Liebe Leserin, lieber Leser,

einer der spannendsten Vorträge unserer Tagung Automatisiertes Fahren war für mich die Keynote von Professor Shai Shalev-Shwartz (Mobileye) zu den Anforderungen an automatisierte Fahrzeuge sowie deren Grenzen. Neben dem beeindruckenden Stand der Dinge führte er fünf Punkte als strategisch wichtig an. Unter anderem war darin die Strategie enthalten, dass Kartendaten für eine Fokussierung dienen können, die verstärkt longitudinal zum Fahrzeug ausgerichtet ist sowie gezielt alle potenziell relevanten kreuzenden Trajektorien betrachtet.

Eine kluge Taktik, die in der industriellen Bildverarbeitung durch die Definition eines Area of Interest (AoI) ebenfalls vorgenommen wird. Die Beobachtung eines möglichst kleinen optischen Prüffensters mit spezifischer Ausleuchtung der Prüfobjekte zur Optimierung der Detektions- und Informationsverarbeitungsleistung erscheint mir durchaus als passender Vergleich. In der Industrie steigern derartige Maßnahmen den Durchsatz bei Gut-/Schlecht-Checks beziehungsweise der Erkennung wichtiger Merkmale extrem.

Die Trennung von relevanten und irrelevanten Daten zur Beschleunigung der Verarbeitungsgeschwindigkeit ist auch für hochautomatisierte Fahrzeugen und ihre Sensorpakete eminent wichtig, um nicht immer wieder an die Grenzen aktueller Leistungsfähigkeit zu stoßen. Das betrifft nicht nur die reine Datenverarbeitungsleistung, sondern vor allem die Software und hier insbesondere den Abgleich der Daten verschiedener Sensoren, die denselben Bereich mit anderem physikalischem Prinzip überwachen, um die jeweiligen Nachteile auszugleichen. Auch das ist ein Vorgang, der zügig abgearbeitet werden muss.

Dass dies in der dynamischen Welt des Straßenverkehrs dennoch nicht nur Vorteile bringt, hat ein anderer Referent sehr schön dargestellt, indem er on the fly zur Anregung der Diskussion das Bild einer Straßenszene mit einem anfliegenden Flugzeug ergänzte: Fokussiert das Fahrzeug nur das AoI, wird es dieses mangels Augenwinkel nicht erkennen. Das zeigt auf, dass die Edge cases nicht mit einer Strategie allein zu lösen sind, aber auch, dass der Weg zu den Fähigkeiten des Universalsystems Mensch noch weit ist. Das meint auch das geflügelte Wort meiner Frau im Titel, wenn sie ‚aus Gründen‘ doch mal Tempo rausnimmt, denn: Der Mensch mittelt unbewusst sehr viele Randinformationen parallel zur Bewältigung von Aufgaben - wenn er denn nicht menschelt und es versemmelt. Man darf gespannt bleiben, wie die Maschine über ihr Set an Informationsquellen zum selben oder besseren Endergebnis kommt für die unknown Unknowns.

Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe.

Robert Unseld

Verantwortlicher Redakteur

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