FormalPara Cornelia Maier-Gutheil.

Beraten. Stuttgart: W. Kohlhammer, 147 Seiten, 24,- €. ISBN 978-3-17-022473-5

Dass Beraten eine Kerntätigkeit von Pädagoginnen und Pädagogen darstellt, ist unstrittig. Schwieriger dagegen ist die Frage zu beantworten, inwiefern sich pädagogische Beratungen von anderen Beratungsformaten unterscheiden lassen. Hier setzt die Veröffentlichung „Beraten“ an, die in der Reihe „Pädagogische Praktiken“ erschienen ist. Die Reihe richtet sich laut Herausgeberinnen und Herausgebern an Studierende sowie an Praktikerinnen und Praktiker, um sowohl kompakte theoretische Einführungen in verschiedene pädagogische Handlungsformen zu geben als auch Reflexionsangebote für professionelles Handeln zur Verfügung zu stellen. Beides, um es bereits vorwegzunehmen, löst dieser Band uneingeschränkt ein. Ausgangspunkte für die Darstellung der pädagogischen Praktik „Beraten“ sind theoretische und empirische Auseinandersetzungen mit den spezifischen Bedingungen in vier pädagogischen Kontexten. Ziel ist es nach Angaben der Autorin, mit Hilfe dieses Zugangs Beraten als „spezifische pädagogische Handlungsform“ (S. 14) zu beschreiben.

Zunächst werden im ersten Kapitel unter Rückgriff auf Jörg Knoll pädagogische Situationen mit Beratungscharakter unterschieden: integrierte/implizite, integrierte/explizite und differenzierte/explizite Situationen. Im Anschluss wird in das auf Gesprächsanalysen beruhende Handlungsschema von Beratung nach Werner Kallmeyer eingeführt und die Handlungsform von Therapie und Bildung abgegrenzt. Im zweiten Kapitel referiert Maier-Gutheil feldbezogene, strukturtheoretisch-interaktionistische und historisch-phänomenologische Perspektiven, mit deren Hilfe bislang versucht wurde, das Pädagogische in pädagogischen Beratungen zu identifizieren bzw. zu definieren. In einer anschließenden Synopse werden aus der strukturtheoretisch-interaktionistischen und aus der phänomenologisch-historischen Perspektive erste übergreifende Merkmale pädagogischen Beratens abgleitet. Den Hauptteil des Bandes bildet mit einem Umfang von 80 Seiten das dritte Kapitel, in dem Beraten in den Kontexten Schule, Sonderpädagogik, Sozialpädagogik und Erwachsenen-/Weiterbildung mit Hilfe von vier Kategorien (Adressatinnen und Adressaten, institutionelle Kontexte, Themen/Anlässe, (Kern-)Aktivitäten/Spannungsfelder) dargestellt wird, die jeweils in einem Zwischenfazit zusammengefasst werden. Es wird die im ersten Kapitel eingeführte Unterscheidung aufgegriffen, da integrierte/implizite und differenzierte/explizite Beratungssituationen behandelt werden. Für die Darstellungen entlang der Kategorien greift die Autorin auf empirische Daten (Interview- und Transskriptausschnitte) bzw. auf Ergebnisse qualitativer Beratungsstudien zurück, um auf den jeweiligen Kontext bezogen strukturelle Merkmale, professionelle Herausforderungen und Antinomien in Beratungen aufzuzeigen. Abschließend werden die zentralen Ergebnisse in einem Fazit gebündelt, in dem die Besonderheiten der „Binnenstrukturen“ (S. 127), die institutionellen Rahmenbedingungen von Beratungen, die Abgrenzungen zu anderen pädagogischen Praktiken sowie Merkmale und Herausforderungen pädagogischen Beratungshandelns diskutiert werden.

Mit Hilfe der Kategorien Adressatinnen und Adressaten, institutionelle Kontexte und Themen/Anlässe wird ein insbesondere für Studierende zu empfehlender, systematisch gut aufbereiteter und umfassender Überblick über Beraten in den jeweiligen Kontexten gegeben. Mit den Darstellungen in der Kategorie (Kern-)Aktivitäten und Spannungsfelder werden darüber hinaus auch für erfahrene Beratende Reflexionsangebote gemacht, die kompakt dargestellt, aber dennoch gut veranschaulicht sind. Wünschenswert wären hier allenfalls noch tabellarische Übersichten gewesen, die die Merkmale von Beraten in den vier Kontexten gegenübergestellt hätten.

Der Autorin gelingt es insgesamt, einen wichtigen, den Diskurs bereichernden Beitrag zu leisten, der sich der noch weitgehend unbeantworteten Frage nach dem Pädagogischen in pädagogischen Beratungen nicht präskriptiv-normativ, sondern deskriptiv-empirisch nähert. Es werden sowohl die relevanten theoretischen Diskurse als auch der aktuelle Stand der empirischen Beratungsforschung aufgegriffen, um daraus konstitutive und kontextübergreifende Charakteristika dieser pädagogischen Handlungsform abzuleiten. In diesem Zusammenhang ist lediglich kritisch anzumerken, dass die Autorin die Semantik der „Praktik“ der Reihe übernimmt, ohne diese theoretisch einzuordnen.