Skip to main content
Log in

Zur Evolution der Finalisierungsstruktur des hohen Barockromans

On the evolution of the high baroque novel’s finalising structures

  • Beitrag
  • Published:
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht anhand von Romanen des 17. und 18. Jahrhunderts das formale Motiv der gleichzeitigen Hochzeit vieler Paare am Romanschluss und seine strukturellen Implikationen. Bereits im 17. Jahrhundert lassen sich in den wichtigsten französischen und deutschen hohen Barockromanen erhebliche autorspezifische Variationen bei der Darstellung der Schlussordnung aufzeigen. Die Rekonstruktion der Ordnung sämtlicher Liebeshandlungen der Römischen Octavia des Herzogs Anton Ulrich klärt über die Diskrepanz von finaler Repräsentation und den im Textverlauf gültigen Bestimmungen auf. Im 18. Jahrhundert kommt es zu einer Umfunktionalisierung des Motivs: im Sinne einer Dynamisierung und rhythmischen Verfeinerung der parallelen Führung nun einander immer ähnlicher werdender Liebeshandlungen; und im Sinne der Ausstellung formaler Virtuosität.

Abstract

This article explores the formal motif of many couple’s simultaneous weddings and its structural implications at the end of selected 17th and 18th century novels. The high baroque novel of the 17th century already displays important author-specific variations regarding the presentation of the final order of the key characters. The reconstruction of all the love storylines in the novel Die Römische Octavia by Herzog Anton Ulrich elucidates the discrepancy between the final representation and the regulations determining the actual course of the novel. In the 18th century there is a shift of the motif’s prevalent function: in the sense of a dynamization and rhythmic refinement of the parallel processing of many couples’ subplots, which now become more and more alike; and in the sense of the exhibition of formal virtuosity.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Institutional subscriptions

Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Martin Opitz, Johann Barclayens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Mit schönen Kupffer Figuren Nach dem französischen Exemplar. Inn Verlegung Dauid Müllers Buchhändlsers Inn Breßlaw 1626, 1045.

  2. Vgl. Herbert Singer, Der deutsche Roman zwischen Barock und Rokoko, Köln, Graz 1963, 1–9.

  3. Singer (Anm. 2), 27 f., 87, 103 f.; sowie ders., Der galante Roman, Stuttgart 1961, 53–62. Zur Zurückweisung vgl. Dirk Rose, Conduite und Text: Paradigmen eines galanten Literaturmodells im Werk von Christian Friedrich Hunold (Menantes), Berlin, Boston 2012, 153–159, und ders., »Galanter Roman und klassische Tragödie. Hunolds Europäische Höfe und Schillers Prinzessin von Zelle im gattungsgeschichtlichen Kontext«, in: Andre Rudolph, Ernst Stöckmann (Hrsg.), Aufklärung und Weimarer Klassik im Dialog, Tübingen 2009 (Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte Bd. 135), 1–27, hier: 13 f.

  4. Vgl. Olaf Simons, Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde. Eine Untersuchung des deutschen und englischen Buchangebots der Jahre 1710 bis 1720, Amsterdam, Atlanta 2001, 194–199.

  5. Vgl. Thomas Borgstedt (Hrsg.), Der galante Diskurs. Kommunikationsideal und Epochenschwelle, Dresden 2001; und Sylvia Heudecker, Dirk Niefanger, Jörg Wesche (Hrsg.), Kulturelle Orientierung um 1700. Traditionen, Programme, konzeptionelle Vielfalt, Tübingen 2004.

  6. Vgl. Bernhard Fischer, »Ethos, Konvention und Individualisierung. Probleme des galanten Romans in Chr. F. Hunolds Europäischen Höfen und im Satyrischen Roman«, DVjs 63 (1989), 64–97; Jörn Steigerwald, Galanterie. Die Fabrikation einer natürlichen Ethik der höfischen Gesellschaft (1650–1710), Heidelberg 2011; und Rose 2012 (Anm. 3).

  7. Dirk Rose geht von einer »konstitutiven Funktion des Schlüsselprinzips für die galanten Romane Hunolds« (Rose 2012 [Anm. 3], 155 f.) aus und setzt es, in ablehnender Reaktion auch auf die von Florian Gelzer entworfene Typologie (vgl. ders., Konversation, Galanterie und Abenteuer. Romaneskes Erzählen zwischen Thomasius und Wieland, Tübingen 2007), an die Stelle einer gattungsimmanenten Poetik. Dem sei hier nicht widersprochen; die Einsicht gehört aber, anstatt sie zu erübrigen, an den Beginn einer detaillierteren formästhetischen und -evolutionären Analyse. Gerade die gattungspoetologisch unkontrollierte, dem Schlüsselprinzip untergeordnete Variation formaler Verfahren macht diese zum interessanten Forschungsgegenstand.

  8. Vgl. Hans Wagener, Die Kompositionen der Romane Christian Friedrich Hunolds, Berkeley, Los Angeles 1969, 19 f.; Rose 2012 (Anm. 3), 153–159; Rose 2009 (Anm. 3), 7–9.

  9. Vgl. Gelzer (Anm. 7), insb. 256–260.

  10. Vgl. Juri Tynjanow, »Über literarische Evolution«, in: Ders., Poetik. Ausgewählte Essays, hrsg. Brigitta Schröder, Waltraut und Wolfram Schroeder, Leipzig, Weimar 1982, 31–48, hier: 36 f.

  11. Zur Finalisierbarkeit etwa der erzählerischen Anlage der Astrée vgl. Jole Morgante, »Du côté du Lignon et près de la fontaine: variations et convergences narratives dans L’Astrée«, in: Delphine Denis (Hrsg.), Lire L’Astrée, Paris 2008, 53–64, hier: 60.

  12. Vgl. dazu Hauke Kuhlmann, Es fehlte mir der Zusammenhang, und darauf kommt doch eigentlich alles an. Zum Problem der Kohärenz in Goethes »Wilhelm Meisters Lehrjahre«, Bielefeld 2019. Eine lakonische Zusammenfassung des dort auf verschiedenen Ebenen gewonnenen Befundes liefert der erste Satz des Kapitels F auf Seite 208: »In den Lehrjahren werden Kohärenzmodelle erprobt; sie werden in ihrer Geltung eingeschränkt, ohne dass sie vollends verabschiedet werden.«.

  13. Zitiergrundlage ist die Hamburger Ausgabe: Goethes Werke, hrsg. Erich Trunz, München 2002, VIII. Der Nachweis in diesem Abschnitt erfolgt durch die einfache Angabe der Seitenzahl; der Seitenumfang beläuft sich in der zitierten Ausgabe insgesamt auf 601 Seiten (Seiten 9–610). Der Umfang der Liebeshandlung Wilhelm-Natalie kann mit etwa 45 Seiten angegeben werden, bei einer Erstreckung über 383 Seiten (226–610); Therese-Lothario: Umfang 28, Erstreckung 170 (440–610); Friedrich-Philine: Umfang 14, Erstreckung 466 (93–559); Jarno-Lydie: Umfang 1, Erstreckung 1 (565 f.). – Tatsächlich ist die umfangreichste Liebeshandlung die über weite Teile latent bleibende zwischen Wilhelm und Philine (95 über 478 Seiten, von Seite 90 bis Seite 568). An zweiter Stelle steht, in weitem Abstand, Wilhelm-Mariane (49 über 480 Seiten, von Seite 9 bis 489), erst dann folgt Wilhelm-Natalie.

  14. Jarno sagt, er habe Lydie seine Hand angeboten und sie werde »unter einer gewissen Bedingung« (566) die Seine werden. Dass die Bedingung nicht erfüllt würde, davon auszugehen scheint das lächelnde Nicken zu verbieten, mit dem er die Frage Natalies bejaht, ob er sie »in diesen Tagen« (ebd.) bereits gesprochen habe. Die Auskunft erfolgt schon in Kapitel Sieben des letzten Buches. – Friedrich erwähnt in seinem Bericht von seinem Zusammenleben mit Philine weder Verlobung noch Heirat; nur die Schwangerschaft Philinens, und dass er die Vaterrolle noch bei bestehenden Zweifeln darüber annehmen will, mit wem genau sie das Kind gezeugt habe, lassen auf diese Schritte schließen (vgl. 558 f.). Natalie heißt ihn später achtgeben, »welchen Weg dich die Schöne noch führen wird, die dich auf eine so gewaltsame Weise angezogen hat und festhält.« (565) Weil sie sonst gefordert werden müsste, spricht für eine schon vollzogene Hochzeit wohl das Ausbleiben ihrer Thematisierung; auch Friedrichs Antwort, überhaupt die Sicherheit seiner Reden deuten eher in diese Richtung. Den deutlichsten Hinweis gibt aber der Abbé kurz vor Schluss des Romans, wenn er sagt, Friedrich habe sich »freilich mit solchen Volksfesten schon sehr ums Publikum verdient gemacht« (609) – gemeint ist, was Friedrich mit dem Euphemismus der »Freiredoute« (ebd.) bezeichnet, eine ständeübergreifende Heirat.

  15. Vgl. mit einer Überlegung aus dem Schlusskapitel Kuhlmann (Anm. 12), 271: »Wilhelms Glücksmoment am Ende des Romans kann gerade im Verhältnis zu dieser zuvor im Roman vielfach ausgestalteten Bewegung als stillgestellt inszeniert werden. Aufgrund der Brüchigkeit und Mehrdeutigkeit dieses Glücks wird es aber der Bewegung offengehalten, wodurch auch eine Fixierung dieses Moments verhindert wird, die das Wechselspiel von Moment und Überschreitung beruhigen würde. Ein ausgewogener, harmonischer Ausgleich steht in weiter Ferne. Das, worauf der Roman Wilhelm immer wieder und gerade an seinem Ende verpflichtet, ist die Reise und damit Veränderung.«.

  16. Vgl. hierzu Kuhlmann (Anm. 12), 176–178, der darauf hinweist, dass bereits das Versprechen, das Natalie sich selber angesichts von Felix drohendem Tode gegeben hat, nämlich Wilhelm dann ihre Liebe zu gestehen, in der von Friedrich ausgestellten Logik ihres Charakters läge: sie würde bei Wilhelm die Lücke des Sohnes ausfüllen.

  17. Das Verlöbnis von Therese und Wilhelm betrifft die beiden Paare Wilhelm-Natalie und Lothario-Therese. Lydie war die Geliebte Lotharios gewesen (vgl. 440), Philine so etwas wie die Geliebte Wilhelms; Philine und Lothario aber unterhielten noch weit mehr intime Bekanntschaften. Von Jarno, Natalie und Friedrich hingegen sind keine anderen als die im Schlusstableau realisierten bekannt.

  18. Das betrifft vor allem die ›Vaterschaftshandlung‹ um den leiblichen Sohn Wilhelms und seine gleichsam adoptierten Familienmitglieder Mignon, den Harfner und, vorübergehend, Friedrich.

  19. Freilich wäre die Frage aufzuwerfen, ob nicht die Komödie und ihr typisches Finale den viel näheren Bezugspunkt zu dem Schluss der Lehrjahre darstellt. Vgl. Hans Breiss, »Lustspielhaftes in Wilhelm Meisters Lehrjahre«, in: Gerhart Hoffmeister (Hrsg.), Goethezeit. Studien zur Erkenntnis und Rezeption Goethes und seiner Zeitgenossen. Festschrift für Stuart Atkins, Bern, München 1981, 129–144. Abgrenzen lassen sich die unten besprochenen Romanschlüsse von den Komödienenden aber gut: Die hierarchische Differenzierung ist dort in der Regel eine binäre und sie verläuft entlang tatsächlicher, sozial manifester Unterordnungen etwa in einem Dienstverhältnis und innerhalb eines selben, hierarchisch gegliederten Sozialkörpers (an einem Hof, in einer Familie). Das am Schluss der höfisch-historischen Romane versammelte, männliche Personal bekleidet hingegen je in unterschiedlichen Herrschaftsbereichen die Spitzenstellung, erscheint also von dorther gleichrangig. Die Hierarchisierung dieser allesamt Erstrangigen ist gleichsam diplomatische Verhandlungssache, ist volatiler und auf eine flüchtigere Zeichengebung angewiesen – zu vergleichen etwa der Konkurrenz der absolutistischen Fürstenhöfe im Reich (auf die die höfische Prachtentfaltung vornehmlich zielte – vgl. Aloys Winterling, Der Hof der Kurfürsten von Köln 1688–1794. Eine Fallstudie zur Bedeutung ›absolutistischer‹ Hofhaltung, Bonn 1986, 151–170). Die in direkter Weise den endlich heiratenden Helden Untergebenen und ihre engen Vertrauten in der Römischen Octavia (Vasaces für Tyridates, Pomponia Gräcina für Octavia, Abdon und Balaad für Beor und Parthenia) lieben hingegen selber nicht und werden nicht geliebt. – Spricht nun für den Bezug der Lehrjahre zum Lustspiel die überschaubare Anzahl an Paaren und die mögliche Zuweisung des Buffo-Registers an Friedrich und Philine, ließe sich für einen diachron weiter ausschreitenden, die Gattungsgrenze aber nicht überspringenden Bezug in die Romangeschichte hinein anführen, dass die Struktur der Familie der Stiftsdame als zunächst verborgene, dann offenbarte und durch die Heiraten zu vervollständigende Ordnung des wichtigsten Personals funktioniert. Es ist sicher kein Zufall, dass auch in der Römischen Octavia die weibliche Hauptfigur mit ihren Geschwistern das stabilere personelle Paradigma bereitstellt, an das auch die männliche Hauptfigur nur angeschlossen wird.

  20. Vgl. »Die durchleuchtige Syrerin Aramena«, Kindlers Neues Literatur Lexikon, München 1988 ff., I (1988), 544: »Heldentum und Edelmut haben die Bewährungsprobe bestanden und werden belohnt: Die vierunddreißig männlichen und weiblichen Hauptpersonen finden in siebzehn Ehen ein märchenhaftes Liebesglück (die sechsbändige Römische Octavia desselben Autors bringt es sogar auf vierundzwanzig Paare, während der zeitgenössische Schelmenroman seinen Helden mit Vorliebe als Einsiedler enden läßt).«.

  21. Günther Damann, »Liebe und Ehe im deutschen Roman um 1730«, in: Ders., Dirk Sangmeister (Hrsg.), Das Werk Johann Gottfried Schnabels und die Romane und Diskurse des frühen 18. Jahrhunderts, Tübingen 2004, 35–90, hier: 40.

  22. Ebd., 45.

  23. Ebd., 50. Dem entspräche also die familiäre Verschränkung von dreien der vier Paare in den Lehrjahren mittels der Geschwisterverhältnisse von Friedrich, Natalie und Lothario.

  24. Vgl. ebd., 43.

  25. Vgl. ebd., 44.

  26. Ebd., 45.

  27. Vgl. zu dem gesamten Abschnitt Verf., Das Gleiche anders. Studie zur Formästhetik des Romans um 1700, Schriftenreihe Literatur- und Mediengeschichte der Moderne 10, Göttingen 2022, 151–160.

  28. Um Liebeshandlungen geht es – Liebeshandlungen als ganze, wohlgemerkt, nicht also einzelne Figuren und nicht einzelne Handlungsfunktionen wie etwa die Hochzeit. – Der Begriff der Handlungsfunktion bezeichne mit Blick auf die kausale Struktur generalisierte Handlungselemente, für die Liebeshandlung etwa: Verlieben, Geständnis, Verlobung, Heirat; Entführung, Unwissen über die Identität des Geliebten etc. Entscheidend ist die Stellung in der kausalen Struktur (fördernd, hindernd), nicht die motivische Ausgestaltung (Geständnis per Brief, per Geste etc.).

  29. Das sind, mit Kurztiteln: Argenis (John Barclay, 1621), Astrée (Honoré d’Urfé, 1607–1627), Ibrahim (Madeleine de Scudéry, 1641), Artamène (dieselbe, 1649–1653), Clélie (dieselbe, 1654–1660), Cassandre (Gautier de Costes de La Calprenède, 1642–1645), Cléopatre (derselbe, 1647–1658), Faramond (derselbe, 1661–1670); Herkules (Andres Heinrich Bucholtz, 1659–1660), Herkuliskus (derselbe, 1665), Arminius (Daniel Casper von Lohenstein, 1689–1690), Aramena (Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, 1669–1673), Octavia (derselbe, 1673–1714).

  30. Besonders deutlich in der Cassandre - Gautier de Coste, chevalier de la Calprenède, Cassandre. Cinquième Partie, Genève 1978 [Reprographischer Nachdruck von: Svuite de la Cinquvieme Partie de Cassandre. A Paris, Chez Antoine de Sommaville, Avgvstin Covrbe’, Tovssainct Qvinet et Nicolas de Sercy, du Palais. M. DC. LVII.] 376: »Toutes choses pour lors se trouuant paisibles dans Babilone, l’amour seul y faisaoit la guerre, & ses blesseures n’estoient point gueries comme celles qu’on auoit receuës dans les combats precedens.«.

  31. Vgl. Cassandre (Anm. 30), 377 f.

  32. Vgl. ebd., 410.

  33. Vgl. ebd., 415 f.

  34. Vgl. ebd., 418 f.

  35. Vgl. ebd., 421–426.

  36. Vgl. ebd., 379–401.

  37. Die Titelheldin erhält den Namen Cassandre erst in der Prolepse des Epilogs – vgl. ebd., 424.

  38. Ebd., 416: »tous les autres princes«.

  39. Ebd., 378; vgl. auch 396–400.

  40. Deidamie ist bei dem Tempelgang an vorletzter Stelle (vgl. ebd., 410); bei den Rückkehrwünschen werden, wie gesagt, überhaupt alle unterhalb von Oroondates und seinem Bruder Artaxerxe zusammengefasst (»tous les autres princes« – ebd., 416); die Aufzählung der Rückkehrten nimmt weiteres Personal noch auf, Deidamie und Demetrius werden an drittletzter Stelle genannt (vgl. ebd., 419) – die Ausnahme bildet hier dasjenige Paar, das in Babilone bleibt, das auch in der letzten Aufzählung diese Stelle behält (vgl. ebd., 426); hier wird Demetrius gleich hinter Lisimachus genannt, an vierter Stelle also (vgl. ebd., 425).

  41. Ebd., 379. Übrigens eine weitere, oben nicht aufgenommene Aufzählung, die noch Demetrius an letzter Stelle behält.

  42. Artaxerxe empfängt seine Braut Berenice von dem bereits als Bruder apostrophierten Oroondate (vgl. ebd., 390–394), und erst die vermittelnden Bemühungen der bereits verbundenen, höherrangigen Paare bewegen Parisatis zur Überwindung ihrer Zurückhaltung gegenüber Lisimachus (vgl. ebd., 394–395). Oronte hat Talestris schon in der Entscheidungsrede Statiras zugesichert bekommen (vgl. ebd., 388) und bedarf ferner keiner Unterstützung – gerade dies aber wird hervorgehoben. Talestris erklärt außerdem, »que son bon-heur ne seroit pas differé plus long-temps que celuy de des amis.« (Ebd., 395.) Für Oxiarte setzen sich bei Barsine erfolgreich Oroondate, Statira und Artaxerxe ein (vgl. ebd., 396). Deidamie aber wird von allen Prinzen und Prinzessinnen bestürmt, von allen bereits verbundenen Paaren also – auch dies erfolgreich (vgl. ebd., 396–401).

  43. Ebd., 388: »Ie vous ay dit ce que les peuples trouueroient à condamner dans ce que vous desirez de moy, mais maintenant ie vous dis que pour satisfaire à ce que ie vous dois, & pour suiure mon incliniation, ie veux passer par dessus toutes les maximes, & par dessus toutes les considerations des peuples pour me donner toute à vous.«.

  44. Beginnend bei Oroondate, der zu Artaxerxe sagt: »maintenant que par la bonté de ma Reine, & par la vostre, ie suis au faiste de ma fortune, i’entends, s’il vous plaist, que nos satisfactions soient égales, […].« (Ebd., 390 f.). Nach der Überredung von Parisatis heißt es: »Apres auoir mis cét ordre au repos de Lisimachus, tous ensemble songerent à celuy de ceux qui restoient.« (Ebd., 395). Und »[l]e seul Demetrius« klagt, als er an die Reihe kommt: »Ie seray doncques le seul miserable […].« (Ebd., 396). Vgl. auch Cléopatre, dediée à Monseignevr le Prince. Dovziesme et dernière Partie. À Paris, Chez Avgvstin Covrbe’, au Palais en la Gallerie des Merciers, à la Palme. M. DC. LVIII, 503, wo die räumliche Aufteilung des noch in der Kampfhandlung begriffenen Personals dazu führt, dass Elise dort, wo Augustus die ersten Paare verbindet, als einzig unglücklich Übriggebliebene bereits erscheinen kann.

  45. Cassandre (Anm. 30), 401.

  46. Vgl. ebd., 378, 401, 412, 413 f. Die letzte, die Brautnacht betreffende Stelle verdient ein ausführliches Zitat: »Ce fut pour lors que les plus grandes beautez de la terre furent mises en proye aux passions de leurs impitoyables vainqueurs, & qu’ils se vengerent des peines qu’elles leur auoient fait souffrir auec des ressentiments que tous violens qu’ils estoient elles ne pûrent raisonnablement desapprouuer. Aussi estoient-ils en quelque façon pardonnables, & il estoit iuste que ceux de qui les maux auoient esté si longs & si cruels en tirassent de grandes reparations.«.

  47. Vgl. ebd., 422 f.

  48. Vgl. ebd., 423 f.

  49. Vgl. ebd., 402–408.

  50. Vgl. ebd., 408 f.

  51. Vgl. ebd., 411, 414 f. Bemerkenswert ist schließlich die kurz vor der Grenze zum Epilog gleichsam angehängte Hochzeit von Cleonime und Alcione, die sich wiederum der Fürsprache des schon vermählten Oxiarte verdankt – der zu dieser Beförderung von Berenice und Statira angehalten worden war (vgl. ebd., 420).

  52. Vgl. Faramond ou L’histoire de France. Dediée au Roy. Douziéme & derniere Partie. A Paris, Chez Thomas Jolly, au Palais en la Salle des Merciers, au coin de la Gallerie des Prisonniers, à la Palme & aux Armes de Hollande. M. DC. LXX, 867 f.

  53. Vgl. Ibrahim ov l’illustre Bassa. Dedié à Mademoiselle de Rohan. Qvatriesme Partie. A Roven. Pour la Compagnie des Librarires du Palais à Paris. M. DC. LXV, 450.

  54. Zwei Ehen kommen nur dank vermittelnder Bemühungen zustande, ohne dass die Förderung direkt von dem Hauptpaar ausginge; Clidamire ist mit ihrem zugesicherten Bräutigam Meleonte nicht so zufrieden, wie es scheint; Hermilie und Octaue sind sich in Freundschaft verbunden, ohne zu heiraten; Collatine stirbt vor Schmerz um das Unglück des Titus, und nur für Plotine, trauernd um Amilcar, wird die saubere Negation, wird der Schwur zur Ehelosigkeit bemüht.

  55. Vgl. Madeleine de Scudery, Artamane ou le grand Cyrus X. Genève 1972 [Reprographischer Nachdruck der Ausgabe: Artamene, ov le grand Cyrus. Dedié A Madame la Duchesse de Longveville. Par Monsievr de Scvdery. Gouuerneur de Nostre Dame de Garde. Dixiesme Partie. Imprimé à Leyden, & se vend à Paris, Chez Avgvstin Courbé, dans la petite Salle du Palais, à la Palme. M. DC. LVI.], 847 f.

  56. Vgl. Madeleine de Scudéry, Clélie. Histoire Romaine. X, Genève 1973 [Reprographischer Nachdruck von: Clélie, Histoire Romaine. Par Mr de Scvdery. Govverneur de Nostre Dame de la Garde. Svite de la cinqviesme et dernière partie. À Paris, Chez Avgvstin Covrse’, au Palais, en la Gallerie des Merciers, à la Palme. Et Iran Blaec, à Amsterdam. M. DC. LXCI.], 1321–1324.

  57. Vgl. Faramond (Anm. 52), 870.

  58. Vgl. Cléopatre (Anm. 44), 503–505, 509–511, 516 f., 518–520. Eine Zuordnung eines Überzähligen wird, in Erweiterung der Aussicht auf die Rom-Rückkehr, nurmehr in einer vagen Prolepse vollzogen (ebd., 523): »Pour Iules Antoine, que les rigeurs de Tullia auoient rebuté de l’amour, il ne voulut point oüyr de mariage, & ce ne fut que long-temps apres qu’il épousa vne des nieces d’Auguste.«.

  59. Vgl. La conclvsion et dernière partie D’Astrée. Où par plvsievrs histoires, & sous personnes de Bergers & d’autres, sont deduits les diuers effects de l’honneste Amitié. Composee svr les vrais Memoires de feu Mre Honoré d’Vrfé. Par le Sr Baro. Troisiesme Edition, reueuë & corrigés. A Paris, Chez Anthoine de Sommaviele, Palais, dans la petite Salle. M. DC. XXXII, 983 f.

  60. Vgl. Martin Opitz, Johann Barclayens Argenis, Gesammelte Werke, hrsg. George Schulz-Behrend, III 1–2, Stuttgart 1970, hier: III 2, 616.

  61. Vgl. Ibrahim (Anm. 53), 453.

  62. Vgl. Artamène (Anm. 55), 844 f.

  63. Die Erzählstimme meldet sich mit einem eigenen Urteil zu Wort, in dem Arpasie selbst als verantwortliche erscheint (ebd., 844): »[...] ainsi on peut asseurer que cette Personne, toute spirituelle & toute aimable qu’elle estoit, auoit sçeut mal mesnager son amour & son amitié: puis qu’elle n’auoit pû ny s’en rendre heurese ny en rende les autres heureux: car il est certain qu’Hidaspe mesme en l’espousant ne se trouua pas tout à fait content.«.

  64. Demetrius und Deidamie erlauben in der Cassandre die Beachtung des Gesetzes der wachsenden Glieder – aber nur wegen eines graduellen, den relativen Fortschritt ihrer Liebe betreffenden Unterschiedes, der nach der Verlobung nivelliert werden kann. Vgl. Cassandre (Anm. 30), 376 f.

  65. Da immer nur einzeln vor die Quelle getreten werden kann, wird eine Reihenfolge zwingend. So kommt es zu einer kurzen Diskussion und Hervorhebung des Vorzugs der Erstbenutzung (vgl. Astrée [Anm. 59], 977), so können die Liebenden gruppiert (ebd., 978), ja die vierzehn benannten Paare können um eine unbestimmte Anzahl weiterer Paare von Hirten und Hirtinnen erweitert werden (ebd., 981).

  66. Cléopatre (Anm. 44), 515.

  67. Vgl. Etienne Mazingue, Anton Ulrich. Duc de Braunschweig Wolfenbüttel (1633–1714) un prince romancier au XVIIème siècle, Berne 1978, 464–471.

  68. Vgl. Andreas Heinrich Bucholtz, Des christlichen teutschen Gross-Fürsten Herkules und der böhmischen königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte Teil II, Buch 5–6, Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1659, hrsg. Ulrich Maché, Bern und Frankfurt a. M., 1975, 379.

  69. Vgl. Andreas Heinrich Bucholtz, Des christlichen teutschen Gross-Fürsten Herkules und der böhmischen königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte Teil II, Buch 7–8, Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1659, hrsg. Ulrich Maché, Bern 1979, 861.

  70. Vor dem eigentlichen Schluss stehen vielerlei Ausblicke auf die übrigen Lebensläufe, die Ankündigung des Folgeromans, der Herkuliskus zum Helden haben soll; dann aber, zum Ausweis der Frömmigkeit Herkules’, ein von diesem verfasstes Glaubensbekenntnis in 31 Artikeln, eine Sammlung von fünf an unterschiedlichen Punkten der vergangenen Handlung gehaltenen Gebeten; und das eigentliche Schlusswort, in dem noch einmal die Absicht der leib- und geistlichen Erquickung in Erinnerung gebracht, eine Quellenfiktion etabliert und, in einer patriotischen Volte, Herkules als Beweis dafür in Stellung gebracht wird, »daß nicht allein tapffere Helden aus Frankreich / Italien / Spanien und Griechenland / sondern auch deren viel aus Teutschland / und anderen Nordischen Ländern entsprossen sind / die über andere ihres gleichen sich der wahren Tugend und ungefärbten Gottesfurcht gewidmet haben.« (Herkules Buch 7–8 [Anm. 69], 960).

  71. Etwa ein zweiwöchiges Freistechen, Ringelrennen, Freischießen mit unterschiedlicher ständischer Zulassung u.a.m.

  72. Eingelassen sind etwa die Entdeckung des Vaters Valiskas, des Königs Notesterich, der in Bettlergestalt erscheint und von seinen Leiden berichtet, sind weitere Erzählungen, Bestrafungen oder Begnadigungen, für die Hochzeiten notwendige Bekehrungen, Ankünfte und Anhörungen von Gesandten mit orientalischen Nachrichten, die Legitimation eines für einen Bastard gehaltenen Römers und mehr.

  73. Gezählt sind nur die Männer: »Alle Anwesende junge Könige / Fürsten und Herren / an der Zahl 42 lessen sich hiebey finden […].« Ebd., 942.

  74. Und es gibt durchaus eine Tischordnung (ebd., 859), die Verteilung auf den Zuschauertribünen bei dem Freistechen (ebd., 908 f.) und das fürstliche Freischießen (ebd., 942–945), bei dem erst Herkules, als letzter, und wider seinen Willen vor seiner Gemahlin, den Vogel abschießt.

  75. [Andreas Heinrich Bucholtz,] Der Christlichen Königlichen Fürsten Herkuliskus Und Herkuladisla Auch Ihrer Hochfürstlichen Gesellschafft anmuthige Wünder-Geschichte. In sechs Bücher abgefasset Und allen Gott und Tugendergebenen Seelen zur Anfrischung der Gottesfurcht/ehrliebenden Ergezligkeit aufgesetzet. Herausgegeben und verleget Von Christoff-Friederich Zilliger und Caspar Gruber/Buchhändlern. Braunschweig/im Jahr M DC LXXVI, 1423b–1424a. Die Aufzählung schließt wieder mit leichten Ausnahmen: Fürst Christian hat bereits in Wendland Beilager gehalten, nur seine Hochzeitsfeier wird also gemeinsam mit den anderen gefeiert. Fräulein Elisabeth muss eine andere Verbindung noch stiften.

  76. Vgl. ebd., 1442a–1442b.

  77. Vgl. ebd., 1442b.

  78. Ein Aufstand in Polen, eine lange, von dem guten Regieren handelnde Unterweisung König Hilderichs, Geburten, Abzüge, Bündnisse, Nachrichten, Ausblicke – der Inhalt des letzten, des zweiunddreißigsten Abschnitts des sechsten Buches noch (die Beilager sind im neunundzwanzigsten) wird wie folgt angegeben: »VIel Römer kommen flüchtig nach Prag / melden Käyser Philps und seines Sohns Ermordung an / suchen sich in Teutschland aufzuhalten wegen der Verfolgung so der neue Käyser Dezius über die Christen und andere ergehen ließ. Pison und Frl. Zezilia kommen auch zu Prag an / imgleichen Lentulus aus Engeland mit den seinigen; da Groß-Fürstin Sibylla mit Fr. Albia in Jütland reiset / woselbst Lentulus drey Töchter sich aufhielten / werden mit ihrem Vater ziemlich versöhnet. Zum Beschluß wird die vielfältige Verenderung der Käyser zu Rom angeführet / insonderheit Käysers Valerianus Unfall / und wird damit das ganze Werk beschlossen.« (Ebd., 1456). Ein einfaches »aber« muss im Schlusssatz zur Kehrtwende zu den vermählten »junge[n] Fürsten […] in Teutschland / Böhmen / und den andern Königreichen« und ihrem glücklichen, übrigen Leben genügen. (Ebd., 1461b).

  79. Die Entführung der Braut durch ihren Vater Segesthes im vierten Buch – das einzig noch sich ergebende Hindernis – wird innerhalb dieses Buches und in einem Zuge, auf den Seiten 421–442, abgehandelt, ohne also als dauerhaft die Hochzeitserwartung aufhebendes Spannungsmoment zu fungieren. Vergegenwärtigt wird diese Erwartung bevorzugt in den Eingängen und Abschlüssen der Bücher (vgl. Daniel Caspers von Lohenstein Großmüthgier Feldherr Arminius oder Herrman, Als Ein tapfferer Beschirmer der deutschen Freyheit/Nebst seiner Durchlauchtigen Thußnelda In einer sinnreichen Staats- Liebes- und Helden-Geschichte Dem Vaterlande zu Liebe Dem deutschen Adel aber zu Ehren und rühmlichen Nachfolge In Zwey Theilen vorgestellet/Und mit annehmlichen Kupffern gezieret. Leipzig/Verlegt von Johann Friedrich Bleditschen Buchhändlern und gedruckt durch Christoph Fleischern/Im Jahr 1689, 730, 958a, 1161b, 1173a–1185a). Bereits auf Seite 80b heißt es: »Die Priester sprachen mit andächtigen Geberdungen tausenderley Segen über die Verlobten / und es war aller einmüthiger Schluß / daß ehesten Tages das hochzeitliche Beylager solte vollbracht werden.«.

  80. Daniel Caspers von Lohenstein Arminius. Anderer Theil. Mit annehmlichen Kupffern gezieret. Leipzig/Verlegt Johann Friedrich Bleditsch/1690, 1640a.

  81. Ebd., 12b–13b.

  82. Thomas Borgstedt, Reichsidee und Liebesethik. Eine Rekonstruktion des Lohensteinschen Arminiusromans, Tübingen 1993, 335 f.

  83. Vgl. ebd., 337. Grundlage dieser anderen Ordnung sei eine nun stärker aristotelisch geprägte Liebesauffassung: »Es geht in den Liebeserzählungen nicht mehr darum, daß sich zwei Liebende ›erkennen‹, um dann zum Zweck der heilsbezogenen Prüfung mit externen Widerständen konfrontiert zu werden, die durch das Handeln boshafter Gegenspieler oder durch den Eintritt undurchschaubarer metaphysischer Verwirrung die abenteuerliche Handlung konstituieren. In Lohensteins Erzählung tragen die Protagonisten ihre Konflikte im Gegensatz dazu mit sich selbst und mit anderen aus. Nicht Dämonen und übergeordnete Verblendungszusammenhänge bilden den Handlungsanlaß, sondern zur Bewährung wird den Lohensteinschen Helden der Umgang mit der menschlich-sündigen Natur: mit der eigenen Affektivität, mit der Persönlichkeit des Gegenübers, und mit der menschengemachten gesellschaftlichen Wirklichkeit.« (Ebd., 334 f.).

  84. Bekanntlich nimmt der Arminius Wissensbestände erheblichen Umfanges auf und ordnet sie entlang der zweimal neun Bücher unter der Leitung der lullischen praedicata absoluta und relativa, in einem topischen System also, das unabhängig von der Romanhandlung besteht und in dem die Handlung selbst als Exemplifikation des leitenden Prädikats erscheint (vgl. Borgstedt [Anm. 82], Kapitel E und G).

  85. In beiden Fällen kann die zeitliche Abfolge der Feiern über den offensichtlichen Vorrang des eröffnenden Paares hinaus als hierarchische Indikation gelesen werden. In Damaskus wird nur zwei weitere Tage gefeiert, am zweiten Tag also folgen sieben königliche, am dritten vier Beilager von Prinzen. In Samosata bleibt für alle siebzehn Paare je ein Tag vorbehalten, durch den Erzähler hervorgehoben wird aber die Hochzeit von Tuscus Sicanus und Ahalibama am zweiten Tag und die dann folgende Aufzählung erhält ein locker hierarchisches Profil durch die vier heiratenden Könige zu Beginn (von insgesamt, in dieser Aufzählung, sieben) und das einzig titellose Paar Cherfis-Amphilite am Schluss. Der Erzähler ordnet die Aufzählung der Rückkehrten nach Himmelsrichtungen, so die raumzentrierende, raumbindende Macht des vergangenen Ereignisses sinnfällig machend. Das Hauptpaar bleibt übrig, bis eine Tochter geboren wird, die, als einstige Königin Mesopotamiens, dem vier Monate zuvor geborenen Erbprinzen des zweitrangigen Paares jetzt schon zur Ehe versprochen wird und in der Obhut von dessen Eltern im Orient zurückbleibt.

  86. Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Die durchleuchtige Syrerinn Aramena. Der fünfte Teil, Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1673. Hrsg. Blake Lee Spahr, Frankfurt 1983, 878.

  87. Schon zuvor deuten Formulierungen, indem sie Reste bezeichnen, auf diese Vollständigkeit. So heißt es: »Die Königin Orosmada / ware fast unter diesem großen haufen die einige / die noch unzufrieden bliebe: […].« (Ebd., 866) Und, bezogen schon auf Daces und Nahor: »Aber der Daces und Nahor / fanden allein keinen trost […]. Weswegen sie sich auch beseits begaben / üm ihr seufzen nicht unter der andern ihr frolocken zu vermengen.« (Ebd., 875 f.).

  88. Vgl. ebd., 879.

  89. Vgl. Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Die durchleuchtige Syrerinn Aramena. Der vierte Teil, Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1673. Hrsg. Blake Lee Spahr, Frankfurt 1983, 876–880. Auch die unvollständigen Rückkehrten – die Damen bleiben »wegen des einfallenden winters und beschwerlichen reisens« (ebd., 880) in Damaskus – könnten so gedeutet werden.

  90. Vgl. Aramena V (Anm. 86), 876: »Wie nun / unter allen diesen begebenheiten die nacht endlich einbrechen wolte / schiede diese große gesellschaft von einander: wiewol sie solches nicht üm schlaffens willen thäten / sondern die meisten zu diese verliebten sich verteilten / bei denen sie wolstands halber verblieben; weil die verliebte Könige unmüglich sich bequemen konte / ihre schöne so bald zu verlassen / ehe sie noch ferner von ihrer glückseeligkeit sich mit einander beredet hätten.«.

  91. Also der Paare Marsius-Aramena, Aramenes-Coelidiane, Tuscus Sicamus-Ahalibama, Dison-jüngere Aramena.

  92. Tatsächlich liegt ein Romanschluss als Ende nur dieser zweiten Textschicht (von dreien) und ersten Fassung (von zweien) vor; die erste, vierbändige Konzeption wurde vor der vollständigen Ausführung und nach der Veröffentlichung nur der ersten drei Bände (1677–79) verworfen, und der Schluss der ersten, sechsbändigen Fassung (1703–1707) zugunsten einer umfassenden Überarbeitung, dann aber auch der Erweiterung um noch zwei Bände wieder aufgeschnürt; in den beiden Jahren vor dem Tod des Autors 1714 sind aber nur die ersten sechs Bände dieser zweiten Fassung erschienen, und während der siebte Band und große Teile des achten Bandes in Form von Diktatniederschriften unediert vorliegen, gingen die Skizze gerade des Schlusses dieser Fassung, wie auch die letzten vier Manuskriptbände verloren. Zur Entstehungsgeschichte vgl. den knappen Abriss bei Stephan Kraft, Geschlossenheit und Offenheit der »Römischen Octavia« von Herzog Anton Ulrich. »der roman macht ahn die ewigkeit gedenken, den er nimbt kein endt.«, Würzburg 2004 (Epistemata, Reihe Literaturwissenschaft, Band 483), 15 f.; ausführlicher: Mazingue (Anm. 67), 387–463.

  93. Man befindet sich nämlich auf dacischem Territorium. Die Abhängigkeit ist zeitlich und kausal: »Wie nun die crönung des Dorpaneus Anses verrichtet / liesse der geschehen / daß der bischoff Andronicus den Tyridates mit seiner Octavia / und der bischoff Martialis den Artabanus mit der Zenobia vertrauete […].« ([Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel,] Der Römischen Octavia Sechster und letzter Band/Der Durchleuchtigsten Herzogin gewidmet/Die diese Römerin/von ihrem mehr als zwanzig-jährigem Schlaff/auferwecket. Nürnberg/In Verlegung Johann Hofmanns und Engelbert Strecks Wittiben, 1711, 1020).

  94. Vgl. ebd., 1024 f. und 1027 f.

  95. Vgl. ebd., 1027 f.

  96. Vgl. ebd., 1022.

  97. Vgl. ebd., 1027.

  98. Benutzt wird für die Bände I und III–VI die Historisch Kritische Ausgabe. Nur für den zweiten Band wird auf den Erstdruck von 1713 zurückgegriffen. Im Einzelnen sind das also: Anton Ulrich Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Die Römische Octavia. Erster Band in drei Teilbänden. Bearbeitet von Rolf Tarot und Maria Munding, Stuttgart 1993 (= Werke: historisch-kritische Ausgabe, III, 1–3, und = Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, 314–316). [Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel,] Der Römischen Octavia Zweyter Theil. Braunschweig/ Gedruckt und verlegt durch Johann Georg Zilligern Hochfürstl. privil. Hof-Buchdrucker. Anton Ulrich Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Die Römische Octavia. Dritter Band in drei Teilbänden. Bearbeitet von Julie Boghardt, Stuttgart 1997 (= Werke: historisch-kritische Ausgabe, V, 1–3, und = Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, 319–321). Anton Ulrich Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Die Römische Octavia. Vierter Band in drei Teilbänden. Bearbeitet von Maria Munding, Stuttgart 2009 (= Werke: historisch-kritische Ausgabe, VI, 1–3, und = Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, 339–341). Anton Ulrich Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Die Römische Octavia. Fünfter Band in vier Teilbänden. Bearbeitet von Dieter Merzbacher, Stuttgart 2011 (= Werke: historisch-kritische Ausgabe, VII, 1–4, und = Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, 342–344, 347). Anton Ulrich Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Die Römische Octavia. Sechster Band in drei Teilbänden. Bearbeitet von Dieter Merzbacher, Stuttgart 2002 (= Werke: historisch-kritische Ausgabe, VIII, 1–3, und = Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, 328, 332–333).

  99. Auf ausführliche Belege wird allerdings verzichtet, da diese an anderer Stelle vorliegen. Vgl. Verf. (Anm. 27), Anhang 8–36.

  100. Wer Auskunft darüber will, wie groß die Integrationsleistung des Liebesbereiches für das überbordende Personal des Romans insgesamt ist, kann sich das Vergnügen machen, einmal zu prüfen, wie viele Figuren in einem allein anhand der Liebesverhältnisse konstituierten Netzwerk integriert werden können – es sind, in dem größten möglichen Netzwerk, 73 Figuren, was Aufschluss darüber gibt, wie viele Figuren in mehreren Liebeshandlungen, zugleich oder nacheinander, Rollen einnehmen. Überlegungen zum zahlreichen Personal des Romans und seinen möglichen Ordnungen finden sich auch bei Stephan Kraft, »Verloren im Netzwerk«, ZfdPh 128 (2009), 163–178.

  101. Es handelt sich um Vologeses (279 Seiten), Claudia (231 Seiten) und Domitius Nero (169 Seiten).

  102. Vgl. Mazingue (Anm. 67), 743, Anm. 3: »Anton Ulrich ne renonce pas aux aventures traditionnelles, aux épreuves de la séparation physique […] ou psychologique […]. Mais ce sont des données en définitive secondaires par rapport à la séparation purement morale qui fait le tourment d’Octavia.«.

  103. Natürlich gibt es genügend Anhaltspunkte, um auch eine Entscheidung über den Vorrang innerhalb der doppelt besetzten Ränge zu begründen – dann würden Britannicus und Caledonia wohl den zweiten, Artabanus und Zenobia den letzten Rang besetzen. Während hier aber feiner abgewogen und diskutiert werden müsste, ist der Vorrang von Britannicus-Caledonia und Italus-Antonia gegenüber Parthenia-Beor und Artabanus-Zenobia eindeutig.

  104. Vgl. hierzu die exemplarischen Analysen bei Verf. (Anm. 27), Anhang 36–75.

  105. Vgl. Mazingue (Anm. 67), 815–824 und Verf. (Anm. 27), 421–446.

  106. Vgl. Mazingue (Anm. 67), 825–846 und Verf. (Anm. 27), 446–486.

  107. Vgl. Verf. (Anm. 27), 354–421.

  108. Vgl. [Benjamin Wedel,] Geheime Nachrichten und Briefe von Herrn Menantes Leben und Schrifften. Cöln / bey Johann Christian Oelschnern. 1731, 97 und 118; sowie Olaf Simons: »Zwischen privater Historie und Entscheidung der Poetik. Spannendes Erzählen in Menantes’ ›Satyrischem Roman‹«, in: Cornelia Hobohm (Hrsg.), Menantes. Ein Dichterleben zwischen Barock und Aufklärung, Bucha bei Jena 2006, 9–49, hier: 29 f.

  109. Für eine Einordnung der Romane hinsichtlich der von ihnen bespielten Öffentlichkeiten vgl. Rose (Anm. 3), 144 f.

  110. Christian Friedrich Hunold [Menantes], Die Verliebte und Galante Welt In vielen annehmlichen und wahrhafften Liebes-Geschichten / Welche sich in etlichen Jahren her in Teutschland zugetragen. Curieusen Gemüthern zu beliebter Ergetzung Itzo in zwey Theilen ans Licht gestellet von Menantes. Hamburg, bey Christian Wilhelm Brandt, im Thum 1730. Eine Inhaltsangabe bei Wagener (Anm. 8), 16–19. Vgl. auch Verf. (Anm. 27), 160–163.

  111. »Allein Syrandes und Arsenia hielten so inständig um diese Zufriedenheit an, und da Milander, Hermantes und Azestes, Heralden, Amalie und Merine aber Selimenen hierum selbst ersuchten, liessen sie sich erbitten, und willigten endlich in ein so höfliches Begehren.« (92).

  112. Mithin in den Redundanzen, die Jörn Steigerwald (Anm. 6), 493 f., als negative Effekte verbucht, »die dem Vergnügen am Text entgegenstehen.«.

  113. Vor Einsatz der Liebeshandlungen werden Milander, Hermantes, Azestes und Syrandes gleich bei der Ankunft Heraldos in Jenona als dessen Freunde eingeführt (vgl. 36–41). Lemande wird nicht über diese Gruppe, sondern als Bekannter von Merine auf ihre Gesellschaft geholt (vgl. 113). Alle weiblichen Hauptfiguren werden erst mit Einsatz ihrer Liebeshandlung eingeführt. Rollen, die Liebende in anderen Liebeshandlungen als der eigenen übernehmen können, sind die des Nebenbuhlers, des Vertrauten, des Förderers bzw. des Vermittlers und der Verdoppelung (vgl. 85–96, 109, 116–120, 127–134, 188–192). Charakteristisch ist, dass die funktionalen Verschränkungen eher fördernd, also beschleunigend oder konflikthemmend wirken, als hindernd und retardierend. Die einzige Nebenbuhlerschaft – Heraldo bei Azestes und Sirene – bleibt latent. Auch Amalia und Merine ahnden die Untreue ihrer späteren Ehemänner nicht.

  114. Zu denken wäre allenfalls an das festliche Hofleben (vgl. 38–41, 128–130) und an die mitunter disruptiv wirkenden Karrieren der Einzelfiguren – Azestes muss auf die Universität und die Stadt verlassen (vgl. 58 f., 68 f.) und wird Sirene in der Ferne untreu (109 f.); im zweiten Teil trennen sich Seladon und Amalia einvernehmlich, da beide Stellen annehmen (ebd. II, 188–190).

  115. Christian Friedrich Hunold (Menantes), Die liebenswürdige Adalie, Stuttgart 1967 (= Reprographischer Nachdruck der Ausgabe von 1702). Eine Inhaltsangabe bei Wagener (Anm. 8), 24–27.

  116. Vgl. Verf. (Anm. 27), 338–343.

  117. Dies Duplikat stellt bekanntlich Hunolds Zusatz zur Vorlage der Novelle von Préchac dar – vgl. Wagener (Anm. 8), 30.

  118. Renard lässt sich von Louysens »hefftiger Reitzung« (159) durchaus bestricken; kehrt aber vor der Ausführung um (159 f.), lässt sich, heißt das, von seinem Cammer-Diener vertreten (161). Für Barsine besteht die größere Gefahr in der Gewaltanwendung und -drohung sowohl Lionards (95–98) wie Curtons (303 f.). Adalie, wenn sie die Annahme Alfredos in Aussicht stellt, folgt keiner sinnlichen Begierde, sondern, Rosantes tot wähnend, der Überredung (402 f.). Gegenüber Werdigni bleibt sie ganz gleichgültig (208). Rosantes ist am weitesten von einem Treuebruch entfernt.

  119. Gemeint sind Lionards Schloss, Verdun, und die Schlösser Louysens und Curtons. Die anderen Orte hingegen (Elbipolis, Permane, Pleisina, Allerona, Pariß, Fontaineblau, Niemägen, die Residenz der Britannischen Majestät, der Beltische Hof) sind territorial und politisch klar zugeordnet, sie sind Orte mit politischer Funktion und/oder Herkunftsorte wichtiger Figuren, oder Orte touristischer Relevanz (Fontaineblau); sie können von Figuren mehrfach aufgesucht werden und in ihrer Umgebung sind Orte friedlichen Verweilens (das Closter vor Paris, 75, die schöne Gegend bei Permane, 354–356).

  120. Auch der Satyrische Roman erscheint über weite Teile binär strukturiert, betroffen sind hier aber nicht zwei Liebeshandlungen, sondern die beiden befreundeten Reisegefährten und Hauptfiguren Tyrsates und Selander, die, zunächst ungebunden, in mehrere Liebeshändel unterschiedlicher Verbindlichkeit verwickelt werden. Die beiden finalisierenden Liebeshandlungen sind, sieht man von einer Notheirat im Kindbett ab, überhaupt in dem Roman die einzig glücklich abgeschlossenen, die Handlungsausgänge insgesamt stehen im Dienst einer Diskriminierung wahrer Galanterie und ihrer lächerlichen Nachäffungen (vgl. Steigerwald [Anm. 6], 444–460). Auch hier können, in den letzten Liebeshandlungen Tyrsates-Asterie und Selander-Arismenia, unterschiedliche Dynamiken gegeneinandergehalten werden (vgl. Steigerwald [Anm. 6], 450, und Fischer [Anm. 6], 92); weil Tyrsates Asterie aber erst trifft, als Selander und Arismenia bereits getrennt sind (um später, kurz vor Schluss, noch wiedervereint zu werden), kommt es zu keinem eigentlichen Nebeneinanderher beider Handlungen und zu keiner dies Nebeneinanderher organisierenden, rhythmisch-dynamischen Gestaltung der linearen Rede.

  121. Einschätzungen dazu bei Steigerwald (Anm. 6), 461 und Wagener (Anm. 8), 21.

  122. Vgl. Verliebte und galante Welt (Anm. 110), II, 115.

  123. Vgl. Verf. (Anm. 27), 186–192.

  124. Vgl. die anhand eines zeitlich etwas später gelegenen Korpus gewonnen Befunde in Damann (Anm. 21).

  125. Hunold, Christian Friedrich (Menantes), Der Europaeischen Höfe / Liebes- und Helden-Geschichte / Der Galanten Welt zur vergnügten Curiosité ans Licht gestellet. Von Menantes. Hamburg / Bey Gottfried Liebernickel / 1705, 2 Bde., Nachdruck Bern 1978. Die Paginierung übergeht die Bandgrenze. Eine Inhaltsangabe bei Wagener (Anm. 8), 42–51. Vgl. auch Verf. (Anm. 27), 163–167.

  126. Vgl. Verf. (Anm. 27), 174–180.

  127. Vgl. ebd., 140–143.

  128. Das betrifft die erste Begegnung mit Thersarie (554–556), den aus dem zeitlichen Zusammenhang des Folgetags der Jagd sich lösenden Besuch bei ihr (615–695) und die nur in die allgemeinen Aufbruchsbemühungen eingepassten letzten Besuche bei den Prinzessinnen Bellemond und Engvien (701–705, 707–710).

  129. Gesellige Versammlungen: Die Gartencompagnie (558–573), die königliche Jagd (574–591); der Folgetag der Jagd (592–615). Die Notwendigkeit des Aufbruches: die bei schon gefasstem Aufbruchsbeschluss noch ›übrige‹ Handlung Heroalds (696–701), der Besuch Gustavens bei der Prinzessin von Bellemond, den er, über den Bemühungen um einen Passport, beinahe vergessen hätte (701–705), der Besuch Gustavens bei der Prinzessin von Engvien, der ihn die Begegnung mit dem Prinzen von Winterberg, der sein Inkognito aufzulösen gedroht hätte, vermeiden hilft (707–710), die verschiedenen Abschiede von Thersarie (710–714, 724–729); das Duell (714–723).

  130. Vgl. 730–741. Dass die untergeordnete Handlung die reflexiv und moralisch größere Dynamik zugewiesen bekommt, gilt auch für den Roman Die Liebenswürdige Adalie. Fischer (Anm. 6), 70–89, widmet der Passage eine ausführliche Analyse.

  131. Der Prinz von Ludie betrügt seine Frau auch. Beide erfahren, dank der Intrige des von Heroald als Liebhaber Mme de Ludies verdrängten Tersilly, von den jeweiligen Affairen. Dass der Prinz von Ludie sich an Heroald rächen dürfe, wird zur Bedingung für die Rache Mme de Ludies an seiner Geliebten (vgl. 696–701).

  132. Vgl. für den Fall der Astrée Morgante (Anm. 11), 56–60.

  133. Im Einzelnen bedeutet dies, dass ein Minimum an Kontakt, und sei es in Bildform, zum vollständigen, das heißt nicht mehr steigerbaren Verlieben genügt, dass die Werbung in wenigen, vom Mann her initiierten Schritten zum gegenseitigen Geständnis führt; dass das Geständnis des Mannes unmittelbar das Geständnis der Frau hervorruft, und gleichbedeutend ist mit einer Verlobung; dass es vom Liebespaar selber aus keine Gründe zur Verzögerung der Heirat gibt.

  134. Wie auch, wenn, bei Kenntnisnahme frühkindlicher Vertauschung, die Zuweisung selbst einer neuen Identität gleichsam bruchlos akzeptiert und sogleich zur Ausführung gebracht wird – so bei Italus und Drusus in der Römischen Octavia (vgl. Octavia [Anm. 98], III/184–191). Vgl. zur ›Person‹ in der Octavia auch Karin Hofter, Vereinzelung und Verflechtung in Herzog Anton Ulrichs »Octavia. Römische Geschichte«, Diss. Masch. Bonn 1954, 114 f.

  135. Friedrich von Blanckenburg, Versuch über den Roman, Faksimiledruck der Originalausgabe von 1774, Stuttgart 1965, 10.

  136. Vgl. Johann Karl Wezel, Lebensgeschichte Tobias Knauts, des Weisen, sonst der Stammler genannt. Aus Familiennachrichten gesammelt, Berlin 1990, 34: »Gewiß ist es, daß die Gegenstände, an welchen wir unsre ersten Erfahrungen machen, die Art, wie sie auf uns wirken – daß die Personen, von welchen wir die ersten Elemente der Sprache und zugleich auch der menschlichen Erkenntnis lernen, ihr Betragen gegen uns und andre, sogar ihre Gebärden, ihre Mienen – daß endlich der Fluß, in welchen unsre Lebensgeister zufälligerweise durch die äußerlichen Ursachen der Luft, der Witterung usf. oder durch die innern Bewegungen der Maschine, durch die Wirkungen der Speisen in den ersten Jahren gesetzt werden – daß alle diese Umstände zusammengenommen und vielleicht noch viele andre, die ich übersehen oder die in den genannten enthalten sind und itzt nicht so umständlich auseinandergesetzt werden können – daß alle diese Umstände, sage ich, der erste Boden und folglich auch der erste Nahrungsstoff für unsern Charakter sind.«.

  137. Christoph Martin Wieland, Der Neue Amadis, Werke, hrsg. Fritz Martini und Hans Werner Seiffert, IV, München 1965, 377–815. Zitiert wird unter Angabe des Gesanges und der Strophe.

  138. Der Triton (IV), der Faun (VIII), der Gymnosofist (XVI), Don Boreas (XV).

  139. Zu vergleichen den sogenannten »Paarungszeremonien« in der Dating-Reality-Show Love Island: dort erhalten in einer Versammlung aller Teilnehmer entweder die Frauen oder die Männer die Möglichkeit, eine Person des anderen Geschlechts zu ihrem neuen »couple« zu ernennen; wer am Ende der Zeremonie nicht gewählt wurde, muss die Show verlassen.

  140. Vgl. die Anmerkung Wielands in der Fassung von 1771 im 14. Gesang: »Die augenscheinliche Unrichtigkeit eines Schlusses von Hundert auf Alle, scheint die Heftigkeit des Affects zu beweisen, worinn die Fee, da sie solche Schlüsse machte, gewesen seyn muß.« Wieland, Der Neue Amadis, Wielands Werke (Oßmannstedter Ausgabe), hrsg. Klaus Manger, Jan Philipp Reemtsma, Berlin, New York 2008, 9.1., 601.

  141. Nachdem sie eingesehen hat, dass Amadis, der sich der noch hässlichen Olinde zuwendet, sie nicht verdiene – vgl. XVII, 39.

  142. Das sind demnach Dindonette (II. Gesang), Kolifischon (III, VI, XII–XIII), Blaffardine (VII), Schatulliöse (IX, XII, XIII), Leoparde (XV, XVII) und Belladonna/Olinde (XVII, XVIII).

  143. Vgl. dazu Gelzer (Anm. 7), 395–407. »Nicht eine Parodie auf die ›hohe‹ Epenform ist beabsichtigt, sondern ein scherzhaftes Spiel mit dem Gesamtbestand der durch die Romanbibliotheken wieder zugänglich gemachten Romanstoffe. Wielands Epyllion lediglich als Wiederbelebung des Ariostschen romanzo zu interpretieren, hieße seine Radikalität zu verkennen: Es handelt sich nicht um einen parodistischen Zerrspiegel der chevalersken Epenwelt […], sondern um ein freies intertextuelles Spiel mit dem Personal unterschiedlicher Romantraditionen.« (Ebd., 402 f.).

  144. Vgl. Wielands Fußnote 10 des ersten Gesanges, bezogen auf die Verse: »Ihr seht, Schach Bambos holde Kinder | Sind keine Kassandern, wie einst Herr Calprenede geschnitzt«, der achtzehnten Strophe, auf S. 784 f. der oben angegebenen Ausgabe, die den historischen Abstand betont: »Freilich ist es keine sehr empfehlende Eigenschaft der heroischen Romane dieses fruchtbaren Autors, daß sie zehn bis zwölf dicke Oktavbände stark sind. Aber ihr größter Fehler ist doch wohl, nicht, daß sie in ihrer Art und für sich selbst nicht vortrefflich sein sollten, sondern daß wir und unsere Zeit zu solchen Geisteswerken und Geistesunterhaltungen nicht mehr passen; so wenig zu ihnen passen, als unsre Schultern und Rücken zu den schweren Rüstungen, und unsre Fäuste zu den Lanzen und Schwertern unsrer kraftvollen Vorfahren. Wohl den Herren und Damen der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, die noch Kopf und Gedächtnis und Nerven und Gesundheit des Leibes und der Seele, und an Idealen hoher sittlicher Schönheit Geschmack genug hatten, um im Lesen und Wiederlesen der zwölf dicken Bände der Kassandra eine Unterhaltung des Geistes und Herzens zu finden, die wir in den größten Teils schalen, schwächlichen, krampfigen und epileptischen Produkten unsrer Zeit, die an die Stelle der Kassandern und Klelien gekommen sind, vergebens suchen.«.

  145. Dafür, dass Olinde/Belladonna wesentlich von ihrer Schwester sich nicht unterscheidet, sprechen mindestens folgende drei Beobachtungen. Erstens: dass sie – ihre Schwester ist; und nicht irgendeine, sondern, wenn Kolifischons Zeichnung zu trauen ist, die schönste – und schrecklichste (VI, 19–22): oberflächlichste, eitelste, selbstverliebteste. Die Erzählung, die angeboten wird, ist nun freilich: je größer die Sünde, desto größer die Sühne, desto größer das Verdienst; sie selbst aber erzählt das Amadis (XVII, 27–33) – der Erzähler aber hakt ein: »Entweder, sie sagt das Ding | Das nicht ist, oder es steckt sonst etwas hinter der Sache« (XVII, 34) – so gering könne Belladonna von ihrer gehabten Schönheit nicht denken, es müsse also mehr Eitelkeit in ihr übrig geblieben sein, als sie vorgibt. In der Tat: sie enthüllt in der Erzählung Amadis ihre gewesene Schönheit; daraufhin erst überwindet seine Liebe ihre ja nur oberflächliche, zauberische Hässlichkeit. Immer wieder wird auf die Klugheit Olindens im Umgang mit ihrer besonderen Lage verwiesen: Sie weiß, dass sie ihre Schönheit nur wiedergewinnen kann, wenn sie eine Eroberung ohne deren Hilfe macht (XVII, 13). Was sie Amadis verbirgt, die Schönheit ihres mit ihrem verzauberten Gesicht stark kontrastierenden Körpers, ›enthüllt‹ dem Leser der Erzähler; er bringt sie ihm also in dieselbe erotische Spannung, wie sonst die anderen Bambo-Töchter. Zugespitzt: wodurch sie sich Amadis empfiehlt – »die geistige Schönheit, geheime Sympathien, | Durch Witz und reitzenden Umgang und unverwandtes Bemühen« (XVIII, 1) – das ist nur das stärkste, und ihrer besonderen Zwangslage bestens angepasste Verführungsmittel, das in dem Epos vorgeführt wird. Zweitens: da Amadis sich in jede ihm begegnende Frau zunächst verliebt, warum dann nicht in sie? – die nun mit den zwar etwas ungewöhnlichen, aber doch wirkenden Reizen eines gefälligen Charakters und einer mit ihrer offenbaren Hässlichkeit konkurrierenden Geschichte, also mit der eigenen Arbeit seiner Fantasie aufwarten kann? Sie ist nun zufällig die letzte in der Sechserreihe, also muss hier die Heirat her. Drittens: dass der Zauberbereich Tulpans, als das gesamte Epos integrierende Moment, nicht verlassen wird, ja seine Wirkmacht sich gerade hier besonders erweist. Tatsächlich können die Transformationen Belladonnas/Olindes als gelingende Durchführung dessen angesehen werden, was Tulpan zuvor, und mit misslicherem Ausgang, bei Blaffardine versucht hatte (VII, 24–34).

  146. So wird, im berühmten Sopha von Crébillon fils, Amanzéi, in ein Sopha verwandelt, Zeuge mehrerer erotischer Begegnungen. Der verwandelnde Gott Brahma bestimmt, »que mon âme [d.i. die Seele Amanzéis] ne commencerait une nouvelle carrière que quand deux personnes se donneraient mutuellement, et sur moi, leurs prémices.« (Claude de Crébillon, Le Sopha. Conte moral. À Gaznah. De l’imprimérie du très-pieux, très clément et très auguste sultan des Indes. L’an de l’Hégire M.C.X.X. Avec privilège du susdit, in: Patrice Wald Lasowski (Hrsg.), Romanciers libertins du XVIIIe siècle, I, Paris 2000, 69–247, hier: 79.).

  147. Unberührt sind davon Mehrfachhochzeiten ohne den synekdochischen Verweis auf Totalität, den Wieland ja bereits ironisch kommentiert – einfache Doppelhochzeiten etwa wie in Jenny Treibel. Vgl. speziell zum Roman des 19. Jahrhunderts Nico Dorn, »Jenseits der Liebe. Heiraten als Schlussfigur der Ordnung in Romanen des 19. Jahrhunderts«, Kritische Ausgabe 18 (2014), Nr. 26: Ende, 39–42.

  148. D. A. F. de Sade, Les Cent Vingt Jounées de Sodome ou L’école du libertinage, Oeuvres, hrsg. Michel Delon, I, Paris 1990, 13–383, hier: 17.

  149. Die Ausnahmen bestätigen die Regel: Tyridates wächst mit seinen Neffen Artabanus und Vardanes wie mit Brüdern auf (Octavia [Anm. 98], I/80 f.). Der Altersabstand zu Artabanus lässt sich mit einem Jahr in der Ausgabe von 1711 noch genau beziffern (dort auf Seite 89 des ersten Bandes), in der Überarbeitung ist der entsprechende Passus gestrichen (Octavia [Anm. 98], I/83). Bérenice, in der Cassandre auf dem zweiten Rang heiratend, ist die Tochter des Helden Oroondate und bekommt seinen baldigen Schwager zum Mann.

  150. Am Anfang des Romans greift hier, was in den heroischen Barockromanen erst an ihrem Ende griff – die hierarchische Logik der Aufzählung, und zwar in dort unerreichter Präzision und Ausführlichkeit über 33 Seiten in der ersten, langen, und über 4 Seiten in der kurzen, rekapitulierenden Fassung (vgl. Sade [Anm. 148], 70–74).

  151. Vgl. etwa ebd., 334: »On s’aperçoit mieux que jamais, ce soir-là, de la haine taquine de Durcet pour Adélaide; il la tourmente, il la vexe, elle se désole; et le président, son père, ne la soutient point.«.

  152. Vgl. Katrin Dennerlein, »Die Funktion der Turmgesellschaft in Wilhelm Meisters Lehrjahre für die Thematisierung von Bildung und für die Debatte um die Bestimmung des Menschen«, in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 2010, 172–200, hier: 175–178.

  153. Lehrjahre (Anm. 13), 610.

  154. Vgl. Kuhlmann (Anm. 12), 218 f.

  155. Vgl. ebd., 245–258.

  156. Zu denken an die Romane Un début dans la vie von Balzac und La vie mode d’emploi von Perec.

  157. Eine Gleichzeitigkeit eines historischen ›noch nicht‹ und des ›bereits nicht mehr‹ attestiert dem Roman auch Kraft (Anm. 100), 177 f. Vgl. außerdem Verf. (Anm. 27), 446–486, Anhang 187–191.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Simon Wilkens.

Rights and permissions

Springer Nature oder sein Lizenzgeber hält die ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Artikel kraft eines Verlagsvertrags mit dem/den Autor*in(nen) oder anderen Rechteinhaber*in(nen); die Selbstarchivierung der akzeptierten Manuskriptversion dieses Artikels durch Autor*in(nen) unterliegt ausschließlich den Bedingungen dieses Verlagsvertrags und dem geltenden Recht.

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Wilkens, S. Zur Evolution der Finalisierungsstruktur des hohen Barockromans. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 96, 267–311 (2022). https://doi.org/10.1007/s41245-022-00147-9

Download citation

  • Accepted:

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s41245-022-00147-9

Navigation