„Offenheit“ war seit jeher ein Credo in der Erwachsenenbildung, und zu großen Teilen wurde sie auch Realität. Zugang zur Bildung ohne jedwede Barrieren ist für weite Teile der Erwachsenenbildung ein Markenzeichen. Umso mehr lag und liegt es nahe, dass der Grundgedanke der „Open Educational Resources“ (OER), eine Welt, in der jeder Mensch Zugang zu einem global aggregierten Wissensbestand hat, gerade in diesem Bildungsbereich kompatibel ist zu Zielen und – wünschenswerten – Strukturen.

Mit unserer Ausschreibung des Schwerpunktthemas „Offenheit“ wollten wir einen forschenden Blick auf die Beziehungen zwischen Konzepten und Praktiken der Offenheit einerseits und das Lernen der Erwachsenen andererseits richten. Dabei sprachen wir gezielt auch den sozialen Raum an, in dem eine solche Offenheit des Lernens realisiert werden kann, etwa in Netzwerken oder in einer offenen Forschungspraxis.

Wir hatten uns erhofft, Belege für die Relevanz des Ansatzes in der Erwachsenenbildung präsentieren zu können, aber auch Hinweise auf kritische Stimmen (etwa hinsichtlich Datenschutz, Qualität und Zugang) zu erhalten. Explizit sprachen wir nicht nur den engeren Kreis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Erwachsenenbildung an, sondern auch Expertinnen und Experten aus benachbarten Disziplinen und Ländern, die aus Interesse am komplexen Bezug von Offenheit und Erwachsenenlernen bereits Befunde zusammengetragen haben.

Zwar erhielten wir Beiträge zum Thema, aus den Feldern der betrieblichen, beruflichen und allgemeinen Weiterbildung und über unterschiedliche Realisierungen von „Offenheit“, sie scheiterten allesamt jedoch an unserem – zugegeben – sehr anspruchsvollen Peer-Review-Verfahren. Die Gründe waren unterschiedlich. Mal wurden die Erhebungsmethoden bemängelt, mal die Fragestellungen, mal die Reichweite der Erkenntnisse. So sehr dies in jedem Einzelfall begründet war, so überraschend ist doch das Gesamtergebnis.

Das mag mehrere Gründe haben. Vielleicht ist der Blick auf „Offenheit und Lernen“ im digitalen Zeitalter noch zu früh, um Belastbares zu erfassen. Vielleicht ist auch das Thema zu breit, um fokussiert Gehaltvolles abrufen zu können. Vielleicht sind auch zu viele noch in Aktivitäten und Aufbau, weniger in Analyse und Reflexion eingebunden. Vielleicht sind es auch ganz andere Gründe, im Gegenstand oder in der Scientific Community, die noch zu erforschen sind.

Eine Ursache könnte auch in unserem Call of Papers liegen, vielleicht in seiner Diktion, vielleicht in seiner Verbreitung. Bereits in der letzten Ausgabe der ZfW, zum Schwerpunktthema „Geschichte der Erwachsenenbildung“, waren wenige einschlägige Einreichungen zu verzeichnen. In unserem Editorial hatten wir daraufhin vermutet, dass dies an einem geringen Stellenwert der historisch-wissenschaftlichen Betrachtungsweise in der Erwachsenenbildung liegen könnte. Mit dieser Vermutung haben wir sehr kritische Rückmeldung provoziert mit dem Tenor, historische wissenschaftliche Arbeiten zur Erwachsenenbildung gebe es sehr wohl, und es schädige das Ansehen unserer wissenschaftlichen Teildisziplin, hier fälschlicherweise ein Defizit zu konstatieren. Aus dieser Rückmeldung entspann sich ein sehr gehaltvoller und kontroverser Diskurs, der wohl in einer der nächsten Ausgaben unserer Zeitschrift – entsprechend ausgearbeitet – auch „offen“ zugänglich gemacht wird.

Diesmal ist das Ergebnis unseres ausgeschriebenen Schwerpunktthemas noch weniger befriedigend, zumal wir nach wie vor davon ausgehen, dass zum Thema der Offenheit im digitalen Zeitalter eine starke Bewegung in der Erwachsenenbildung besteht.

Leider mangelte es auch an Einsendungen aus nicht-deutschsprachigen Ländern. Wir gingen davon aus, dass es auch in anderen Ländern – gerade mit Blick auf globale Entwicklungen in Sachen Open Educational Resources, Open Access und Open Science – vielfältige Initiativen und erste Forschungsergebnisse geben würde. Dem standen jedoch offenbar sprachliche Hürden oder andere pragmatische Gründe, Aufmerksamkeit für das Thema zu generieren, im Wege.

Im Endeffekt können wir aber nur eine Ausgabe der „Zeitschrift für Weiterbildungsforschung“ präsentieren, in der es kein Schwerpunktthema gibt. Das ermöglicht uns aber andererseits, einige sehr interessante und in den Peer-Reviews durchweg positiv bewertete Beiträge zu veröffentlichen, die für die „offene“ Rubrik „Forum“ eingereicht wurden – vielleicht ist auch dies eine Einlösung des angezielten Themas: eine inhaltliche Offenheit, die sich nicht auf den Rahmen eines gesetzten Schwerpunktthemas beschränkt.

In der Tat schreiten die hier versammelten Beiträge für das Forum der ZfW höchst unterschiedliche Felder der Weiterbildung ab.

Das erste dieser Felder wird vielfach eher als verlängerte Lehrerbildung, weniger als Weiterbildung gesehen: die Fortbildung von Lehrenden an Schulen. Hier liegen zwei Beiträge vor. In beiden zeigt sich wieder, dass es sich um einen genuinen Weiterbildungsbereich handelt.

Der erste Beitrag (S. Fischer) widmet sich einigen Problemen, die auch für die Weiterbildung generell typisch sind – etwa die Unterschiede zwischen Teil- und Vollzeitlehrkräften oder eine mangelnde Konzeption oder das Problem des Transfers des Gelernten auf die Praxis der Lehrenden. Der Beitrag referiert die Ergebnisse einer Untersuchung an Berufsfachschulen im Kanton Zürich, sie können anregend sein für ähnliche Analysen in Österreich und Ländern der Bundesrepublik Deutschland.

Auch der zweite Beitrag (T. Jaschke) orientiert sich an Lehrkräften in der Schule, hier an deren Meinungen und Einstellungen. Untersucht wird – mit dem Fokus auf den Mathematikunterricht, ob das Q‑Sort-Instrument in der Evaluation von Lehrerfortbildungen sinnvoll eingesetzt werden kann. Rein methodisch ist dieser Beitrag sehr anspruchsvoll, und die Ergebnisse legen eine Verwendung des Q‑Sort-Verfahrens im Rahmen von Lehrerfortbildungen nahe.

Zwei weitere Beiträge thematisieren Anforderungen an die Weiterbildung bei bestimmten Zielgruppen, die gerade unter dem Postulat der „equity“ wichtig sind: Spracherwerb bei Zugewanderten (M. Sahlender, J. Schrader) und Inklusionsarchitekturen für Behinderte (E. Fawcett, S. Schreiber-Barsch). Der Beitrag zum Spracherwerb kann sich zwar auf eine große Breite von Publikationen stützen, inhaltsanalytisch ausgewertet werden 314 Veröffentlichungen zum Thema seit 2010. Anerkannt wird die vorliegende beachtliche Forschungsaktivität zum Thema, jedoch resümiert der Beitrag nüchtern, dass derzeit wenige belastbare Befunde zu den didaktischen, medialen, professionellen und individuellen Bedingungen eines erfolgreichen Spracherwerbs vorliegen. Der Beitrag zur Inklusion Behinderter stützt sich auf eine explorativ-qualitative Studie mit professionell in der Weiterbildung Tätigen und verfolgt die Frage, wieweit die Herstellung sozialer Räume als Lernorte Behinderter – mit Zugang und Partizipation – erfolgreich ist und erfolgt. Im Resümee betonen die Autoren, dass Inklusionsarchitekturen beispielhaft für die allgegenwärtigen Auseinandersetzungen um die Zugehörigkeit von (behinderten) Personen zur Community der Lernenden betrachtet werden können.

Der letzte Beitrag (P. Fuchs, S. Fuchs, S. Hamann) schließlich greift – konkret – eine Thematik auf, die im Zuge des lebenslangen Lernens und der wachsenden Breite im formalen, non-formalen und informellen Lernen immer wichtiger geworden ist: die Weiterbildungsberatung. Er widmet sich evaluierend einer Initiative der Bundesagentur für Arbeit, die in 5 Regionen an 15 Standorten Beratungsstellen initiiert hat. Im Ergebnis zeigt sich die Variationsbreite dieser Beratungsstellen im Vorgehen und im Beratungsverständnis: eine gezielte Beratung zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt in einem Fall, eine ergebnisoffene, an den Interessen der Beratenen orientierte Ausrichtung im anderen Fall. Verbunden mit dem Befund, dass die Beratung weniger direktiv und mehr an den Wünschen der Beratenen ausgerichtet sein sollte, werden diese Akzentuierungen auf den lokalen organisationalen und ökonomischen Kontext zurückgeführt bzw. in ihn eingebunden.

Es zeigt sich in den Beiträgen des Forums einmal mehr, dass die behandelten Themen immer wieder eng mit den aktuellen Fragen und Problemen der Weiterbildung korrespondieren, die wissenschaftlichen Arbeiten sich auf konkrete Entwicklungen im Feld beziehen, aber auch innovativ neue Akzente setzen.

John Field und Ekkehard Nuissl