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neben der Umstellung auf E-Mobilität und neuen E/E-Architekturen in Verbindung mit dem Software-definierten Fahrzeug (SWdV) bleibt die Halbleiterlieferkette ein Thema. Bis zu acht Millionen Fahrzeuge konnten allein 2021 aufgrund fehlender Elektronikkomponenten nicht produziert werden. Auch mittelfristig bleibt die Liefersituation angespannt, insbesondere im Hinblick auf kurzfristig erhöhte Nachfragesituationen.

Was also tun? VW will längerfristig den Weg gehen, Halbleiter selbst zu entwerfen und fertigen zu lassen. Partner sind laut Meldung aus dem Juli künftig ST Microelectronics sowie TSMC für das Design und die Fertigung eigener Chips. Zusätzlich zum erhofften besseren Zugriff auf die Lieferkette durch direkte Zusammenarbeit ist eine geringere Variantenzahl der Bordrechner das Ziel. Bis es soweit ist, sollen zwischen 2025 und 2030 Qualcomm-SoCs genutzt werden.

Die Alternative zum VW-Ansatz ist, sich komplett auf Produkte etablierter Halbleiterhersteller zu stützen und so deren Marktmacht zu nutzen: Durch die Ankoppelung an die Zyklen im Consumermarkt unterliegt ein OEM dann allerdings höherem Anpassungsdruck sowohl bei der Hardware (HW) im Fahrzeug als auch der Software an den aktuellen HW-Stand. Er muss dementsprechend sehr agil sein in Sachen "seamless integration".

Beide Varianten versprechen eine stärkere Verzahnung zwischen dem, was die Autohersteller wollen und dem, was die Halbleiterhersteller leisten können. Ein Mittelweg könnte noch sein, mit spezialisierten IP-Anbietern und sogenannten Outsourced-Semiconductor -Assembly- and-Test(OSAT)-Firmen maßgeschneiderte (KI-)Chip- oder Asic-Packages zu realisieren. Allein, auch hier benötigt man eine Fabrik für die Chips und zudem geraten die OSAT momentan etwas unter Druck: TSMC, Samsung und Intel investieren massiv in neue "3-D"-Packaging-Technologien. Das erschwert es eventuell, diesen alternativen Weg zu gehen: Dienstleister wie ASE oder Amkor können möglicherweise mithalten, kleineren OSATs mag dieser neue Level an Hochintegration schwerfallen.

So oder so: Will man als OEM eigene Hardware entwickeln, kommt neben der Herausforderung auf der Softwareseite eine große Herausforderung auf der HW-Seite hinzu. Man darf gespannt sein, wie, auf welchem Level oder ob der zusätzliche Kraftakt in Sachen Know-how und Kapazität zu leisten ist, ohne dass er zur nächsten großen Baustelle wird.

Viel Spaß bei der Lektüre des Hefts!

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Robert Unseld

Verantwortlicher Redakteur