Liebe Leserin, lieber Leser,

die modernen Zeiten in der Automobilindustrie führen zu einem gewissen Bäumchen-wechsel-Dich-Spiel: Wollte Volkswagen unter Diess noch eigene Chips entwickeln, schlug das Pendel ab 2022 doch wieder in Richtung etabliertem Halbleiterhersteller als Lieferant für die Highend-CPUs aus. Als Partner erkoren wurde Qualcomm, mit deren Prozessoren basierend auf der Cariad-Software ab 2025 die VW-Modelle teil- oder hochautomatisiert bis SAE-Level 4 fahren sollen.

Auch BMW hatte Anfang 2022 eine Zusammenarbeit mit Qualcomm angekündigt, nachdem vorher eher Intels Tochter Mobileye das Mittel der Wahl schien. Mercedes wollte bis vor kurzem noch "ab 2024 gemeinsam mit Nvidia" Software für ADAS-Funktionen entwickeln und anbieten. Da nun seit der IAA 2023 bekannt ist, dass beginnend mit dem MBUX ebenfalls Qualcomm-Chips eingesetzt werden, scheint sich auch diese Liaison dem Ende zuzuneigen - wohl mit aus Kostengründen, da Nvidia am Umsatz in Relation zu den Systemen beteiligt ist. Daneben stehen noch die großen Zulieferer mit Konzepten auf der Matte.

Man sieht, dass Partnerschaften nicht unbedingt auf ewig angelegt sind, ganz wie im richtigen Leben. Von dem her ist der Rat sinnvoll, seine Software hardware-agnostisch zu programmieren oder mindestens unter dem Gesichtspunkt einer einfachen und schnellen Portierbarkeit aufzusetzen. So ist man, sofern das klappt, unabhängiger von Hardware, die man aus Gründen entweder selbst gern austauschen will oder die vom Lieferanten nicht mehr in der ursprünglich homologierten Version bereitgestellt wird.

Etwas, das man sich übrigens im Zuge seiner Hardwareauswahl unbedingt anschauen sollte, ist RISC-V. Infineon, Nordic Semiconductor, NXP Semiconductors, Qualcomm (sic!), und Robert Bosch haben angekündigt, gemeinsam an einer RISC-V-Lösung sowie Ökosystem zu arbeiten. Das könnte ein Weg hin zu mehr Durchlässigkeit der Systemwelten sein im Sinn von Code-Wiederverwendung, wenn es Erfolg hätte.

So oder so muss man wohl flexibel bleiben, frei nach dem Motto: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Besseres findet. Und wenn das erst deutlich nach der auf "für ewig" optimal befundenen ersten Entscheidung erfolgen sollte: Einfach hoffen, dass man seine Fundamente Soft- und Hardwareagnostisch flexibel genug gebaut hat und nahtlos im Neuen weitermachen kann. Denn wenn´s Brüche gibt, wird es gern mal teuer. Das ist in der Automobilindustrie nicht weniger der Fall als im echten Leben.

Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe.

Robert Unseld

Verantwortlicher Redakteur

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