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Ausnahme Pop. Über die Unwahrscheinlichkeit einer besonderen ästhetischen Erfahrung

Except Pop. On the Unlikelihood of a Particular Aesthetic Experience

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Zusammenfassung

›Pop‹ ist die Abkürzung des Wortes ›populär‹. Allerdings lässt sich der Begriff von Pop nicht auf die Bedeutung des Wortes ›populär‹ reduzieren. Seitdem die Pop Art-Bewegung in den 1960er-Jahren die Formensprache der Populärkultur explizit machte, hat der Ausdruck ›Pop‹ eine reflexive Bedeutungskomponente gewonnen, die im Wort ›populär‹ nicht enthalten ist. In diesem reflexiven Sinn kann ›Pop‹ für eine besondere ästhetische Erfahrung stehen, nämlich wie es ist, an den Konventionen einer Konsum- und Massengesellschaft teilzunehmen. Vermöge dieser Erfahrung können Personen eine individuelle Einstellung zur Massenkultur entwickeln, welche die falsche Alternative besinnungsloser Unterwerfung und aussichtsloser Abwehr hinter sich lässt. Ästhetische Objekte, die eine solche Erfahrung ermöglichen, konstituieren sich durch anschauliche und prägnant hörbare Formen spektakulärer Selbstreferenz sowie durch Praktiken des Geltungskonsums. Pop ist auf diese Weise ein Medium subjektiver Autonomie im Medienzeitalter.

Abstract

›Pop‹ is an abbreviation of the term ›popular‹. Nevertheless the notion of pop cannot be reduced to the meaning of the word popular. Since the pop art movement has entered the public scene there is an inherent aspect of reflexivity in the meaning of the word ›pop‹, that is not present in the term ›popular‹. In this reflexive sense ›pop‹ can stand for a particular aesthetic experience, how it is, to participate in a consumerist and mass culture society. In virtue of this experience a person is able to establish a personal stance to mass culture between devotion and defence, instead of being just a victim of marketing strategies. Aesthetic Objects, that stimulate this particular experience, are constituted by forms of spectacular self-reference and response dependent practices. Pop’s aesthetics of exaggeration is thus a medium of self-contained subjectivity in the media age.

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Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Vgl. Oxford English Dictionary, Stw. »Pop«.

  2. Vgl. Wiesing, Lambert: Luxus. Frankfurt a.M. 2015, S. 120 ff.

  3. Der implizit kosmologische Zug des Kantischen Schönheitsbegriffs wird erkennbar im Licht einer Beschreibung Karl Löwiths: »Der griechisch verstandene Kosmos ist nicht von gesetzten Gesetzen beherrscht, die ihm ein göttlicher oder menschlicher Verstand vor- und eingesetzt hat, sondern er ist als Kosmos an und für sich in Ordnung, im Sinne von wohlgeordnet. Als eine Weltordnung ist er zugleich ›gut‹ und ›schön‹ – sogar ›das Beste und Schönste alles Gewordenen‹ (Platon, Timaios 29 a und 29 c) – in einem nicht bloß moralischen und ästhetischen Sinn, ›eine ewige Zier‹, wie Goethe Kosmos wortgetreu übersetzt« (Löwith, Karl: Der Weltbegriff der neuzeitlichen Philosophie. Heidelberg 1968, S. 8 f.).

  4. »Schönheit ist die Form der Zweckmäßigkeit eines Gegenstandes, sofern sie ohne Vorstellung eines Zwecks an ihm wahrgenommen wird« (Kant, Immanuel: Kritik der Urteilskraft. Hg. von Heiner F. Klemme. Hamburg 2001, S. 92 [= B 61]).

  5. Einen allgemeinen Überblick (aus der freilich engen Perspektive der analytischen Philosophie) gibt Haukiojaz, Jussi: »Different Notions of Response-Dependence«. In: Miguel Hoeltje/Benjamin Schnieder/Alex Steinberg (Hg.): Varieties of Dependence: Ontological Dependence, Grounding, Supervenience, Response-Dependence. München 2013, S. 167–193; die Verbindung zwischen der philosophischen Diskussion und der sozialtheoretischen und kulturwissenschaftlichen Problematik anerkennungsabhängiger Gegenstände stiftet Sally Haslanger in ihrem Aufsatz: »Ontology and Social Construction«. In: Philosophical Topics 23 (1995), Heft 2, S. 5–125. Eine besonders sorgfältige Analyse der sozialen Konstitutionsproblematik hat Kit Fine entwickelt: »The Structure of Joint Intention« [Manuskript des Vortrags »Response-Dependence and Joint Intention« auf der Tagung Collective Intentionality VIII in Manchester, 28.–31. August 2012]. In: http://www.academia.edu/8942497/the_structure_of_joint_intention (28.5.2016).

  6. Vgl. Searle, John: Making the Social World. The Structure of Human Civilisation. New York 2010.

  7. Man könnte die perfekte Übereinstimmung zwischen Bildform und realistischer Ansicht auch als eine Form der Ironie werten, als offenkundige Überidentifikation, die das alljährliche Thanksgiving-Ritual auch als etwas Belächelnswertes erscheinen lässt. Aber das scheint mir kein Widerspruch zur Beschreibung zu sein, die den normativ realistischen Anspruch der bildlichen Gestaltung hervorhebt, vielmehr beruht die ironische, uneigentliche Wirkung des Bildes, die durch den Bildkontext aufgerufen wird, auf der nichtironischen Bildlichkeit per se. Norman Rockwell selbst hat seine Gemälde und Illustrationen übrigens durchaus unironisch intendiert: »I paint life as I would like it to be« (Rockwell, Norman: My Adventures as an Illustrator. Indianapolis 1979, S. 24).

  8. Vgl. Eibl-Eibesfeld, Irenäus: Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung. München 1969, S. 445 ff.

  9. Vgl. Hamilton, Richard: »Letter to Peter and Alison Smithson, 16th January 1957«. Zitiert nach: David Robbins (Hg.): The Independent Group: Postwar Britain and the Aesthetics of Plenty. Cambridge, Mass. 1990, S. 181 f.

  10. Reynolds, Simon: Retromania. Warum Pop nicht von seiner Vergangenheit lassen kann. Aus dem Englischen von Chris Wilpert. Mainz 2012.

  11. »Kann es sein, dass die größte Gefahr für die Zukunft der Musik … ihre eigene Vergangenheit ist? Vielleicht klingt das übertrieben apokalyptisch. Aber das Szenario, das ich mir ausmale, ist weniger eine plötzliche Katastrophe denn vielmehr ein schleichendes Verschwinden. So wird Pop enden, nicht mit einem Knall, sondern in einem Box-Set, dessen vierte CD du niemals abspielen wirst, und mit einer überteuerten Eintrittskarte für ein Pixies- oder Pavement-Konzert, auf dem ein Album eins zu eins neu inszeniert wird, das du bereits in deinem ersten Semester bis zum Gehtnichtmehr gehört hast« (ebd. S. 17).

  12. Vgl. kritisch zur argumentativen Problematik des Niedergangsbefunds in Reynolds Studie: Baßler, Moritz: »Reynolds und Clover«. In: Pop. Kultur & Kritik (2012), Heft 1, S. 81-85.

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Venus, J. Ausnahme Pop. Über die Unwahrscheinlichkeit einer besonderen ästhetischen Erfahrung. Z Literaturwiss Linguistik 46, 333–347 (2016). https://doi.org/10.1007/s41244-016-0026-2

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