Rezension zu:

Erich Schäfer, Antje Ebersbach (2021): Die digitale Transformation in der Weiterbildung. Befunde, Konzepte und Perspektiven. Berlin & Heidelberg: Springer. 65 Seiten, 14,99 €, ISBN 978-3-662-64604-5.

1 Sophie Lacher: Erich Schäfer, Antje Ebersbach (2021): Die digitale Transformation in der Weiterbildung. Befunde, Konzepte und Perspektiven. Berlin & Heidelberg: Springer.

Erich Schäfer und Antje Ebersbach verfolgen in ihrem Werk in neun kompakten Kapiteln das Ziel, die Gestaltung der Bildung in einer digitalisierten Welt hinsichtlich der Ermöglichung von mehr gesellschaftlicher Teilhabe, der Stärkung der Autonomie der Individuen in ihren Lernprozessen sowie der Balance und Passung von personalen und organisationalen Lern- und Bildungsprozessen auszuloten. Dabei bezeichnen die Autorin und der Autor die digitale Transformation als eine „Reise“. An diese Metapher anschließend, bildet das Werk für die Zielgruppe der „Treiber des lebenslangen Lernens“ in Organisationen und Unternehmen der Weiterbildungspraxis eine Art Reiseführer, welcher aber auch für in der Weiterbildungsforschung Tätige Perspektiven eröffnen kann.

Um einen Wissensstand für die „Reise“ herzustellen sowie deren Relevanz aufzuzeigen, bietet die Einleitung eine aktuelle Standortbestimmung sowie die Klärung des Verhältnisses der Weiterbildung zur digitalen Transformation. Gerade durch die beschriebene Situation der Covid-19-Pandemie wird den Lesenden klar, dass unsere Welt sich verändert hat und verändern wird. Die Weiterbildung ist dabei gefordert, dem Schritt zu halten und sich ebenfalls anzupassen.

Im weiteren Verlauf behandelt das Werk zentrale Begriffe und Theorien, wissenschaftliche Befunde aus aktuellen Studien sowie gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen hinsichtlich der digitalen Transformation. So wird mit einem Fokus auf das Lehren und Lernen mit (digitalen) Medien ein Überblick über die Geschichte der Erwachsenen‑/Weiterbildung, zurzeit bestehende Herausforderungen und Begriffsdiskussionen gegeben. Gleichzeitig wird der Begriff der „digitalen Bildung“ kritisch hinterfragt. Zwar wird dieser Terminus häufig im politischen Kontext verwendet, gilt jedoch aus pädagogischer Sicht als „entleert“ und an keine Bildungstheorie anschlussfähig. Die Verfassenden schlagen daher alternative und präzisere Bezeichnungen für den Begriff vor, verwenden ihn wenige Seiten später aber selbst erneut. Dies zeigt, wie herausfordernd die Veränderungen von Gewohnheiten und das Etablieren von Alternativen sein können – genau das, was das Buch teilweise thematisiert.

Motivation zur und Empfehlungen für Veränderungen schafft das Werk durch die konkreten Handlungsempfehlungen sowie die praktischen Ratschläge, etwa hinsichtlich der Kompetenzentwicklung sowie der Relevanz selbstorganisierten Lernens. Mit einem Fokus auf das Weiterbildungspersonal werden Konzepte wie der mediale Habitus sowie ein medienpädagogisches Kompetenzmodell genannt, jedoch nur knapp erläutert. Hier werden die Lesenden eher zu einer selbstständigen Recherche und Vertiefung der Themen eingeladen. Außerdem werden aktuelle praxisrelevante Diskussionen, wie zum Rollenverständnis der Lehrenden, der in Studien aufgezeigten medienbezogenen Einstellungen sowie Defizite hinsichtlich der „digitalen Kompetenzen“ von Lehrenden, dargestellt. Basierend darauf stellen Autorin und Autor klar, dass auch die virtuelle Lernwelt einer Anbindung an pädagogische Grundlagen bedarf und regen dazu an, zu experimentieren sowie den eigenen Handlungsraum zu erweitern und zu bereichern.

Das Werk thematisiert aber auch die Unsicherheiten, die für die „Reise der digitalen Transformation“ beachtet werden sollten. So führen Autorin und Autor das Konzept des Learning Ecosystem ein. Auf dessen Basis erläutern sie, mit welchen neuen Anforderungen traditionelle, regional agierende Weiterbildungsanbieter konfrontiert werden und heben daran anschließend die Relevanz einer Digitalisierungsstrategie hervor. Zudem werden Thematiken wie Educational Technologies (EdTech), Künstliche Intelligenz sowie Scoring-Praktiken in der Bildung aufgegriffen. Anhand dessen verweisen die Autorin und der Autor auf Fragen und notwendige Diskussionen sowie Standortbestimmungen, die allerdings über den Text hinaus diskutiert werden müssen.

Die Programm- und Angebotsgestaltung wird aus der Perspektive „zwischen Analogem und Digitalen“ betrachtet und Forderungen für die Zukunft sowie die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels formuliert. Die binäre Strukturierung zwischen Analog und Digital erscheint im ersten Moment – anschließend an die aktuelle Begriffsdiskussion – durch die Reichweite der Digitalisierung nicht mehr geeignet. Jedoch schließen Autorin und Autor genau an dieser Stelle hinsichtlich der Weiterbildungsanbieter an, indem zentrale Herausforderungen dargestellt werden. Anhand derer wird verdeutlicht, dass die Anbieter nun aufgefordert sind, sich in der nicht mehr binär strukturierten Welt zu platzieren und mit neuen digitalen Formaten – welche stets kritisch zu reflektieren sind – ihren Standpunkt auszumachen sowie auf die Bedürfnisse ihrer Adressatinnen und Adressaten zeitgemäß zu reagieren. Hierzu werden theoretische Modelle sowie Lösungsansätze präsentiert.

Praxisorientiert komplettiert werden die aufgezeigten Veränderungspotenziale und -möglichkeiten durch die Darstellung von Voraussetzungen und Bedingungen für eine Nachhaltigkeit der digitalen Transformation bei den Weiterbildungsanbietern. Dies erscheint als besonders wertvoll, da dieses Thema zwar bisher kaum in der Diskussion um die Digitalisierung in der Erwachsenenbildung aufgegriffen wurde, jedoch sehr relevant für eine erfolgreiche Transformation der Anbieter ist.

Das Fazit skizziert, welche Chancen und Risiken sich für die Weiterbildung durch die digitale Transformation ergeben. Der Weiterbildung als „gestaltbarer Entwicklungsprozess“ wird die Aufgabe zugeschrieben, digitale Teilhabe in mediatisierten Lernwelten zu ermöglichen. Daran anschließend geben Autorin und Autor einen Ausblick auf acht mögliche Post-Corona-Szenarien, die der Weiterbildung mögliche Entwicklungspfade aufzeigen können. Aus diesen Szenarien werden vier Zukunftsfragen abgeleitet, die Transformationsprozesse leiten können und sollten. Das Werk endet mit der Aufforderung, die Überlegungen und Entwicklungen der Covid-19-Krise weiter zu verfolgen sowie deren Potenziale sowohl für die eigene Personal- und Organisationsentwicklung als auch für die Gesellschaft zu nutzen.

Insgesamt erfordern einige Inhalte zwar noch erweiterte und kritische Recherchen für ein umfassenderes Bild der „Reise“ der digitalen Transformation, deren Herausforderungen sowie (wissenschaftlichen) Diskussionen. Für diese vertiefenden Recherchen werden häufig gewinnbringende und aktuelle Literaturverweise angeführt. Doch für die erste Reisevorbereitung und Anregungen für die Reisegestaltung vor Ort weist das Buch gute Anhaltspunkte auf und erreicht damit sein Ziel, indem es einen facettenreichen Überblick und Themeneinstieg bietet. Insgesamt erfolgt eine gut nachvollziehbare Inhaltsauswahl, sodass sich das Buch flüssig lesen lässt. Dabei können Weiterbildungsorganisationen unterschiedlicher Entwicklungsniveaus hinsichtlich der digitalen Transformation profitieren, von den Grundlagen bis hin zu den Überlegungen zur Nachhaltigkeit der digitalen Veränderungen.

Für in der Weiterbildungsforschung Tätige mag das Buch viele bekannte Inhalte aufzeigen, doch gerade weil aus wissenschaftlicher Perspektive die Darstellungen teilweise verkürzt erscheinen, lohnt sich eine Reflektion darüber, wieso man über diese Inhalte „stolpert“ und wie der eigene Standpunkt eigentlich aussieht. Darüber in die Diskussion zu kommen – sowohl innerhalb der Wissenschaft als auch mit der Praxis, eröffnet sicher neue Perspektiven, die die Richtung der „Reise der digitalen Transformation“, die Realisierung einer digitalen Zukunftsvision und damit auch die Gesellschaft gestalten können.