Das erste Heft 2024 enthält neben zwei Beiträgen zur medialen Sozialisation von Kindern und Jugendlichen weitere fünf Beiträge, die sich mit unterschiedlichen Fragestellungen der Bildungsforschung auseinandersetzen: aus dem Bereich der erziehungswissenschaftlichen Theoriebildung, der Lehrer:innenausbildung, der Professionalisierung auf individueller und institutioneller Ebene sowie der Beforschung von Freundschaften vor Schuleintritt.

In seinem Beitrag Mediale Ungleichzeitigkeit digitaler Bildung untersucht Michael Meier-Sternberg die mediale Asynchronität in den digitalen Bildungswelten von Kindern und Jugendlichen. Er verdeutlicht diese Asynchronität durch eine autoethnographische Datenerhebung, die markante Unterschiede zwischen einer Lernsoftware und einem Computer- oder Videospiel aufzeigt. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Nutzer:innen der Lernsoftware als Entscheidungsträger:innen zwischen (trivialen) Optionen wahrgenommen werden, während Spieler:innen als hybride und vergleichsweise unabhängige Individuen adressiert werden. Diese unterschiedlichen Ansätze führen zu diversen Bildungserfahrungen.

In der Studie Erfassung problematischer Smartphonenutzung und der Effekt auf die kognitive Unterrichtsmeidung von Schüler:innen konzentriert sich Arvid Nagel auf die wichtige Rolle von Smartphones in den Lebenswelten junger Menschen. Er weist auf potenzielle Probleme hin, die durch übermäßige Smartphone-Nutzung entstehen können, einschließlich digitaler Abhängigkeit und zwanghaftem Verhalten. In seinem Beitrag stellt er ein zuverlässiges und valides Instrument zur Messung problematischer Smartphone-Nutzung vor und berichtet über die Ergebnisse einer Studie mit 1333 Schüler:innen der Sekundarstufe I in der Schweiz. Das fünf-faktorielle Screening-Instrument erfasst verschiedene Dimensionen problematischer Smartphone-Nutzung, darunter Einengung des Denkens und Verhaltens, Toleranzentwicklung, Fortführung trotz negativer Konsequenzen, Kontrollverlust und Entzugserscheinungen. Die Ergebnisse der quantitativen Studie zeigen, dass drei Dimensionen der problematischen Smartphone-Nutzung signifikante Prädiktoren für die kognitive Unterrichtsmeidung der Schüler:innen sind, wobei die Effektmuster zwischen den Geschlechtern variieren.

Seit den 2010er-Jahren gilt das Modell mit den Basisdimensionen Klassenführung, konstruktive Unterstützung und kognitive Aktivierung innerhalb der deutschsprachigen quantitativen Unterrichtsqualitätsforschung gemeinhin als etabliert. Im Lichte neuerer Diskussionen geht Martin Rothland in seinem Think Piece Auf Sand gebaut? Über den Versuch, die Basisdimensionen der Unterrichtsqualität in erziehungswissenschaftlicher „Theorie“ zu verankern der Frage nach, wie berechtigt und inhaltlich zutreffend die erziehungswissenschaftliche Theoriebasis dieses Modells ist. Ausgehend von Bezugnahmen auf das Studienbuch „Theorie der Schule“, das den Vertreter:innen des Modells als Beleg für dessen erziehungswissenschaftliche theoretische Verankerung gilt, arbeitet Martin Rothland heraus, wie die in Rede stehenden Ausführungen von Diederich und Tenorth (1997) einzuordnen sind und ob diese überhaupt zur soliden theoretischen Fundierung des Modells herangezogen werden können.

In ihrem Beitrag Effekte einer Classroom-Management-Intervention in unterschiedlichen Lehrformaten (Präsenz, Online, Hybrid) zur Vorbereitung auf das Allgemeine Schulpraktikum berichten Gesa Uhde und Barbara Thies Ergebnisse einer Evaluation eines Classroom-Management-Trainings, das Bachelorstudierende auf ihr Schulpraktikum in der Lehrer:innenausbildung vorbereitet. Sie untersuchen die Effekte des Trainings in drei verschiedenen Formaten – Präsenztraining, Onlineliteraturkurs und Hybridtraining – auf das selbst eingeschätzte Wissen zum Classroom-Management, die selbst eingeschätzten Kompetenzen und die erwartete Selbstwirksamkeit der Lehrkraft. Nach der Intervention zeigten die Teilnehmer:innen aller Formate in fast allen untersuchten Bereichen verbesserte Werte. Insbesondere war das Präsenztraining dem Onlineliteraturkurs und dem Hybridtraining hinsichtlich der erwarteten Selbstwirksamkeit der Lehrkraft überlegen.

Nach diesen Einblicken in das Lernen von angehenden Lehrer:innen unter kontrollierten Bedingungen befassen sich Sebastian Röhl, Colin Cramer und Johannes Mayr mit dem Lernen von im Beruf stehenden Lehrpersonen im Feld. Ihr Beitrag Lehrpersonen lernen: Nutzung und Nützlichkeit von Lerngelegenheiten und deren Beziehung zur Berufserfahrung fußt auf dem Projekt TEDCA und befasst sich mit der erlebten Fort- und Weiterbildung von 658 Lehrkräften, welche zwischen 1988 bis 2014 ihr Lehramtsstudium abschlossen und 2018/2019 in der Schule tätig waren. Die Autor:innen gehen dabei über die in der Literatur dominanten Analysen von die Häufigkeiten von Fortbildungsteilnahmen hinaus, indem sie Nutzungsintensität und wahrgenommene Nützlichkeit von formalen, informellen und inzidentellen Lerngelegenheiten für die eigene professionelle Entwicklung berücksichtigen. Ihre Analysen zeigen, dass für Nutzungsintensität und Nützlichkeitseinschätzung die Art der Lerngelegenheit mit der eigenen Berufserfahrung interagiert. Daraus leiten sie Empfehlungen für differenzielle und erfahrungsabhängige Gestaltungen von Lernangeboten für Lehrpersonen ab.

Monika T. Wicki und Julia Rauber gehen in ihrem Beitrag Tätigkeitsprofile von Förderlehrpersonen – eine explorative Studie zur Erhebung des Einsatzes von Ressourcen für sonderpädagogische Angebote der Frage nach, welche Professionalisierungsmöglichkeiten Förderlehrpersonen haben. Hier zeigt sich, dass aufgrund der in der Schweiz etablierten Schulautonomie und der jeweiligen Ressourcenverteilung sehr unterschiedliche Einsatz- und Profilierungsmöglichkeiten von Förderlehrpersonen existieren. Es konnten drei Typen von Tätigkeitsprofilen auf Basis eines Onlinefragebogens identifiziert werden: mit einem Arbeitsschwerpunkt eher in der gesamten Schulklasse, in separaten Kleingruppen oder in Beratung und Diagnostik. Professionalisierungsprozesse von Förderlehrpersonen unterliegen damit einer institutionellen Rahmung und den zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Nach diesen drei Beiträgen zu angehenden bzw. aktiven Lehrer:innen betritt Julia Schimmer ein weitgehend unerforschtes Gebiet, indem sie sich unseren Jüngeren und ihren sozialen Umfeldern zuwendet. Ihr Beitrag trägt den Titel Homophilie im Kindergarten? Freundschaften im Jahr vor der Einschulung. Schimmer geht darin der Frage nach, wie Freundschaftsnetzwerke von Kindern im Alter zwischen fünf und sieben Jahren beschaffen sind, und welche Merkmale der Kinder dazu beitragen, dass sie Freundschaften knüpfen. Um Netzwerkdaten zu den Freundschaften in dieser Altersgruppe sammeln zu können, verwendete die Autorin standardisierte Befragungen (u. a. mithilfe von Bildkarten) von 96 Kindern und deren Eltern. Es interessierte dabei einerseits die Beschaffenheit der Freundschaftsnetzwerke und tiefergehend, ob sich darin geschlechtsspezifische, ethnische und/oder schichtspezifische Homophilie zeigen. Analysen mit Social Relations Models finden geschlechtsspezifische Homophilie, zeigten jedoch auch, dass Vorschulkinder im Gegensatz zu Schulkindern in ihren Freundschaftsangaben noch keine Präferenzen für Kinder mit ähnlichem ethnischen Hintergrund oder vergleichbarer ökonomischer und kultureller Kapitalausstattung ihrer Familien zeigen. Die Autorin stellt damit die gesellschaftlich aktuelle und relevante Frage in den Raum, warum schicht- und kulturübergreifende Freundschaften von Vorschulkindern privat nicht fortzubestehen scheinen.

Elisabeth Grammel legt in diesem Heft ihre Rezension zu Bridging the Gap. Migrationshintergrund und Schulleistung – eine empirische Untersuchung aus psychologischer Perspektive von Haliemah Mocevic vor. Die zentrale Frage der mehrfach ausgezeichneten Dissertation lautet, wie aus psychologischer Sicht zu mehr Bildungsgerechtigkeit in diversen Klassensettings beigetragen werden kann. Grammel empfiehlt das Buch einer breiten Leserschaft in Forschung, Politik und Praxis.

In der Rubrik Nachrichten aus der ÖFEB finden sich dieses Mal neben den Kurznachrichten der Vorsitzenden Katharina Soukup-Altrichter ein Bericht zur sektionsübergreifenden Tagung Bildungsorganisationen von morgen von David Kemethofer, Livia Jesacher-Rößler, Karin Heinrichs und Julia Hugo sowie die Stellungnahme des ÖFEB-Vorstands zum Gesetzesentwurf zur Reform der Lehrer*innenbildung.