Einleitung

Weltweit wird die Anzahl an Suiziden pro Jahr auf 1 Mio. geschätzt. Dies entspricht einer jährlichen Mortalitätsrate von ca. 15 pro 100.000. Global gesehen ist Suizid mit bis zu 1,5 % aller Todesfälle die zehnthäufigste Todesursache [1] und gilt als die zweithäufigste Todesursache in der Altersgruppe zwischen 15 und 29 Jahren [2]. Chile hat mit 14,7 auf 100.000 Einwohner die höchste Suizidmortalitätsrate Südamerikas [3].

Umstritten ist, ob Lithiumsalzkonzentrationen in der Umwelt und die resultierende Aufnahme in den Organismus möglicherweise antisuizidale Eigenschaften besitzen. Zuletzt gab es mehrere Berichte über ein inverses Verhältnis zwischen Lithiumkonzentrationen im Trinkwasser und Suizidraten. Solche Ergebnisse wurden für Texas [4, 5], Japan [6], Österreich [7] und Griechenland [8] gezeigt. Eine Studie in Ost-England zeigte jedoch keine solche Assoziation [9]. Für Texas und Österreich blieb die Korrelation auch nach Einbeziehung sozioökonomischer Faktoren signifikant [5, 7].

Die nördlichen Regionen Chiles (Atacama-Wüste) weisen weltweit die höchste Konzentration an natürlich vorkommenden Lithiumsalzablagerungen [4, 10, 11] und die höchste Lithiumsalzkonzentration in Oberflächengewässern [12] auf. Chile ist mit seinem zusammenhängenden Kutur- und Sprachraum mit gemeinsamer Juridikatur trotz ausgeprägter Nord-Süd-Ausdehnung und seinen nach einheitlichen Erhebungsmethoden durch ein nationales Statistikamt zentral gesammelten Suizidmortalitätsdaten eine interessante Region für Untersuchungen. Dies gilt insbesondere für die Epidemiologie der Suizidmortalität, aber auch im Hinblick auf die Untersuchung von Expositionseffekten durch natürliche Lithiumsalzvorkommen [1216].

Der antisuizidale Effekt von Lithium, welches als Stimmungsstabilisator [17] seit mehr als 60 Jahren in klinischem Gebrauch ist, ist mehrfach dokumentiert [18, 19]. Therapeutische Dosen für die Behandlung etwa der bipolaren Störung sind bedeutend höher als durchschnittliche Umweltkonzentrationen von Lithium. Die durchschnittliche Tagesdosis an gelöstem Lithium zur Etablierung von Serumkonzentrationen zwischen 0,5 bis 1,0 mmol/l, wie von der British Association for Psychopharmacology empfohlen, beträgt 70 mg [20, 21].

Natürliche Exposition gegenüber Lithium im Trinkwasser erreicht Größenordnungen zwischen 1 μg/l und 0,1 mg/l [10, 22]. In bestimmten chilenischen Oberflächengewässern kann die Lithiumkonzentration bis zu 207 mg/l (Muestra Salina, Sector Misitune) betragen, das entspricht dem 100- bis 10.000-fachen im Vergleich zu nordamerikanischen Flüssen [10]. Weiters wurde gezeigt, dass die Bevölkerung in lithiumreichen Regionen Chiles im Vergleich zu anderen Regionen weltweit eine hohe Lithiumzufuhr aus verschiedenen Nahrungsmitteln erhalten, in manchen Fällen äquivalent zu therapeutischen Dosen bei der Behandlung der bipolaren Störung [11].

Ziel dieser Studie war eine Abbildung der geographischen Verteilung und zeitlichen Veränderung der Suizidmortalitätsraten in Chile im Jahrzehnt von 2000 bis 2009. Als Näherungswert für die Exposition gegenüber Lithium in der Umwelt wurde, entsprechend der geographischen Verteilung der lithiumreichen Gebiete, ein fallender Lithiumspiegel mit zunehmendem Längengrad (Entfernung vom lithiumreichen Norden) postuliert. Unter der Voraussetzung, dass die Bevölkerung des nördlichen Chile durch Wasser- und Nahrungsquellen hohen Lithiumspiegeln in der Umwelt ausgesetzt sind [10, 11], war es unsere Hypothese, dass die Suizidraten in der Atacama-Region niedriger sein würden als im Rest Chiles.

Datenerhebung und Methodik

Datenerhebung

Suizidstatistiken von den Jahren 2000 bis 2009 wurden vom chilenischen Gesundheitsministerium erhoben. Daten wurden als Suizidrate und in absoluten Zahlen je Verwaltungsbezirk und Geschlecht angegeben. Quelle war die offizielle Suizidmortalitätsstatistik entsprechend der internationalen Klassifikation (ICD-10: X60–X84).

Sozioökonomische Variablen wurden nach Regionen und Geschlecht getrennt für alle chilenischen Regionen vom Nationalen Statistikinstitut Chiles (Instituto Nacional de Estadísticas [INE Chile]) angefordert. Diese stammen aus der Volkszählung aus dem Jahr 2002. Die regionalen Daten umfassten insbesondere solche Werte, die aus vorangegangenen Studien als mit der Suizidrate der betroffenen Bevölkerung assoziiert gelten: Der Anteil an indigener Bevölkerung [1], der Grad der Urbanisierung als Anteil der Bevölkerung in Städten nach INE-Definition [23, 24] und ökonomische Parameter [25] wie die Arbeitslosenrate und das mediane Einkommen pro Haushalt [26]. Medianes Monatseinkommen wurde als Vielfaches von 1000 chilenischen Pesos (CLP) angegeben. Für die geographische Korrelation wurde für jede Region der Breitengrad (negativ vom Äquator aus südwärts gemessen) der Stadt mit der größten Population in der jeweiligen Region angegeben.

Statistik

Suizidraten (SR) wurden als Anzahl an Suiziden pro 100.000 Einwohner pro Jahr angegeben. Arbeitslosigkeit wurde als Anteil der uneingeschränkt arbeitsfähigen Personen ohne gegenwärtige Beschäftigung dividiert durch alle uneingeschränkt arbeitsfähigen Personen berechnet. Als allgemeine deskriptive Statistik wurde eine Querschnittsanalyse von Suizidraten und Altersstruktur in den Jahren 2000 bis 2009 angewandt. Die longitudinale Analyse konzentrierte sich auf den Verlauf der Suizidrate während der Periode von 2000 bis 2009, mit Einbeziehung der Urbanisierung. Wir prüften den Einfluss sozioökonomischer Faktoren und geographischer Breite auf die Suizidrate je nach Geschlecht und insgesamt mittels Rangsummentest und Spearman-Koeffizient ρ.

Die Haupthypothese (Suizidraten in den lithiumreichen Gegenden der Atacama sind niedriger als im Rest Chiles) wurde geprüft, indem Chile in zwei Gruppen geteilt wurde: „Atacama“ und „Nicht-Atacama“. Wir berechneten jährliche Suizidraten pro 100.000 für jede Gruppe in den Jahren 2000 bis 2009. Die Analysen wurden für beide Geschlechter und für die Gesamtbevölkerung getrennt durchgeführt. „Atacama“ entspricht den nördlichen Regionen I–III vor dem Jahr 2007 und „Nicht-Atacama“ wurde als südliche Region definiert (Regionen IV–XII vor 2007). Die Großstadt Santiago de Chile wurde aus der Analyse ausgeschlossen (Nicht-Atacama), da sie, gemessen an Urbanisierung und Bevölkerungszahl, nicht vergleichbar mit der übrigen Region war. Sie war die einzige Region mit signifikantem Ausreißerwert in einem Skewness-adjusted multivariaten Ausreißertest, der Bevölkerungszahl, Suizidzahlen, Urbanisierung und Gesamteinkommen einbezog (outadj = 1,0 × 1016 > outcrit = 8,6 × 1015) [27].

Die Robustheit der zugrundeliegenden Daten wurde dahingehend überprüft, dass nach einer Assoziierung des Ortes und der Suizidraten mit Moran’s I zur Suche nach einer ortsbezogenen Autokorrelation [28] gesucht wurde. Es sollte ausgeschlossen werden, dass die Assoziationen mit den Suizidraten in den Regionen „Atacama“ oder „Nicht-Atacama“ auf Grund von anderen Parametern verursacht werden.

Alle statistischen Untersuchungen wurden mit Hilfe der R Software (Version 3.0.1 für x86_64 pc-linux-gnu) durchgeführt. Das Kartenmaterial entstammt dem GADMv2 Datenset mit einer Erweiterung um die Atacama Wüste nach der Definition der WWF eco regions [28, 29] und wurde mit Quantum GIS 1.8 unter GNU/Linux für die Benutzung mit R spatial libraries aufbereitet.

Resultate

Die mittlere Suizidrate (pro 100.000) in der Zeit von 2000 bis 2009 in Chile betrug 11,0 für beide Geschlechter – 18,5 für Männer und 3,7 für Frauen. Diese Raten ergeben ein Verhältnis von 5,1 zu 1 zwischen Männern und Frauen.

In der untersuchten Zeitspanne von zehn Jahren stiegen die Suizidraten sowohl für Männer (von 16,6 pro 100.000 in 2000 auf 20,6 in 2009, Spearman-Koeffizient ρ = 0,84, p = 0,004) und Frauen (von 2,7 in 2000 auf 5,0 in 2009, ρ = 0,99, p < 0,001) als auch insgesamt (von 9,6 in 2000 auf 12,7 in 2009, ρ = 0,87, p = 0,003).

Weiters untersuchten wir die zeitliche Veränderung in der Großstadtregion Santiago de Chile und in Chile exklusive der Großstadtregion Santiago de Chile separat, da 33,7 % aller Suizide in Santiago stattfanden und die Region als einzige Metropole sich in zahlreichen Charakteristika von den übrigen Regionen unterscheidet. Chile als auch Santiago de Chile wiesen einen signifikanten Suizidratenanstieg während des untersuchten Zeitraums auf (alle Zeit-Analysen zeigen einen Spearman-Koeffizienten ρ > 0,80, p < 0,01).

Geographische Verteilung

Wie in Abb. 1 und Tab. 1 dargestellt, zeigen die Suizidraten in Chile eine inhomogene geographische Verteilung. Diese Heterogenität ist auch durch eine signifikant positive räumliche Autokorrelation der absoluten Suizidraten pro Region mit der räumlich korrigierten Suizidrate (Moran’s I = 0,59, p = 0,004) gekennzeichnet. Das geographische Muster der Suizidraten in Chile blieb während der untersuchten Zeitspanne (2000–2009) vergleichsweise stabil, veranschaulicht durch die Korrelation der regionalen Suizidraten der Jahre 2000 und 2009 (Spearman-Rangsummentest ρ = 0,71, p = 0,009).

Abb. 1
figure 1

Karte von Chile mit den Suizidraten, eingezeichnet pro 100.000 Einwohnern je Region für die Jahre 2000–2009. (Anmerkung: Die ausgeprägte dunkle Färbung vor der Südwestküste Chile entspricht der Schwarzumrandung der vorgelagerten Inseln)

Tab. 1 Jährliche Suizidraten und Populationsgröße je Region von 2000 bis 2009

Die Spearman-Rangsummenkorrelation der absoluten Suizidraten mit geographischer Breite war hoch (ρ = −0,80, p = 0,002). Bei Männern hatten die nördlichsten Regionen und die Großstadtregion Santiago die niedrigsten Suizidraten (15,1–17,1 pro 100.000), stiegen Richtung Süden stetig bis auf 27,1 pro 100.000 in der Region Aisén an. Suizidraten für Frauen zeigten ein ähnliches Muster mit der niedrigsten Suizidrate in der Atacama-Region (2,7 pro 100.000) und der höchsten in der südlichen Region Magallanes und Antártica Chilena mit 4,9 pro 100.000 (Tab. 1).

Prüfung der Atacama-Hypothese

Chile wurde in einen nördlichen Teil, der Atacama-Region entsprechend, und in einen südlichen Teil geteilt (Abb. 1). Die berechneten Suizidraten pro Jahr für die Jahre von 2000 bis 2009 wurden für jeden Teil verglichen. Suizidraten zeigten einen signifikanten Unterschied zwischen der Atacama-Region (9,99 pro 100.000) und Nicht-Atacama-Region (12,50 pro 100.000) (t = 4,75, df = 18, p < 0,001). Dem Nord-Süd-Gefälle und damit zunehmender Entfernung von Atacama entsprechend war geographische Breite mit der Suizidrate der Gesamtbevölkerung (ρ = − 0,80, p = 0,001) und in der Gruppe der Männer (ρ = – 0,79, p = 0,001) signifikant korrelierend und zeigte einen Trend zur Signifikanz unter Frauen (ρ = − 0,50, p = 0,082).

Nach Miteinbeziehung des Ausreißers Santiago de Chile zeigte der Suizidratenunterschied zwischen Norden und Süden noch einen Trend zur Signifikanz (9,99 versus 11,06; t = 2,07, df = 18, p = 0,053).

Überprüfung anderer sozioökonomischer Variablen

Medianes Pro-Kopf-Einkommen, Arbeitslosigkeit und indigener Bevölkerungsanteil korrelierten in unserer Untersuchung nicht signifikant mit Suizidraten. Urbanisierung jedoch war signifikant negativ korreliert mit Suizidraten insgesamt (ρ = −0,63, p = 0,022) (Tab. 2).

Tab. 2 Bivariate Spearman Rangsummentest Korrelation ρ von verschiedenen möglichen Einflussfaktoren

Diskussion

Unsere Resultate zeigen, dass die lithiumreiche Atacama-Region in Chile signifikant niedrigere Suizidraten aufweist als der Rest Chiles. Die Resultate stimmen mit zuletzt zunehmenden ökologischen Studien aus Texas [4, 5], Japan [6, 30], Österreich [7] und Griechenland [8] überein, die nachweisen konnten, dass Lithiumvorkommen in der Umwelt – speziell im Trinkwasser – mit einer niedrigeren Suizidmortalität assoziiert sind.

Obwohl wir selbst keine direkten Messungen von Lithium im chilenischen Trinkwasser vorgenommen hatten, ist es ein anerkannter Umstand, dass die nördlichen Regionen Chiles (Atacama-Wüste) reich an natürlichen Lithiumablagerungen sind [4, 10, 11], mit hohen Lithiumkonzentrationen in Oberflächengewässern bis zu 207 mg/l [10, 12]. Diese Werte sind signifikant höher als in anderen Ländern, in denen die Lithiumhypothese getestet wurde – wie in Texas (bis zu 0,219 mg/l) oder Österreich (bis zu 1,3 mg/l) [5, 7]. Es wurde gezeigt, dass die den in der Umwelt vorkommenden Lithiumsalzen ausgesetzte Bevölkerung Chiles eine bedeutend höhere Lithiumzufuhr im Vergleich zur Bevölkerung in anderen Regionen aufweist. Teilweise werden sogar klinisch therapeutische Dosen erreicht [11]. Indem wir die geographische Breite als Ersatzparameter für Lithiumexposition durch die Umwelt einsetzten, konnten wir zeigen, dass die Suizidraten mit zunehmender Entfernung von der Atacama-Region steigen.

Der zugrundeliegende Mechanismus der Assoziation zwischen Suizidraten und geographischer Breite – wie in unserer Studie gezeigt – wurde häufig mit Unterschieden in der Sonnenlichtexposition begründet. Frühere Studien aus Chile, die gezeigt haben, dass die saisonale Variabilität an Suizidinzidenz in Regionen mit zunehmender geographischer Breite – und daher auch weiter entfernt von Atacama – größer ist [16], stimmen mit der Literatur über Zusammenhänge zwischen Sonnenlicht und Suizidmortalität überein [31]. So ändert sich der Einfallswinkel und die Dauer der Insolation pro Tag je nach Breitengrad und nimmt mit der Entfernung vom Äquator ab. Weiter differenziert wird diese Assoziation unter anderem von Vyssoki et al. [32] und von Tsai und Cho [33] erörtert. Diese berichten von signifikanten Korrelationen zwischen Sonnenlicht beziehungsweise Wärmestrahlung und Suizidmortalität.

Andererseits sind die Resultate auch passend zu unserer in diesem Artikel vorgestellten Hypothese. Es scheint plausibel, dass die niedrigere saisonale Variabilität der Suizidmortalität im Norden Chiles auch dem bekannten stimmungsstabilisierenden und antisuizidalen Effekt von Lithium geschuldet sein könnte [16]. Allerdings muss in Betracht gezogen werden, dass die Amplituden suizidaler Saisonalität in Regionen mit niedrigen Suizidraten aus statistischen Gründen eher gering sind – wie schon in der Literatur beschrieben [34].

Der Wirkungsmechanismus der postulierten suizidprotektiven Eigenschaften von Lithium, insbesondere in niedrigen Dosierungen, ist noch ungeklärt [35, 36]. Es gibt Nachweise, dass Lithium das Volumen von zerebralen Strukturen mit Beteiligung an emotionaler Steuerung wie dem präfrontalen Kortex, dem Hypocampus und der Amygdala vor Abbau bewahrt. Auf molekularer Ebene wirkt Lithium auf Neurotransmitter-modulierende Second-Messenger-Systeme wie die Adenylatcyclase und Proteinkinase C und dämpft dadurch eventuell Überschuss an Neurotransmission und oxidativem Stress. Zusätzlich wurde gezeigt, dass Lithium die Expression neuroprotektiver Proteine wie Brain-derived neurotrophic factor steigert, Glykogensynthase-Kinase 3 inhibiert und dadurch apoptotische Prozesse reduziert bzw. Neurogenese stimuliert [35, 36]. Weitere Studien zur Auswirkung von niedrig dosiertem Lithium auf das zentrale Nervensystem scheinen gerechtfertigt.

Unsere Resultate zeigen auch eine inverse Assoziation zwischen Urbanisierung und Suizidraten: Ländliche Regionen weisen eine höhere Suizidmortalität auf. Dieses Ergebnis steht im Einklang zu Resultaten anderer Studien. Diese bieten für das Land-Stadt-Gefälle von Suizidraten mögliche Erklärungsmodelle, wie größere Barrieren bis zur Inanspruchnahme von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Einrichtungen (Verfügbarkeit und Erreichbarkeit), ländliche Kultur, Einstellungen der Gesellschaft zu und Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen und Hilfsbedürftigkeit sowie die Exposition gegenüber und Verfügbarkeit von Suizidhilfsmitteln wie Waffen und Giften [37]. Traditionell waren weltweit Suizidraten in ländlichen Regionen niedriger als solche in Städten. In manchen Ländern hat sich dieser Umstand über die letzten Jahrzehnte hinweg jedoch gewandelt. Interessanterweise zeigten unsere Resultate keine signifikante Verbindung zwischen indigenem Bevölkerungsanteil und den Suizidraten der betroffenen Region. Für die indigene Bevölkerung südamerikanischer Länder wie Brasilien wurden bisher höhere Suizidraten berichtet (12,6 pro 100.000 im Gegensatz zu 5,3 für die übrige Bevölkerung in den Jahren 2006 bis 2010) [38]. Es kann zum jetzigen Zeitpunkt nur darüber spekuliert werden, warum sich in Chile dieser Umstand in den Ergebnissen nicht dargestellt hat.

Limitationen

Die Unterscheidung zwischen lithiumexponierter und nicht-lithiumexponierter Umwelt basiert auf früheren Daten. Eigene Messungen an zuvor spezifizierten geographischen Koordinaten, aus denen ein Modell der geographischen Verteilung erstellt und mit einem Verteilungsmodell von Suizidraten korreliert werden könnte, würden eine detailliertere und umfassendere Analyse ermöglichen.

Ebenfalls limitierend ist das fehlende Ausmaß an Detailliertheit der Daten in der nationalen Suiziddatenbank. Es sind Fallzahlen pro Gesundheitsorganisationsbezirk (kongruent mit politischen Grenzen) pro Jahr und Geschlecht angegeben. Daten aus kleineren geographischen Organisationseinheiten sowie detailliertere Daten zu den jeweiligen Suiziden würden das statistische Modell verbessern, waren aber vom INE Chile nicht verfügbar.

Implikationen

Unsere Resultate unterstützen die zunehmende Datenlage für eine inverse Beziehung zwischen Lithiumkonzentrationen in der Umwelt und Suizidmortalität. Sind die Ergebnisse dieser ökologischen Studie zwar interessant und übereinstimmend mit früheren Untersuchungen, so müssten sie doch erst mittels zukünftiger prospektiver Studien und explorativer Forschung bestätigt werden. Die von manchen Autoren vorgebrachte Überlegung, Trinkwasser zur Reduktion von Suizidraten in Hochrisiko-Bevölkerungen mit Lithium zu versetzen, wäre allerdings verfrüht und wird von uns keinesfalls unterstützt. Es besteht Bedarf genau abzuwägender Sicherheitsüberlegungen und weiterer Forschung zu diesem Thema. Ebenso scheint es uns wichtig, zur Forschung über indigene Bevölkerungsgruppen Chiles anzuregen, da wir in unseren Daten, anders als es bisher gezeigt werden konnte, keinen Zusammenhang zwischen dem Anteil der indigenen Bevölkerung und den Suizidmortalitätsraten finden konnten. Ob dieses Ergebnis in künftigen Studien und entsprechenden Studiendesigns repliziert werden kann, bleibt abzuwarten.