Studienpopulation
Die Daten von 374 Personen mit einem meldepflichtigen Arbeitsunfall konnten in die Auswertung eingeschlossen werden. Das Durchschnittsalter lag bei 39,7 ± 14,1 Jahren; 96 % der Befragten waren männlich. Im befragten Kollektiv beantworteten 35 % der Teilnehmer die Frage nach Schichtarbeit mit „Ja“. Eine Unterscheidung zwischen Wechselschicht und Dauerschicht konnte aus dieser Antwort nicht abgeleitet werden. Die Ergebnisse der Befragung zeigt Tab. 2.
Tab. 2 Beschreibung der Stichprobe N (%) Insgesamt 20 % der Befragten erlitten den Arbeitsunfall während einer Frühschicht, 9 % während einer Spätschicht, und 6 % hatten in der Nachtschicht gearbeitet. Die verbleibenden 65 % hatten die Frage nach Schichtarbeit verneint. Eine kurze Schlafdauer mit maximal 7 h gaben 55,8 % der Befragten an, 12 % schliefen an Arbeitstagen länger als 8 h. An arbeitsfreien Tagen vergrößerte sich der Anteil derer, die mehr als 8 h schliefen auf 47 %, während nur 23 % eine kurze Schlafdauer mit höchstens 7 h angaben. Die Klassifizierung in Chronotypen auf Basis des CSM-Werts zeigt, dass im befragten Kollektiv ca. 6‑mal so viele Frühtypen wie Spättypen vorkamen (41 % vs. 7 %). 53 % der Befragten gehören zu den Intermediärtypen.
Korrelation von CSM-Wert und Schlafmitte
An arbeitsfreien Tagen zeigen die Schlafmitten chronotypspezifische Unterschiede. Die Schlafmitten ausgeprägter Frühtypen (2:24 Uhr) und ausgeprägter Spättypen (6:30 Uhr) weisen eine Differenz von ca. 4 h auf (Tab. 3). Der Spearman-Korrelationskoeffizient zwischen CSM-Wert und Schlafmitte beträgt r = −0,631 (95 % Konfidenzintervall [KI] −0,695 bis −0,557).
Tab. 3 Schlafmitte an arbeitsfreien Tagen Häufigkeitsverteilung des Chronotyps
In Abb. 2 wird die relative Häufigkeit des CSM-Wertes in Prozent gezeigt. Die linksschiefe Verteilung der Werte bedeutet, dass die hier befragten Personen verglichen mit einer Normalverteilung häufiger höhere CSM-Werte besaßen, also häufiger einen früheren Chronotyp aufwiesen.
Chronotyp, zeitliche Lage der Arbeit und Schlafdauer
Die Schlafdauer an Arbeitstagen ist vor der Frühschicht für alle Chronotypgruppen am kürzesten, gefolgt von Tagarbeit und Spätschicht (Abb. 3). In der Stichprobe befanden sich nur wenige Personen mit ausgeprägt spätem Chronotyp (Kategorie 6), sodass für die Darstellung der Schlafdauer an Arbeitstagen für diese Gruppe zu wenig auswertbare Daten vorliegen. Das Gleiche gilt für Früh- und Spättypen (Chronotypkategorie 1, 5 und 6) in Spätschicht. Für Personen mit Nachtschichtarbeit liegen insgesamt zu wenig Schlafdaten für eine statistische Auswertung nach Chronotyp vor.
Vor einer Frühschicht betrug die durchschnittliche Schlafdauer in der Stichprobe 6,4 ± 0,6 h, wobei ausgeprägte Frühtypen 30 min länger schliefen als alle anderen Chronotypen. Bei Tagarbeit schliefen Spättypen 42 min weniger als alle anderen Chronotypen.
An arbeitsfreien Tagen schliefen Frühtypen durchschnittlich 1,3 h weniger als Spättypen (7,7 ± 1,3 h vs. 9,0 ± 1,4 h). Je später der Chronotyp, umso länger war die Schlafdauer.
Einflussfaktoren auf die Schlafdauer
In einer multiplen linearen Regressionsanalyse wurde der Einfluss folgender Faktoren auf die Schlafdauer an Arbeitstagen untersucht:
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Arbeitsbeginn: Frühschicht und Tagarbeit im Vergleich zur Spätschicht,
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Chronotyp: Frühtyp und Spättyp im Vergleich zum Intermediärtyp,
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Alter als kontinuierliche Variable.
Der Arbeitsbeginn zeigt einen signifikanten Einfluss auf die Schlafdauer an Arbeitstagen (Tab. 4). Bei Frühschichtarbeit, aber auch bei Tagarbeit ist die Schlafdauer gegenüber der Spätschicht verkürzt. Die Spätschicht wurde als Referenz gewählt, weil man davon ausgehen kann, dass die Schlafphase nicht durch den Arbeitsbeginn verkürzt wird. Außerdem zeigt auch ein später Chronotyp einen signifikanten Einfluss auf die Schlafdauer an Arbeitstagen. Das Alter zeigt hier keinen Einfluss.
Tab. 4 Einflussfaktoren auf die Schlafdauer Risikofaktoren für verkürzte Schlafdauer an Arbeitstagen und freien Tagen
Um herauszufinden, welche Faktoren die Schlafdauer an Arbeitstagen verkürzen können, wurden die Daten von Personen mit einer Schlafdauer von weniger als 7 h gesondert analysiert; 7 h Schlaf entsprach dem Median der Schlafdauer an Arbeitstagen. Die Ergebnisse sind in Tab. 5 dargestellt.
Tab. 5 Risikofaktoren für verkürzte Schlafdauer (<7 h) Die Frühschicht mit einem Arbeitsbeginn um 6:00 Uhr erhöhte das Risiko, weniger als 7 h zu schlafen, um das ca. 14-fache (OR = 13,8). Unabhängig davon trug auch ein später Chronotyp zur Erhöhung des Risikos bei (OR = 2,7). Das Alter hatte hier keinen Einfluss auf die Schlafdauer. Berechnet man die Risikofaktoren für kurze Schlafdauer an freien Tagen, so hat die Arbeitszeit erwartungsgemäß keinen Einfluss mehr. Allerdings erhöht nun ein früher Chronotyp das Risiko für eine verkürzte Schlafdauer an freien Tagen. Das Alter bleibt ebenfalls ohne Einfluss. Eine Subanalyse für Männer zeigte keinen Einfluss des Geschlechts auf die Studienergebnisse in dieser Population. Aufgrund der relativ kleinen Stichprobengröße von Frühschichtarbeitenden (n = 75) sowie Spätschichtarbeitenden (n = 33) ist das Konfidenzintervall des Effektschätzers von Frühschicht im Regressionsmodell vergleichsweise groß.