Liebe Leserinnen und Leser!

Der Generationswechsel bei den Lehrerinnen und Lehrern stellt die Schulsysteme vor erhebliche Herausforderungen. Die während der Bildungsexpansion der späten 1970er Jahre eingestellten Lehrpersonen ziehen sich in die Pension zurück und machen Platz für eine neue Generation. Die Diskussion um die Frage der Eignung für den Zugang zum Lehrberuf, die in den letzten Jahren den Diskurs in der Lehrerbildung bestimmt hat – wie man „geeignete“ Personen erkennen und sie dazu bringen kann, sich um den Lehrberuf zu bewerben –, wird damit durch die demografische Entwicklung überrollt. Wo es Mangel an Lehrerinnen und Lehrern gibt, haben Fragen der Eignung und Auswahl einen nachgeordneten Stellenwert. Dies gilt zwar nicht für alle Fächer, Schulformen und Länder im gleichen Ausmaß, führt aber doch dazu, die Deckung des Bedarfs nicht aus dem Auge zu verlieren. Zugleich verschiebt sich aber auch der Fokus des Handelns: Wo (fast) alle genommen und gebraucht werden, kann nur auf dem Weg über Ausbildung und Fortbildung Qualität gewährleistet werden. Wer in diesem Bereich Qualität entwickeln und sichern will, muss aber wissen, wovon der Erfolg des Handelns bestimmt wird.

Vor einem solchen Hintergrund gewinnt die Frage „Wie wirkt Lehrerbildung?“ programmatische Bedeutung. Ewald Terhart hat dazu auf der Tagung der Arbeitsgruppe für empirische pädagogische Forschung (AEPF) im Herbst 2011 in Klagenfurt ein Eröffnungsreferat gehalten, das in etwas modifizierter Form den Leitbeitrag des vorliegenden Heftes bildet. Seine Perspektive scheint uns auch deshalb wichtig, weil nicht Einzelfragen, wie sie oft und notwendigerweise in empirischen Beiträgen bearbeitet werden, im Vordergrund stehen, sondern der Blick auf die Ausbildung als Ganzes. Dabei wird sichtbar, dass Vieles noch nicht erforscht ist, und Manches wohl gar nicht erforscht werden kann. Letzten Endes ist immer noch weitgehend unklar, wie aus einem bildungswissenschaftlichen Studium professionelle Kompetenz entsteht. Trotzdem muss Lehrer/innenbildung – sofern man sie überhaupt für wirksam und daher für notwendig hält – kontinuierlich fortgeführt werden und kann nicht warten, bis Wissenslücken empirisch gefüllt sind. Die Arbeiten auf der „Baustelle Lehrerbildung“ können nicht einfach vorübergehend eingestellt werden.

Auch der Beitrag von Daniela Martinek befasst sich mit dem LehrerInnenberuf, allerdings aus einer Perspektive von innen. Gestützt auf die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan versucht sie zu zeigen, dass Belastung für die Lehrpersonen steigt, je mehr Druck sie „von außen“ (z. B. gesellschaftliche Erwartungen), „von unten“ (z. B. von den Schülerinnen und Schülern) oder „von oben“ (Kontrolle durch Vorgesetzte) erleben, und dass dieser Druck auch zur Einengung von Freiräumen für die Schülerinnen und Schüler führt. Und umgekehrt, dass das Fehlen von Druck eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung einer selbstbestimmten Arbeitsmotivation darstellt.

Marcel Helbig beschäftigt sich mit einem an sich nicht neuen Phänomen, dass nämlich Buben schlechtere Schulnoten als Mädchen bekommen. PISA und andere Leistungsvergleichstests haben jedoch die Diskussion um Jungen als Bildungsverlierer zunächst in den Medien neu belebt und die Wissenschaft gefordert, die Ursachen für dieses Phänomen genauer zu untersuchen. Der Autor rekonstruiert aus vorhandenen Studien Wirkungsketten und lotet offene Fragen für die weitere Forschung aus.

Der Beitrag von Tristan Nguyen und Mathias Pfleiderer wendet sich einer Perspektive auf das Bildungswesen zu, die in den letzten Jahren wieder deutlich an Bedeutung gewonnen hat. Welche Bedeutung hat die Entwicklung von Humankapital für das Wachstum von Volkswirtschaften? Zur Diskussion dieser Frage wird zunächst der Beitrag des Humankapitals zum Wirtschaftswachstum anhand unterschiedlicher theoretischer Wachstumsmodelle untersucht. Die Autoren argumentieren auf dieser Basis, dass Bildungsinvestitionen nicht nur nach ihrem individuellen Nutzen beurteilt werden dürfen, sondern auch zusätzliche externe Effekte erbringen, welche der gesamten Volkswirtschaft zugute kommen.

Zwei Rezensionen sowie eine Stellungnahme des Vorstands der ÖFEB vervollständigen das Heft. Letztere bezieht sich kritisch auf die Änderungsvorschläge zum Dienstrecht an den Pädagogischen Hochschulen.