufnahme das MS-Risiko doch erhöht. Zum anderen waren die Frauen zum größten Teil jenseits des Alters, in dem eine MS üblicherweise auftritt. Ob sich die Ergebnisse auf jüngere Frauen übertragen lassen, ist also unklar. Die Forscher um Cortese verweisen jedoch auf eine Fall-Kontroll-Studie, die keinen Zusammenhang zwischen Salzaufnahme und MS-Inzidenz bei Kindern und Jugendlichen fand.