Wir alle machen derzeit die Erfahrung, dass Fragen dort unbeantwortet bleiben, wo eigentlich klare Auskünfte angesagt sind. Was wir im Großen inzwischen zur Genüge kennen, gilt ähnlich im Kleinen bei der Finanzierung von Fachzeitschriften. Wir und andere wissen vieles und handeln, aber haben das ungute Gefühl, dass keiner ganz genau weiß, wohin die Reise geht. Wir, das sind die Schriftleitung der PFG und der Vorstand unserer Gesellschaft. Das Ziel der Reise ist eine planbare und ausgewogene Finanzierung der Zeitschrift. Mit dem folgenden Geleitwort möchte ich auf diese Problematik aufmerksam machen, bin mir aber bewusst, dass es sich bestenfalls um einen ersten Schritt handeln kann.

Die Kosten für Zeitschriftenabonnements und die Open-Access-Veröffentlichung von Fachartikeln sind seit Jahren gestiegen und hatten viele Bibliotheksetats an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gebracht. Um das Problem zu lösen, wurde das Finanzierungsmodell komplett umgestellt, bislang für Produkte der Verlage Springer Nature und Wiley. Seit diesem bzw. vergangenem Jahr finanziert der Steuerzahler indirekt die Open-Access-Publikation jedes Artikels dieser beiden Verlage zu einem auf den Artikel bezogenen Festpreis, sofern die Autorinnen oder Autoren Angehörige einer deutschen Wissenschaftseinrichtung sind. Aufgrund der freien Verfügbarkeit aller Artikel im Internet entfallen die bisherigen Abonnements.

Die neue Regelung ist in zwei DEAL-Verträgen festgeschrieben. Der DEAL-Vertrag mit Wiley wurde am 15.01.2019 geschlossen. Der DEAL-Vertrag mit Springer Nature folgte am 9.01.2020. Beide gelten rückwirkend bis 1997. Die Verhandlungen führte die Hochschulrektorenkonferenz. Die Max Planck Digital Library (MPDL) Service GmbH wurde 2018 gegründet, ist eine 100%ige Tochter der Max-Planck-Gesellschaft und wurde von der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen damit beauftragt, die DEAL-Verträge umzusetzen.

Am Beispiel des Vertrages mit Springer Nature werden nun einige Einzelheiten erläutert. Das heutige Geschäftsmodell eines Verlags wie Springer Nature wird als „Hybrid Publishing“ bezeichnet. Das bedeutet, dass sich die Einnahmen des Verlags aus dem Verkaufserlös von Büchern und Zeitschriften auf der einen Seite und den Einnahmen für Publikationsdienstleistungen auf der anderen Seite zusammensetzen. Eine solche Dienstleistung ist z. B. die Online-Veröffentlichung eines Artikels einschließlich der Gewährung eines kostenfreien Zugangs über das Internet. Die Kosten für Autorinnen und Autoren werden als Publish-and-Read Fee (PAR-Fee) bezeichnet und belaufen sich aktuell auf 2750 Euro netto pro Artikel, bzw. 917 Euro netto im Fall von nicht forschungsorientierten Beiträgen. Die Kosten werden ähnlich wie die Abonnements früher von den teilnehmenden Universitäten, Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen getragen.

Die Anfangsphase war und ist von ein paar Besonderheiten und Unwägbarkeiten geprägt. Zur Vertragsunterzeichnung Anfang 2020 gab es zwar Zusagen der vorgenannten Wissenschaftseinrichtungen. Ein Beitritt zum Vertrag folgte aber erst im Laufe der Zeit nach der Unterzeichnung.

Die Wissenschaftseinrichtungen zahlen zunächst einen Pauschalbetrag, der bei der nach den tatsächlichen Veröffentlichungen ermittelten Schlussrechnung berücksichtigt wird. Im ersten Jahr werden als Pauschalbetrag die bisherigen Subskriptions- und Abonnementausgaben angehalten. Dieser Betrag wird als Vorauszahlung an Springer Nature gezahlt. In den Folgejahren wird er näherungsweise auf die tatsächlichen Kosten abgestimmt. Langfristig wird eine artikelweise Abrechnung angestrebt. Für eine finanzielle Risikoabsicherung des Vertrags, z. B. durch Vorauszahlungsverpflichtungen, wurde ein DFG-Antrag bewilligt. Gemäß dem Vertrag wurden am Anfang einmalig 3.750.000 Euro für den rückwirkenden Zugang auf alle Artikel der letzten knapp 25 Jahre gezahlt.

Für den Fall eines zu geringen Interesses der Wissenschaftseinrichtungen und einer damit einhergehenden Nichtdeckung der Vertragskosten sah der DEAL-Vertrag eine Ausstiegsklausel bis Juni 2020 vor. Von dieser Klausel musste aber kein Gebrauch gemacht werden.

Autorinnen und Autoren weisen sich durch ihre E-Mail-Adresse als Angehörige einer am DEAL-Vertrag teilnehmenden Wissenschaftseinrichtung aus. Die Rechtmäßigkeit der Ausweisung wird in der Regel durch die zuständige Bibliothek geprüft und bestätigt. Aus Sicht der Autorinnen und Autoren deutscher Wissenschaftseinrichtungen erlaubt der DEAL-Vertrag eine kostenfreie Open-Access-Publikation in allen Zeitschriften von Springer Nature, eben auch in der PFG. Der DEAL-Vertrag gilt nicht für Artikel, die von Privatfirmen, von Behörden oder aus dem Ausland eingereicht werden. Die kostenfreie Publikation in der PFG ohne Open-Access ist davon nicht betroffen und gilt weiterhin für alle eingereichten Artikel.

Die Hochschulrektorenkonferenz strebte mit Elsevier, dem dritten großen Wissenschaftsverlag, ebenfalls einen DEAL-Vertrag an. Sie hat aber die Verhandlungen ohne Ergebnis beendet.

Soweit sei der Kurzbericht aus heutiger Sicht gegeben. Viele Fragen müssen noch unbeantwortet bleiben. Zwei davon lauten: Welche Position besetzt die DGPF mit ihrer PFG in der neuen Umgebung, die vom DEAL-Vertrag dominiert wird? Und wie finden die Wissenschaftseinrichtungen den Ausgleich zwischen einem festen Bibliotheksetat und einer nicht planbaren Anzahl von zu finanzierenden Artikeln? Das Thema wird uns noch eine Weile begleiten.


Wolfgang Kresse